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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 02.05.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193205029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19320502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19320502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1932
- Monat1932-05
- Tag1932-05-02
- Monat1932-05
- Jahr1932
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 02.05.1932
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EemeinLepolM Zur Aufteilung der Amtshauptmannschasl Dippoldi»- walde In der voraussichtlich letzten Sitzung des Bezirkstages der Amtshauptmannschast Dippoldiswalde wurde erneut gegen die Aufhebung der Amtshauptmannschaft Widerspruch erhoben. Amtshauptmann von der Planitz gab bekannt, daß beabsichtigt sei, von den 93 Gemeinden der Amtshauptmann schaft 77 Gemeinden mit 48170 Einwohnern der Amtshaupt mannschaft Dresden, 12 Gemeinden mit 10 831 Einwohnern der Amtshauptmannschaft Freiberg und 4 Gemeinden mit 1229 Einwohnern der Amtshauptmannschaft Pirna zuzutei len. Der Haushaltsplan des Bezirksverbandes, der eine Bezirksumlage von 440 730 RM vorsieht, wurde einstimmig angenommen. Nur einfache Vürgersleuer In Zittau In der Zittauer Stadtoerordnetcnsitzung wurde der vom Rat vorgelegte Haushaltsplanentwurf der Stadt für 1932/33, der mit einem Fehlbetrag von 181 000 RM abschließt, mit sämtlichen gegen die staatsparteilichen Stim men abgelehnt. Angenommen wurde ein staatspartei licher Antrag, die Bürgerschaftssteuer in Höhe von nur 100 Prozent zu erheben. Der Rat der Stadt Zittau beschloß, die Platzfrage für den Neubau des Stadttheaters vorläufig zurückzustellen, um zunächst die finanziellen und architektionischen Voraussetzun- aen des Baues zu klären. In den nächsten Tagen soll eine Einwohnerversammlung stattfinden, in der die finanzielle Mithilfe der Einwohnerschaft einheitlich organisiert werden soll. Die Sammlung unter der Einwohnerschaft hat bisher kund 6300 RM erbrächt. Schiedsspruch für die mitteldeutsche Textilindustrie verbindlich Leipzig. Der vom Landesschlichter, Ministerialrat Dr. Hauschild, gefällte Schiedsspruch über die Verlängerung des Manteltariftiertrags für die Textilindustrie von West- und Mittelsachsen sowie Ostthüringen, der von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern abgelehnt worden war, ist vom Reichsar beitsminister verbindlich erklärt worden. Der Schiedsspruch, der 220 000 Arbeiter betrifft, bestimmt u. a., daß die Ferien nach dem Lohndurchschnitt der letzten sechs Monate bezahlt werden. Der Manteltarif tritt am 1. Mai dieses Jahres in Kraft und kann mit zweimonatiger Kündigungsfrist erstmalig VMl 30. April 1933 gekündigt werden. Bier Tote bei einem Autounglück Hagen i. W., 2 Mai. Lin schwere» Autounglück ereig nete sich Sonnlagfrüh gegen 4 Uhr an der Schwerter Straße. Lln von kabel kommende» Auto fuhr in voller Fahrt gegen einen Baum und wurde vollständig zertrümmert. Die vier Insassen, drei Herren und eine Dame au» Herdecke, waren auf der Stelle tot. Der Chauffeur wurde lebensgefährlich »erlebt. kin btlMer NWtter von mm -Men Dampfer Verrannt. Hamburg. (Flinkspruch.) Der deutsche Dampfer .Wirdum" bat am Srnntag morgen in der Nordsee einrn Jischkutter überrannt. Der Kutter ist bei dem Zusammen- ttoß so schwer beschädigt worden, daß er in kurzer Zeit uutergiug. >4 handelt sich um ein belgisches Fahrzeug, dessen Lköpfige Besatzung von der»Wieda«" ausgenommen werdeu konnte. Nachdem man die Besatzung geborgen batte, wurde die Reis« «ach Hamburg fortgesetzt, wo das Schiff beut« nachmittag eintreffeu wird. Die Belgier werden von hier aus i« ihre