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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.03.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050320018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905032001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905032001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-03
- Tag1905-03-20
- Monat1905-03
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DrzuflS-PretS k der Hauptexpedition oder deren Ausgabe» stellen ab geholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in-Hau« ^l 3.7b. Durch di« Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich ^l 4.b0, für die übrigen Länder laut ZritunqSvreiSIiste. Diese R»m«er kostet aus allen Bahnhöfen und III bei den ZeitungS-Bertäufern i * «eduktion und Sxpevtttou: 153 Fernsprecher 222 JohanniSgasie 8. Haupt-Filiale Dresden: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: LarlDnucker, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg» Lützowstraßr lO (Fernsprecher Amt VI Nr. 4603). Morgen-Ausgabe. MpMer Tagedlatt Amtsblatt des Königs. Land- und -es Königs. Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates «nd des Rolizeiamtes -er Ltadt Leipzig. An zet neu-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 28 Familien- und Stcllen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, Gescbästsanzeigen unte^ Text oder an besonderer Stelle nach Tarif. Die 4 gespaltene Reklamezeile 75^. Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (nur mit der Morgen: Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Tie Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Znb. Dr. B„ R. L W. Klinthardt). Nr. 14t. Montag den 20. März 1905. 99. Jahrgang. Var WMigrte vom Lage. * Die Wanderausstellung des Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein wurde gestern durch den Statthalter Fürsten zu Hohenlohe-Langenburg er öffnet. (S. Letzte Dep.) * Eine Gesetzesvorlage über die Ausdehnung des Patentschutzes auf chemische Verfahren und Produkte wurde bei der Volksabstimmung in Bern gestern an genommen. (S. letzte Dep.) * Aus Anlaß des Todestages Ludwig KossuthS fand in Pest eine großartigeTrauerfeier statt. (S. Letzte Dep.) Vie MeiNbegiinttigung. Das große Werk der Handelsverträge mit den wich tigsten kontinentalen Staaten ist beendet. Aber damit ist nur für ettoa zwei Fünftel unseres Außenhandels eine Regelung geschaffen worden. Noch harren also wichtige handelspolitische Fragen der Erledigung. Amerika, England und feine Kolonien, Argentinien sind die wichtigsten Länder, die dabei in Betrachtung kommen. Tas sind aber harte Nüsse, und es wird zu hef tigen wirtschasts- und parteipolitischen Zusammenstößen kommen. Das Geplänkel hat bereits begonnen. Gerade zur rechten Zeit hat npn der Mitteleuropäische Wirtschaftsverein in Deutschland eine Schrift erscheinen lassen, die für die bevorstehenden handelspoli tischen Kämpfe der Parteien als Rüstkammer dienen wird. Diese Schrift ist von dem Sekretär des Vereins, Dr. L. Glier, verfaßt und von P r of. D r. Julius Wolf in Breslau, dem geschäftsführenden Vizepräsi denten des Vereins, mit einem Vorwort ausgestattct worden. Die Schrift führt den Titel „Die Meist- b e g ü n st i g u n g s - K la u se l": sie ist eine ent wicklungsgeschichtliche Studie, die Deutschlands Verträge mit den Vereinigten Staaten von Amerika und mit Argentinien besonders berücksichtigt. Glier hat in seinem Buche, dank auch seiner intimen Kenntnis ame rikanischer Wirtschaftsverhältnisse, ein sehr großes Material verarbeitet. Er ist zu dem Schlüsse gekommen, daß neben dis reine Meistbegünstigung die Rezipro zität als gleichwertiges, ja unter Umständen über legenes Vertragsprinzip zu setzen sei. Diese Einsicht hat lange Zeit gebraucht, bis sie durchdringen konnte. Schon in den Kämpfen zu Caprivis Zeiten wurde von einzel nen -er Gedanke vertreten, daß wir die Meistbegün stigung nicht verschenken durften. Jetzt endlich beginnen wir, die Richtigkeit dieses Satzes zu begreifen. Glier legt in seiner Definition des Begriffes „Meist begünstigung" besonderen Wert darauf, daß man die diesem Begriffe anhaftende Doppelnatur gerade in un fern Tagen scharf im Auge behalten müsse. Die Meist begünstigung habe eine negative und eine positive Seite. Negativ besage sie, daß die Waren dritter Staaten nicht günstiger behandelt werden dürfen als die des Gegen kontrahenten: positiv, daß den Waren der Vertrags staaten auch alle Zollveränderungen, deren sich dritte Staaten erfreuen, zuteil werden müssen. Glier unter scheidet fünf Arten von Meistbegünstigung: bedingte und unbedingte, je nachdem eine Gegenleistung nötig ist oder nicht, um den Gegenkontrahenten in den Genuß der dritten Staaten gewährten Vergünstigungen zu setzen: beschränkte oder unbeschränkte, je nachdem ihrer Geltung räumliche, zeitliche oder andere Grenzen gezogen sind: glatte Meistbegünstigung, wenn sie weder bedingt noch beschränkt ist. Die unbedingte Meistbegünstigung war schon dem 18. Jahrhundert bekannt. Aber handelspolitische Ab machungen spielten damals erst eine unbedeutende Rolle, weil die Staaten in wirtschaftlicher Beziehung noch nicht in dem Maße untereinander verwoben waren wie jetzt. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts zog man der Meist begünstigung manchmal in zeitlicher und räumlicher Hinsicht Grenzen. Aber eine Unterscheidung zwischen bedingter und unbedingter Meistbegünstigung wurde in den Begriff „meistbegünstigte Nation" erst hineinge tragen. als die Diplomatie der Vereinigten Staaten von Amerika ihren ersten Versuch auf handelspolitischem Ge biete unternahm. Bei der durch sie bewirkten Umformung der Meist- begünstigung gingen die Amerikaner von dem Grund sätze aus, daß derjenige, welcher ctivas erhalte, auch etwas geben und nicht in vager Form nur versprechen solle. Sie stellten das Prinzip auf. daß eine besondere handelspolitische Vergünstigung besonders zu erkaufen sei. Dje Meistbegünstigung solle nicht dazu dienen, einer Nation ohne Gegenleistung handelspolitische Vor teile zu verschaffen, die eine andere Nation mit einer Reihe von Konzessionen habe erkaufen müssen. Das ist die Geburtsstunde des handelspolitischen Rezipro zitätsprinzips der Vereinigten Staaten von Amerika. Diese Reziprozitätsidee ist auch von den mittel- und südamcrikanischen Staaten angenommen worden, und zivar sowohl unter sich wie mit euro päischen Staaten. Auch der Vertrag zwischen dem Zoll verein und Argentinien von 1857 beruhe, wie Glier hervorhebt, nur auf dem Reziprozitätsprinzip: Argen tinien habe also keinen Anspruch auf unseren 3Vs Weizenzoll gehabt. Die Reziprozitätsidee, die Amerika seinen handels politischen Abmachungen zu Grunde legte, drang seit den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts immer stärker nach Europa hinüber und zog schließlich auch die handels politischen Abmachungen der