DER BEGRIFF DER BERUFSUNFÄHIGKEIT IN DER SOZIALVERSICHERUNG DES BERGBAUES Von HANS TH I ELM ANN , Berlin Als im sechzehnten Jahrhundert die bei den einzelnen Bergwerken be stehenden Kameradschaften, die Knappschaften, anfingen, die Büchsengelder nicht nur zu kirchlichen, sondern auch zu sozialen Zwecken zu verwenden, gewährten sie ihren Mitgliedern Unterstützungen, wenn sie, wie es z. B, bei den schlesischen Knappschaften hieß, „arm, verlebt, schwach, verdorben oder beschädigt“ waren. Diese Unterstützungen wurden, soweit nicht die Gewerken eintraten, bei vorübergehender und bei dauernder Bergfertigkeit gewährt, ohne daß ein grundsätzlicher Unterschied in der Voraussetzung der Leistung bei Krankheit und dauernder Arbeitsunfähigkeit gemacht wurde. So heißt es z. B. in der Churköllnischen Bergordnung von 1669, es sollte „dem armen Patienten, bis er wieder genesen, sein halber Wochenlohn auf der Zeche, da er Schaden genommen, geschrieben und gefolget werden. Sollte sich aber begeben, daß ein armer Patient an seinen Gliedmaßen also verletzet und keine Hoffnung, daß er sich selbst noch den armen Seinigen ihr Stück Brot erwerben, sondern im Elend sein Leben zubringen müßte, soll ihm, wenn der Chirurgus nichts mehr mit seiner Kunst oder Kur an ihm verträgliches schaffen kann, eine wöchentliche Steuer aus der Knappschaft im Bergamt verordnet werden.“ Die Voraussetzung für die Zahlung dieser Gnadenlöhne war auch in der Folgezeit, daß der Bergmann Arbeit auf der Zeche nicht mehr verrichten konnte. Den Begriff der Arbeitsunfähigkeit zu umreißen, war nicht notwen dig, weil in der damaligen Zeit die Berg- und Hüttenleute einen besonderen Stand mit allerlei Privilegien bildeten und die Arbeiter, die neben den eigent lichen Berg- und Hüttenleuten im Betriebe tätig waren, regelmäßig nicht der Knappschaft zugehörten. Es kommt hinzu, daß die Bergleute keinen Rechtsanspruch auf die Unter stützung hatten, so daß in den Fällen, in denen Zweifel über die Arbeitsfähig keit bestehen konnten, die Unterstützung versagt werden konnte, ohne daß der Bergmann zu einem Einspruch berechtigt war. Diese Rechtslage blieb bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts die gleiche. Erst das preußische Gesetz, betreffend Vereinigung der Berg-, Hütten- und Salinen-Arbeiter in Knappschaften vom 10. April 1854, änderte die Rechts lage; denn nunmehr mußte der Knappschaftsverein seinen meistberechtigten Mitgliedern mindestens gewähren: 1. einen entsprechenden Krankenlohn während der Dauer der ohne eigenes grobes Verschulden entstandenen Krankheit und