9 Hermann Schulze-Delitzsch, Stich um 1875 Betriebe abnahmen und sie weiterverkauften bzw. zu Käse o. ä. verarbeiteten. Auf diese Weise trugen sie zur Integration ihrer Mitglieder in die entstehende Marktwirtschaft bei. Dies wurde auch auf einem zweiten Weg angestrebt: Indem die Genossenschaften ihre Mitglieder in betrieblichen und allgemeinwirtschaftlichen Dingen berieten, för derten sie ökonomisch rationales Handeln und damit mittelbar die Anpassung an das im Wandel begriffene wirtschaftliche Umfeld. Charakteristisch war die hilfswirtschaftliche Funktion der Genossenschaft gegenüber ihren Mitgliedern bzw. deren Betrieben: Diese wirtschafteten weiterhin eigenständig, griffen aber auf das Kredit- bzw. Warenangebot ihrer Genossenschaft zurück. Produktivgenossenschaften - Vollgenossenschaften, bei denen die Mitglieder ihre Betriebe zu einem gemeinsam produzierenden Betrieb zusammenschlossen - hatten in Deutschland keinen dauerhaften Erfolg. Triebkräfte der Entwicklung des genossenschaftlichen Sektors in Deutschland waren bis in die 1880er Jahre die von Schulze-Delitzsch propagierten gewerblichen Warenein kaufs- und Kreditgenossenschaften sowie Raiffeisens landwirtschaftliche Universalge nossenschaften; von ihnen gingen die Verbands- und Zentralkassenbildungen der 1860er und 1870er Jahre aus. Die Konsumgenossenschaften blieben demgegenüber im Rück stand. Zwar entstanden in Süddeutschland und Sachsen einzelne Konsumgenossen schaften und sogar regionale Verbände, doch wurden sie bis in die späten 1880er Jahre zu keinem breiteren Phänomen. Denn einerseits waren die mit der Arbeiterbewegung assoziierten Konsumgenossenschaften dem einflussreichen Liberalen Schulze-Delitzsch und seinen Nachfolgern suspekt und wurden in den Zentralverbänden marginalisiert: