DIE DEUTSCHE ENTGASUNGSTECHNIK IM 2 0. JAHRHUNDERT Es wurde schon angedeutet, daß im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhun derts in der ganzen Welt ein starker Auftrieb in der technischen Weiter entwicklung der Entgasungsverfahren für Steinkohle zu verzeichnen war, der sich bis zu Beginn des ersten Weltkrieges weiterverfolgen läßt. Die Appa rate der Kondensationsanlagen aus jener Zeit sind in vielenFällen nochheute als technisch gut brauchbar und zuverlässig bekannt. In den größeren Gas werken finden wir von der Jahrhundertwende an den Übergang von der Re torte zur Kammer. Vertikalkammer-und Schrägkammeröfen herrschten vor. Die Ofenkonstruktion wurde in bezug auf Koksqualität und Wärmewirt schaft weiter verbessert. Die Gaswerke begannen als Kokslieferanten auf dem Markt in Erscheinung zu treten. In den Kokereien wurde die Wärmewirtschaft, besser gesagt, Gaswirt schaft am Ofen, durch die Einführung des regenerativen Prinzips und um 1910 durch die Einführung des Verbundbetriebs verbessert. Durch eine er höhte Gasbereitstellung entstanden enge Kontakte zur Gasindustrie. Wir er kennen also in dieser Zeit allgemein die Tendenz der Angleichung der beiden bisher in der Entwicklung getrennten Verfahrenszweige. Die Zechen des Ruhrgebietes gingen dazu über, ihr Überschußgas, das schon vor dem ersten Weltkrieg in größeren Mengen anfiel, als es die in der Entwicklung begriffene Industrie zu Kraft- und Wärmezwecken abnehmen konnte, als Stadtgas in einigen Orten des Ruhrgebietes zu verkaufen. Nach Literaturangaben bestanden im Jahre 1910 schon 105 solcher mit Kokereigas betriebenen Rohrnetze, die an 344 Gemeinden Stadtgas lieferten. Diese Ent wicklung führte zur Stillegung der Erzeugungsanlagen kleinerer Gaswerke, die mit den relativ billigen Überschußgasmengen der Kokereien ihren Absatz rasch vervielfachen konnten. Der erste Weltkrieg und vor allem die Notjahre der Nachkriegszeit, dazu der Friedensvertrag und die Abtrennung gewisser Gebiete Deutschlands brachten einen absoluten Kohlenmangel mit sich, der sich vor allem auf den Betrieb der kleineren Gaswerke sehr erschwerend auswirkte. In dieser Zeit begann man, in den Gaswerken das Destillationsgas aus der Kammer mit Wassergas zu verschneiden, um die Gasausbeute zu erhöhen. In diesem Zu sammenhang sind einige Zeilen aus einer Werbebroschüre für den Gaskoks aus der Mitte der 20er Jahre interessant [26]: „Die Klagen über den Gaskoks waren eine gerechte Folge der Nachkriegszeit, in welcher der Gaskoks ebenso wie die Gaswerke