Wüstung nicht länger. Und die kleineren Städte folgten bald. Selbst Bönnig heim am Stromberg (12 km SW von Heilbronn am Neckar) verankerte 1452 im Stadtrecht die Bestimmung, item sal man hegen 200 morgen Wal des, an den enden, da die weide allerwechselichst (bestwüchsig) sin, uff daz, ab unser stat ader bürgere schaden an brande nemen, da got für si, ader süßt buweholtz zu ihrer notturjft bedurffen werden, das man daz finden und haben möge. Besonders sorgfältig sorgte Memmingen für die Waldpflege im XVI. Jahrhundert, denn hier wirkte der erste große Forst fachmann seiner Zeit, Michael Schwegelin. An seinem Wirken wird ganz besonders deutlich, wie ernst das Schwinden des Waldes und des Holz ertrages die reichsstädtischen Magistrate beschäftigte. Denn die Eingaben, die Schwegelin als Hofmeister des Spitals Memmingen von 1540 bis 1583 ein den Stadtrat richtete, sind nicht nur eine laufende Berichterstattung gewesen, sondern tragen durchaus den Stempel von Gutachten, Empfeh lungen und ,Diskussionsgrundlagen“ für die Ratssitzungen! Die 1568 darin erwähnte Holzsaat der Fichte ist nur ein besonders markanter Punkt seiner Berichte an den Rat; 1552 sprach die III. Württembergische Forstordnung gleichfalls schon davon, Waldblößen, die gehacket und besömpt seien, vor Hutung, Wildfraß und Störung zu schützen. Für bergbaugeschichtliche Studien ist es unerläßlich, bei den Wechsel beziehungen zwischen Wald und Bergbau auch die prinzipiellen Maßnah men der alten Forstwirte zur Pflege des Waldes kennenzulernen. Es fehlen uns obendrein heute viele Vorstellungen und Begriffe, die in der gegen wärtigen Forstwirtschaft gar nicht mehr zu gewinnen sind; selbst ein Lieb haber des heutigen Waldes, der mehr als der durchschnittliche Sonntags spaziergänger vom Walde weiß, würde wohl große Mühe haben, sich im Niederwaldbetrieb des Hochmittelalters oder selbst im Mittelwaldbetrieb des Spätmittelalters zurechtzufinden — einen Hochwaldbetrieb mit 400 bis 600 Jahre alten Beständen lernt er nirgends mehr kennen. Auch die Handhabung der Forstnutzung ist heute schon rein technisch grundlegend verändert — wir brauchen hier nur daran zu erinnern, daß bis etwa 1720 kein Baum mit der Säge 22 gefällt worden ist. Der Holzhauer war wirklich ein ,Hauer“ und schlug die stärksten Bäume ausschließlich mit der Axt, erst am liegenden Baum wurde die Säge angesetzt. Das hängt natürlich mit Materialfragen zusammen: ein Sägeblatt war teuer und gleichwohl schnell verbraucht, wenn seine Qualität zu wünschen übrig ließ; das haben wir ja in den Notjahren 1945/47 alles erlebt, als oft ,Behelfsmaterial“ un geeigneter Qualität verwendet werden mußte und einen unverhältnismäßig hohen Aufwand bei geringem Nutzeffekt verursachte. 22 Noch 1832, als eine Fichte von 64 Zoll Durchmesser (= 1.40 m) im Böhmerwald gefällt wurde, mußte man von dem 31 m hohen Stamm das wertvollste, völlig gesunde Ende der Verwesung überlassen, weil auf dem Revier des größten Forstbesitzers keine Säge zu finden war, die diesem Durchmesser genügt hätte!