01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.01.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070111012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907011101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907011101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-01
- Tag1907-01-11
- Monat1907-01
- Jahr1907
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Jahrgang. var Aicdtlgsle vom läge. * Die sozialdemokratische Wählerversammlung, in der Herr Lange sich als Kandidat der revolutionären Partei vorstellen und auch der Kandidat der bürgerlichen Parteien, Herr Just,,rat Dr. Jurick, reden wird, findet nicht Sonnabend, sondern schon heute, Freitag abend, 8'/» Uhr in der Alberthalle statt. Zahlreicher Besuch von Anhängern der bürgerlichen Parteien, die heute von 10 Uhr vormittags an im VolkshauS sZeitzer Straße) Eintrittskarten erhalten können, ist erwünscht. (S. Näheres in 2. Beilage.) * Herr Justizrat Dr. Haber veröffentlicht auf unsere Bitte L,e Ausführungen, die er der der Wählerver- sammlung am 8. Januar in der Diskussion gemacht hat. (S. 3. Seite der 1. Beilage.) * Prof. Koch gibt einen neuen Bericht über die Schlafkrankheit. (S. 3. Seite drS Hauptblattes.) * Der Verein für Sozialpolitik hält seine nächste Generalversammlung im Oktober i- Magde burg ab. * Im französischen Senat wurde Antoine Dubost mit 221 Stimmen zum Präsidenten wieder» gewählt. — Die Kammer wählte Henri Brisson mit 338 Stimmen wieder zum Präsidenten. * Der französisch« JustizminiOer hat einen Gesetz entwurf eingebracht, wonach die Paragraphen, welche die Behinderung Arbeitswilliger durch Streikende mit Strafe belegen, ab geschafft werde». beeller uns VMrirre. Ter Beruf der Handelsschifssoffizier- ist recht eigenarti ger Natur. Nur mit einem, anscheinend ganz andersartigen, .Beruf, mit dem des Redakteurs, hat er vieles gemein. Die Offiziere der Handelsmarine wie die Redakteure find zu allermeist Angestellte einer kaufmännischen Firma. sFälle, in denen Kapitäne ihr eigenes Schiff führen und Redakteure rhr eigenes Blatt redigieren, find sehr selten und haben auch dann meist Miniaturverbältniffe zur Voraussetzung.) Und trotz dieses Privatangcstclltencharakters werden an beide Berusskateqorien in Ebrcnvunklen Anforderungen gestellt, die weit über jede nach irgend einem Gesetzbuche eines Kul turlandes mögliche Verpflichtung eines privaten Angestell ten hinausgehen. Ter Redakteur sol sich vor Gefängnis mauern nicht fürchten, wenn zum Beispiel die Preisgabe des Nedaktionsgehcimnisses von ihm verlangt wird. Der Kapitän soll als letzter sein sinkendes Schiff verlassen — wenn er es überhaupt verläßt. Und er verläßt es häufig nicht. Das jüngst« Opfer dieser spezifischen Standesehre der Offiziere der Handelsmarine ist Kavitän Brunswick ge worden, der Tüchtigsten und Bravsten einer, der Führer deS Touristendampsers „Victoria Luise" der Hamburg-Amerika Linie. Wie dieser Mann in seinem Berufe auigin«, wie er sich selbst und damit seinen Stand über das übliche Niveau hinaunarbeitete. das Var vorbildlich. Und als er oben war, erschoß er sich. Sain Schiff scheiterte, mit ihm ein Men schenschicksal. Psychologisch ist gerade dieser Fall ganz taqes- bell. Wer den Mann gekannt bat und die beruflichen Ver hältnisse kennt, hat hier keine Rätsel zu raten. Auch daS Streben der Reeder, besonders der größeren, die w"''*-"'-? schonend