europäischen Staaten untereinander in ihren Bannkreis. Auch -er Zollverein schloß in den Jahren 1839—1860 eine Reihe von Han delsverträgen auf dieser Grundlage ab. Ueberhaupt waren es die heute im Deutschen Reike geeinten Staa ten. welche den Neziprozitätsgedanken bis 1860 pflegten. Man gab also die Meistbegünstigung nicht leichtherzig weg, sondern suchte sie jeweils dazu zu benützen, den Gegenkontrahenten zur Herabsetzung seiner Zölle zu be stimmen. Es zeigte sich, daß sich, und mit Erfolg, die Reziprozität ganz gut mit einem System von Tarifver trägen vereinbaren ließ. Mit dem Jahre 1860 begann wieder die Periode der unbedingten Meistbegünstigung. Der englisch, französische Handelsvertrag von 1860 leitete die neue Aera ein, und die Belgier sind die entschiedensten Vor kämpfer der allgemeinen, unbedingten Meistbegün stigung geworden. Die Vereinigten Staaten von Ame rika dagegen blieben bei ihr.nnReziprozitätssystem. Im Verkehr der europäischen Staaten untereinander ist gegenwärtig die Reziprozität fast völlig ausgestorben. Trotzdem glaubt Glier, daß die Reziprozität -em- nächst wieder mehr in den Vordergrund treten werde. Zur Stützung dieser Annahme verweist er zunächst auf das starre Festhalten der Vereinigten Staaten von Ame rika an der Reziprozität: die Union werde auch Rezi- prozitätsstaat bleiben, dazu komme der. sich in England immer schärfer ausprägende Wandel in -en Handels- politischen Anschauungen. Der Uobergang Englands zum Schutzzoll und eine sich daran anschließende inter britische Vorzugsbchandlung wird die Handelspolitik der ganzen übrigen Welt vor Probleme stellen, die nur mit Hülfe der Reziprozität zu lösen sein werde». Es geht, so fährt Glier fort, schon jetzt ein Zug zum Diffe renzieren durch die Handelspolitik. Dem Reziprozitäts system mit unserm allgemeinen Meistbegünstigungs system entgegentreten zu wollen, bedeutet von vorn- herein eine systematische Benachteiligung unserer eigenen Interessen. Aber die unbedingte Meistbegünstigung selbst wankt bereits, auch m Deutschland. Graf Posadowsky führte im Reichstage aus: „Ich glaube im allgemeinen, daß es notwendig sein wird, bei künftigen Vertragsabschlüssen die Frage der Meistbegünstigung wesentlich mehr zu individualisieren, als es bisher ge schehen ist." Daß sich auch in der Wissenschaft die Ueber- zeugung von der Notwendigkeit einer Reform Bahn bricht, das lehrt uns kein Geringerer als Schmoller in seinem „Grundriß". D. Vie sirki» in siusrlana. Vom polnisch-rusfischen Grenzrevler. Aus Kattowitz, vom Sonnabend, wird dem „L.-A." gemeldet: In der Sächsischen Kammgarnspinnerei zu Sos - nowice nahmen die ausständigen 1500 Arbeiter gestern die Arbeit auf. Als sie heute 9 der ältesten Beamten und Meister aus der Fabrik jagten, requi rierte der Besitzer Militär, ließ das ganze Arbeiterpersonal aus der Fabrik treiben und schloß den Betrieb kurzerhand. Aehnlich wollen nun auch die anderen Werke verfahren. — Dte älteren Jahrgänge der Real schule streike«. Sienkiewicz. Großes Aufsehen erregt, wie aus Warschau gemeldet wird, ein Brief des Dichters Sienkiewicz im Peters burger „Ruß". Der Artikel bespricht das ganze Elend der Ruffffizierung der Schule durch Polizeimaßregeln und pole misiert gegen die bekannte Äeußerung des Kurators Schwarz, daß die polnische Schule den inneren Feind gegen Rußland erziehe. Sienkiewicz fragt, ob die vierzig Jahre russischer Schule etwas anderes erzogen haben als Haß und Widerstand. Die Petersburger Zeitungen drucken den Artikel Sienkiewicz' ab. Die Warschauer Presse darf kein Wort über die Schulfrage sagen. Der turrirch-japankche Weg. Die guten Lreanve. Aus New Uork wird dem ,,B. T." telegraphiert: Veran laßt durch die Ausführungen des Abgeordneten Hüll er klärte der japanische Gesandte in Washington. Japan beabsichtige keine Annexion der Philip- Pin en, wünsche vielmehr, mit den Amerikanern gute Nach barschaft zu pflegen und nach ihrem Muster die Zivils- sation der Koreaner und Chinesen zu betreiben. Eine „gelbe Gefahr" existiere also für Amerika keineswegs. Da» VizekSnigtun, -er Mantschnrei. Man schreibt unS aus Wien: In den hiesigen diplo- manschen Kreisen wird der Meldung aus Schanghai, daß die chinesische Regierung den Staatsmann Tschao Erh-Hen zum Vizekönig in der Mantschurei ernannt habe, und sich sofort zum Antritt seines Postens nach Mulden begeben werde, kein Glauben beigemesse n, da in dem gegen wärtigen Stadium des Krieges solche Maßnahmen, und mögen sie auch mit der japanischen Regierung vereinbart worden sein, nicht für gut möglich gehalten werden. Es sei selbstverständlich, daß eine neue Regelung der Verhältnisse in der Mantschurei erst nach erfolgtem Friedensschlüsse vor genommen werden könne. Auch der hiesigen chinesischen Gesandtschaft ist über die angebliche Verfügung der chinesischen Regierung keinerlei Mitteilung zugekommen, und ebenso ist der japanischen Gesandtschaft von einer solchen nichts bekannt. Die ^rem-enfrage vsr dem japanischen Parlament. Daß vor kurzem im javanischen Parlament die Ver leihung des Landerwerbsrechtes von einigen Abge ordneten zur Diskussion gestellt und befürwortet werden konnte, ohne auf direkten Widerspruch zu stoßen, ist ein Er- eignis, das vor Ausbruch des Krieges nicht denkbar gewesen wäre und daher als Zeichen der Zeit Beachtung verdient. Aeußeren Anlaß zu der Debatte gab nach dem „H. Corr." die Beratung der neuen Bergwerkgesetze, deren 5. Artikel den Fremden den Besitz von Minen in Japan unter sagt: es gelang der fremdenfreundlichen Partei freilich nicht, eine Mehrheit für Abschaffung dieses Paragraphen zu finden, doch führte die Verhandlung darüber zu interessanten De batten. Dr. Hatoyama, der Führer der Progressisten- partei, betonte, viele von den früheren Gegnern seien jetzt zu Verfechtern der Idee geworden, und das würden alle werden, die sich nur einmal genauer mit ihren Folgen beschäftigten. Japan müsse den Prinzipien der Civilisatwn auch auf diesem Gebiete folgen und den Fremden zu Unternehmungen in In- dustrie und Handel alle Unterstützung angedeihen lassen. Ooka, der Leiter der Konstitutionalisten, wollte der Regie rung genügend Zeit zur Ueberleguna der Sache lassen, vor läufig sei man noch nicht so weit. Schließlich gab die Mei nung des Konstitutionalisten Sakamoto den Ausschlag. Er sagte, er sei prinzipiell für die Verleihung des Rechtes an Fremde, und es sei nur eine Frage der Zeit. Aber die Minenindustrie Japans sei noch so sehr in ihrem Anfangs stadium, daß zum Beispiel die Kohlen Hokkaidos deshalb nur an wenigen Plätzen geordert würden, obgleich die Kinshu- Kohlen schon in fünfzig Jahren verbraucht sein würden. Erne Summe von 10 Millionen wäre schon genügend, um die Hok- kando-Lager zu öffnen. Was aber würde passieren, wenn alle diese Lager in den Händen von Fremden wären? In dem Augenblick, wo die Krnshu-Kohle verbraucht und die In dustrie Japans von der Hokkaidoer Koble abhängig sein würde, würde der Preis in die Höhe gehen und die In dustrie beeinträchtigen. Das Recht des Lander- wcrbs möge den Fremden gegeben werden, aber Minen seien beschränkt in ihrer Zahl, und es wäre ein Nachteil für das Land, wenn diese ganz in die Hände der Fremden übergingen. — Deutsches Keich. Leipzig, 19. März. * Herr Enke vor seinen Wählern. Von dem Landtags kandidaten der Konservativen, Deutschsozialen und Mittel- standsgruppen für Leipzig-S., Herrn Baumeister Enke, werden wir um Abdruck folgender Zuschrift ersucht: Ter Artikel eines „Politisch Interessierten" in der Morgen nummer vom 17. d. M.: „Herr Enke vor seinen Wählern" enthält viele Unrichtigkeiten, die ich wohl bitten darf, in Jbrem geschälten Blatte richtig zu stellen. Zunächst habe ich nicht meine „agrarisch konservativen Freunde"„beschuldigt", dem durchaus berechtigten Wunsche Leipzigs, den unwürdigen Bahnhofsverbältnissen durch den Bau eines Zentralbahnhofes abzuhelfen, feindlich gegenüber gestanden zu haben, sondern ich habe geäußert, daß es den Vertretern der kleinen Städte und des flachen Landes nickt immer leicht falle, die großen Summen für die Bauten deS Staates in den Großstädten zu bewilligen und daß man hier und da mit einer ge wissen Animosität gegen die Großstädte zu kämpfen habe. Hierbei habe ich keinen Unterschied zwischen konservativen und nationalliberalen Abgeordneten gemacht. Der Abgeordnete Kluge ist kein agrarisch-konservativer, sondern ein indu- striell-konservativer Abgeordneter. Falsch ist, daß ich ge sagt haben solle, die Konservativen wären beim Ver- mögenssteuergesede geschlossen für eine einseitige Begünstigung der landwirtschaftlichen Betriebe eingetreten. Ich habe gesagt, die Zweite Kammer (konservativ und nationalliberal) habe die Ver mögenssteuer als reine Vermögenssteuer, auch für landwirt schaftliches Betriebskapital, beschlossen gehabt, die Erste Kammer aber habe die Beibehaltung der Grundsteuer als Vermögens, steuer und die Befreiung des landwirtschaftlichen Betriebs kapitals in das Gesetz gebracht. Bei der Abstimmung habe ich gegen den Vereinigungsvorschlag gestimmt und habe mich allerdings in Gesellschaft der Nationalliberalen befunden. Bezüglich der Abstimmung über die Petition der Fleischerinnung habe ich nur meine persönliche Stellung besprochen. Die Worte: „Natür- lich waren es die agrarischen Fraktionsgenoffen des Herrn Enke, die sich gegen die Petition richteten", sind ein frei erfundener Zu- satz des „Politisch Interessierten". Ebenso habe ich nicht konsta tiert, „daß das seit einiger Zeit eingeführte Sparsystem noch nicht imstande gewesen sei, die Folgen der unter der agrarisch-konser vativen Mehrheit des Landtages eingeriffenen Finanzwirtschaft zu beseitigen". Auch dies hat der „Politisch Interessierte" frei hinzu- kombiniert. Weiter führt er an, „daß ich dringend geraten haben solle, den konservativen Einfluß auf die Leitung der S t a a t S g e s ch ä f te und die Verwaltung des Lande-, der sich al» durchaus segensreich bewährt habe, auch in Zukunft zu sichern". Er hat es aber nicht selbst gehört, sondern er hat eS in „dem hiesigem RegierungSorgan und dem sSinne nach auch in einem anderen hiesigen Blatte" gelesen, da müsse eS wohl richtig sein. ES ist aber nicht richtig; ich habe nicht einmal etwas AehnlicheS gesagt. Da der „Politisch Interessierte" der Versammlung offenbar bis zu Ende brigewohnt hat, so müßte er die» eigentlich wissen, auch