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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.01.1880
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1880-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18800123010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1880012301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1880012301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-01
- Tag1880-01-23
- Monat1880-01
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Erste Seilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. ^sö M. Freitag den 23. Januar 1880. 74. Jahrgang. rte achtziger Jahre früherer Iahrhunderie. Die ersten Anfänge dieser gefchicktlichen Rundschau führen uns in das Sachsenland, dessen Bewohner der sie umklammernden fränkischen Herrschaft sich ,u ent' riehen suchten, Karl der Große rückte 780, wie schon im vorigen Jahre, in Sachsen ein, unterwarf alles Land auf beiden Ufern der Weser und legte Befestigungen an. Durch Einführung der fränkischen Heeres' und (Gerichtsverfassung, durch Eintheilung deS Landes in Grafschaften, an deren Spitze er gebene sächsische Edle oder fränkische Große standen, durch Ansiedelung christlicher Priester und Mönche suchte er das Land in die festen Ord nungen deS fränkischen Reiches einzufügen und deni Ehristentbunie neue W»ge zu bahnen. Im Jahre 880 zog Karl der Dicke, welcher nach dem Tode seines Vaters, Ludwig s des Deutschen, das Königreich Alemannicn (Schwaben) erhalten halte, mit einem Heere über die Alpen und erwarb lick, zun» grosten Mißvergnügen des Papstes, welcher keinen Karolinger auf einem italienischen Königsthron sehen wollte, die Krone von Italien (Longobardien). Darauf batte er mit den wrslsränkischcn Karolingern eine Zusammenkunft in Gondrevillc und beiprach mit ihnen gemeinsame Maßregeln gegen zwei Fürsten, welche aus fränkischem Gebiete selbstständige Königreiche sich gründeten oder gründen wollten. Im Iabre 880 konnte Kaiser Otto II. seine Herr schaft im Deutschen Reiche als fest begründet, seine Oberhoheit über Dänemark, Polen und Böhmen als anerkannt, seinen Frieden mit Frankreich als dauernd anschen. Zur Herstellung des letzteren batte er mit dem karolingischen König Lothar von Frankreich im Juni an der deutsch französischen Grenze, am Chiers, eine Zusammenkunft. Lothar entsagte seinen Au svrüchen auf Lothringen; sein Bruder Karl, welchen Otto als Herzog von Nicderlothringen eingesetzt halte, erkannte den deutschen Kaiser als deutschen Oberlehns Herrn an. Nachdem diese Verhältnisse geordnet waren und im darauf folgenden Juli ihm von seiner griechischen Gemahlin Thcopbana der erste Sohn, der nachherige Kaiser Otto I»., geboren war, unternahm der Kaiser einen Zug nach Italien, wo eben damals die Saracenen von Sieilien aus, das sie sich bereits iliiterworseu ballen, jährlich Plünde rungSzüge nack dem dem griechischen Kaiser unter thänigen Unteritalien machten. Die ganze Halbinsel Italien sollte nach den Planen des Kbaliseu unter die Gewalt des Islam gebracht werden. Kaiser Otto fühlte sich stark genug, das Werk seines Vaters zu vollenden, die Griechen aus Unteritalien, die Saracenen anS Steckten hinauszuwersen und alle Länder jenseits der Alven mit Deutschland zu einem einigen Reiche zu verbinden. Voll von diesen hohen Ge danken zog Otto im November über die Alpen. In Pavia traf er mit seiner Mutter Adelheid zusammen, welcher er in der letzten Zeit sich entfremdet hatte, und versöhnte sich mit ihr in herzlicher Weise; in Ravenna feierte er das Weihnachtsrest und verweilte bis Ostern, die Angelegenheiten Italiens scharr be obacblend. — Tie Pläne Otto's hatten sich nicht ver wirklicht. Aber wie die sächsischen Kaiser, so zogen auck die saliscken nach Italien, dessen enge Verbin düng mit der deutschen Kaiserkrone für Deutschland ein nationales Unglück w >r. Das sollte Kaiser HeinrichIV. aufs Neue empfinden. Sem Streit mit dem Papst Gregor VII. war noch nicht beendigt; sein Kampf mit dem Gegcnkönig Rudolf, früher Herzog von Schwaben, war noch nicht entschieden. Von Maitis aus, wo sich ein Heer von Bauern, Franken und Schwaben unter Anführung des neuen Scbwabenkerzogs, Fried'ich von Staufen, und Mannschaft aus Böhmen und Burgund sammelte, zog Heinrich 1080 durch Heften nach Thüringen und traf das von Rudolf und Otto von Nordheim bc fehligte sächsische Heer bei Flarchheim, zwischen Mühl Hausen und Langensalza. Am 27. Januar kam es zur Schlackt. Heinrich wurde gelcblagen, zog sich nach Heften zurück, entließ dort sein Heer und begab sich nach Regensburg. Aber so wenig diese Scklacbt in militairiscker Beziehung ent schied, so entscheidend war sie für das Verhältnis; Heinrich's zu Gregor. Dieser batte auf den Monat März eine Fastensvnodc nach Rom ausgeschrieben Sowohl Heinrich als Rudolf schickte Gesandte dahin Jedermann erwartete, daß Gregor zu einem neuen Sck'lag ausbolen werde. Tie kaiserlichen Gesandten, mit Geld reichlich versehen, batten die Weisung, die Excommunication Rudolf's zu verlangen und, falls der Papst damit zögere, Diesem mit Absetzung zu drohen. Die Bevollmächtigten Rudolf's verlangten Gregor solle endlich das Tiplomatisiren ausgeben und Rudolf, der fick stets als gehorsamen Sohn des Papstes gezeigt habe, offen als König aner kennen. Die Synode wurde eröffnet; die säcbsi scheu Gesandten brachten viele Beschuldigungen gegen Heinrich vor; den Gesandten des letzteren wurde nicht gestattet, eine Rccbtfertigungsrede zu halten. Der Spruch des Papstes stand bereits fest Sr> es, daß er des langdauerndcn Streites und der sächsischen Vorwürfe überdrüssig war, oder daß er, aus übertriebene Berichte bin, dem Sieg Rudolf's bei Flarchherm eine zu große Bedeutung beilegte: am 7. März sprach er über Heinrich und alle seine An hänger den Bann aus, entkleidete ihn jeder könig lichen Macht und Gewalt in Deutschland und Italien, erklärte alle ihm geleisteten Eide für nichtig und un verbindlich, erkannte dagegen Rudolf als rechtmäßigen König an und ertheilte allen seinen Anhängern Vergebung aller ihrer Sünden und seinen aposto lischen Segen. In der schrankenlosesten Weise beanspruchte Gregor in seiner mit Bibelstellen reich gespickten Rede die unbedingte Herrschafe des päpstlichen Stuhles über alle Fürstenthüme und Obrigkeiten der ganzen Erde. „So lallt nun", ries er den versammelten Bischöfen zu, „als; Welt klar erkennen, daß ihr, wenn ihr im Himmel binden und lösen könnt, so auch auf Erden Kaiser- tbümcr und Königreiche, Fürstenthümer und Herzog thümer, Markgrafschaften und Grafschaften, jeden Besitz Jedermann nach Verdienst zu geben und zu nehmen vermöge»." Der Würfel war geworfen. Es fragte sich, zu wessen Gunsten. Heinrich feierte um lene Zeit in Bamberg das Osterfest. Viele Bischöfe waren bei ibm. Die Nachricht von der neuen Ercommunication rief in diesem Kreise eine Flut!) von Schmähungen hervor. Kein einziger Bischof, kein einziger Fürst, der auf Heinrich's Seite stand, fiel auf diesen Bannfluch hin von ihm ab. Die Wirkung desselben war eme ganz andere als die des Bann f ucbes von 1076. In Mainz versammelten sich an jüngsten 19 Erzbischöfe und Bischöfe, erklärten Gregor für abgesetzt und beschlossen, einen anderen Papst zu wählen. Die anwesenden weltlichen Fürsten timmten bei. Ten longobardischen Bischöfen, welche ast alle Gegner Gregor's waren, wurde von diesem Beschlüsse Mittbeilung gemacht und die Aufforderung an sie