Heimat zurückbefördert. Die Beschädigungen de» deutschrn Dampfers sind gering. LorgetiluWer Raubüberfall Dlmüh, 2. Mai. Der Frachtkassierer des Bahnhofs Te ichen, der vor einigen Tagen in seinem Büro verletzt aufge funden wurde, ist verhaftet worden. Es besteht der Verdacht, daß er sich diese Verletzungen selbst beigebracht hat, um so einen Raubüberfall zu fingieren. Wie gemeldet, sind aus dem Frachtbüro 820 000 Kronen verschwunden. RalariasMe in Ml. — M jktzt 1288 Tiit. * Kapstadt. Die Bezirk« Monganes uud Gabow« iu Natal werden zur Zeit »o» «iuer »erheerenden Malaria seuche heimgesucht, via letzt find etwa ILO« Giugeboreu« gestorben. Die Missionar« hab,« dringend Chiniusru- dnngeu angefordet, da diese« Heilmittel sehr knapp «e- worden ist. Felssturz im LUnuel St. Goar, 2. Mai. In dem Elsenbahntunnel zwischen der Station St. Goar und Ober weset stürzte ein etwa 30 Zent ner schwerer Aelsblock ab und fiel auf die Schienen, kurz darauf passierte ein Personenzua di« Stelle und schob den Felsen beiseite, wenige Augenblicke später kam auch ein Personenzug au» entgegengesetzter Richtung, der ebenfalls gegen da» Hinderni» stieß und e» zur Seile warf. Beide Maschinen wurden stark beschädigt, verletzt wurde niemand. E» ergaben sich Augverspälungeu von 1 bi» IN Stunden. zcheMmes Unwetter in knglan-. Starke Ueberschwemmuugen. * London. In der Nacht »um Sonntag wütete rin onßergewShnlich starker Gewitterffurm über dem englischen Kanal, der von wolkenbruchartigen Regengüssen und Hagel begleitet war. Die Straßen von Folkestone waren fußhoch überschwemmt, sodaß der Verkehr eingestellt werden mußte. Da« Wasser drang in die tiefer gelegenen Häuser und Läden, sodaß die Bewohner teilweise in die grüßte Be- drängni« gerieten. Au verschiedenen Stelle« am Strande stand das Wasser so hoch, daß Möbel und sonstige Gegen- stände fortgeschwemmt wurden. In Oaktborpe wurde der Uferdamm eines Kanal« von de« Wasserfluten «iederge- rissen. Dir Sisrnbahulinie wurde vollkommen zerstört und die Gleise wurden Hinwegs,schwemmt, sodaß der Zugverkehr «mgeleitrt werden mußte- Die Felder wurden auf weite Strecken überschwemmt und da» Vieh wurde von den Flute« teilweise Hunderte von Metern fortgetraaen. «l« das Wasser zurücktrat, wurden mehrpfündige Fische auf den Feldern aufgefundeu. Vermischtes. Großfeuer in Bern. Am Sonntag nachmittag um 3>/s Uhr brach im Dachstuhl des Verwaltungsgebäudes der Schweizerischen Obertelegraphen-Direktion in Bern Großfeucr aus, das am Abend noch andauerte. Das Feuer griff sehr schnell auf die oben gelegenen Laboratoriums räume über, wo mehrere Explosionen entstanden, und drang dann weiter in das Archiv ein. Die Schieferplattcn, mit denen das Dach gedeckt war, zerbarsten und zersplit terten fortwährend, und die Splitter wurden weit umher geschleudert. Dank der umfassenden Absperrungsmatznah- men wurde niemand verletzt. Der ganze Dachstuhl und das oberste Geschoß sind zerstört und dabei sowohl das Labora torium wie auch das Archiv vollständig ausgebrannt. Acht Monteure bei einem Gerüst ein stürz schwerverletzt. Im Hochofenwerk Patural in Hayingen (Lothringen) ereignete sich ein schweres Unglück. Auf einem Gerüst waren acht Monteure mit Nietarbeiten besänftigt. Plötzlich gaben die Seile, an denen das Gerüst befestigt war, nach. Die acht Arbeiter stürzten in die Tiefe und trugen schwere Verletzungen davon. Auf dem Transport zum Hüttenlazarctt erlag einer von ihnen seinen Verletzungen. Zuchtbaus für eignen Eisenbahn arten tat er. Vom Erweiterten «Schöffengericht Berlin-schöne- berg wurde am Sonnabend der Eisenbahnhilssarbeiter Iänchen zu einem Jahr und einer Woche Zuchthaus wegen Transportgefährdung