Über das Verhältnis von Philosophie, Logik und Technik Von GEORG KLAUS, Berlin LOGIK UND PHILOSOPHIE Es ist ein erstaunliches Phänomen, daß eine Disziplin wie die formale Logik, die bis jetzt selbst innerhalb ihres eigentlichen Heimatbereiches, der Philosophie, eine keinesfalls vorrangige Bedeutung hatte und die außerhalb der Philosophie explizit nur im Rahmen der mathematischen Grundlagenforschung deutlich in Erscheinung trat, plötzlich in das öffentliche Interesse der allerneusten Zeit gerückt ist. Die moderne formale Logik gehört — das hat sich unmißverständ lich und eindringlich gezeigt — zu den Grundlagenwissenschaften der moder nen Kybernetik und ist über sie mit der Technik der Automatisierung auf das engste verbunden. Es hat sich zudem gezeigt, daß das ausführliche Studium der Anwendungsmöglichkeiten dieser Logik auf die moderne Technik eine Fülle von technischen Perspektiven ergeben hat, die vor fünfzehn Jahren noch niemand abschätzen konnte. Diese Entwicklung ist zunächst überraschend. Sie ist überraschend für den Vertreter der technischen Wissenschaften und den Ingenieur, der diese tech nischen Erkenntnisse in die Wirklichkeit umsetzt; denn es muß für beide merk würdig genug sein, daß sich plötzlich eine philosophische Disziplin in ihr Tä tigkeitsfeld drängt. Diese Entwicklung ist aber auch merkwürdig genug für den Philosophen selbst, der die mannigfachen Schicksale kennt, die die Logik im Laufe ihrer Geschichte erfahren hat. Die Wissenschaft der Logik wurde von Aristoteles aus der Taufe gehoben, wobei hier nicht verschwiegen werden darf, daß es mancherlei parallele Entwicklungen in Indien und China gab, die einen Ausschließlichkeitsanspruch einer sogenannten westlichen Philosophie als ungerechtfertigt erscheinen lassen. Für Aristoteles und die Scholastik waren die Gesetze der Logik Abbildungen von Seinsgesetzen und letztlich Gedanken eines übernatürlichen Wesens oder Gottes. In der Scholastik wurde die Logik reichlich mißbraucht, um beim Beweis von Thesen zu helfen, die sich nicht beweisen lassen. Es ist deshalb kein Zufall, daß die mit der Renaissance be ginnende Wiedererweckung der Wissenschaften die Wissenschaft der Logik zusammen mit der ganzen scholastischen Denkweise in den Hintergrund treten ließ und daß so prominente Materialisten und Rationalisten wie Bacon, Des cartes und D'Alembert von der Logik nichts wissen wollten. Den Höhepunkt der Verachtung der traditionellen formalen Logik finden wir in entsprechen den Einschätzungen Hegels vor. Und daher datiert eine wissenschaftliche Schi zophrenie des Logikbetriebes. Die alte formale Logik trat völlig in den Hinter-