gerichtet, sich im Juni aus der Snnode zu Brixen einzufinden. Denn Kaiser Heinrich war entschlossen, den japst gerade io zu behandeln, wie Dieser ihn behandelte. Hatte Gregor im März Rudolf als rechtmäßigen König anerkannt, so wollte er nun Gregor's alten Feind, Erzbischof Wibert von Ravenna, für den rechtmäßigen 'japst erklären lassen. Heinrich selbst erschien in Priren. Deutsche und italienische Bischöfe waren dort versammelt. Von 30 anwesenden Bischöfen Unter zeichneten 27 das Teeret, durch welches „Hildebrand, der verwegenste Mensch", für abgesetzt erklärt wurde. Zugleich wurde über König Rudolf, Herzog Welf und deren Anhänger der Bann ausgesprochen. Am olgenden Tage (26. Juni) wählte die Synode Wibert von Ravenna zum Papste. Im nächsten ^abrc hoffte Heinrich de» neuen Papst nach Rom ckikren zu können, um dort aus seiner Hand die Kaiserkrone zu empfangen. Um sich gegen seine Feinde zu schützen, verbündete sich Gregor mit dem Normaiinensürsten Robert Guiscard in Unteritalien und niit anderen Fürsten und rief die Hülse seiner lang ädrigen Freundin, der Gräfin Mathilde von Toscana, an. Aber als er einen Kriegszug gegen den Gegenvapst in Ravenna unternehmen wollte, fand sich keine Mannschaft ein; die Lehnsleute der Gräfin versagten ihr den Gehorsam. In ganz Italien regte sich kein Arm für den Papst; mit vollstän diger Gleichgültigkeit sah man der Entwicklung des neuen Conslicts zu. Nur in Deutschland hatte Gregor an Rudolf und seinen Anhängern eine mächtige Partei. Um diese zu vernichte», bevor er den Kampf in Italien aufnehme, eilte Heinrich von Briren nach Mainz und rüstete fick ,u einem neuen Feldzuge. Herzog Friedrich von Schwaden, viele schwäbische Bischöfe führten ihm Mannschaft u Bauern und Lothringer erschienen in großer Zahl. Im Hcrbst begann der Ausbruch des Heeres. Bei Hohen Mölscn an der Elster trafen die beiden Heere auf einander. Die Sachsen wurden wiederum von Rudolf und Otto geführt. Heinrich erlitt eine voll ständige Niederlage: sein Lager mit reicher Beute siel in die Hände der Feinde. Aber diese konnten sich kaum ihres Sieges freuen, denn König Rudolf Ihatte in der Schlackt durch einen Sckwert- hicb die rechte Hand verloren und durch einen Lanzenstoß eine Wunde in den Unterleib erhalten. Im sützen Gefühle des errungenen Sieges, aber auck in der Erinnerung an jenen Augenblick, als er mit dieser Hand, die jetzt abgcbauen vor ihm lag, Kaiser Heinrich den Eid der Treue scbwnr, starb er noch am Abezw des Scblacksttages. Tie Welt erblickte in diesem Ereignis; ein sowohl über Rudolf als über Gregor ausgesprochenes Gottesurtheil. Dock waren die Sachsen nickt enlmuckügt. Sie waren sofort entschlossen, einen anderen König zu wählen und richteten ikre Blicke auf ihren Kriegshelden, Otto von Nordheini. Ihre süddeutschen Freunde, Wels und Berihold. Rudolf's Sohn, dem Staufen Friedrich als Gegenberzog von Schwaben cnlgegengesteUt, waren mit diesem Vor schlage nickt einverstanden. Diese Uneinigkeit benutzte Heinrick, um fick mit den Sachsen zu verständigen. Er ließ ihnen sagen, sie sollten seinen Sohn zum König wählen, dann wolle er eidlich versprechen, nie wieder persönlich nach Sachsen zu komm n. Aber der Antrag wurde zurückgewiescn. Heinrich zog sich nach Franken zurück So blieb Alles i» der Schwebe. In anderer Lage als Heinrich war Kaiser Friedrich l. < Barbarossa) im Jahre 1180. Er hatte mit deni Papst und den lombardischen Städten Frieden gemacht und befand sich in Deutschland. Sein nächstes Geschäft war, mit Heinrich dem Löwen, Herzog von Sacbfen und Bayern, abzurecbnen. Der selbe war zwar nickt Gegenkönig wie Rudolf, gründete sich aber durch eine rücksichtslose Eroberungspolitik eine Macht in