verurteilt. Iänchen, der als junger geringbcsoldetcr Arbeiter mit Frau und zwei Kindern in sehr ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen lebte, hatte sich dazu verleiten lassen, einem Kollegen 6 Mark zu stehlen. Die Sacke war aber herausgekommen und er mutzte nun unangenehme Folgen fürchten. In seiner Ver zweiflung betrank er sich schwer und warf dann zwei eiserne Kandelaber über die Schienen vor dem Bahnhof Papestraße. Bald darauf brauste der Stadtbahnzug heran, aber zum Glück entstand kein größeres Unglück. Die dünnen hohlen Kandelaber wurden von der Maschine ein fach zerbrochen und der Zug blieb stehen. — In der Ge richtsverhandlung erklärte der medizinische Sachverständig«, Iänchen sei zwar geistig sehr minderwertig, aber 8 51 könne an? ihn nicht angewendct werden. Die verräterische Mehlspur. In Castrop- Rauxel in Westfalen drangen des Nachts mehrere Diebe In eine Bäckerei ein und entwendeten sechs Zentner Mehl und 60 Pfund Zucker. Die Diebe sollten sich jedoch nicht lange ihrer Beute erfreuen, denn beim Abtransport ent standen Mchlspuren, die ihnen zum Verhängnis wurden. Polizeibeamte bemerkten nämlich die Mehlspuven, gingen der verräterischen Spur nach und gelangten so in die Wohnung der Diebe, die nicht wenig überrascht waren. Vier Personen konnten festgenommen und die gestohlenen Waren dem Eigentümer wieder ausaebändtgt werden. Die Untersuchung von Kürtens Gehirn. Die Deutsche Forschungsanstalt für Psychiatrie bet dem Kaifer-Wilhelm-Institut in München, der das Gehirn des am 2. Juli 1931 in Köln Hingerichteten Peter Kürten zur wissenschaftlichen Verwertung überwiesen worden war, hat nach dem Abschluß der Untersuchung mitgeteilt, die Unter suchung habe in allen Teilen d«s Gehirns normale Verhält nisse ergeben. Es fehlten jegliä)e Anhaltspunkte für das Bestehen irgendeines Krankhcitsprozefses. Ebenso finde sich nicht der geringste Verdacht für irgendeine anatomische Störung, die etwa auf eine angeborene oder erworbene Geisteskrankheit hindeuten könnte. — Das anatomisch-bio logische Institut der Universität Berlin hat hierzu mitge teilt, daß das Ergebnis der von ihm vorgenommenen Untersuchung mit vielem Befund übereinstimme. Französischer Gutshof durch Erdrutsch verschüttet. — Drei Tote. Laut „Petit Parisicn" rollten bei Ehaze in der Nähe von Privas 300 Kubikmeter Gestein auf einen Gutshof. Die Besitzerin, ihrs Tochter und ihre Nichte wurden unter den Trümmern begraben. Ihre Leichen konnten geborgen werden. Mord uud Selbstmord in Hamburg. Der 28 jährige Hafenarbeiter Eäsar Breuer schnitt der 58jähr. Margarethe Ecke aus Farmsen in seiner Wohnung mit einem Rasiermesser den Hals durch; die Frau starb als bald. Breuer beging hierauf Selbstmord. Das Motiv der Tat ist nicht geklärt. Zwei Jugendliche Todesopfer eines B o o t s u n g l ii ck s. Aus Schwerin wird gemeldet: Ein Iblähriger Schüler und ein 15 jähriger Konditorlehrling, die trotz Warnung bei stürmischem Wind mit einem Kanu aus den Schweriner See hinausgefahren waren, kenterten und ertranken. Die Leichen wurden noch nicht geborgen. Rundfunk-Programm. vieu-tag, de« z. Mal. Berkin — Stettin — Magdeburg. 6.00: Funk-Gymnastik. — Anschließend: Aus Hannover: Früh konzert. Norag-Orchester. — 11.30: Aus Königsberg: Mittagskon- zert. Orchester des Königsberger Opernhauses. — 12.30: Die Bier» telstunde für den Landwirt. — 13.30: Vom staatlichen Hauptgestüt Trakeünen: Ausschnitt von der Trakehner Pfende-Auktion. — 14.00: Von Offenbach bis Lehar (SchaUplatten). — 15.20: „Aus Arbeit und Leben": „Fabrik". II.: „Die Fabrik in der Nachkriegs zeit". — 18.45: „Sprachliche Uebertreibungen". — 16.05: „Zuver sicht der jungen Generation". — 16.30: Bücherstunde: „Zett romane". — 17.00: Jugendstunde: „So lernte ich Segelfliegen . — 17.25: Au» dem Kaisersaal im Zoo: Vom Wohltätigkeitstee der Be- rufsoeretnigung Deutscher Flugzeugführer E. B. — 18.25: „Witt- schaftler zur Gegenwart": „Die heutigen Aufgaben der Großban ken". — 18.55: „Die Funk-Stunde teilt mit ..." — 19.00: „Stimme zum Tag". — 19.10: Mitteilungen des Arbeitsamtes. — 19.15: Aus dem Weinrestaurant „Traube": Unterhaltungsmusik. Kapelle Wilfried Krüger. — 20.00: „Das Geisterhaus von Weins- berg". (Das Leben des Iustinus Kerner). — 21.00: Tages- und Sportnachrichten. — 21.10: Peter Tschaikowsky. Klavierkonzert B-Moll, ov. 23. Berliner Funk-Orchester. — 21.40: Sergej Proko- siefs. III. Sinfonie, op. 44 (Reichsdeutsche Uraufführung). Berliner Funk-Orchester. — 22.20: Zeitansage usw. Königswusterhausen. 5.45:'Wetterbericht. — 6.00: Funk-Gymnastik. — 6.15: Wie derholung des Wetterberichtes. — Anschließend: Frühkonzert. — 10.00: Neueste Nachrichten. — 10.10: Schulfunk aus Leipzig: Kunz von Kaufungen, der Prinzenräuber. — 12.00: Wetterbericht. — Anschließend: Schallplatten-Konzert. — Anschließend: Wiederho lung des Wetterberichtes. — 13.30: Neueste Nachrichten. — 14.00: Konzert. — 15.00: Kinderstunde. Märchen und Geschichten. — 15.30: Wetter- und Börsenberichte. — 15.45: Frauenstund«. Künst lerische Handarbeiten. Der Kragenbehälter. — 16.30: Uebertragung des Nachmittagskonzertes Leipzig. — 17.30: Da« Antlitz der Erde unter dem Meere. — 18.00: Wir bauen Melodien (Arbeitsgemein- chast). — 18.30: Englisch für Fortgeschrittene. — 18.55: Wetter- lericht. — 19.00: Gedanken zur Zeit: Für und wider die Vivi- ektion. — 19.40: Aus Wien: Wiener Musik. Orchester Otto Rö misch. — 20.40: „Führerin-Verführerin Musik". — 21.00—22,20: Berliner Programm. — 22.35—0.30: Aus Hamburg: Konzert im Mai. Norag-Chor, Norag-Orchester. , in Gruppen plaudernd beieinander stand, führte Plessing Barbara in das nebenan liegende Gemach, dessen strenge Einfachheit ihr auffiel. Man merkte: hier wurde ernst ge arbeitet, kein Luxus, kein Kunstgegenstand lenkte die Ge danken ab. Einzig drei Bilder in zusammenlegbarem Lederrahmen und ein darüberhängendes Gemälde in zarten Pastellfarben hellten die Schmucklosigkeit des Schreibtisches auf. Aus allen blickten Marion Plessings feingeschnittene Züge das sie betrachtende Mädchen an. Da stieß Barbara einen Laut der Ueberraschung aus. Das Mädchenbildnis da — war das nicht Brigitte, wenn sie einem so schelmisch von der Seite anlachte? Die Hal tung des Kopfes, die weichen Winkel des leichtgeösfneten Mundes — richtig: nußbraune Augen hatte die Frau auch gehabt, von jenem samtenen Schimmer, der auch Brigittes Augen eigen. Plessing sah sie fragend an. „Dieses Bild ähnelt meiner Schwester — wenigstens scheint es mir so." „Ja... ?' Es klang mehr höflich als überzeugt. Barbara spürte es: Der Gedanke, ein fremdes Mädchen könnte der geliebten Frau gleichen, berührte ihn nicht an- genehm. Sie verfolgte daher das Thema nicht weiter, sondern lenkte mit einem Wort warmen Dankes für die erwiesene Freundlichkeit die Unterhaltung auf ein anderes Gebiet, was Plessing erfreut wahrnahm. Sie hatte Takt, dieses große Mädchen mit den klugen Augen, die so weich träumen konnten und so scharf und wachsam blickten, wenn Arbeit Gedankenkonzentration forderte. Zu ihr konnte er von Marion sprechen, zu anderen nicht. Und doch war sie ihm eine Fremde, diese Barbara Pohl, eine bezahlte Arbeitskraft. — Nein, sie war mehr: ein Mensch mit warmem Herzen und klarem Verstand, weit wertvoller in ihrer Schlichtheit als manche schöne Frau seiner Kreise. Als sie mit festem Händedruck beim allgemeinen Auf bruch von ihm schied, war es dem einsam zurückbleibenden Manne, als sei sein stilles Haus noch stiller und dunkler aewordeu. Im dämmerigen Hausflur hielt ein schlanker, junger Mensch ein zitterndes Mädchen im Arm und lächelte herab in die brauneu Auge«, die strahlend an den seinen hingen. „Gitta, süße Gitta — ich hab' dich lieb! Wir müssen uns Wiedersehen — morgen abend, ja? Du kannst es, wenn du nur willst." „Morgen abend", wiederholte das junge Mädchen ge horsam. Wie es geschehen sollte, war Brigitte unklar. Aber es mußte gehen, es mutzte — das Glück riefl Und das Schicksal stand daneben und lachte in laut losem Hohn: Glück?! - . * „Ich muß morgen nach Wehlen fahren", sägke Plessing tags darauf zu seiner Sekretärin, die fragend den Kopf hob. Rote Backen hatte ihr der Arbeitseifer gemalt — hübsch sah das aus! „Es handelt sich um eine Rücksprache mit einem dort wohnenden Professor und da möchte ich gern das Nütz liche mit dem Angenehmen verbinden. Haben Sie Lust, mich zu begleiten?" Barbaras Augen leuchteten. Ob sie Lust hatte?! „Wir fahren um neun Uhr", setzte Plessing hinzu, ohne ihre Antwort abzuwarten. Und lächelte leise vor sich hin ob der Freude, die des Mädchens Gesicht so deutlich wider spiegelte. Sie kam wohl selten heraus aus dem Stadt getriebe. Ob sie einen warmen Mantel besaß? Es war recht kühl morgens... „Wir haben schönes Wetter für unsere Fahrt", meinte er, einen Hellen Pelzmantel aus den Händen des Chauf- feurs entgegennehmend, „aber reichlich frisch. Darf ich Sie bitten, hineinzuschlüpfen? Sie werden ihn gut gebrauchen können." Ehe Barbara sich's versah, saß sie, von weichem, wär mendem Pelzwerk umhüllt, an der Seite des Mannes, mit dem sich jetzt ihr Herz und Hirn unablässig beschäftigten Seine unmittelbare Nähe schuf ihr seltsame Erregung. Vergebens, daß sie sich darob schalt, sich seinen Rang und Reichtum, ihre bescheidene Stellung in seinen Diensten vorhielt — sie saß neben ihm im fast lautlos dahin gleitenden Wagen, durfte seine Stimme hören, das Lächeln in seinen sonst so ernsten Augen erwidern, durfte das scharfgeschnittene Gesicht betrachten, das ihr schöner schien als irgendein Antlitz auf der ganzen Welt. *O selige Fahrt durch blühendes Land und sonnige Auen, auf breiten, gepflegten Wegen, zu deren Seiten weißschimmernde Birkenstämme ihre zarten Schleier schwenkten, mit denen der Morgenwind sein übermütiges Spiel trieb. Links wuchsen bewaldete Höhen empor, rechts schlängelten sich die sonnenüberglänzten Wasser der Elbe in anmutigen Windungen durch die lachende Frühlings- landschast. In Wehlen entstiegen sie dem Wagen und erklommen sechs Steinstufen, die zum Eingang eines weinlaub- übersponnenev Häuschens hinter dem Marktplatz führten. Noch ehe sie oben angelangt waren, stand ein kleiner Herr, dem ein dichter weißer Schopf über der Stirn das Aus sehen eines Kakadus verlieh, in der aufgerissenen Tür und streckte dem Generaldirektor der Chemischen Werke mit einem freudezitternden: „Exzellenz bemühen sich selbst — zuviel der Güte — von Herzen willkommen!", beide Hände entgegen. Um sich gleich darauf umzuwenden und mit Stentorstimme „Minna!" ins Hausinnere zu donnern, daß Barbara unwillkürlich zusammenzuckle — so wenig hätte sie dem schwächlich aussehenden Greis diese Lungen kraft zugetraut. Aus dem dunklen Flur kam eine rundliche Frauen gestalt angehastet, die sich eiligst eine Weiße Schürze um band. Ihre zur Begrüßung dargebotene Hark» war noch feucht und rot vom eben beendigten Waschen. Das Ehe paar nötigte Plessing und Barbara mit umständlicher Höf lichkeit in die gute Stube, deren Fensterläden fest tzer- schlossen waren.
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