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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.12.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-12-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941211017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894121101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894121101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-12
- Tag1894-12-11
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Morgen-Ausgabe. ciMer TaMM Anzeiger für Politik, Localgcschichtc, Handels- und Geschäftsverkehr Druck und Verlag von E. Pol» ln Leipzig V3l 88. Jahrgang. Dienstag den 11. Deccmber 1894. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, odnr PostbesSrderung 60.—, mit Postbesörderung 70-—. Die Mvrgen-Aosgob« erscheint »glich '/,7 Uhr, di» Lbend-Aurgob« Wochenlog» s Uhr. Filialen: Btt» Klemm'» B-riim. (Alfred Hahn), UniversitätSstraße 1, Laut« Lösche, Kat-artnkostr. 14, pari, und Königsplatz 7. SlnzeigenPreis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Neclamea unter dem Redactionsstrich (4gs- spalten' bO-H, vor den Familiennachrichte» (6 gespalten) 40-^. Größere Tchrifien laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und giffernsaV nach höherem Tarif. Ännatimeschlub für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhe, Sona- und Festtag« früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen ,« eine halbe Stund» früher. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Bezug-Preis K der Hauptexpeditton oder den im Stadt» t^trk und den Vororten errickteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich ^»4.ö0. bei »weimoitoer täglicher Zustellung in« Aon« » dchä Durch die Post bezogen für Deutschland and Oesterreich: viertkljilirlich > S.—. Direrte tägliche Nreuzbandienduag in» Aasland: monatlich ^tl 7.bO. Nedackion und LrveLitioa: Aohannesgasse 8. DieErpeditton ist Wochentag« nnunterbrochr» gedssuet »oa früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Da« 43. Stück des diesjährigen Retchsgksrtzblattc« ist bei uns ringegangen und wird bi« znm 4. Januar k. I auf dein Ralhdaussaale zur Einsichtnahme öffentlich aushängen. Dasselbe enthält: Nr. 2202. Bekanntmachung, betreffend Ergänzung der dem inter nationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnsracht- verkehr beigrsügten Liste. Vom 26. November 1894. Leipzig, den 6. December 1894. Ter Math der Stadt Leipzig. iOr. Georgi. Krnmbiegel. Die städtische Sparraste beleiht Werthpapirrr unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 10. Januar 1894. Die Svarcaffru-Deputattoii. Gcwerbekammer Beipziy. Donnerstag, den lZ. d. MtS.. Nachmittag L Uhr öffentliche Plcnarsltznng im Kammerlocalc. Verlangte Guiachen: a. über Fortbestand der deutschen Fachschule für Drechsler und Bildschnitzer hier; d. über die Errichtung einer neuen Handels- und Gewerbe kammer in Döbeln Leipzig, 10. Decemder 1894. D. A. Oehler, Bors. Herzog, S. H. v. Zybel's siebenter Band. Kaum haben wir den sechsten Band von Sudel'« großem GeschichtSwerke „Die Begründung dcS deutschen Reick« durch W'.lbelm l." (sofort nach der Ausgabe) besprochen, da erscheint schon der siebente Band. Dian lann dem berühmten Ver fasser für diese schnelle Aufeinanderfolge zweier so wichtiger und so inbaltreicker Bände nur dankbar sein. Dieser siebente Band behandelt zuerst innere Angelegen heiten Preußen« und de« NordbundeS (die Verhandlungen de« preußischen Landtags, des norddeutschen Reichstags und de« ZollparlamemS, die Anfänge der socialistisckcn Bewegung durch Lassalle u. s. w ), gebt aber sodann Uber zu dem Hanpt- ereigniß deS Jahres l869 und des ersten Halbjahres von 1870, den