Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.01.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190701060
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19070106
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19070106
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-01
- Tag1907-01-06
- Monat1907-01
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
tö für Leipzig unt> Boiorie. In Ver Honvt» Eivrdilion öd« deren Ausgabeiiellen ab- aedoit monatlich: Äoeaabe l> mal tüqlich) 70 Pj. Kusaabe tt 2 mal tS-ilick) 80 Ps^ bei Zakielloag in» HauS -lusiab« 8o Au-aabe 8 l V«ark. Tuich aalen au»- würiim» Äusqobrslrllen und durch di, Post gezogen II mallägl'ch'ianerdalbDeulichiand» monatlich 1 IXaik. für Oeilerrrich« Ungar» ö L -IS d viert,ij.idrlich. di» übrigen Länder Inul Zeitunaepreislille Dies« Kummer louei aui 4 te tLZ allen Badndöteo und bei III ^Id« ve» Zki«iina4.jr,rfäuieen ^s" AeSaUto» u»o trrpr»uu»r JodonniSgajj« 8. Lelepbon dir. IÜ3. 'Rr. 22L Nr. II7L. Berliner Lesattious-Vureaa: Berlin dVV. Prin^ Louis Ferdinand- Straße 1. Televdor t. Nr. 8278 Morgen-Ausgabe 8. MpMcr TagtlMt Handciszeitung. Amtsblatt des Nates und des Notizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeiaen-PretS die 6 gespaltene Puuzeüe tür GefchtAS» tnserate au» Leipzig und Umgebmm M Pf. Familie»» Wohnung«- ». Sleüe»-L»»«1§«K, sowie Lu- und Verkäufe 80 Pf. fiuauzlell« Anzeige» 30 Pf. für Inserate von ouswärtS 30 Pf. Reklamen 78 Pf. auswärts I Mark. Beilage» gebühr 4 Mark p. Tausend exkl. Postgebühr. Eeschäftsanzelgen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht Rabatt nach Tarif. FürJnirrote vom Auslände blonderer Tarif «ureigen.-lunadme: A«a»ft»»»t«N» 8. bei sämtlichen Filiale» u. allruAunouce»- Expeditionen »>»« In- und Auslandes. Ür da» Lrlcheinen o» bestimmten Tage» u. llätze» wird keine Saroati« Lderuanuneu Haupt-Filiale Berit«: C arlD« » cke r,derzgl.Baqr.Hofb»ch-andlg Lützownraße 10 «Telephon VI, Nr. 4603). Filial-Erveditio»: Dresden.Mnrie^te^U Nr. 8. M. Jahrgang. Sonntag 6. Januar 1907. Var ülicdtsgrle vsm cagr. * DaS Landgericht in Berlin bat das Strasver- fahren, da» gegen zwei Beamte der Kolonial- ablellung, den Geheimen Expedierenden Sekretär Schneider und den Gebeimen SekretariaiSassissenten Göy wegen Berletzung der AnnSoerschwiegenheit (angebliche Aus lieferung gebenner Ältenstücke an den Ab,eordnrten Erzberger) tingeleirel wsrven war. eingestellt. Gle ch;eitig wurde seiiciiS deS ReichSkanzle S, be;w. des stellverlreieoden Kolonial- direkiorS. die Suspension der beideu Beamte» vom Amte aufgehoben. * Professor Schm oller hat als Vorsitzender eines koloniaipoliti'chen KomueeS eine grosse Versammlung aus den 8. Januar m Berlin einberuien. (S. Dischs. R.) * Neber einen Unfall, der sich bei einer Auto» mobilsahrtdes Königs am 15. Dezember v. I. er eignete, erfolgte gestern eine offiziöse Darstellung. (S. Letzte Dep.j * Die Einberufung LeS Landtages im Groß- berzo-num Sacksen-Weimar wird in Rücksicht auf de Reichstagswahlen nicht aus den 28. Januar ersolgen. * Beim Dau der HunSrückbahn ist in der Nähe oo» Sauerbrunn ein Schacht «ingestürzt. Etwa vierzig Arbeiter wurden unter den cinstürzen- den Erbmassen begraben. lS. d. bes. Artikel in der 2. Beilage.j * Zwischen England und Italien ist em Konflikt auSgebrocken, wert Italien die B-strasung Elngeboiener >n Eritrea verweigert, die eogltsche Nntertanen ausgrplüuderl haben. (S. Au-l.) Aul «lem Aegr rum Zirge. Die bürgerlichen Parteien Leipzigs marschieren. Neber ihnen aber weht nur noch di« eine, die nationale Fahne. Ob konservativ oder nationalliberal, ob Freisinn oder Anti semitismus, ob Manchestertum oder Mittelstand-Partei, Ver treter der Großindustrie und de» Handel» oder des Hand» wer!» — die große Einigung ist erzielt. Es gibt nur »och zwei getrennte Heerlager in Leipzig aus dem Marsch zur Wahlschlacht. Hie gut bürgerlich und national alle Wege — dort rot uud schwarz in ver- schämier Eintracht, die Masse der Sozialdemokratie «ad raS Häuflein derer um die Zählkaudidatur Erzberger! Damit sind die Schlachtlinien vorgezeichuet, zwischen denen um die Siegespalme gerungen wird. Aber ist eS denn eine natürliche Gruppierung, die sich hier vollzogen hat? Kana der Gegner der nationalen Schlackt- reihe nicht mit Neckt voll Spott und Hob» über die „Misch- maschkandidatur" schelten, auf die man sich einigte? Auch w r baben ost genug schon von ungesunden, politisch unwahrhastizeu Kartellen geredet, an denen rin ehrlicher Politiker leine Freude haben kann. Um so mehr baben wir Anlaß, diesen Vorwurf zu prüfen. Er fällt mit zermalme»!» Wucht auf eine Mischmachkandidatur, die der inneren Wahrhaftigkeit entbehrt. Wo ein Kandidat nur durch hunderterlei Versprechungen »ach recht- und link-, nach oben und unten sich da- Vertrauen heterogener Parteigruppen erwirbt, wo er weder kalt ist noch warm bei den entlcheidenden Fragen, wo er statt eine- klaren „ja" und eines unzweideutigen »nein* nur da- zaghafte .ja — aber" uud .nein — jedoch" kennt, da wären wir die Ersten, die auch in einem gemein samen staai-lreuen Kandidaten dieser Art nur den Mischmasch auf da» bitterste bekämpfen würden. Ader da- eben ist da- Vertrauen erweckende und darum auch den Sieg verheißende an der Kandidatur Iouck, daß es sich hier nicht um eine Mlschma'ch» landivarur in dem vorgezeichneten Sinne handelt. Der Verlauf de» Freitag abenv mit der großen Wahl rede de» Dr. Iunck im Saale de» ZeniraliheaterS bat uns glänzend gerechnerugt, die wir von Anfang dieser Kandi datur zustlmiute», ohne roch da» Programm Dr. Juricks im einzelnen zu kenne». Dr. Iunck hat so gar nicht» an sich von einem Mann, der hier eine Verbeugung macht und dort em Urteil zurückzieht, um Stimmen für sich zu fangen. Er zieht auch für sein Programm nickt die Diagonale zwischen een verschiedenen Parteien, auf deren Unterstützung er im Kamp» um da» Leipziger ReichStagSmandat angewiesen ist. Aufrecht al- eia Mann von eigner Anschauung, al» «iue Persönlichkeit mit scharf ausgeprägtem Charakter steht er zwischen den Parteien. Ohne tak tische K.ügrleie», die auf eine Täuschung über fein Programm berechnet sind — sagt er nur wa- er denkt und was er will. Und wo er sich noch leine feste Meinung gebildet hat, gesteh« er e» offen. Ieder südlt e» «dm ab, daß man ihm vertrauen darf, er werde gewissenhaft prüfen, fleißig arbeiten, vorsichtig abwagen und dann eine Ent cheidung treffe», die ihm nicht durch einen Fraltion-zwang aufgebürdet wird, die er viel mehr gesunden hat al» erprobt vor seinem Gewissen und er härtet durch seine politische und wirrfchastlrcke Erkenntnis. Darum verschmädte er auch all« und jede rhetorisch« Phrase i» ferner Prograuuureda. Luch »rcht ei, »«haltlose» Schlagwort ist von ihm in der zweistündigen Rede geprägt I worden, wie man eS zu Dutzenden in Programmreden zu yistea I gewöhnt ist. Nücktern und Ilar, ehrlich und wahr — das tiat als das Kennzeichen seines politischen Charakters mit so zwingender Deutlichkeit hervor, daß der tiefe Eindruck davon auch an den Massen der sozialdemokratischen Zuhörer zu bemerken war. Die E n gung der verschiedenen bürgerlichen Parteien aus eine solche Persönlichkeit hat nichts mit einer veiwerjlichen Misckmaschkanvidatur zu tun. Sie beweist nur, daß Persönlichkeiten mehr bedeuten al- gedruckte Parteiprogramme. Dazu kam das andere große Moment, daß der lässlichste Besitz aller unserer bürgerlichen Parteien, die Liebe zu einem großen deutschen Datei land, die Treue zu Kaier und Reick, die Begeisterung für Deutschlands Ehre und G Lße auch der Höck ste Besitz Dr. IunckS ist. Bon den Konservativen auf der äußersten Rechten bis zu den Vertretern der frei sinnigen VoUcpariei findet sich hier eine nationale Geistesgemeinschasl mit Dr. Iunck, so daß darüber mit Recht und Billigkeit alle Soaderintercssen zurücktreten lönnen,! ohne daß man nur mit Mißmut an die Wahlarbeit für diesen Kandidaten gebt. Dabei soll nicht übersehen werden, daß eS für die libe ralen Kreise leichter ist, für Dr. Iunck einzutreten als für die Konservativen und die Gruppen der MittelstandSbewegung. Dr. Iunck hätte eS sich sehr leicht machen können die politisch rechts vou ihm stehenden Organisationen durch Berspreckungen zu gewinnen. Er hat es nur in dem Maße getan, als er eS mit gutem Gewissen tun konnte unbeschadet der liberalen Grund anschauung, zu der er sich offen und ehrlich auch dem rechten Flügel der Natioaalliberaleu gegenüber bekannte. Aber wir sind überzeugt, daß gerade diese politische Ehrlich» keit e» sck>"siick den Partien der MittelstaaeSb wegrug erleichtert ha., für Iunck ei. zutreten. Sie wissen, daß er eia ehrlicher Mann, ein Politiker ohne Hintergedanken ist. Und sie vertrauen darum mit Recht auf ibn als auf eine Periönlichkeit, die jede Forderung auch ihrer Richtung ernst lich und gewissenhaft piüfen und die Entschcieung nur treffen wird, wie sie eS verantworten lann. Und zum andern wissen sie, daß in dem Kampfe, in dem wir jetzt stehen, eS um die nationale Ehre deS Vaterlandes und ihrer Vater stadt Leipzig geht. In solcher ernsten Stunde ist das Opfer, das unsere orzanisicrten Handwerker, die deutsch-nationalen HandlungS- gehilsen und die Parteien der Kon'eroarwen wie ter Anti semiten bringen, indem sie aus eine eigene Kandidatur ver zichten und soiort für de« liberalen, aber eben gut nationalen Dr. Iunck stimmen, ein dem Vaterland und der Vater stadt dargebrachlcS Opfer, dessen sie sich werden freuen dürfen, ohne charakterlos zu erscheinen, und das wir Libe ralen darum auch aufrichtig anerkennen. Die Versammlung am Freiiag abend bat durch ihren Verlaus gezeigt, worauf die Sozialdemokrat « vertraut. Es sind die Massen der Arbeiterdataillone, die man schon zwei Stunden vor Beginn der Versammlung in den Saal deS Zentraltheaiers kommandierte und die man in gleicher Disziplin zur Wahlurne führen wird. An Leipzigs Bürgerschaft liegt es, ob sie sich bei der Wahlurne ebenso in die Minorität drängen lassen will, wie an jenem Abend zu einem guten Teil vor die Tore des ZeniraliheaterS. Das bedenke jeder schon heute, wo die Feldzeichen der Parteien aufgepflanzt sind, wo sich um Dr. Iunck alles im Bürgertum schart, was politischen Willen und nationale Gesinnung besitz', und wo auf der anderen Seite neben dem Häuflein um Erzberger Bebel