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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 04.10.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930-10-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193010044
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19301004
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19301004
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1930
- Monat1930-10
- Tag1930-10-04
- Monat1930-10
- Jahr1930
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 04.10.1930
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Wirf Heule noch — durch Kurier? Ausgeschlossen! Schon aus dem Grund«, weil ich diese Sache nicht gern in fremde Hande geben möchte. Und ich persönlich kann nicht fort. Du weißt, die Bertreterkonferenz tagt heute hier... Du gehst morge» in Urlaubs Wohin, wenn die Frage erlaubt ist? Soso. Standquartier Billa Irene in Innsbruck! Ich wünsche beste Erholung. Aui Wieder hören!" Der Hörer krachte auf die Sabel. „Franz!" Franz, der langjährig« Diener, etwas beschränkt, aber sonst eine treue Seele, hörte schon am Ruf, was die Glocke geschlagen hatte. Er kannte die Wutausbrüche seines Herrn und tauchte mit schlotternden Gliedern auf der Bild fläche auf. „Wie ost soll ich Ihnen nnn noch sagen: Wenn ich daheim bin, bin ich außer Haus! Und wenn ich eintrete, bin ich eben gegangen. Fürs Telephon versteht sich das als selbstverständlich." Franz hatte unwillkürlich, wie er es aus seiner Militär dienstzeit her gewöhnt war, die Hände an die Hosennaht gelegt und wiederholte nun dienstbeflissen: „Wenn der «nädige Herr eben «ingetreten ist, dann ist er daheim.. „Außer Haus!" schrie ihn Robert an. Franz verlor nun völlig sein geistiges Gleichgewicht. „Wenn der Herr außer Haus ist", stotterte er hervor, „dann ist er fort." Robert wandte sich ab, um nicht laut loszulachen. Erst wollte er Franz sagen, zu welchen zoologischen Gattungen er gehöre, aber sogleich nahm er davon Abstand. „Franz, Sie vermasseln ja doch alles und blamieren mich höchstens. Ich gebe Ihnen die stritte Weisung: Gehen Sie in Zukunft «ich» mehr av die Quasselstrippe, ver- panden?" Franz «achte kehrt und verschwano. „Verwünschte Geschichte, die ich mir da mit dem Ver gaser eingebrockt habes" knurrte Robert Braun, sich aus die Kante seines Schreibtisches setzend. Wenn es nichi gelang, Hans Bach auf irgendeine Weise die Erfindung abzunehmen, war er, Braun, schließlich vor seinem Ohein: der Blamierte. Jeder Tag war ein Verlust; denn wenn die Bravnwerke dieses Modell nicht mir kleinen, rein äußerlichen Abänderungen zum Patent anmelden konnten, ehe Bach den gesetzlichen Musterschutz erlangte, waren die Pläne keinen roten Pfennig wert. Am fatalsten wurde die Situation, wenn HanS persönlich mit dem Geheimrat in Verbindung trat. Dann konnte man nur gleich die Leitung der Chemnitzer Werke aiederlegen. Ein Glück, daß der Generaldirektor jetzt auf drei Wochen in Urlaub ging! Diese Zett mußte ausgenützt werden... Plötzlich leuchtete sein Gesicht auf, wie von einer großen, innere» Freude getroffen. Da war «och ein Rettungsanker, der hieß „Florier" l Für Sekunden schweiften die Gedanken ab. Wie immer, wenn es etwas Gutes gibt, denkt man fast zu gleicher Zeil auch an das Gegenteil. Mißliche Sache, die Partie gestern abend! Mit der Elsbeth Reimer war nichts anzufangen. Die ging ihm einfach durch die Lappen! Ganz unmögliche Situation. Er schämte sich, wenn er daran dachte. Mochte der Kuckuck wissen, wie das Mädel »ach Hause gelangt sein konnte. Daß Elsbeth wieder daheim war, hatte er heute früh erfahre», als er von einem öffentlichen Fernsprecher aus „Veidmannsruh" anrief. Elsbeth war persönlich am Apparat. Er hatte natürlich, ohne sich zu meld«», gleich wieder augehängt. WaS er erfahren wollt«, wußte er. Eine halb« Stund« später — Robert war eben wieder! fortgesahre» — rief Rtt» au. Franz meldete sich. Da »ackt« ihn di« Verzweifln»« über sei« Vergeßlichkeit. Witt! »e» klassische» Sorte»: „Ich soll nicht «ehr an di« Qnassel- Irtppe gehen!", legte er auf. Di« S,«u>chtti leineS Herrn aad Alar»^ « Franz hielt sich die Ohren zu und stürrme aus dem Zimmer. Schon am anderen Tage war Hans wieder HA Elsbeth. Nur auf ganz kurze Zeit. „Ich bin auf einer Litersahrt begriffen." Er stockte. In Elsbeths Augen lachte daS Glück deS Wiedersehens. Hans sah sich scheu um in der kleinen Gask stube. Sie waren allein. Das Mädel deutete seinen Blich „Vater ist mit dem Revierförster hinüber »ach Parzelle fünfzehn." Da nahm Hans schnell ihre Hände. „Du — Elsbeth — willst du zu mir balle* — — fetzt und in allen Lebenslagen?" Seine Sprache, sein Gesicht, seine ganze Haltung war aespamtte Erwartung. Für Elsbeth Reimer gab es kein Besinnen. „Ja — Herr Bach " - Er zog sie an sich. „Sag Hans " Sie schloß die Lider vor den Mahlende« Mauaugeiy des Mannes, der dock eigentlich noch ein cMer, großers Junge war. „Ja, Hansl" . Er spürte ihren Kopf an seiner Wange. ES war plötz-s lich für ihn sehr warm in der verräucherte» Stub» „Hast du mich lieb, Elsbeth?" Sie nickte, ließ sich küssen, erwiderte seine Zärtlichkeiten^ Erst flüchtig, noch etwas bedrückt und verwirrt durch dis Neuheit der Situation; allmählich aber wurden ihre Lippen verlangender. Dann machte sie sich frei, lachte verschmitzt r „Du — wenn das mein Vater wüßtt l" „Er wird nichts dagegen haben..." „Er hat sich gestern abend sehr über dich gefreut." Sie wunderte sich, wie schnell ihr das vertrauliche Du gelang. Das kam wohl daher, weil sie-wesensverwandt und so nie fremd waren. Es gibt Menschen, die sich nur einmal zu sehen brauchen, nm Feuer zu fangen, weil sie sozusagen auf die gleiche Welle abgestimmt sind. Hans sah das Mädchen, das seine Kameradin sein wollte, prüfend an. Er suchte nach Worte», ärgerte sich über seine törichte Befangenheit. „Elsbeth, ich habe eine große Bitte an dich..." Sie reichte ihm ein brennendes Streichholz für seine Zigarette. „Ich möchte dir gern jeden Wunsch erfüllen, Hans." „Gut. Willst du eine Rolle wichtiger Zeichnungen für mich aufheben?" Sie lachte hell aus „Gern, Hans. Aber das ist doch gar kein richtiger Wunsch." Wie sie so vor ihn trat — den Kopf leicht nach der linken Schulter geneigt, den Mund dabei etwa- geöffnet, Erwarttmgsfreude in den dunklen Augen hätte er sie am liebsten sogleich wieder geküßt. „Doch, Elsbeth! Du bereitest mir dadurch -ine große Freude. Mehr noch: Du nimmst mir eine Torge ab", er klärte er, jetzt plötzlich ernst und sachlich. Sie hob den Kopf. „Ja, wenn eS so ist — gib nur her. Bet mir sind die Papiere gut aufgehoben. Ich lege sie ganz M »nterst in meinen Hamsterkasten." Er entnahm di« Originalzeichnung zu seiner Erfindung der inneren Brusttasche und reichte sie Elsbeth. „Du bist ein gutes» verständiges Mädel", lobt« er ElSbeth ging sofort hinauf in ihr Jungmädelstübchen, um das Erhaltene wegzuschließen. AlS sie wieder auf tauchte, überlegte Hans »och, ob er ihr von dem Kampf um den Vergaser erzählen sollte. Schließlich vermied er eS, m» Elsbeth nicht zu beunruhigen. „Du m»ßt ab« zu alle» Mensche» schweige» Kein« darf wisse», daß di« Plän« bei dir find", g«d« « mit ein dringlich «hoben« Stimm«. Elsbeth KnhE, Er laä ihre Erdanis». „Du mutzt nicht glauben, datz es sich um einen Dieb stahl handelt..." Sie wehrte sich gegen diesen Verdacht. „Hans!" Er lächelte beschwichtigend, griff nach ihrer Hand. „D» sollst dich mit mir freuen: Die Pläne enthalte» eine Erfindung von mir! Eine Erfindung, die mir Helsen soll, einen eigenen Hausstand zu gründen..." .Oh!" „Jak Und wenn du willst, kannst du übers Jahr in unserem gemeinsamen Heim schalten und walten als meine Frau." Sie umarmte ihn. „Hans", jubelte sie, „du weißt ja nicht, wie glücklich du> «ich machst!" „Es geht alles furchtbar schnell bei uns: das Kennen- und Liebenlernen. Aber das muß Wohl so sein bei der Liebe auf den ersten Blick." Nun kam Elsbeths Geständnis. Frei und offen be kannte sie: „Mir geht es nicht zu rasch, du Lieber,«.weil ich dich! gleich beim ersten Besuch ins Herz geschloffen hatte." Trajan Popescu war ein begeisterter Automobil sportler. Wenn er auf Reisen ging — und das war fast während de- ganzen Sommers der Fall —, lenkte er seinen großen Wagen durchweg selber. Der Chauffeur saß neben ihm «nd hatte eigentlich nur die Wagenpflege zu besorgen, zu tanken und für Unterbringungsmöglichkeit zu sorgen.- . In Berlin gefiel es dem rumänischen Petroleum magnaten ausgezeichnet. Hier hatte er seine Freunde, die gesellschaftlich, sportlich und auf dem weiten Gebiete des Vergnügens für Abwechslung sorgten. Hier gab es schöne Frauen, hier konnte man flirten — kurz, man langweilte sich nicht. Popescu, der Genießer, beurteilte die Städte nur «ach der Zahl ihrer Vergnügungsstätten. Heute war er besonders guter Laune. Soeben befand er sich auf der Rückfahrt von Sachsens Manchester nach Berlin. Run war er Florica, den Racker, los. Männer im Alter von achtundvierzig Jahren brauchen keine Aufpasser. Zumal, wenn sie seit langer Zeit Witwer sind... Mochte sich das Mädel in den Neffen des Geheimrats verlieben! Vielleicht gedieh das Bündnis zur Hochzeit. Nur immer zu! Florica, der Unbeständigen, konnte es nur zum Vor teil gereichen. Trajan Popescu lachte, daß seine gesunden gelben Zähne blitzend zwischen den dicken Lippen zum Vorschein jamen. „Ein Deutsch« wäre mir für das Mädel eben recht, *eim heiligen Dimitri!" Natürlich, in Deutschland herrsch ten trotz drückend« Lasten wieder geordnete Zustände. Die! Menschen waren arbeitsam und solid. Robert Braun alS> Schwiegersohn — gar nicht übel. Jedenfalls hundertmal! besser als ein Bukarester Mitgiftjäger! Der Wagen lief, was der Motor hergab. Der Tacho meter zeigte auf hundertzwanzig. Das konnte man auf dieser betonierten Straße wagen, es fuhr sich wie auf einem Tisch. Was war da vorn los? Ein Wagen am Straßenrand«. Aha, Panne. Macht Spaß, vorbeizuflitzen, wenn die eigene Maschine gut in Ordnung ist. Mau kann lachen, solange man nicht selber Pech... Da stand plötzlich eine junge Dame auf der Chaussee und winkte mit der Hand „Stopp". Der Rumäne sah die fesche Erscheinung im roten Lederdreß. Unter dem Hut quoll seidige- Haargespinst in einem seltenen Aehrenblond hervor. DaS Profil, Vorder- »nd Rückfront bis zu den Füßen, tadellos, soweit sich das in zwei Sekunden be urteilen ließ. Sein Wage» rollte im Vogen um da« Kabriolett der Dame. Vovvtt da»» ab. D« Magnat sprang dna»s. sei» Chauffeur erhob sich aus den Rücksitzen und folgte lut Abstand. Run gesellte sich zu dem blonden Typ eine fabelhafte Stimme! Popescu hätte gewünscht, dem Gezwitscher eine ganze Welle zuhören zu dürfen. „Mein He«, Sie würden mich zu größtem Dank verc pflichten, wenn Sie mir beistehen wollten, meinen Zwei sitzer wieder flottzumachen. Ich weiß mir nicht mehr zu helfen." „Janku!" Popescu winkte seinem Chauffeur. „Sieh nach, wo'S fehlt. Schnell!" Janku, ein junger Mensch mit lüsternen Augen, ver schwand mit dem Kopf unter der offenen Motorhaube de» Kabrioletts. Inzwischen eröffnete fein Herr das Bor postengeplänkel auf seine Art. „Sie gestatten: Trajan Popescu." Die Blondine lächelte verbindlich, nannte nach kurz« Pause ihren Namen: „Mia Warnecke." „Das gnädige Fräulein ist gewiß ebenfalls auf dem Wege nach Berlin?" Sie nickte. In ihrem Organ schwang eine unbeherrschte Note, Ungeduld und die leicht erregbare Nervosität der Verwöhnten. „Wenn ich diese Panne nicht gehabt hätte, könnte ich schon fast dort sein..." Popescu riskierte etwas. „Herrlich finde ich diesen Defekt..." Die junge Dame streifte ihn mit einem vernichtenden Blick unter halb gesenkten Lidern hervor, ab« ihrer Ent rüstung fehlte die Echtheit. „Ohne Panne hätte ich wahrscheinlich nie das Ver gnügen. gehabt, Ihre Bekanntschaft machen zu dürfen, meine Gnädigste." Und weil noch immer ein Schatten von Unmut auf dem jungen Gesicht ruhte, kapitulierte der Don Juan vom Balkan. „Ich bitte um Vergebung." Er nahm die kleine Damenhand und küßte sie auf die Stelle, wo der Lederhandschuh zwischen umgeschlagenem Stulpen und Jakettärmel einen Saum Weitzer Haut frei gab. Dann wurde Popescu wieder ganz fachlich. „Welche Marke fahren Sie?" Mia Warnecke schürzte die Lippen zu verächtlichem Lächeln. „Braun, zwei Liter, letztes Modell." „Gute Maschine, ja?" Die kleinen, lebhaften Auge« des Rumänen gingen kritisch über den schmucken Wagen. Die Dame in Rot wurde boshaft. „Ich finde sämtliche Modelle der heutO existierenden Automobilmarken noch viel zu kompliziert. Wenn die Maschinen einfacher und robuster gebaut wären, könnte es nicht passieren, daß man hilflos aus der Strecke liegen bleibt." „Sehr richtig! UebrigenS ergibt dies eine Parallele zum Menschen. Richt wahr, Fräulein..." Er suchte in seinem Gedächtnis, man sah es an seinem hilflosen Ge sichtsausdruck. Die Blonde kam ihm zu Hilfe. „Mia." Er platzte fast vor Begeisterung. „Mia — das ist Maria. Ein sehr schöner Name. Bel uns in Rumänien kommt er häufig vor: als Maria und Mariola." Der Chauffeur trat heran. „Run, was ift's, Janku?" „Verölte Kerzen." Die lüsternen Augen beS Bengels glitten üb« die Herrin deS kranken Wagens. „Gut, nimm einen Satz au- unserer Reserve und folge mit dem Wage» der Dame nach." Und zu Mia gewandt: „Mein gnädige» Fräulein, darf ich Sie bitten, inzwischen mit mir vora»z«sahren? Janftz kommt sofort nach Behebung de» Schade»» »ach. R«omt Sie die Garage, und Sie finden Ihre» Sagen dort." St« war entzückt über diesen Vorschlag «nd bestttmnie da» „Hotel Exzelsior". Popescu flattchtt in di« Lände wie »in vergnüiUeS Lind.
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