Vorbereitungen Napoleon's Hl. auf einen Krieg mit Preußen. Zwar mißlang dessen V-rsuck, Oesterreich und Italien für einen Dreibund zu gewinnen, der im Falle eines solchen Krieges seine Macht verstärken sollte: das Aeußerste, zu dem sich die Regierungen dieser beiden Länder verstanden, war ein „Schuybündniß" mit dem ausdrücklichen Vorbehalt ihrer Neutralität bei einem Angriffe Frankreichs auf Deutschland. Noch im Mai 1870 erklärte Kaiser Franz Joseph dem französischen Bevollmäch tigten General Lebrun, daß Napoleon in einem solchen Falle nicht entfernt auf Oesterreich rechnen könne. So gesichert schien nach diesen, Mißerfolge der europäische Friede, daß am 30. Juni 1870 bei Beratbung dcS Kriegs- budget- in der französischen Kammer der Kriegsminister in offener Anerkennung dieses Umstandes sich mit ter Forderung von 90 000 Mann statt der eigentlich auSzubebenden 100 000 begnllgtel Zwei Wochen darauf war der Krieg erklärt I DaS 24. Buck (deS ganzen Werke«, S. 238—408 deS 7. Bandes), jedenfalls das interessanteste dieses Bandes, bespricht „die Ursachen deö französischen Kriege«". Zwar bringt dasselbe nicht gerade absolut Neues in Bezug aut den springenden Punct der damaligen Verwickelungen zwischen Frankreich und Preußen, die (Kandidatur dcS Prinzen von Hobenzollern für den spanischen Tbron und deren An fechtung sranzösischerseitS. Vielmehr bestätigt und bestärkt sie nur in allen Puncten die schon biSber beglaubigte Auf- faffung, daß damals von jener Seite mit maßlosem Uebcr- mutb, von deutscher, und insbesondere vom König Wilhelm, mit einer bis an die äußerste Grenze gebenden Friedensliebe versabren worden ist. Dafür, daß Frankreich, indem eS den Kriegsfall stellte, im Unrecht war. werken auch hier die stark inS Gewicht fallenden Erklärungen sowohl der englischen als auch der österreichischen Regierung, sowie ter ganz entschiedene Ausspruch de- anerkannt sebr preußenseinblichen und auf das Prestige seiner Nation sehr eifersüchtigen alten Thiers an- aesübrt. Doch aber werden einige höchst bedeutungsvolle neue Momente zu dem gleichen Zwecke berangezogcn, so ein Bries Napoleon- an den König Victor Emanuel vom 1l. Juli, worin der Kaiser erklärt, durch den Rücktritt dcS Prinzen von der Canbidatur sei der Friede gesichert, und sich damit sehr zufrieden zeigt. Besonder- danken-werth ist es,daß wir hier in strengsacblicher Ausführung und in übersichtlich chronologischer Anordnung die ganze Reihenfolge der Jntriguen vor uns sehen, durch welche rin einziger Mann, der Herzog von Grammont, damals französischer Minister des Auswärtigen, den bereits körperlich leidenden unk dadurch auch in seiner Willenskraft geschwächten Kaiser, mit ihm und durch ibn aber die sranzösiiche Nation, planmäßig in den Krieg hineintrieb — von seinen ersten Aufstachelungen ter öffentlichen Meinung durch seine Preß- organe und seine Rede in der Kammern bis zu den jetzt offen kundigen Fälschungen, mittelst deren er erst den Minister- ratb, dann die Kammer zu dem Entschlüsse der Kriegs erklärung sortriß. Auch die vielbesprochene „Emser Depesche" wird von Sybel klar- und richtizgestellt. Indem er dieselbe mit dem im Auftrage dcS Königs von EmS auS an Bismarck ge richteten Telegramme (nicht, wie biSber gewövnlich geschehen, mit dem Bericht de» Fürsten Ratziwill) vergleicht, weist er nnwikrrleglich nach, daß der von Bi«marck an die „Nordd. Allgem. Zig." und an die Gesandtschaften versandte Wortlaut nichts enthielt, was nickt jener Depesche ent nommen war, daß also von einer Abänderung oder Erwei terung de« JndaliS der Mittbcilung nick» die Rede sein kann, sondern nur von einer präciseren, aber streng wabrbeitSgetrenen Darlegung des in