daß hier nur ein Irrtum der Berichterstattung der beiden Blätter vorltegen konnte. Denn auch der äußerst gewissenhafte Be richterstatter des „Leipziger Tageblattes" hat ja kein Wort in seinem ausführlichen Berichte hiervon erwähnt. D«m„Politisch Interessierten" kann nicht entgangen sein, daß ich vom Anfang meines BortrageS an bis zum Schluffe keinen Zweifel darüber gelassen habe, daß ich an der Hand meiner Abstimmungen und meiner zum teil verleseurn Reden lediglich »eine eigene Haltung in den politischen Fragen dargestrllt habe und daß ich hierbei nur ganz nebensächlich erwähnt habe, wie sich die Parteien gestellt haben, ohne da» Verhalten der Parteien selbst zu kritisieren Lnumcüoter Luks. Berlin, 19. März. * Tas Arbeitstempo de» Reichstages. Die „Norddeutsche Allg. Ztg." bespricht die „Kontingentierung der Etatsdebatten" im Reichstag, die am Montag im Seniorenkonvent zum Beschluß erhoben worden ist, und konstatiert, bei Einhaltung des vorgezeichneten Programms werde hiernach die Etats beratung am 30. d. M., also doch gerade noch vor dem ge setzlichen Termin, ibr Ende erreichen. Sie belobt das preu ßische Abgeordnetenhaus, das in der Frage der Ein dämmung der Redclust mit gutem Beispiel vorangegangen sei, und widmet den üblichen Etatsreden die folgende Charak teristik: Wir befinden unS bei diesen ermüdenden parla mentarischen Unterhaltungen, wie sie besonders beim Etat des ReichSamtS des Innern schlechte Sitte ge worden sind, offenbar in dem Falle eines circulu8 vitivsu?, sofern die überflüssigen Reden das Haus entleeren und die Leere des Hauses hinwiederum die Fortdauer eines Zustandes begünstigt, dem bei Anwesenheit einer größeren Zahl von Abgeordneten infolge einer Art von geistigem Selbsterhaltungstrieb schon längst so oder so ein Ende be reitet worden wäre. Das Hauptopfer bei dem bisherigen Zustande waren so die Zeitungen, die herkömmlich Be richte über Verhandlungen zu bringen gezwungen waren, denen daS Lesepublikum nur ein fragmentarisches Interesse zu widmen sich geneigt zeigen konnte. Der Effekt der lang wierigen Diskussionen war schließlich der, daß die 26 Re solutionen zum Reichsamt des Innern, die der Gegenstand dieser Auseinandersetzungen waren, infolge der Beschluß unfähigkeit des Hauses einfach unerledigt auf der Strecke blieben, wodurch sich denn der Reichstag über die Nutz- und Fruchtlosigkeit dieser Art von Bemühungen um sozialpolitischen Fortschritt selbst die Quittung aus stellte. Die verschwendete Zeit ist um so mehr zu beklagen, als bekanntlich bei Nichteinhaltung des verfassungs mäßigen Termins für die Erledigung des Reichsetats allerlei praktische Schwierigkeiten und Nachteile ent stehen, die eine Wiederholung des letztjährigen Vorganges im höchsten Grade unerwünscht erscheinen lassen. Hoffent lich entspricht also das Plenum des Reichstags der Erwartung des Seniorenkonvents, der seiner Ueberzeugung dahin Ausdruck gab, daß das Pflichtbewußtsein, die Würde und daSAnsehen des Reichstags die rechtzeitige Fertigstellung des Etats gemäß Artikel 69 der Verfassung erfordern. Die „Deutsche Tageszeitung" gibt gleichfalls eine sehr wohlwollende Ordre auü. Sie rät, den Reichstag vor Psingsten zu schließen; auf die Durchberatung des Börsengesetzes solle verzichtet werden, aber die beiden Militärpensionsgesetze könne man vielleicht noch er ledigen. * Preussischer HanS- und Grundbesitzertag. Der dies- jährige preußische Haus- und Grundbesitzertag, der am Sonnabend in Berlin begann, tagt zum ersten Male losgelöst vom Deutschen Haus- und Grundbesttzerverbande, der in Bayern zusammentreten will. Der Vorsitzende, Iustizrat Dr. Baumert aus Spandau, geht in seinem dem Verdanbstage vorgelegten Jahresberichte auf eine Reibe Fragen von allgemeiner Bedeutung ein. Er erwähnt zunächst den WohnungSlonareß und meint, daß dort von neuem fest gestellt worben sei, daß das Privateigentum am Grund und Boden und den Gebäuden kein Hindernis grund für eine ausreichende Befriedigung des Woh nungsbedürfnisses bilde. Der Verbandsvorsitzende hat besonders auf die Notwendigkeit hingewiesen, den Klein- Wohnungsbau und die Entstehung von kleinen Häusern durch die Schaffung von Pfandbriefinstituten zu för dern und dies besonders auch als eine Aufgabe der Landes versicherungsanstalten bezeichnet. — Um auch fernerhin mit dem „Deutschen Verein für Wohnungsreform", der aus dem Verein „Reichswohnunstsgesetz" entstanden ist, in Fühlung zu bleiben zwecks gemeinsamer Arbeit in der Wohnnngssrage, beantragte der Preußische Landesverband seine Aufnahme in den Verein. Dieser Antrag ist durch Schreiben vom 27. Oktober 1904 abgelehnt worden, was zu 'der Behauptung ausgenutzt wird, daß die Organisation des städtischen Grundbesitzes noch straffer, einheitlicher und lückenloser werden müsse. Ferner protestiert der Bericht gegen den von der evangelischen Generalsynode angenommenen Kirchensteuer-Gesetzentwurf, der von der Regierung genehmigt und nunmehr dem Landtage zur Beschlußfassung unterbreitet worden ist. Nach diesem Ent wurf ist es zulässig, die Kirchensteuer nicht nur wie bisher in Form von Zuschlägen zur Siaatseinkommensteuer, sondern auch als Zuschlag zu den Realsteuern, insbesondere der Gebäudesteuer zu erheben. Die Annahme dieses Gesetzes durch den Landtag wird als eine neue im höchsten Grade ungerechte steuerliche VorauSbelastuna des städtischen Haus besitzes bezeichnet. Die Reformversuche einzelner Staaten und Gemeindeverwaltungen, insbesondere die Absicht, eine Konjunkturgewinnbesteuerung einzuführen, haben es den Herren als angezeigt erscheinen lassen, die Steuer frage auf dem Landesverbandstag zu behandel». — Der Bund deutscher Bodenreformer hat unterm 6. September eine Petition, welche sich gegen die Beleihungen von unbe bautem Boden durch die Hypothekenbanken ausspricht, überreicht und den Landesverband ersucht, diese Petition zu unterstützen; man hält es für geraten, sich dem Vorgehen der Bodenreformer vorläufig nicht anzuschließen. Die HauS- und Grunbcsitzervereine sollen noch mehr zur Gründung von Kreditgenossenschaften veranlaßt werden. — Eine Gelegenheit zu weiterem Ausbau der eigenen Versicherung für Hausbesitzer würde sich besonders auch auf dem Gebiet der Wasserleitung«- schädenversicherung bieten. — In die Mittel- standSverelnigung ist Iustizrat Dr. Baumert al» Vorstandsmitglied gewählt worden. * Versicherung gegen Arbeitslosigkeit. Bekanntlich wird im Kaiserlichen Statistischen Amt eine Denkschrift über die bisher getroffenen Einrichtungen zur Versiche rung gegen Arbeitslosigkeit und über die damit erzielten Er gebnisse ausgearbeitet. Diese Arbeit wird auch eine um fassende Darstellung des gegenwärtigen Standes der orga nisierten ArbeitSvermittelung im Deutschen Reiche enthalten. Sie wird, nach den „P. N.", dem Reichstage voraussichtlich in der nächsten Tagung vorgelegt werde»
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