daS internationale Banner entrollt bat, unter dem vaS Bekenntnis „Deutschland, Deullchland über Alles" von dem Siuimaesanz einer revolutionären Masse erdrückt werden soll. Wir fürchten uns vor diesen Massen nicht. Sie sind nur stark, wenn das Bürgertum schwach ist. Sie lönnen nur siegen, wo wir ihnen durch Lässigkeit den Sieg überlasse». Ihr Helfershelfer ist, wer in diesen Wochen deS Kampfes nicht tür die Kandidatur Iunck wirbt und wer am 25. Januar an der Wahlurne fehlt. Wach aus, Leipzigs Bürgerschaft, zum barten Kamps! Wach auf zum Kamps für den Sieg der bürgerlich?» Parteien, d«r nationalen Wahlparole. Schon sind wir aus dem Weg zum Sieg unter der Führung unsere- Kandidaten Dr. Iunck — laßt unsere Hoffnung in Erfüllung gehen. Der Sieger am 25. Januar darf nur Dr. Ianck s-ink Lambo» votrckakter in Verls«. Die Ernennung Jule» CambonS, de» französischen Bot schafter» in Madrid, zum Botschafter in Berlin scheint fest zustehen. Ter „neue Herr" «st ein jüngerer Bruder de» gleichnamigen Botschafter» in London und 62 Jahr alt. Er gehörte ursprünglich nicht der diplomatischen Laufbahn an. sonder» war General-Gouverneur von Algerien. Tort wurde «r sortgegranlt, angeblich, weil er den kavitalistocken Ausbeuter» der Kolonie zu scharf auf di« Finger gesehen hoben sollte. Er fand ein Unterkommen als Botschafter in Washington. Seine spaniensreundliche Haltung bewog das französische Ministerium, ihn nach dem Kriege nach Madrid zu versetzen. Tort schloß errm Auftrage TelcafsSs jenes Abkommen mit dem Minister Silvela, welches Spa nien weit größere Vorteile in Marokko zusicherte, als es ipäter erlangt Kat. Aber die Königin Christina verwarf den Vertrag, man sagt: aus Furcht vor England. Man begnügte sich schließlich mit den mageren Zugeständnissen vom Oktober 1904 auf der Basis der englisch.sranzösischen Ueber- einkunst vom 8. April. Auf der Konferenz von Algeciras erfuhren zuletzt Spaniens Anwartschaften eine etwa» weitere Ausdehnung. Die Gebrüder Eambon, Paul und Jules, haben sich als geschickte Handlanger zener Politik erwiesen, denen Frank reich seine westeuropäischen Verbindungen und damit eine unvergleichlich gehobene Machtstellung zu verdanken hat. Sie ist nicht die Machlhöhe des zweiten Kaiserreiches. Die bedürfte ein neues SebostoPol, ein neues Solserino. Mochte auch Napoleon III. mehr der Geschobene Lord Palmerston» als der Schieber sein: Der Nesse des großen Kors.n schien doch der erste Mann Europas, dessen Neuiohrsreden die Länder erzittern »rächten. Heute dirigiert König Eduard den Takt. Man wird bange fragen: was soll das tätige Werkzeug jener Politik, welche Deutschlands Isolierung zu erstreben scheint, in Berlin? Soll der fähige Mann, der Spanens Staatsmänner »iir französische Interessen eingesangcn hat, auch unsere Lenker gewinnen? Trügt uns der Schein, ist Deutschlands Isolation nicht das letzte Ziel der Politik von St. James und vom Quai d'Orsay? Wir wären die letzten, die ehrlich zum Frieden ausgestreckte Hand der Westmächte zurückweisen, wenn er auf einem neuen Wege ernstlich versucht würde, die Kräfte des intellektuell und wirt schaftlich so unendlich höher entwickelten Gesamteuropas bi» zur Weichsel und zu den Karpathen zusammenzusassen, um diese Ueberlegenhcit gegen den zurückgebliebenen Osten zur Geltung zu bringen: diesem Osten, dessen Könige und dessen Völker gleich unfähig bleiben zur Verwirklichung moder» demokratischer und kultureller Ideale, eben unsere Kultur mit mehr oder minder sanftem Zwange auszunötigcn: mit ' nem Wrr:e, di« Arsgabe, an der deS großen Napoleon Kraft erlahmte, heute zu erfüllen, da die Verböltnisse so unendlich günstiger liegen, die Machtmittel des Westens entwickelt, die des Ostens zerrüttet sind. — Oder aber: wird ein Zu sammenschluß geplant gegen die mehr anspruchsvoll auf tretende, als völkerrechtlich begründete und militärisch fun dierte Ausschließungspolitik anderer Weltteile? Oder end lich: jagt man an der Seine und an der Themse wirklich dem Traumbild eines ewigen Friedens, einer Abrüstung der Völker nach? In d:m Falle gilt eS, die Augen offen zu halten, damit wir nicht die Düpierten werden. ES gilt auch, des unvergleichlichen Wertes unserer militärischen VolkS- erziehung eingedenk zu bleiben, nicht zu vergessen, daß die grundsätzlich angenommene allgemeine Wehrpflicht auch ein Wehrrecht iedes einzelnen Deutschen einschließt. Wenn Herr Jules Eambon mit uns Zusammenarbeiten will, soll er in Berlin willkommen sein. Wenn er alleir die korrekten Beziehungen seiner Vorgänger jortsttzen will, ist er uns ebenso lieb, wie jeder andere Vertreter seiner Republik. Wir brauchen nicht mehr. Frankreich will sein diplomatisches Korps demokrati sieren. Dorum soll der radikale Parlamentarier Leyzues als Cambons Nachfolger nach Madrid gehen. Der An spruch, daß die Gesandten der Republik nicht selber unzuver lässige Republikaner sein dürfen, erscheint nicht ungerecht fertigt. Auch reizt die Auswahl der Diplomaten aus an deren Kreisen, als denen der „Zünftigen", zur Nachahmung. Eine „Auisrischung" des Korps erichcint auch anderwärts erstrebenswert, wo man sich mit Vertretern absinden soll, die nicht einmal der Landessprache völlig mächtig sind in den Ländern, an deren Höfen sie akkreditiert werden. ilalionsle flalbslilren. Tie Zahl ocr in erster Linie national denkenden Katho liken scheint immer mehr zu wachsen. Aus den verichiedeustcu Zenlrumskrcisen hört man von Aeußerungen der Unzu- srierenheil zahlreicher Kathol'len über den bisherigen Zen- trumsiurs. Das ist dem Zentrum, das vchaupiel, allein die katholischen Interessen vertreten und die katholische Kirche vor einem Kuliurkamps schützen zu können, sehr unbequem. Man sucht die Sache abzuleugnen. Es Hilst aber nicht viel. Weite katholische Kreise wollen anscheinend mit d,r Partei eines Erzberger uns Roeren brechen. So »st cs jetzr auch im Wahlkreise Rocrens. in Saarburg-Saarlouis, ru einer Spaltung in der Zenlrumsvartei gekommen. Dort ist ein Gegenkandidat ausgestellt worden, der mit der Regie rung gehen will. Auch forderten Zentrumsleute Roeren direkt auf, auf eine Kandisarur zu verachten. Und die dcuischcn Katholiken der Ostmark wollen von der Zentrums politik nichts wissen In ihrem Organe, der „Katholischen Rundschau", heißt es u. a.: „Wir sehen in dem ablehnenden Beschluß der Zen- triimssraktion ein sehr bedauerliches Zeichen dafür, daß in dieser Fraktion der Sinn jür die Bedeutung nationaler Fragen nicht ,n der Weiic entwickelt ist, wie dies sür eine Partei, welche im Deutschen Reichstag eine führende Rolle spielen will, als unbedingte Notwendigkeit gelten muß, und sind der Negierung dankbar, daß sie dem Londe gegenüber klar und deutlich ausgesprochen hat: mit einer solchen Partei kann ich nicht regieren und will ich nicht pak tieren." Der Wahlkampf sei nicht ein Zeichen, daß die Regierung die Katholiken unterdrücken wolle. Auch die katholischen Re gierungen hätten ja sür die RcichStagsauflösnng gestimmt. „Ob AntizentrumSkandidaten mitgesprochen haben, daö ist steilich eine andere Frage. Aber Zentrum ist nickt Katholizismus, ko sehr man auch zentrum»seltlg bestrebt sein may, zugunsten der Wahlersolge diese beiden Begriffe zu identi'izieren, und im niederen Volke damit «»uch Glück Hot. Denn der Reichskanzler mit der Auslösung dem Zentrum Den Fehdehandschuh dingeworfen bat, dann hat er es nicht getan au» Fe,ndfchast gegen den Kotholizismu», nicht deshalb, weil da» Zentrum die katholischen Inter essen vertrat, sondern weil es sich nicht hat versagen können, die ausschlaggebende Stellung, die es, dank dem Anwachsen der sozialdemokratischen Stimmen, im deut schen Reichstag gewonnen hat, in kleinlicher parteipoli tischer Weise zu mißbrauchen." Die „Katholische Rundschau" weist endlich noch darauf hin, daß seit der Beendigung des Kulturkampfes „da» Zen trum Pfade gewandelt ist, mit denen die nationaldeukeude» Katholiken immer weniger einverstanden sein konnten." Ja, sie geht so weit, festzustellen: „Durch diese Politik hat da» Zentrum die katholischen Interessen schwer geschädigt." Diesem nationalen Katholizismus, der hier »um Wort kommt, steht auch die nationalliberale Partei in keiner Weise feindlich entoegen. Ebensowenig wie sie die Arbeiterbewegung, wohl aber die Sozialdemokratie al» Feindin ansieyt. Treffend hat dies der erste Vorsitzende der nationalliberalen Partei Bayerns in folgende Erklärung zu« sammcngefaßt: „Wir kämpfen nicht gegen den Katholi zismus. Wir kämpfen nur gegen da» Zentrum, das durch seine Abstimmung vom IS. Dezem ber trotz der durchschlagenden sachlichen Gründe, die dafür vorgebracht wwurden, die Nachtragsforderung der Regie rung zu Fall gebracht hat. Es hat damit seine llnznver- lässigkeit in nationalen Dingen an den Tag gelegt. Wir Koben die feste Ueberzeugung, daß zahlreiche katholische Mitbürger die Haltung der Zentrumsfraktion mißbillige» und in der bevorstehenden Wahl für den nationales Kau- didaten eintreten werden. Wir kämpfen auch nicht gegen die deutsche Arbeiter schaft. Nach wie vor wird der Ausbau der sozialen Gesetz- gebung, welche unseren Arbeitern die ihnen zukommende» Rechte verschaffen und sichern soll, einen Hauptpunkt in» Programme unserer Partei bilden. Aber wir kämpfen gegen die undeutsche und unpatriotische Haltung der sozial demokratischen Fraktion im Reichstag, und wir hoffe», daß unser Appell an die vaterländische Gesinnung auch bei vielen deutschen Arbeitern Widerhall finden wird." „kinem neue» ZeOan entgegeai" Mit diesem Akarmruf hat kurz vor Weihnachten in Bari» der bekannte Mi'.ilärschrrststeller und Schwiegers^» Bou- langers, M<ffor Driant, in einer Kampfschrift sei»« Sands leute ausgerüttelt und ungeheures Aussehen erregt. Schon jetzt liegt die autorisiert« Ueb?rsetzuna dieses anch für uns Deutsche nicht minder wertvollen Werkes vor, das im Ver lag von Gerhard Stalling in Oldenburg soeben erickiese« ist Das Bucb ist mit einem wirkungsvollen Bild de» Kaisers bn der Manöverkritik, rm Umhang and mit dem Feldmarschallstab, geschmückt. Es kommt noch gerade recht zeitig, bei uns in den Kampf um die nationale Ehre ein- zutreten, denn es bringt bedeutungsvolle Vergleich« und Ausschlüsse über die Verhältnisse b:i unseren westlichen Nach- barn und unS. In Paris hat dieser WarnungSrsf ds» französischen Patrioten an sein Volk trotz feiner bitteren Wahrheiten einen beispiellosen Erwlg gehabt — in den ersten 10 Tagen wurden 20 000 Exemplare der Schrift verkauft — und es ist wahrscheinlich, daß aus Grund dieses Au- grifseS das Thema dort jetzt nicht mehr zur Ruhe kommen wird. Major Driant will Frankreich davor behüten, zugunsten englischer Interessen sich in einen Kampf mit Deutschland einzulassen, brr nach ollem, was er von den beiderseitigen Armeen gesehen und kennen gelernt hat. für Frankreich ver derblich sein muß. Der Verfasser ist in Frankreich als Militärschriftsteller seit langem rühmlich bekannt: in seinem hier vorliegenden Merk deckt er zum ersten Male die beginnende Zerrüttung der Armee auf, und geht schonungslos mit dem General Andre und dem Ministerpräsidenten Elemenceou ins Ge richt. Nachstehend eine Probe aus dem Schlußkapitek: „Und Ihr Franzosen, die Ihr Euch durch bkendenk« Phrasen täuschen laßt, während man sich anderSwo zu großen Toten rüstet, vergegenwärtigt Euch d.'n großen Tag, der über das Schicksal Frankreich» entscheiden wird. Ich will ihn Euch schildern, die Ihr Euch aus ieden Fall die Ohren verstopfen wollt oder Euch kindlicherwLif« einbildet, es w:rde ein unbckannier Schutzengel vtokucv austauchen, um unserem obersten Führer im gewünschten Augenblick die erlösende Einaebunq einziislößen. — Es ist am sechsten oder siebenten Schlachttage. Bon beiden S.'iten sind alle nur irgend ver'sigbaren Kräste zum Entscheidnngskampf hcrangeführt worden. Eise Million Menschen, 2000 Geschütze auf jeder Seit«. Aber auf französischer Seite haben schon zahlreich-' Desertionen die Reihen gelichtet: unheilverkündende Lo sungsworte raunt mos sich in den dezimierten Regimen tern zu. Mit Mißtrauen blicken unsere Soldaten in den zahllos?« Laufgräben, in denen sie den letzten Ansturm des Gegners erwarten, aus ihre (Kenerale. bre unsicheren und finsteren Blicks an ihnen dorübcrgehen. Hat man diesen Soldaten nicht erzählt, daß sie wie 1870 oerra'en worden sind? Haben nickt Zeitunoen, die auf unerklärliche Weise in die BiwakSplätze etnaelchmug- q.-lt wurden, ihnen mitgeteilt, daß die Revolution u» Paris nach Willkür herrsche, daß sie in Brest, Lorient, Roubaix und Limoges gesiegt babe, daß sick die Santche- völkcrunq im hellsten Au'ruhr befinde? Jedesmal, wenn eine Tragbahre mit einem röchelnden Verwundet?» vorbeigetr>ryen wird, blicken diese Menschen, denen man seit mehreren Jahren nur den Kults» des Wohllebens und den Gennß des Augenblicks gevredigt lxrt, mit dem Zittern eines furchtsamen Tier:» am ihren Kameraden, dem sie vielleicht in jedem Augenblicke wlacn können. Sie möchten diesen Laufgräben entfliehen, die ihnen vielleicht alS gemcin'ames Grab dienen werden. Und da dies: Truppen keine Ideale mehr besitzen, so sind sie nahe daran, zur Herde zu werden. Da kein Name in den Seelen der Kämpfer lebt, der ihnen Vertrauen einslößen und sie in dieser höchsten Stunde begeistern könnte, so richten sich ihre Blicke hartnäckig nach rückwärt» ass das rettende Tal. Dorthin wir» man sich vielleicht drücken können, wenn der große Ansturm erfolgt. Und die unruhigen Augen tvcken llch aegeinestig wäh rend dort drüben, asf den gegenüberliegenden ferne« Hügeln der Kanonendonner ohne Nnterbreckura k" L sst über ihren Häuptern erzittern macht. Dort drüben weiß man zu befehlen; jeder»« ihn, de» germanische« Täsar; seit »wa«»ig Jahr« Ult «
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite