Besondere Aktivität entfaltete die Polizei bei der Überwachung und Bespitzelung der Sozialdemokraten vor allem in der Zeit vor und während der Reichstagswahlen. Es ist daher kein Zufall, wenn gerade im Sommer 1893 die Polizeibehörde Freiberg auch auf die Verbindung ausländischer Studenten mit den Freiberger Sozialdemokraten stieß. Besonders hinge wiesen sei hierbei auf die enge Zusammenarbeit von Stadtpolizeibehörde, Direktion der Bergakademie, „Verband der Studierenden“ und der Frei berger Lokalpresse, die gemeinsam an der Verfolgung „sozialdemokrati scher Umtriebe“ unter den ausländischen Studenten der Bergakademie beteiligt waren. Das öffentliche Vorgehen gegen diese Studenten begann mit einem Artikel im „Freiberger Anzeiger“ vom 16. Juni 1893. Dort hieß es u. a., daß an der Bergakademie Elemente geduldet würden, die Verbindung mit der „Umsturzpartei“ pflegten und damit das Ansehen der Bergakademie schädigten. Die Studenten der Bergakademie würden von den verschie densten Seiten beschuldigt, sich an sozialdemokratischen Versammlungen beteiligt zu haben. Es sei aber festgestellt worden, daß es sich ausschließlich um Studenten, die aus den östlichen Nachbarländern Deutschlands stam men, handele, meist um russische Juden. Diese Herren würden natürlich nicht dem „Verband der Studierenden“ angehören, der sich meist aus deutschen Studenten zusammensetzt. Die ausländischen Studenten wurden weiter in dem Artikel beschuldigt, sich in deutsche Angelegenheiten eingemischt zu haben. Ihr Verhalten wäre Undankbarkeit dem deutschen Staat gegenüber, dem sie doch zur Dank barkeit verpflichtet seien, da er es ihnen gestatten würde, deutsche Wis senschaft und Erfahrungen verwerten zu können. lc Selbstverständlich wehrten sich die angegriffenen Studenten gegen" den Vorwurf der Undankbarkeit der deutschen Hochschule gegenüber: „Die öffentliche Mitteilung von gestern berechtigt zu einer öffent lichen Entgegnung. Es ist wohl ganz richtig, was unser Gewährsmann über die Haltung von 10 bis 20 Studierenden produziert hat; immer hin mögen absichtlich oder unabsichtlich einige Unrichtigkeiten mit untergelaufen sein. Denn diese, ,meist russische Juden‘, wie es dort heißt, repräsentieren, was Nationalität anbetrifft, nicht weniger als 6 verschiedene Nationen und was den Taufschein auf der anderen 1« Vgl. Freiberger Anzeiger und Tageblatt, Nr. 137, 16. Juni 1893. Der Freiberger Anzeiger war ein chauvinistisches alldeutsches Blatt.