o-^n-ff-ren, die an systematischen Offi- zierSematz denken, ist schon Ht einiger Zeit auf Schärfung des Ehrgrühls ihrer Offiziere gerichtet. Erst in den letzten Jahren freilich ist man dazu übergegangen, die dornenvolle Vorbildung der Offiziere älteren Typs zu modernisieren durch Einstellung von Kadettenschiffen. Wie weit diese Be strebungen Erfolg haben werden, ist heute noch riiczff zu sagen. Einiaes spricht jedenfalls auch gegen sie. Daß alte Seebären die „Verzärtelunasschiffe" verurteilen, nur neben! ei. Aber es scheint doch auch, daß der ganze Berni durch diese moderne Vorbildung leicht in noch größere Abhängigkeit von einigen wenigen größeren Reedereien geraten kann, als dem einzel nen Offizier später lieb sein mag. Aber es ist leicht erficht- lich, daß die Schiffseigner sehr lebbast an einem Offizier- korps mit strengem seemännischen Ehrenkodex interessiert sind. Und sind auch ihm Motive naturgemäß mit Erwerbs- rücksichten verquickt, so soll doch nicht verkannt werden, daß im Effekt ihr Streben mit dem der Handelsschifssosfiziere selbst in diesem Ehrenpunkte wenigstens solidarisch ist. Eine weitere Förderung der sozialen Entwickelungstendenzen ist dem Offiziersstande der Handelsmarine von kaiserlicher Hand zugedacht worden. Seit mehreren Jahren haben die jenigen Kapitäne der Handelsmarine, die gleichzeitig in einem Offiziersverhältnis zur Kriegsmarine stehen, das Recht, in der Flagge das Eikern« Kreuz zu führen. Es sollte alw eine Art militärische Elite unter den Handelsschiffs offizieren geschaffen werden. Und sicher ist es auch gelungen, den so ausgezeichneten Offizieren eine Vorzugsstellung zum mindesten bei den größeren Reedereien zu erobern. Immer hin mag einem kreieren Blick manches an dieser Ueber- trogung militärischer Begriffe und Sitten ins bürgerliche Leben bedenklich erscheinen, selbst wenn man zugeben darf, daß die Reserveossi,ierSwabl bei der Kriegsmarine sich unter wesentlich anderen Umständen vollzieht, als im Heere, in dem noch immer der Sohn auch des ehrsamsten Schuhmacher innungsmeisters nicht Offizier werden kann. Trotz mancher konservativen Reibungen unter de» Handwerkern und trotz aller Mittelstandsfreuudschaft der Regierungen. Wer sich über die Wirkung der kaiserlichen Auszeichnung informieren I will, darf natürlich nicht nur die Ausgezeichneten selbst oder I die großen Reedereien befragen, die nur Reserveoffiziere I einstellen. Jedenfalls ist nicht zu bestreiten, daß in manchen Einzlsällen Härten und unverdiente Zurücksetzungen die Fol gen her Einführung der Sonderflagge sind. Was es gerade jetzt nützlich erscheinen läßt, sich mit Be ruf und Stand der Handelsschifssosfiziere zu befallen, ist der Konflikt zwischen dem Verein Hamburger Reeder und dem Verein deutscher Kapitäne und Offiziere der Handels- marine. Es handelt sich hierbei um eine Art Kompetenz, konslikt. Die Reedereien Vollen auch manche Details des Dorddienstes reglementieren, während der Offiziersverein dies Recht seinen Mitgliedern Vorbehalten will. Doch schließ lich ist das nur der äußere Anlaß. Der eigentliche Grund ist doch wobl der. daß die Tendenzen der beiden Vereine an einigen Stellen auseinandergehen, daß die Offiziere sich eine größere Unabhängigkeit reservi«ren oder erkämpfen wollen, als die Reeder ihnen zuaesteben möchten. Ein Urteil über den äußeren KonfliktSanlaß abzugeben, fühlen wir uns nicht berufen. Wohl aber läßt sich über den Konflikt selbst und über die beiderseitige Kompfesweise manches sagen. Daß di« Reeder voränfig die größere Macht baden, daß sie kapi- talkrästiger sinh und genügend Ersatz heranzieben können, ist sicher. Aber im wohlverstandenen eigenen Interesse der Reedereien liegt auch die höchste Zuverlässigkeit und die ruhigste Gemütsstimmung ihrer Offiziere. Und eS ist schwer zu verstehen, daß dieselhen weitsichtigen Reedereien, die kür den peniblen Ebrenkodex ihrer Offiziere gutes Ver ständnis gezeigt Isivben, nun die systematisch gesteigerten Ehr begriffe ihrer Offiziere nicht in Rechnung stellen. Der Fehler der Reedereien scheint unS in einer zu weit gezogen» Parallele mit d«n Verhältnissen der Kriegsmarine zu liegen. Aber die absolute militärische Disziplin findet doch nur ihre letzte Rechtfertigung in vaterländischen Motiven, die auch die feudalsten Reedereien nicht ^ür sich ansühren können. Deshalb sind Abweichungen 'n der Disziplin der Handels und der Kriegsmarine natürlich. Und die Vertretung sve- zffller Standesintereffen. eventuell auch <egen die Reede reien, ist ein staatsbürgerliches Recht, das einsichtige Unter nehmer nicht erst in Frage 'testen sollten. Insbesondere ge fällt es uns nicht, wenn Unternehmer so schnell mit der Be zichtigung sozialdemokratischer Tendenzen bei der Hand sind, sobald sich bei ihren Angestellten eine StandeSbewegung be- merkbar macht. Das hat sich schon öster als übelangebracht erwiesen. Und es zeugt auch nicht von Weitblick, wenn man die Offiziere der Handelsmarine zur Ueberwindung deS gesunden Korpsgeistes bringt. Unterschrift und Ehrenwort find gerade in solchem Kampfe zweischneidige Waffen. Der Begriff des Streikbrechertums ist nun einmal da. Er hat in den Kämpfen ärztlichen Standes seine Rolle gespielt und dürfte auch aus dem Konflikt der Reeder mir den Offi zieren schwer auszuschaffen kein. Das alles möchten wir den Reedereien, die ibrer nationalen Verdienste wegen auch im Binnenlande große Sympathien haben, gern zu bedenken geben. Es ist wirklich beklagenswert, daß Erfahrungen nicht übertragbar sind. Heute hat das Schiffahrtsgewerbe dieselbe Entwickelungsstufe zu überwinden, die glücklicher weise schon ein gut Teil hinter den vordersten Industrien des Deutschen Reiches liegt. Diese Industrien sind nicht zugrunde gegangen. Und auch die Reedereien werden zu prosperieren verstehen, auch wenn sie ihren Angestellten das Koalitionsrecht zugestehen. Auf der anderen Seite wird man von den Offifferen erwarten dürfen, daß sie alle Aus schreitungen vermeiden, wobei r.atürlich nur an Erzeffe des Ästigen Kampfes gedacht wird, und daß die notwendige ge meinsame Arbeit mit den Reedern ihrem Kämpfen und Streben immer Ziel und Grenze steckt. Beide Parteien aber mögen sich wobl bewußt bleiben, daß eine der wichtigsten Quellen ihres Ansehens und ihrer Bewertung im deutschen Volke dem Rest von Romantik des seemännischen Berufs entspringt. Möchten sie dieses wertvolle Gut nicht leicht fertig aiffs Spiel setzen durch gröbliche Materialisierung ihres Konfliktes. knglanä u»<I ftiirrlana i» Hkgbaimtan. kV on unserem Londoner Korrespondenten.) Die englische Politik an der Nordwestgrenze Indiens hat soeben den größten Fortschritt gemacht, der ihr seit 26 Jahren, seit den Siegen Lord Roberts von Candahar, beschießen gewesen ist. Sir Edward Grey kann sich eines Erfolges erfreuen, den nvch Lord Lansdowne vorbereitet hat. Lansdowne, der einzig wirklich große Staats- mann, den England augenblicklich für das Auswärtige besitzt, hat gerade für die ostasiatische Politik eine Vorbil dung mitgebracht, di« sich bereits als außerordentlich frucht- bar erwiesen hat und noch weit mehr erweisen wird, eine Vorbildung, die ihn geradezu zrm Geschick Englands gemacht hat. Carlyle hat nicht mit Unrecht gesagt, die Größe der englischen Geschichte dokumentiere sich darin, daß in den kritischen Momenten immer solche Männer das Ruder er greifen. Lansdowne war von 1888 bis 1893 Vizekönig von Indien in einer der schwierigsten Epochen d:r osffbvni'chcn Politik Englands. Don 1895 bis 1900 war er Kriegs minister. Seine persönlichsten Erfahrungen befähigten ibn also, das indisch-russische Problem von seinen beiden Seiten anzusgssen. Die Seit«, von der er es als Krieqsminist«r on'aßte, beißt Kilchener, dessen Programm er auch gegen seinen Kollegen Vrodrick durchsetzte. Seine diplomatische Arbeit kam m der Sendung des britischen Residenten für die Mahratta-Staaten, des Obersten Younghusband, nach Tibet und in dem vor genau 2 Jahren erfolgten Besuch des afghanischen Thronfolgers in Kalkutta zur öffentlichen Kenntnis. Dem Thronfolger ist nun der Emir selbst gefolgt. Im Zusammenhänge mit der Politik, die Lansdowne in Arabien und Persien verfolgt hat — unterstützt, wie in seiner ganzen indischen Politik, von Lord Curzon— und die in den englischen Fortschritten in Kuweit und in Teheran zutage tritt, ist dieses Ereignis von der allergrößten Be deutung. Nach Roberts Sieg bei Candabar im September 1880 wollte der energische und weitblickende indische Vizekönig Lord Lytton den Süden von Afghanistan annektieren, um einen wirksamen Schutz der indischen Nordwestgrenze gegen das Vordringen Rußlands zu erhalten. Daß Gladstone Lord Lytton abberief und die enalischen Truvven zurückwg, war ein Fehler, der hisher die Grundlage aller englischen Verlegensten im Osten bildete und auch Großbritanniens europäische Politik ganz über Gebühr beeinflußt. Er führte direkt zur Besetzung Turkestans durch die Russen, brachte England schon damals rast mm Kriege mit Rußland, mochte die meisterhafte Kampagne nach Chitral im ersten Jahre von Lansdownes indischer Verwaltung nötig und zwang Groß britannien, die größte Armee seit der indischen Rebellion zur Niederwerfung der Afridis und der übrigen Gebirgs stämme an der afghanischen Grenze zwei Jabre hindurch mit den größten Opfern unter den Waffen zu halten. Die Siche rung Indiens an der cffabanischen Südost- und Ostgrenze und der turkestanischen Südgrenze ist die große Leistung Kitcheners in den beiden letzten Jahren, die Mobilisations bereitschaft der britischen und eingeborenen Armeen in In dien gegen russisch-cffgbanische Vorstöße über die Paffe dieser Grenzen der Inhalt seiner Neformarbeit im Vizekönigtum selbst. Während Rußlands Ausbreitung in ^-ntralasien verfolgte Großbritannien die Politik „meisterhafter Jnakti- vität". Ende der sechziger Jahre schrieb Sir Charles Dilke in seinem Buche „Greater Britain": „Indien selbst, nicht Rußland, ist unsere Gefahr, und unsere Aufgabe ist mehr Versöhnung als Unterwerfung." Die erste Hälfte dieses Satzes hat Lansdownes Tätigkeit als Vizekönio in Anspruch aenommen: aber er bcffte noch zu „unterwerfen": sein Nach folger Curzon führte in seiner ersten sünffährigen Verwal- tnnqsveriode