Norddeutscbland, welche bereits ein stattliches Königreich bildete. Im Gebiete der Elbe batten Fürsten und Bischöfe über seine Gewaltthätig- keit zu klagen. Da er aus dreimalige Vorladung vor dem Reichstag nicht erschien, so sprach der Kaiser aus dem Reichstag zu Würzburg, 15. Januar Uno. die Rcicksackt über ihn auS. Aus dem Fürstcntage zu Gelnhausen wurde ibm das Herzog tlnim Sachsen, auf dem Reichstage zu Rcgensburg das Herzogtbum Bayern abgesprochen. Jenes wurde damit es nickt vermöge seiner Größe eine stete Bc drobung für die kaiserliche Macht sei, in mehrere Thcile zerlegt und einer derselben als Herzogtbum dem Markgrafen Bernhard von Anhalt verlieben Bauern, gleichfalls in geringerer Ausdehnung, erhielt sammt der Herzogswürde der treue Pfalzgras Otto von Wittclsbacb, welcher am 10. Sept. auf dem Reichstage zu Altcnburg feierlich damit belehnt wurde. Heinrich nickt gewohnt, fick zu demüthigen und zu gehorchen raffte seine ganze Mackst zusammen, um seinem Gegner die Spitze zu bieten. Während seine Va fallen nack Westfalen zogen und über abtrünnige Lehnsleute einen Sieg in der Nähe von Osnabrüd ersocksten, siegte er selbst bei Weißensee über die Fürsten von Thüringen und von Anhalt. Aber die trotzige Art, mit welcher er auch seine treuesten Va fallen behandelte, und die Aufforderung des Kaisers an sämmtlicbe Lehnsleute des Herzogs, daß sie bis zu einem bestimmten Termin denselben verlassen sollten, bewirkten rasch einen fast allgemeinen Abfall. Tie Katastrophe war bereits vor der Thüre. Das Jahr 1280 sab den Kaiser Rudolf l. noch mit der Ordnung der Hinterlassenschaft des auf dem Marcbfelde gefallmen Königs Ottokar von Böhmen beschäftigt. Ottokar's Sohn, dem noch unmündigen Wenzel, wurde die Krone von Böhmen und Mähren zugesprochen und an die Spitze der vormundschaftlichen Regierung der Markgraf Otto von Brandenburg gestellt Ezecben und Deutsche lagen in Böhmen mit einander im Streit. Ter Markgraf führte ein so strenges Regi ment, daß Kaiser Rudolf gegen ikn einscbreiten mußte Jener sab sich beim Anmarsch eines kaiserlichen Heeres veranlaßt, Böhmen zu verlassen, wo nur eine andere Regierung eingesetzt, aber der Parteistreit nickt be seitigt wurde. Um so enger schloß sich Mähren, wo Rudolf zwei Statthalter cinsetzte und den Städten ihre alten Reckte bestätigte, an den Kaiser an. Im Iabre IZ80 begann Kaiser Wenzel, nach dem die kaiserl. Räthe, welche bisher die Regierung noch im Sinne Kaiser Karl's IV. geführt batten, in oi fern Iabre gestorben waren, sein persönliches und aunisches Regiment, welchem alle Ausdauer und alles Ansehen fehlte. Im Jahre 1480 sah es im Deutschen Reiche unter der Regierung des Kaisers Friedrich III. trostlos aus. Im Jahre 1580 wurde unter Kaiser Rudolf II. die bergischc Coneordiensormel nebst einigen älteren Bekenntnißscbriflen der Protestanten am 25. Juni zu Dresden unter dem Namen des Coucordienbuches, wozu der Kanzler Andreä die Vorrede schrieb, in deutscher Sprache bcrausgcgeben. Auch die Unter «ckristcn der 86 ReichSständc, welche sich mit dem Inhalt des Buckes einvei-ftanden erklärt batten, waren beige druckt. Im Jahre 1880 batte der große Kurfürst von Brandenburg nack Abschluß des Friedens von St. Germain Mühe, sein durch den langen Krieg ver armtes Land wieder cmporzubringen und die fran zösischen Truppen aus seinen niederrheinischcn Ge sielen wieder hinauszubringen. Das übermüthigc Volk, welches den Kurfürsten nur als den K»n- -iie»r <Ie Itiunäonliniicg 'bezcichnele, hielt auch nach dem Fricdeusschluß das Herzoglbum Cleve be sitzt, schrieb Kontributionen aus und räumte die Festung Wesel erst im Februar, acht Monate nach dem Frieden. Kaiser Leopold I. war durchaus nickst mißvergnügt über die Tcmütlsigung des Bran denburgers. Von Frankreich, welches in dem letzten Kriege so namhafte und so wichtige Gebiete des Deut- cken Reiches sich angecignet batte, drohte bereits eine neue Gewalttbat' Ludwig XIV. ließ noch im Jahre 1680 die Vorbereitungen zu den sogenannten „Reunionen" treffen. Friedrich der Große wünschte den Alliaurver trag, welchen er im Jahre 1764 mit der Kaiserin Katharina II. von Rußland geschlossen hatte und welcher mit dem Iabre 1780 ablics, zu erneuern. Rußland war die einzige Continentalmaclst, an welche Preußen ohne Gefährdung seiner deutschen Interessen ick anschließen konnte, da die russische Politik ihre Spitze nach Konstantinopel richtete, Preußen immer esteren Fuß in Deutschland fasten wollte, beide Mächte also einander in ihren Bahnen nickt sonderlich störten. Friedrich wußte, daß Kaiser Josef II. trotz deS ungünstigen Ausganges des bayerischen Erb- olgekricgs seine Pläne auf Bauern noch nickt aufgegcben habe und damit umgehe, den schwachen Kurfürsten von Bauern zu überreden, daß er ibm sein Land abtrete und dafür von Oesterreich das kerne Belgien als „Königreich Burgund" annebme. Die Ausführung eines solchen Pla nes mit Waffengewalt zu verhindern, war Friedrich fest entschlossen. Er konnte ein mächtigeres Wort in dieser Sacke sprechen, wenn er Rußland hinter sich hatte. Um so mehr lag ibm an der Er neuerung des Bündnisses. Aber Katharina fühlte sich damals weit mehr zu einer Allianz mit Oesterreicb als mit Preußen kingezogen, da letzteres ihr, wenn sie ihre orientalischen Pläne verwirklichen wollte, weder viel nützen noch viel schaden konnte, während Oester reich schon vermöge seiner Lage im Stande war, eine russische Operationsarmee für ihre reckte Flanke sehr besorgt zu macken. Josef kam diesem Gedanken der Kaiserin aus halbem Wege entgegen, denn er fand, daß die Ausführung seiner geheimen Absichten durch eine solck'e Allianz nur gefördert werden könnte. Um den Abschluß einer russisch-österreichischen Allianz zu verhindern, beschloß Friedrich, seinen Neffen, Friedrich Wilhelm, den preußische» Thronfolger, im Herbst nack Petersburg zu schicken. Aber Josef kam ihm zuvor, reiste im Mai nach Mobilem am Dnieper und halte dort eine Zusammenkunft mit Katharina. Er ver weilte dort längere Zeit und begleitete die Kaiserin nach Petersburg. Die Allianz wurde noch nickt ge schloffen, aber Joses und Katharina verstanden sich gegenseitig. Als trotzdem der Neffe Fricdricb's den bereits angekündigten Besuch in Petersburg machte, fand er bei der Kaiserin eine sehr küble Ausnahme und es wurde ihm sogar zu verstehen gegeben, daß es sehr erwünscht wäre, wenn er früher, als er beabsichtigt kalte, abreisen würde. Dieser Sieg des österreichischen Einstusses über den preußischen erzeugte eine liefe Mißstimmung in Berlin. Die Sacke wurde durch eine in Wien sich vollziehende Katastrophe noch acuter. Am 2!>. 'November starb Ioscs's Mutter, die Kaiserin Maria Theresia, und ihr Sohn hatte nun unbedingte Disposition über die aanze österreichische Macht. Es hatte ja indessen das eigentbümlicke Verhältnis; stattgefnnde», daß Josef, obgleich er seit dem Tode seines Vaters, des Kaisers Franz 0765), zum Kaiser von Deutschland gewählt und von seiner Mutter zum Mitregenten der habsburgischen Länder er nannt war, doch weder in dieser noch in jener Eigenschaft eine greifbare Macht in der Hand oder Gelegenheit zur Entwickelung einer Regierungstkätigkeit hatte, denn Maria Theresia gestaltete ihrem Sohne so wenig als ihrem Gemahl Einfluß aus die Leitung der inneren und äußeren Politik Oesterreichs. Wie dieser als Mit regent nur an der Leitung des Finanzwesens sich be- theiligen durfte, so Josef nur an der des Milttair- Wesens. Der Tod der Kaiserin machte diesem für einen ehrgeizigen und thatendurstigenPrinzen unangenehmen Verbältniß ein Ende. Als ein Mann von <19 Jahren bestieg Josef den habsburgischen Thron. Sein sehn lichstes Verlangen war, ein österreichischer Friedrich der Große zu werden. Seine ersten Erlasse deuteten auf eine straffe Centralisation der Verwaltung sämnit- licber österreichischen Länder, aus einen die historischen und nationalen Berechtigungen der einzelnen Volks- stämmc nicht achtenden Uniformirungsplau, ia geradezu auf einen gewissen Einheitsfanatismus bin. Friedrich der Große, in Petersburg nickt gewünscht und dort von Wien aus verdrängt, sah sich für gewisse ein tretende Fälle nach anderen Bundesgenoffen um, und fand sie da, wo fick für seine Zwecke eine Allianz am natürlichsten darbot, in Deutschland selbst. (Schw. Merk.). Musik. Zur Geschichte der Zanberslüte. Es ist bekannt genug, daß der Untergrund von Mozart's Zauberflöte mit den Ideen und Empfin dungen zusammenhängt, welche im vorigen Jahrhun dert abseits von der Kirche, die dem Gebildeten von damals immer fremder wurde, die Edleren der Na tion, vor Allem in Oesterreich, zu Verbindungen ver einigten, in denen sich das höhere Bedürfniß der menschlichen 'Natur aus seine eigene Weise zu befrie digen suckle. Ter bedeutendste dieser Orden war der der Freimaurer, der aus alten Tagen jetzt neu erstand, und der Verherrlichung seiner Tendenzen ist bekannt- icb die Zauberstöte geweiht. Denn obwohl dieselben ausdrücklich lauteten: „Gutes tbun, die Notb der Menschheit erleichtern, Mcnscbenhaß vermindern", also die Ideen der Religion, vor Allem der christlichen ebenfalls verwirklichen bieß.n, so wurden dennoch wegen der zugleich dort verfolgten Tendenzen der Aufklärung, die namentlich dem mittelalterlichen Möncbothum cntgegentral, und wegen der anscheinen den politischen Gefahr solcher gebeimnißvollen Ver sinkungen bald aus düselbe Weise die Kirche und der Staat die heftigsten Verfolger des Ordens, nament lich in jenem Oesterreich, dessen treuester Sohn Mozart geworden war. Wir wollen bei Gelegenheit der Mozartnwchc einige weniger bekannte historische Notizen über diese Sacke geben. Bereits am 7. Mär; 1748 hatte die allerdings der Kircke sehr ergebene Kaiserin Maria Theresia eine Versammlung der kurz vorher gestifteten Loge „Zu den dr- i Kanonen", der auch ihr Genialst Franz I. angchörte, durch mehrere Kundert Mann Grenadiere und Kürassiere überfallen und aufbeben lassen. Gegen 18 Freimaurer wurden dabei sogar in Hast gebracht. Dem Verhöre wohnten der Cardinal und Erzbischof von Wien und der päpstliche Nuntius bei. Franz I. soll damals ebenfalls in der Loge gegenwärtig ge wesen und nur mit Mühe den Verfolgungen der Soldaten aus einer Hintertreppe entgangen sein. Dock vernehmen wir bei dem Mackstschrilte wenigstens auf Seite der Kaiserin von einem versöhnenden mensch lichen Beweggründe. „Die Bulle Benedict's XIV. vom 18. Mai 1751 gab den Feinden des Ordens eine neue Waffe zu seiner Verfolgung", erzählt Lewis' Geschickte der Freimaurerei in Oesterreich. Zu ihnen gesellten fick ein Theil des weiblichen Hofstaates der Kaiserin und mehrere Hofdamen, welche von den Jesuiten geleitet die Fürstin von der empfind lichsten Seite der Weiblichkeit angriffen und ibr die Treue ihres Gatten zu verdächtigen suchten. Unter den ältesten Bewohnern Wiens hat sich aus jenen Tagen noch die traditionelle Sage bis beute erhalten: „Maria Theresia soll eines Tages, um Gewißheit über diesen Punct zu erhalten, in Gesellschaft einer ver trauten Dame in männlicher Kleidung ihrem Gatten in die Versammlung der Loge gefolgt sein, habe aber dieselbe alsbald verlassen, als sie Niemand vom weib lichen Geschleckte daselbst gesehen hätte." Genug aber, im Iabre 1764 erschien im 'Namen der Kaiserin eine Verordnung, durch welche die Freimaurerei in allen österreichischen Staaten aufgehoben wurde. Wie nun der alte Fritz sich rückhaltlos den auf klärerischen Ideen der französischen Encyklopädisten ksingegeben lind Voltaire zu fick ins Land gerufen batte, so ward er auck darin das Vorbild des ibm allüberall uachrisernden Josefs II., daß derselbe, der allerdings i» den Ideen des Freimaurerorkens erzogen worden war, auch den lnimanistischen und freisinnigen Tendenzen desselben huldigte. Er war „Freimaurer ohne --cburz" und verfügte am 12. De« cember 1785 durch ein eigenhändiges Cabinctsscbreiben, daß alle Landesregierungen seines Reicks den Frei maurern vollkommene Freiheit und allen Schutz zu gewähren Kälten. Jetzt blükte der Orden in Oesterreich rasch und schön auf. Sckon im Jahre 1781 hatte fick ein Ver ein der vorzüglichsten Köpfe Wiens gebildet. Der Zweck desselben war, „zur Beförderung der Gewiffens- und Tenkfreiheit zu wirken und den Aberglauben und die Schwärmerei, mithin also die Hauptstütze von beide», das Mönckswesen zu bekämpfen." „Rein hold und seine Jugendfreunde Alringer, Blumauer, Hascbka, Leon, Ratscbky waren die eifrigsten Thcil- nehmer an diesem Bunde", erzählt „Reinhold's Leben". „Um die äußere Verbindung der durch Sinn und -Herz Vereinten auf eine angemessene Weise zu unter halten, bedienten sie sich der Formen der Maurerei", heißt eS dabei ausdrücklich, um zu betonen, daß cs die Sacke war, was hier galt, nicht die Form oder gar Gedcimnißthuerei. „Mil den Waffen der Ge lehrsamkeit und Bercdtsamkeit, bald im ernsten bald im scherzenden Tone stritten die Einträchtigen wider ihre in dieser Kampfeswcise ihnen keineswegs gewach senen Gegner." Führer dieser ganzen schönen Bewegung, die einen „geistigen Tempelbau" auffükrcn wollte, in welchem die Priester der Menschlichkeit walteten, war der im Jahre 1742 zu Karlsburg geborene, durch wichtige technische Erfindungen hervorragende Mineraloge Ignaz von Born, seit 1779 Wirklicher Hosrath in Dien. „Born war in der Thal der Lberpriester der Freimaurerei in Wien, nach Geist und Gcmüth gleich lauter und edel, ein freidenkender und frcimütksiger Mann, ein tiefer Kenner der Natur. 1780 -1785 in der schönsten Blütbezcit der Freimaurerei in Oester reich, war er die Seele der grsammtcn deutschen Frei maurerei der damaligen Zeit und zwar dadurch, daß er Lessing's Geist in sieb ausgenommen hatte", sagt eine 1866 erschienene Schrift „Die Zauberflöte", deren unge nannter Verfasser „Bruder" ist. Er vereinigte in seiner Loge „Zur wahren Eintracht" außer den genannten Männern noch Retzer. Gemmingrn, Denis, Eckbel, Micbaeler und Ioscpb'Haydn. Ihm war nun auch der seit jener Zeit in Wien weilende Mozart befreun det und batte ihm zu Ehren, als man in der Loge Born's wichtige Entdeckung der Anguickung feierte, am 20. April 1785 bereits eine Cantate „Maurersreude" componirt. Er dagegen schrieb am 27. April 1787 dem Meister der Entführung und des Figaro latei nisch Folgendes ins Stammbuch: „Teliscber Apollo, der du deine Kunst, deine Gaben unserem Mozart geschenkt hast, damit er deni Begehrenden die Töne gebe, welche Hand und Sinn wollen, Helle, schwere, rasche, langsame, singende, klagende, große, kleine, ohne allen Mißklang zusammenklingende, gieb, daß mit der holden Musik seiner Lener auck die Zahl glücklicher Tage zusammenstimme und die Harmonie eines holden Geschickes!" In den gleichen Tagen sollte Mozart einen herben Sckmerz erfahren: sein Vater starb, der geliebte Führer seines Lebens. Mozart war damals bereits
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