Em« Gesckcbenen. Da« wirk natürlich Herrn Liebknecht und seine GesinnungSverwandten nicht abbalten, mit der an ihnen gewohnten Wahrheitsliebe nach wie vor ihr Vreckenpferb, dir „grsälichte Emser Depesche", zu reiten. Zu den unlauteren Mitteln, mit denen Grammont sowohl eincEollegen als auch denKaiser seiner eigenenKriegSlust dienst bar gemacht batte, gekörte auch die zuversichtliche, aber durch nicklS begründete Erklärung, daß Frankreich ini Kriege mit Preußen mächtige und willige Verkündete haben werde. Liese Täuschung erwies sich am schnellsten al« solche; ibr olgte die von dem ..nrckipret" (völlig bereit) dcS KricgS- ministerS. Sowohl Oesterreich als Italic» beobachteten allein Andrängen Napoleon's gegenüber eine vorsichtige Zurückhaltung. Im österreichischen Kronratbe entschied die Stimme deS ungarischen Ministerpräsidenten, Grasen Andrassy, ür unbedingte Neutralitätserklärung; der König Victor Emanuel hatte (wie er später einmal selbst dein König Wilbetm offenherzig gestand) nickt übel Lust, mit Napoleon u gehen — „au- einem Gefühl der Dankbarkeit", wie er agte — aber noch zur rechten Zeit erhielt er Kunde von den Schlackten bei Weißenburg unk Wörth und verhielt sich wohlweislich nun rnbig. Die keineswegs überschwängliche, sondern nur wahrheits getreue Schilderung Sybcl'S von der rnbigen Zuversicht, dem gehobenen Gefühl, endlich der Einmütbigkeit, womit in Deutschland die französische Kriegserklärung ausgenommen wurde, erweckt in Denen, die jenen großen Moment mit Bewußtsein erlebt haben, die glücktichsten Erinnerungen. Die olgenden Bände deS Sybel'scken Werke«, welche den glor reichen Verlauf und den siegreichen Ausgang dcS uns von Frankreich so muihwillig anfgcdrängten Krieges zu melden haben, werden diese Erinnerungen noch mehr beleben und verstärken. Deutsche- Reich. kJ Berlin, 10. December. Der „Altmeister" der Social demokratie, Friedrich Engels, bat in der „Neuen Zeit" die Bauernfrage in Frankreich und Deutschland eingehend besprochen. Er zerpflückt daS französische Agrar programm, daS im Jabrc 1892 in Marseille ausgestellt und in diesem Jahre in Nantes ausführlich begründet worden ist, und bemerkt dazu, daß durch dasselbe der Nachweis versucht worden sei, eS liege im Princip deS SocialiSmuS, da» klein bäuerliche Eigenthum gegen den Untergang durch die capitalistische ProduciionSmcise zu schützen, obwohl man selbst einsehr, daß biescr Untergang unvermeidlich sei. Der Klein bauer sei oft froh, wenn er beim Wucherer momentane Hilfe indc unk er dadurch noch eine Zeit lang im Besitze seincs EigentbumS bleibe. Die Aufgabe des SociaUsmuS sei nicht die Erkaltung des Kleinbesitzes, sondern vielmehr die Uebertragung der ProductionSmittel an die Producentcn als Gemeinbesitz. Noch mebr tadelt Engels an dem französischen Programme die Absicht, die Pächter in Schutz zu nehmen, weiche doch die Tagelöhner au-beutcten. Mau befiute sich da aus einer schiefen Ebene unk dürfe sich nicht wundern, wenn auch die Groß- und die Mittelbauern den Schutz der Socialdemokrateu beanspruchten. Die socialdemokrarische Partei könne zwar Individuen auS jeder Gesellschastsclasse, aber durchaus keine kapitalistischen, keine mittelbürzerl ichen oder mittelbäuerlicbcn Interessengruppen gebrauchen. Auch die Forderung der französischen Socialisten auf Einführung einer einzigen progressiven Steuer auf alle Einkommen von mebr al« 3000 Frcs. verwirft Engels. Es bandele sich für die französische» Socialisten gegenüber den Kleinbauern nur darum, ihre Stimmen für die Wahlen zu gewinnen, das liege aber nicht im Interesse der Socialdcmvkralie. Diese könne weder den Bauer, der sein Parcelleneigen- tbum verewigt baden wolle, noch den kleinen Hand werks meist er gebrauchen. Eine Arbeiterpartei habe in erster Linie für die Lohnarbeiter einzutretrn, also für die Kneckie, Mägde und Tagelöhner; es verbiete sich ivr daniit von selbst, den Bauern irgend welche Versprechungen zu machen, welche die Fortdauer der „Lobnknecktschaft" der Arbeiter rinsckließcn. So lange aber die Groß- und Mittel bauern als solche fortbestehen, so lange können sie ohne Lobn arbeiter nicht auskommen. Sei es also von socialbemokratischer Seile eine einfache Tborbeit, den Parcellenbauern ihre dauernde Fortexistenz als solche in Aussicht zu stellen, so grenze eS schon kirect an Verratb, den Groß- und Mittel bauern dasselbe zu versprechen. Wie eS die Locialbemkraten mit den Landbesitzern, so bald sie zur Macht gelaugt und, halten wollen, darüder laß, sich Engels solgendermaßen auS: „Ganz einfach liegt die Sache nur beim Großgrundbesitz Hier haben wir unvertzüllien capNalisiischen Beiried, und da gellen keine Scrupel irgend weicher Art. Sobald unsere Partei im Besitz der Staatsmacht ist, bat sie die Großgrundbesitzer ein- sach zu exvroprtiren, ganz wie die industriellen Fabel- kanten. Ob diese Exprovriation mit oder obne Enijchädigung ersoigt, wird großentheilS nicht von uns obbängen, sondern von den Umstanden, unter denen wir in den Besitz der Macht kommen, und namentlich auch von der Haltung der Herren Großgrundbesitzer ieldst. Eine EnischLdigung sehen wir keineswegs unter allen Umständen al« unzulässig an; Marx dal mir — wie on l — als seine Annchi aus- geiprochen, wir kämen am wohlseilsten weg, wenn wir die ganze Bande ouskausen könnten. Doch da« gebt uns vier nicht« an. Die so der Gejommlheit zurUckgeg«denen großen Güler hätten wir den sie schon jetzt bebauenden, in Genossenschatten zu vrganisirenden Land- arbeliern unter Lontrole oer Gesanlniideit zu übrrlanen. Unier welchen Modatiläten, darüber läßt sich letzt noch nicht» stsisiellen. Jedenfalls ist die Berwanbelung de« capnalistiichen Betriebe« in aesellichastlichenhier ichon vollständig vorbereitet und kann über Nacht vollzogen werden, ganz wie z. B. be, Herrn Krupp'« oder Herrn von Stumm'« Fabrik. Und da« Beiwiel dieser Ackerbau- genossenschaften würde auch die letzten etwa noch wwerswebenden Parcellenbauern und wodl auch manche Großbauern von den Voribeilen de« genossenlchasltlchen ttzioßbelrieb» überzeugen . . . Und cwenens ist et ebenso handgreiflich, daß, wenn wir im Besitz der Staatsmacht sind, wir nicht daran denken können, die Kleinbauern gewalisain zu expropriiren (einerlei ob mit oder obne Enilwädigung', wie wir Sie« mit den Großgrundbesitzern zu thnn genöihigt sind. Unsere Ausgabe gegenüber dem Kleinbauer besteht zunächst darin, seinen Privatbetrieb und Privatbesitz in «inen genoslen- ichasiilchen nberzule«ten, nicht mit Gewalt, soncern durch Beispiel und Darbietung von gesellichastlicher Hilf« zu diesem Zweck Und da Haden wir allerdings Mute! genug, um dem lileinbauer Borlheile in Au«sicht zu pellen, die ihm jetzt schon rialeuchten müssen." Wir zweifeln nickt daran, daß dir Socialdemokratie, wenn sie zur Gewalt käme, den Kleinbesitzer ebenso wir ten Groß- grunbkcsitzer expropriiren, d. b. ihm sein Eigenthum weg- nehmen würbe. Wenn Engels den Kleingrundbesiyern gnätigst die Ueberlcitung ihre« Privatbesitzer in genossenschaftlichen Besitz verspricht, so leiten ibn jebrnfallS die gleichen Motive, welche die Herren v. Vollmar unk Schönlank veranlaßten, daS sranzösiiche Agrarprogramm als Kökrr an ihrer Angel zu befestigen. * Bcrli». 10. December. Der Berliner LS.-Mitarbeiter des „Leipz. Tagebl." hat schon in seinem Resnmö über die erste Sitzung im neuen ReickStagSgebäude darüber geklagt, daß die Verbindung zwischen der Journalisten tribüne und dem Sitzungssaale sckr mangelbast sei. Daß die Vertreter der Presse auch in anderer Beziehung Grund zur Unzufriedenheit baden, erbellt aus nachstehenden Ausführungen eines Eorrespontenten dcS „Hann. Eour.": „Unbestreitbar ist, daß die Räume dcS Hause-, die der Presse zugcwiesen sind, durchaus ungenügend sind, und wenn man die verschwenderische Ueppigieit in den ankeren Räumen in Betracht zieht, so ist mit Rücksicht auf diesen Gegensatz der Ausdruck ungenügend für die der Presse überlassenen Lokalitäten neck rin bescheidener Eupbeuiismu«. Es wurden darüber sehr scharfe Worte laut, deren Berechtigung nicht zu leugnen ist. Ick habe hierbei nicht in erster Linie die Journaliskrntribüne im Ange, obwohl auch da die Gänge für die Bewegung zu den Sitzen und für ten Verkebr hinein und heraus überaus unbequem sind. Schlimmer stcbt e« mit den kleinen, in jeder Beziebung beschränkten Ar bettS räumen, die die Presse erhalte» hat, mit dem schmalen Wege, ter sich zwischen diesen Räumen und der Jonrnalisleiilribüne hinzieht, und in kein sofort jeder Verkehr aebemmt ist, wenn einmal zwei Personen einen Augenblick sieben bleiben, nm eia paar Worte auSzutauscken. Es wäre, wie gesagt, bierüber kein Wort zu verlieren, wenn nicht im Uebrigen sowohl in der räumlichen Anordnung wie in der sonstigen Ausstattung da« Princip einer gewissen ver- chwenteriscken Pracht obgewaltet hätte, gegen die an sich kurckan- nichts einzuwenden ist. Im Gegensatz dazu macht die Dürftigkeit ter Räumlichkeiten für die Presse einen für die Vertreter der Presse geradezu drschämendcn Eindruck, Man hat das Gefühl einer bedauerlichen Zurücksetzung. daS Gesübl, daß dir für die Raumvertbeilnng maß gebenden Instanzen die Presse nur unter rem GesichlSpuncie des notbwenkigen UcbelS betrachtet hätten, nicht aber der Bedeutung derselben gerade für den Reickstag gereckt geworden sind. Es ist eine Ehrenpflicht der Presse, wenn auch nichts Wesentliches mehr zu ändern ist, hiergegen wenigsten- nachträglich und nachdrücklich Protest zu erbeben. Denn ter Zurückhaltung, di« sich unsere Presse in ihren eigenen Angelegenheiten meist auferlegl, bat sie eS zu einem wesentlichen Tbcile zu danken, baß ihr die Achtung und Beachtung, aus dir sie als ein wichtiger Factor unseres öffent lichen Lebens Anspruch erbeben muß, gerate bei unS in Deutsch land sehr oft nicht zu Theil wirv. Die Zeitungen sind die unentbehrlichen Vermittler zwischen dem Reichstag und den Wählern, die mit wenigen Aus nahmen nur durch die Presse etwa« von der Tbätigkcil ihrer Erwählten erfahren. Die Presse ist ein nolhwendigeS Glied gerade unserer parlanientariichen Institutionen, und wenn man ihr Räume innerhalb des Reichstags anweist, so ist Vas nickt eine Gesälligkeit gegen die Zeitungen, sondern eine Pflicht gegenüber den Wählern, und es ist bedauerlich, daß diese Pflicht auch in dem neuen Pracht bau, ren ba« deutsche Voll sich selbst errichtet bat, nur in -o ungenügender Weije zum Ausdruck gekommen ist Es haben kiese Aussührungen selvstvcrständlich keine persönliche Spitze. Wir wnsen, daß sowohl bas Präsidium des Reichstags wie die Abgeordneten und besonder- der liebenswürdige und gewandt« Director bei dem Reichstage, Gcbeimer Regie,ungs- rath Knack, aus dessen Schultern in dieser Zeit eine schier erdrückende Fülle von Geschäften lastet, — daß sic alle bemüht sink, den Vertretern ter Presse ihre schwierige Auf gabe nach Kräften zu erleichtern. Aber eS ist ebenso, wie gesagt, eine Ehrenpslichi, die stiefmütterliche unk verletzende Behandlung nicht obne Protest hinzunehmen, die der Presse bei der Veribeil- ng der Schätze im neuen Reick-Hause zu Theil geworden ist." )!. Berlin, lO. December. (Telegramm.) Zur gestrigen FrübstückStafel bei dem Kaiserpaare waren außer dem russtichen Botschafter Grasen Schuwalow der Staats- Minister und Staat-sccretair des Auswärtigen Freiherr Marschall von Bibrrstrin und der Einfübrer des diplo matischen Eorps von Usedom, sowie der Flügel-Adjuianl und Militair - Atlacks bei der deutschen Botschaft in Wien Oberstlieuteuant Graf von Hülsen-Haesrler mit Grmadlin geladen. Abends empfing der Kaiser den LegationS- Ratb bei der deutschen Botschaft in London Grasen Wolfs Metternich zur Gracht und begab sich daraus um 6 Uhr 4ü Minuten mittels Sondrr^ugeS nach Berlin. Hier wohnte er der Vorstellung im -Schauspielhaus« zur Feier des ZOOjädrigen Geburtslage« Gustav Adolfs bei und sudr mit dem fahrplanmäßigen Zuge um l l Uhr 5 Minuten nach dem Neuen Palais zurück. Heute srüb körte er die Vorträge deS commandireuden Admirals, des Staatssecretairs des Reichsmarineamt« und de« Edes« de« MarinecabineiS, empfing daraus den Ebes deS Miliiaircablnel« und den Eiseleur Lind zur Vorlage von Modellen für Ehrenpreise und arbeitete sodann mit rem Edes de« EivilcabinctS. Um l2UbrüMm. reiste er nach Hannover ab, wo die Ankunft nm 4 Udr 2o Mm. erfolgen sollte. Um 5 Uhr findet im Schlosse zu Hannover beim Kaiser ein Diner statt, zu welchem die «pipen der Mililair- und der Eivilbebördcn gelaken sind. --- Berlin, lO December. (Telegramm.) Der Reichs kanzler Fürst Hohenlohe hat dem Präsidenten des Reich tage« den Antrag re« Ersten Staa««anwalts beim Berliner Landgericht ll übermittelt, der Reichstag möge seine Genrbmigung zur ftrnfrechtlichrn Verisign», »er sseial- »emskrattschen Bbgeor»ne1en ertheilen, die in der Sitzung vom 6. k. M. bei dem aus den Kaiser ausgebrachten Hoch sitzen blieben. Die Anklage soll auf Majestäts beleidigung lauten. Da der Art. 30 der Reichsversassung lautet: „Kein Mitglied des Reichstags darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seine« Berufs getbanen Aeußerungen gerichtlich oder diSciplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gc zogen werden", so ist durch den staat-anwaltschastlichen Antrag der Rcichslag vor die Frage gestellt, ob er in dem Sitzen bleiben der socialdemokiatischen Mitglieder eine in Aus übung ihre« Berufs getbane Aeußrrung erblickt oder nicht. Dadurch, daß dcr Kaiser dem Präsidium de« Reichstags gegenüber geäußert hat, er fasse den Vorgang nicht al« persönlich gegen sich gerichtet aus, sondern erblicke darin vielmehr ein Vor gehen gegen die Institution des Reiche«, speciell gegen den Reick Stag, der durch ein solches Be nehmen schwer beleidigt werbe, wird das staatSanwaltsckast- liche Vorgehen nickt berührt. Tenn cS kommt nickt daraus an, ob der Kaiser sich beleidigt suhlt, sondern darauf, ob der Tbäter das Bewußtsein von dem rkrcnkrankenden Ebarakler seiner Kundgebung gehabt bat. Darüber hat natürlich dcr Reichstag nicht zu befinden, sondern nur darüber, ob Art. 30 der NeickSversassung die Genehmigung der strafrechtlichen Verfolgung zuläßl. D. Red.) Ter „No rdd. Allgem. Ztg." wird zu der Angelegenheit von juristischer Seite geschrieben: „DaS demonstrative Sitzen bleiben dcr Socialdemokrateu im Reichstage bei dem. auf den Kaiser anSgcbrackten Hoch in Verbindung mit dcr von ten Socialdcmokratrn gegebenen mündlichen Er läuterung ist MajestätSdelridigung. DaS Abgeordneten privilegium gewährleistet unumschränkte Redefreiheit für die in Ausübung de- AbgrordnetcnberufeS getbanen Aeußerungen, aber, wie einer der anerkanntesten Eommen tatoren des StaatSreckts richtig bemerkt, eine Majestät« beleidigung begeht ein Abgeordnter nimmermehr in der Ausübung seines Berufe«". Die „Nordd. Allg. Zeitg." weist daraus bin, daß bei MajetätS- beleidigung aus Verlust dcS NeichstagSmandats neben der FreibeilSstrafe erkannt werden kann. Und in der heute erschienenen ersten Nummer der ofsiciösen „Ber liner Correspondcnz" wird auSgesübrt: „Zn der vom Ersten StaatSanwalt nackgesuchlen strafrechtlichen Verfolgung der socialdemokratischen Reichstags abgcorvneten wegen Sitzenbleibens bei dem aus den Kaiser auSgebrachtcn Hock dürste im ganzen Lande erwarte! werten, daß der Reichstag die Verfassung«,zemäß liachgesucklc Genehmigung zur Einleitung dcr Bcrsolgnng während der Sitzungsperiode nicht versagen werde. Der Reichstag ist die Vertretung der Nation und bal selbst das größte Interesse, Alle- zu schützen, waS dem Volke heilig ist, und zu bckänipfcn, wa« da« Empfinden deS Volke- verletzt. Durch die straf rechtliche Verfolgung wird die gewährleistete Immunität der Abgcor neten in keiner Weise angetastct. Tie strafrechtliche Praxis stellt fest, daß die Ehrfurcht gegen Sc. Majestät nicht nur durch Handlungen, sondern auch durch Unterlassungen verletzt werden kann. Sollte aber die strafrechtliche Ver folgung nicht die erforderliche Sühne bringen, so würde daraus nur folgen, daß die gesetzlichen Bestimmungen nickt auSreichen. In diesem Falle wäre daraus Bedacht zu nehmen, die gesetzlichen Befugnisse zum Schutze der Person deS Kaisers zu erweitern. Die einmülhige Verurtbeilung, welche daS unpatriotische Verhallen der socialdemokratischen Partei hierbei erfahren bat, beweist, daß das dcnlscke Volk sich in seinen heiligsten Gefühlen nickt ungestraft kränken lassen will." v. Berlin, 10. December. (Privattekearamm.) Ein parlamentarischer Berichterstatter tbeilt zu der Vorgeschichte der von ten socialüeniokratischc» Abgeordneten bervor- gerusenen stürmischen Scenen in der ersten ReickStagS- sitzung am 6. d. Ml«, mit, daß Abg. Singer bereits am 5,. December den Präsidenten des Reichstages sragte, ob er bei der AbschietSrebe im alten Reick-taa-gebäude ein Hoch aus den Kaiser auSbringen werde. Der Präsident verneinte diese Frage, erklärte >edoch zugleich, daß er am 6. December im neuen Gebäude eine Ansprache kalten und mit einem Hoch ans denKaiser schließen werde Ter Abg. Singer war also vollständig unterrichtet und dürfte seine Fraction auch davon in Kennlniß gesetzt haben Demnach bandelt es sich bei den Vorgängen in ter Sitzung um ein- woblvorbereitete Kundgebung. V Berlin, lO. December. (Privattelegramm.) In Sacken des Kanzler» Leist wird dem „D. L.-A." milgetbcill, daß die BerufungSschrift bereit« am 27. November der Disciplinarkammer in Potsdam eingcreickt worden sei, welche sie dem Angeklagten znziistellen babe. Erst wenn von diesem die Entgegnung eingegangen sei, zu welcher er vierzehn Tage Frist babe, geben die Acten an das NeickSgerickt. Da anzunehmen sei, daß letziere« noch in diesem Monate die Acten bekomme, so bleibe es wahrscheinlich, daß ter Ver bandlnugstermin aus Ende Januar ober Anfang Februar kommenden Jahres werde anberaumt werden. » Berlin, lO. December. (Telegramm.) Die ossiciöse „Berliner Eorrespondenz" ist gegenüber einer Blätter nieldung in brr Lage, zu erklären, daß ba« schon öffentlich zurückgcwiesene Gerücht, dem preußischen Krieg« Minister !ti der AcichSkanzlerpoftrn angebolen worden, tbatsäcklick ans Erfindung beruht und ans grobe Täuschung der .Menen Züricher Zeitung" znrückrusüdren ist; ferner day der Kriez«mimster bezüglich der seit JabreSfrist errichteten Halbbataillone ein ungünstige« Urtbeil zu fällen bi«ber nm so weniger Anlaß gesunden babe, al» Berichte seitens der Trnppeafüdrrr über di« praktisch« Brauchbar-
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