dann die Politik der Versöhnung durch, viel te,^! etwcs ,u weit gcht.rd, da eines ihrer Ergebniye die vorzeitige indische Selbstverwaltung Bewegung ist, die man übrigens auf dem Kontinent überschätzt, wenn man ihr ernst lich illoyale Absichten unterschieb. Im zweiten, kurzen Amtstermin Curzons und unter der Verwaltung des Aus wärtigen Amtes durch Lansdowne setzte dann, während Ruß land durch den japanischen Krieg und seine Folgen in An spruch genommen war, die Periode meisterhafter Aktivs- t ä t ein. Curzon unternahm leine arabische und südpersische Reffe: in Persien selbst wurde die konstitutionelle Bewegung entmacht: der Bündnisvertrag mit Japan verpflichtete dieses, eventuell Englands indffcbe Westgrenze gegen Persien und Afganistan, das heißt gegen Rußland, zu verteidigen. Die Tibetexpedition zeigte Rußland die Möglichkeit eines Offen sivkrieges an der turkestanischen Grenze. Die hieraus her vorgehende kolo^f» pes russischen Ansehens fand sofortigen Ausdruck in dem Besuch des afghanischen Thronfolgers im Governement House zu Kalkutta, wo der glänzendste der indischen Vizekönige. Lord Curzon, den ganzen märchenhaften Pomp des Kaisertums aufbot, nicht ohne tiefen Eindruck aus den Prinzen zu machen. Aber noch traute Abdurrbaman seinen alten Freunden, den Russen, deren Macht er ^885 und 1895 in den turkestani schen Grenzkonflikten erfahren hatte, mehr. Er hatte im Jahre 1880 mit England einen Silbsidienvertraa geschlossen, demzufolge ihn Großbritannien gegen jeden russischen Ein marsch zu schützen hatte. Aber dieser Vertrag ist bis Heul- Papier geblieben. Abdurrbaman lvar durch die englische Annexionspolitik ängstlich gemacht. Er erhob niemals die Subsidien, er gestattete weder den Bau von Bahnen noch Telegraphen, gegen welche die Gebirgsstämme ohnehin in religiösem Fanatismus rebellierten, und noch weniger ge stattete er die Anwesenheit britischer Kartographen oder Armeeinstrukteure. Er erlaubte nicht einmal die Anwesen heit eines britischen Residenten in Kabul, und als nach dem Besuche des Kronprinzen in Kalkutta eine britische Mission nach Kabul aufbrach, wurde sie zwar höflich aufgenommen, kam aber nicht zum Ziel. Dieses Ziel war die Ausführung des Vertrages von 1880, die Verbarrikadierung des russi schen Anmariches auf Indien. Ter Emir lieh indessen ruf- fischen Beratern sein Obr, besuchte Rußland und nahm mit Rußlands Zustimmung den Königstitel an, so seine Selbst ständigkeit maskierend. Daß England diesen Titel bisher nicht anerkannte, das Wachsen des britischen Einflusses in Persien, die ernste Ar beit Kitcheners an der afghanischen Grenze, die Lehre von Tibet, die Untätigkeit Rußlands diesen englischen Fortschrit- ten gegenüber, und wohl auch die Erwägung, daß unter der liberalen Regierung England in Indien genug innere Re formarbeit vorfindet und nickst an Annexionsgelüst« denken kann, hat einen vollständigen Umschwung in Kabul hervor- gebracht. Diesen Umschwung sicher gestellt zu haben, ist das persönliche Verdienst Lord Mintos, des gegenwärtigen indi schen Vizekönigs. Der Emir hat die britische Grenze über schritten: er ist dort von einer Depesche König Edwards be- grüßt worden, die ihn „Majestät" anredet, also seinen köniq- lichcn Titel anerkennt: in seiner Antwortdepesche hat Abdurrbaman, selbst ein alter tüchtiger Soldat, den vorzüg lichen militärischen Eindruck anerkannt, den die reorgani- fierten Grenzbesatzungen auf ihn gemacht haben: er hat ein Geschenk von 2000 Guineas angenommen, worin man den Vorläufer der Annahme von Subsidien erblicken darf: die Parade über Highlandcr und die schwarze Wache, zwei schot- tische Elitetruppen, womit ihn Kalkutta empfing, bat sein Soldatenherz vollends bezwungen. Die aus Anlaß des Be suches erfolgte Installation der drahtlosen Telegraphie nach dem von Sir Oliver Lodgc erfundenen und Dr. Muirhead i bearbeiteten System über den miliiäriich wichtigsten, den I Khyber Paß, nach Kotal und Peshawar löst die Telegraphen- 1 frage. In der Bahnenfrage ist England weit eher zum Tem- porisieren bereit, und von her Modernisierung der recht tüch tigen afghanischen Armee ist einstweilen nnr in der Form die Rede, daß ein paar britische Offiziere an den Emir „ver- borgt" werden sollen. Die indische Negierung hatte in den letzten Jahren die Steisnackigkeit des Emirs damit beani- wortet, daß sie die Waffeneinfuhr nach Afghanistan verbot: da auch Rußland die Waffeneinfuhr praktisch nach Kräften ver hinderte, so war der Emir in einer sehr ungünstigen Lage und ist offenbar jetzt zu Zugeständnissen bereit. England wünscht aber die Diskussion dieser Frage bis zur dauernden An wesenheit eines britischen Residenten in Kabul zu vertagen, das heißt, es bringt eben zwei Pferde auf einmal ins Rennen. Die Lösung der afghanischen Frage ist also bevorstehend. Das liberale Kabinett Bannerman sieht die Fehler des Kabinetts Gladstone der Ausgleichung entgegenreifen. Da mit wird die Sicherung Indiens «egen einen russischen Ein- marsch vollendet, die persische Stellung Englands gestärkt: Großbritannien, dos Indiens Sicherung von der Seeseile durch den Ausbau Singapores zu ein«m ersten Kriegshasen in Angriff genommen hat, wird von Japans Allianztreue unabhängiger, und befindet sich auf dem geraden Wege zur maßgebenden Vormachtstellung in Süd- und Aentrastrfieu, während es im Osten diese Stellung mit Japan einstweilen noch teilt, dos „Erwachen Chinas" ober durch sein« Nach giebigkeit in der Frage der Zollverwaltung und anderer Re formen begünstigt. Im nahen Osten rückt di« Bagdodbahn- frage in eine neue Beleuchtung. Vom russischen Alp in Zen tralasien befreit, mit Persien und Afghanistan unter seinem Patronat, mit den starken Strcffgarnisonen in Aegypten, kann England in Konstantinopel eine stärkere Sprache füh ren, als noch vor kurzem; in der Frage der türkischen Zoll- reform, in der Anerkennung des von England befürworteten Nationalitätsgedankens in Makedonien durch Aehrenkhal und Tittoni ist das bereits zum Ausdruck gekommen. Die kleinasiatische Ueberlandroute ist nicht mehr das Schreck- gespenst für die indische Herrschaft, wenn man sie von Per- sien, von Kowcit überwachen kann, und wenn sie für Ruß land unbenutzbar geworden ist. Hierauf ist dann euch die Tatsache zurück führen, daß England gegenwärtig dem Fortbcru der Bahn unter französischer und englischer Be teiligung günstiger gesinnt ist, als seit langem, ja daS Ge- schaff jetzt, m dem ihm vorteilhaftesten Augenblick -um Ab schluß zu bringen sucht. * Gestern vormittag stattete der Emir von Afghanistan in Agra dem Vizekönig Earl of Minto einen formellen Be- such ab. Ter Vizekönig geleitete den Emir zu dem silbernen Throne in der Audienzhalle, in der sich Lord Kitchener und viele andere hervorragende Persönlichkeiten eingefuuden hatten. äem Leben Ser verrksrbenen Königin Marie. Ein langes, von Glück und Unglück reich bedachtes Leben einer deutschen Fürstin hat mit dem Tode der ehe ¬ maligen Königin Marie von Hannover sein Ende ge- funden. Ihre Wiege ftaud in Hildburghausen, wo sie als das älteste Kind des Herzogs Joseph sn i ch t des Herzogs Georg) von Sachsen-Altenburg geboren wae, eines Onkels des jetzt regierenden Affen burger Herzogs, während ihre Mutter eine württembegische Prinzessin gewesen ist. Ihre Jugend verfloß in harmloser Fröhlichkeit und die einiache Erziehung ließ sie zu der schlicht bürgerlich denkenden Fürstin werden, als die sie sich auf dem Königsthron gezeigt hat. Am 15. April 1842, ai- die Prinzessin gerade 24 Jahre geworden war, wurde rhrc Verlobung mit dem Kronprinzen Georg von Hannover amtlich bekannt gegeben, die durch die engen vcrwandtcha''- lichen Beziehungen zwischen dem hannoverschen Königshaus und dem Dachsen-Altenburgiichen Hof vorbereitet war. Tic Vermählung sand am 18. Februar 1818 statt, nachdem die Prinzessin am Tage zuvor einen glänzenden Einzug in d e Residenzstadt Hannover gehalten hatte. Jahre stillen Ehc- glücks folgten nir das junge Paar, das den Neigungen der Prinzessin entsprechend allen rauschenden F-üliäff iten ar- hold in einfacher Zurückgezogenheit lobte. Im September 1845 wurde dem jungen Fiirftenpaarc ein Sohn, der jetzige Herzog von Cumberland, geboren, in den folgenden Jabren nvch zwei Töchter, Friederike, 1848, und Mary, 1819. D e ihrem Gemahl die zärtlichste Gattin, so war die Königin ihren Kindcrn die sorgsamste Mutter. Was die Kronprinzessin in den bescheidenen Räumen deS Fürstenho'eS gewesen war, blieb sie auch, als der Tod Ernst Augusts ihren Gemahl im Jahre 1851 aus den Königsthron rief: die getreue Gattin und Mutter. In den kleinen Zirkeln, die die Königin so gern um sich versammelte, be wegte sie sich frei und ungezwungen. Den ganzen Zauber ihrer liebenswürdigen und bei aller Frömmigkeit ^>c>ch froh- sinnigen Natur entfaltete sie an den abendlichen Teezirkeln, wo sic ihres Amtes als Wirtin in anmutigster Weise waltete. „Die Königin", schreibt ein häufiger Teilnehmer dieser Zirkel in seinen Lobenscrinnerungen, „war damals offenbar die wahre Schönheit des ganzen Hofes, eine königliche Gestalt, ihr Antlitz strahlend, von Güte und Anmut, dessen Ausdruck sich auch in der Unterhaltung nicht verleugnete und bei ihrer Umgebung Vertrauen und Verehrung erweckte." Auch in den Werken der Humanität und christlichen Frömmigkeit war sie eine wahre Landcsmutter. Ihr Name ist für immer mit dem von ihr begründeten, zu reicher Blüte gelangten Henriettensüft verknüpft und ihre Wohltätigkeit war weit hin bekannt. Weniger zufrieden tvar man in dem Lande mit der Ab neigung der Fürstin gegen die Erfüllung der Repräienta- rionspflichten, und die Hofgesellschaft vermißte bei ihr ein« willige Unterordnung unter die Hosetikette. So war sic besonders Besuchen an fremden Fürstenhöfen abgeneigt, und Besuchen fremder Fürstlichkeiten in Hannover ging sie gern aus dem Weg. Sie hat dadurch zweifellos mit bcigctragen zu der Entfremdung zwischen dem welkischen und dem preußischen K'önigdhof; widersetzte sie sich doch auch mit Er folg einer Heirat der Prinzessin Friederike mit einem preußischen Prinzen, dem späteren Regenten von Braun schweig. Mag dies die Mn1l«r ehren, di« für ihre Tochler
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