46 Reinhard Koch Kultur, Kunst und Kernforschung Rossendorfer Klubabende und Ausstellungen in den Siebzigern »Keinen Blick auf sich werfen, das ist etwas«, schreibt Ernst Bloch im »Prinzip Hoffnung«. Aber wer kann sich soviel Größe leisten? Über die Rossendorfer Klubabende (ROK) und insbesondere die Rossendorfer Ausstellungen wird noch heute viel gesprochen und geschrieben. War es das so seltene freundliche Aufeinandertreffen von Schriftstellern, Malern, Musikern, Kunstwissen schaftlern und Historikern mit Naturwissenschaftlern, die Symbiose von Individuen ganz unter schiedlicher Lebensauffassungen zu beiderseitigem Nutzen? Schwer zu beantworten, aber es gab und gibt in Rossendorf eine Offenheit für die Kunst im weitesten Sinn, die in dieser Form mög licherweise selten anzutreffen ist. Es war das Klima, das alle Seiten als so wohltuend empfunden haben. Sollte man nicht doch einen Blick auf das werfen, was in seiner Ausprägung über eine Zeit spanne von reichlich zweiJahrzehnten Bestand hatte? Auf denn, Zeitzeuge, du vielgescholtener »natürlicher Feind« des Historikers, komme dem Ansinnen sich zu erinnern (möglichst freudig) nach und wirf für dieses Heft einen Blick zurück. Die Kuko entsteht Um das erste Jahrzehnt des Unternehmens »Rossendorfer Klubabende«, die siebzigerJahre, soll es in diesem Beitrag gehen. Dieses, von Anfang an als ROK abgekürzt, entstand nicht allmäh lich, sondern mit einem Programm und einem Abend Nummer i im September 1969 im Zen tralinstitut für Kernforschung Rossendorf (ZfK). Es gab mit dem Physiker Manfred Deutscher auch einen unumstrittenen Initiator des »Unternehmens«, der es bis 1972 leitete. Und da der Plan eine Mannschaft braucht, setzte er sich an die Spitze der Kulturkommission der Gewerkschafts leitung, die in Rossendorf ebenso wie in anderen Instituten und Betrieben der DDR zu beste hen hatte, funktionierte sie in seinem Sinne um und schwor sie auf sein Manifest, Elf Thesen zu den Rossendorfer Klubabenden, ein. Bald wurde aus der Kulturkommission die Kuko, und blieb es in der Umgangssprache der Kollegen bis heute. Es dürfte ein singulärer Fall sein, daß ein Kür zel, das sich aus einem DDR-typischen Sprachungetüm, aus Kulturkommission der Institutsge- uterkschafisleitung herleitet, die Zeitenwende überdauert hat. Zur Kuko gehörten immer etwa zwei Dutzend Leute, bei einem Mitarbeiterbestand des Instituts von etwa 1000 im Jahr 1970 und 1500 zum Zeitpunkt der Wende. In der Kuko waren überproportional viele Frauen aktiv, gemes sen an der Männerdominanz im naturwissenschaftlichen Institut für Kernforschung. Das Unter fangen strahlte auf viele andere aus und fand Freunde, Unterstützer und Helfer in allen Schich ten des Instituts, und keineswegs nur unter den akademisch Gebildeten, fand Freunde in der