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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.01.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070117017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907011701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907011701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-01
- Tag1907-01-17
- Monat1907-01
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Dar McMigrke vsm läge. * Das Resultat der gestern in Gnesen vorgenommenen Bori'chlagewabl iür die Besetzung des erzbischöflichen Stuhles von Posen und Gnesen war, daß der Regie rung folgende K eriker vorgeschlagen werden sollen: Weih- biichof Dr. LilowSki, Domherr KloSle, Regens Dr. Iedziuk und Graf Panin Ski. (S. Art.) * Die «Nord». Alkg. Ztg." veröffentlicht einen zweiten Artikel .Zar Klarstellung" unter dem Titel: Herr Erzberger. (S. 2. Beilage.) - Der Stadtauflage dieser Nummer liegt die Erste Wahlrede des Herrn Justiziars Dr. Junck, vom 8. Januar, im Abdruck bei. * Die schwedische Arbeitgebervereinigung stellte iu ihrer heutigen Generalversammlung der Zentral organisation der Fachvereiue ein Ultimatum zur An nahme des Einigungsprogramms. Wird dieses abgelehnt, so tritt am 28. Januar die allgemeine Aussper rung ein, die 70000 Arbeiter betreffen würde. (S. Letzte Dep.) * In Minsk wurde der Kommandeur des Artillerie- Palkü Bjelo winzew auf der Straße erschossen. (S.AuSl.) * Graf Appouyi regt internationale Verein barungen gegen die angebliche Ueberbürduug im höheren Schulwesen au. (S. AuSl.) * Nach den neuesten Meldungen sollen bei dem Erdbeben iu KingSion 400 P.rsonen getölei und über 1000 verwundet worden jriu. (S. Neues a. a. Welt.) staiviläten. Die Dahlbewegung ist für den Kulturforscher eine ein- ziqe große Fundgrube. Wohin er blickt — Kostbarkeiten. Um so kostbarer, je weniger sie Raritäten sind. Denn Aus nahmen sprechen zwar nicht gegen die Regel, beweisen aber auch nichts. Kulturhistorisch wertvoll dagegen sind Er scheinungen, Einrichtungen. Ansichten an sich schon dann, wenn sie weit verbreitet sind. Tahin gehört zum Exempel die feste Ueberzeugung, daß der Journalismus lein Beruf, sondern eine Beschäftigung ist. die zum mindesten jeder Aka demiker ausüben kann, das heißt, wenn er sich dazu Herder» läßt. In allem Ernst — so ist cs. Es herrscht eine ganz abenteuerliche Unkenntnis über das Zeitungswesen und über die journalistischen Produktionsverhältnisse. Und diese Un kenntnis erstreckt sich bis in die höchsten und verantwort lichsten politischen Kreise des Reiches. Ein Histörchen zum Beweise. Ten Schreiber dieser Zeilen fragte einmal ein hoch gestellter und einflußreicher Mann des politischen Lebens: „Ist das nickt sehr anstrengend für Sie, jeden Tag die langen Reichstogsreden zu stenographieren?" Und das fragte der Herr, nachdem zwischen beiden die Einleitung einer poli tischen Aktion von einiger Bedeutung verabredet worden war. Er verwechselte also in klassischer Harmlosigkeit den politischen Schriftsteller mit einem Bureaustenographen. In seiner Freude über die neue kulturhistorische Kostbarkeit unterließ es der Artikelschreiber mit Bosheit und Bedacht, den kleinen Irrtum auszuklären. Denn nach diesem Testi monium muß dahinter noch ein solcher Wust von phantasti schen Vorstellungen über Journalistik stecken, daß auch das längste Colloquium damit nicht hätte aufräumen können. Dieser wohlwollende, vorurteilsfreie und normal gebildete Mann war mit seiner Unkenntnis ein Typ. Diesem Umstande entspringen nun die auffälligsten Er scheinungen. manchmal ernster, manchmal komischer oder doch kurioser Natur. Daß es häufig die wichtigsten offiziösen Auslassungen an der jedem erfahrenen Journalisten in Fleisch und Blut übergcgangenen Vorsicht, an Kenntnis der publizistischen Verhältnisse und Wirkungen fehlen lasten, daß sie ost viel mehr Schaden anrichten, als sie überhaupt gut machen können, daran ist man gewöhnt. Auch daran, daß sie meistens schlecht geschrieben sind. Man gibt im amtlichen Berlin nichts auf literarische Form. Sonst müßten doch wenigstens die Thronreden und kaiserlichen Erlasse stets in gutem Deutsch abgefaßt sein. Nebenbei auch ein Kultur problem: Wie bringt man dem Staat Achtung vor der Muttersprache bei? Und wenn man sich an einer amtlichen Stelle zur Etablierung eines journalistischen Beirates und Vermittlers entschließt, so nimmt man natürlich meistens — keinen Journalisten. Braucht man medizinische, technische Berater, so nimmt man Fachleute. Für journalistische Zwecke hat man das nicht nötig. Dazu langt es schließlich noch bei jedem, der das Assessorexamen bestanden hat. Manchmal langt es dann freilich doch nicht, woraus dem mißbrauchten Beamten übrigens gar kein Vorwurf gemacht werden kann. Tenn, so neu und eigenartig das auch manchen Leuten klingen mag, Journalismus ist eine Art Kunsthandwerk, in dem auch die besäbigsten Jünger erst eine schnitzerreiche Lehrzeit durchmachen müssen, ehe sie es einigermaßen beherrschen. Tas Bewußtsein mag die Journalisten darüber trösten, daß man sie im amtlichen Berlin nicht sehr liebt. Auch das amt liche Journalistentum ist sich dieser betrüblichen Tatsache sicher bewußt. Folge: eS sucht sich möglichst zu bureaukrati- sieren. Sehr lehrreich ist in dieser Beziehung ein Besuch m oer Preßabteilung des Auswärtigen AmteS. Dort ist es einem in Berlin sonst wohlakkreditierten politischen Journa listen passiert, daß man ihn nicht melden wollte wegen Mangels an einem — Empfehlungsschreiben. Nur der zu- alligcn Intervention eines menschenfreundlichen höheren Be amten hatte der Mann es zu verdanken, daß er überhaupt an genommen wurde. Wenn cs der Journalismus bereits zu einem eigenen Schutzheiligen gebracht haben sollte, so muß der blutige Tränen geweint haben, als er sich so von einem Kollegen Bureaukratismus vergewaltigt sah. „Nun wohl, die Bureaukratie. Aber das große, moderne Berlin, die Gesellschaft, die Intellektuellen, sie wissen doch wohl den Journalismus einigermaßen richtig zu schätzen?" Mag sein, obwohl es Leute gibt, die es bestreiten. Aber wenn dieses Berlin auch den Journalismus schätzen sollte, o schätzt es doch die Journalisten nicht. Tas Berliner kolonialpolitische Aktionskomitee hat hundertvierzig Herren aus ganz Deutschland zu einer Sitzung im preußischen Herrenbause eingeladen. Nachher will man gemeinschaftlich im Palasthotel essen, wobei der Reichskanzler als Hundert- einundvierzigster eine politische Rede halten soll. Wenn man der Bedeutung der Presse bei einer solchen Aktion Rech nung tragen wollte, so müßten von den geladenen hundert vierzig Herren ungefähr hundert Preßleute sein. Wir glauben noch nicht, daß drei Journalisten geladen sind. Ta- ür aber überläßt das kolonialpolitische Aktionskomitee ihnen großmütig die kolonialpolitische Aktion. Denn erst durch Vermittelung der Presse wird die Aktion effektiv. Ohne sie ist die Versammlung im Herrenhause, daS Festmahl mitsamt der politischen Kanzlerrede nichts als ein Versuch, im luft leeren Raum zu rufen. Es handelt sich doch bei dem ganzen Unternehmen nicht um wirtschaftliche Ziele, sondern offen bar um nichts anderes als einen Einfluß auf die Wahlen. Sollte eS anders sein, so wäre man berechtigt, an dem ver nünftigen Sinne des Unternehmens zu zweifeln. Daraus ergibt sich aber, daß die ack boa zusammengetrommelten Kommerzienräte und Professoren nur Dekoration secn können, und daß die Fruktifizicrung der Kanzlerrede allein her Presse überlassen bleiben muß. Daraus kann jeder selbst eine Schlüsse über die Journalistenschähung der politischen Amateure des Aktionskomitees ziehen. Und auch aus das Verständnis für journalistische Arbeit läßt dies Ver hallen einen Schluß zu. Tie Leute wissen n.cht, daß dos Beste, was man einem Journalisten geben kann, Anregung beißt, und daß Miterlebcn anregender ist als Nachlesen. Es wäre gar kein so übler Gedanke, das so peinlich exklusive Aktionskomitee mit seiner Herrenhausversammlung und seinem exklusiven Mahl im Palasthotel in aller Bescheiden heit sich selbst zu überlassen. Jedenfalls würde es zur ver ständigen Abwägung politischer Realitäten erheblich bei tragen können. Lm Nachfolge Ztablemlris. Der erste Akt, um dem am 24. November 1906 in Posen verstorbenen Erzbischof D. Florian von StablewSki einen Nachfolger zu geben, hat sich gestern in Gnesen vollzogen. Die beiden Domkapitel der Diözesen Posen und Gnesen traten in Gnesen zusammen. Ihre Ausgabe war es, für die Vorschlagsliste, die der preußischen Regierung unterbreitet wird, die Namen wahlfähiger Kleriker zu nennen. Eine Ausgabe, die sich durch die scharfen Gegensätze zwischen Deutschtum und Polentum nicht leicht gestaltet hat, nament lich jetzt, wo die Wogen des Schulkampses immer noch nicht geglättet sind und die Kämpfe um die Reichstagswahl die Ge müter aufs äußerste erregen. Es muß denn auch schwer ge halten haben, eine Einigung für die Kandidatenliste zu er zielen. Wurde doch schon gestern vormittag bekannt, daß eine Vorbesprechung zu keinem positiven Resultat geführt hat. Und sieht man sich die Vorschlagsliste an, die schließlich als Resultat der Wahlhandlung hervorgegangen ist, so trägt sie ganz deutlich das Gepräge eines Kompromisses an sich. Von den vier vorgeschlagenen Kandidaten: Weihbischos Likowski, Domherr Kloske, Regens Iedzink, Graf Poninski, werden ausdrücklich der an erster und der an letzter Stelle genannte als Polen, die beiden anderen als Deutsche bezeichnet, wie wir auch schon gestern früh ver- merkten, als wir die wahrscheinlich in Betracht kommenden Herren aufzählten. Daß der Pole Litowski dabei an erster Stelle steht, bedeutet wohl nicht ein Ueberwiegen polnischer Neigungen. Wir hoben ebenfalls schon hervor, daß Likowski dem deutschen Domherrn auch genehm sein werde. Ob freilich auch der preußischen Regierung, daS wird sich erst in der Folg« zeigen. Das Wahrscheinliche ist wohl, daß die Regierung den Twmherrn Kloske bevorzugt. Er ist deutscher Nationalität, in Oberschlesien geboren, der polnischen Sprackw vollkommen mächtig. Zurzeit nimmt er die Stellung eines Regens des Priesterseminars in Gnesen ein. Seine Charaktereigenschaften haben ihn auch bei den Polen beliebt gemacht. Politisch ist er bisher nicht hervor getreten. Er ist noch ein rüstiger Herr in den fünfziger Jahren, war früher längere Zeit an der Posener Pfarrkirche ad Mariam Magdalenam als Vikar und zugleich auch als Religionslehrer an dem Marien-Gymnasium angestellt. Später war er Propst ,n Jackschwitz bei Hohensalza. In seiner jetzigen Stellung befindet er sich seit fünf Jahren. Gegen LikowSki spricht, auch wenn man von seiner pol nischen Abkunst absiebt, daß er schon im Alter von 78 Jahren steht. Gänzlich aussichtslos ist die Kandidatur des Grafen Poninski, eines ausgesprochenen Polen aus dem polnischen Hochadel. Dagegen würde wohl auch Dr. Jedzink, der gegenwärtige Regens deS Posener Priesterseminars, der Re gierung genehm sein. Er ist aus Draunsberg im Ermland gebürtig und gilt als ein Mann von deutscher Gesinnung. Hat also die Regierung nicht überhaupt die Absicht, die ganze Kandidatenliste zu verwerfen, um im Einvernehmen mit dem Vatikan eine Persönlichkeit ans den erzbischöflichen Stuhl zu berufen, die bisher nicht in der Provinz Posen i tätig war, so ist eS wahrscheinlich, daß ihre Wahl entweder lauf den Domherr» Llotck« oder auf den Regen» Dr. tJ«d»i»r füllt. vr. Iu»« uncl Sie SeamenMast., In die schöne Harmonie, die in allen bürgerlichen Par- teien Leipzigs über die Perwn des Reichstagskandidaten Dr Junck kermckt. wird zu unserem größten Ersannen von einer Seite Mißstimmung gebracht, von der wir es am allerwe U- sien erwartet hätten. Es ist die „Leiv-igen Beamten- Zeiiung", jetzt Deutsche Beamten-Zeitung", die sich als Organ für die Gemmtinleressen oer Reichs-, Staats- und Gemeindebeamlcn bezeichnet. In der Nr. 2 dieser Zeitung vom 12. Januar lesen wir Auslassungen, die einen ausmerksamen Beobachter stutzig machen müssen. Wir können der Beamtenschaft nur anratcn 'ich diese Ausführungen genau anzusehen, und sie wird dann den Pferdefuß ebensogut merken wie wir. Zunächst be- schäftigt sich das Blati mit der Person des Kandidaten Herrn Dr. Junck. Es heitzt dort: Herr Dr. Junck sprach. Für alle hatte er etwas, sogar für den Mittelstand, für die Bauhandwcrker für die Handlungsgebilien, für die sozialdemokratischen Tur- ner, und was Wunder, wenn da für die Beamtenschaft nichts, rein gar nichts übrig blieb! Man hat es eben heutzutage nicht mehr nötig, diesen Leuten Zugeständ nisse zu machen. Dl« kommen schon allein! Rot dürfen sie nicht wählen, ein nationaler Kandidat ist nur vor handen, die Behörden treiben die Wähler selbst zur Urne — weshalb ihnen da entaegenkommeu. Die Karre lau t von selbst. Man stellt die Herren Beamten also vorläufig beiseite und bedient sich ihrer, sobald man sie braucht! Herr Doktor, was einem angeblich am Herzen liegt, vergltzt man nicht. Am A Januar! Herr Justizrat Dr. Junck hat seine zweite Wahlrede gebalten und liebenswürdig auch der Beamten gedacht. Natürlich hat es erst einer vor- heriyen Interpellation seitens des Vorstandes vom Wahl verein der Feststbesoldeten bedurft, um ihm überhaupt einige Worte in dieser Sache abzunötigen. Wenngleich wir uns der Einigkeit der bürgerlichen Parteien freuen, und deshalb die Kandidatur Junck freudig begrüßen, wollen wir doch die Beamtenschaft unter keinen Umständen hintangesetzt sehen. Gerade sie sollte man nicht pist Achselzucken obtun. Es wäre jedenfalls Sache des Wahl ausschusses gewesen, sich mit den einzelnen Körperschaften in Verbindung zu setzen, um deren Wünsche kennen zu lernen. Sie sind mindestens ebenso berechtigt, wie die anderer wirtschaftlichen Bereinigungen und Körper schaften. Dir wollen uns über den Ton, der hier angeschlagen ist, nicht weiter auslassen. Dir verstehen es, wenn die Beamten es lieber aesiben hätten, daß Dr. Junck schon in der ersten Rede ihrer gedachte. Aber abgesehen davon, daß er in dieser Rede ausdrücklich hervorhob, er werde in den weiteren meden seine Stellung zu den einzelnen Fragen näber präzisieren, und wen..-, ab gesehen davon, daß Dr. Junck in seiner »weiten Wahlrede am 8. Januar seine Ansicht zu den wichtigsten Fragen sDe- amtengebälter, Pensionen und Hinterbliebenensürsorgei in einem der Beamtenschaft durchaus günstigen Sinne beant wortet bat, sollte doch der »Leipziger Beamten-Zeitung" als einem Blatt, bei welchem man Kenntnis der kommunalen Vorgänge voraussetzen kann, die Tätigkeit Dr. Juncks im Stad>varlament bekannt sein. Seine Beamtensrcundstchkeit und sein warmes. Herz für die Bedürstrisse dieser Staats bürger ist über ieden Zweifel erhaben. Die Gemeinde beamten, namentlich die Schutzleute, werden genau wissen, wie warm Dr. Junck für eine Ausbesserung der Bezüge dieser Beamten einaetreten ist. Befürchtungen nach dieser Richtung hin waren also durchaus unnötig. Das ist aber nicht der Hauptgrund, weshalb wir uns mit der »Leipziger Beamten-Zeitung" beschäftigen müssen. In einem Artikel, „Wahlkampf" überschrieben, wird Stel lung genommen gegen eine Abhandlung, die ein Post sekretär aus Sachsen in der „Kreuzzeitung" veröffentlicht hat. In dieser Entgegnung heißt cs u. a.: „Wir rechnen es uns außerdem noch als ein ganz be sonderes Verdienst an, daß wir mit dieser Unzufriedenheit swie sie in den Bcamtenkreisen herrscht) die Kolonial angelegenheiten in Zusammenhang gebracht haben. Wenn der Verfasser das als „niedere Ausfälle" bezeichnet, so sprechen wir ihm sedes Verständnis über solche Dinge zu urteilen ab. Mer vielleicht liest er in unserer heu tigen Nummer das „Eingesandt" an die „Tägliche Rund schau" einmal durch. Und wenn wir ikin dann noch weiter mitteilen, daß es nationale Parteien gibt, deren Wahlparole u. a. lautet: „gegen die Kolonien, dafür bessere Gebälter iür die Rcicksbeamten", so maa auch dem Verfasser ein „Seifensieder ausgehen" und seine Msicht, der Regierung den Rücken zu steifen, wird ihm selbst recht albern vorkommen." Zunächst interessiert uns der ?ak .stind wenn wir ihm noch weiter mitteilen, daß es uiw." hier kann es sich u. 7^. nur um eine Partei handeln, die üer als national bezeichnet wird, nämlich das Zentrum. Daß wir hierbei aus der rich tigen Fährte sind, bestätigt die „Leipziger Beamten-Zeitung" selbst, indem sie im weiteren ein Eingesandt aus der „Täg lichen Rundschau" zitiert, welches sie mit folgenden Worten einleitet: „Eine Bestätigung unserer Vermutung s!), daß es nur einer nationalen Partei möglich sei, sich bei Beamten in ein gutes Licht zu bringen, finden wir soeben in der „Täglichen Rundschau". Für uns selbst ist es hiernach klar, daß in der „Leip ziger Beamten-Zeitung" Zentrumseinflüsse find, welche unter dem Deckmantel der Beamtenfrcundlichkeit und die durch die tatsächlich vorhandene Notlage der Beam tenschaft hervorgerufene Mißstimmung schlau benutzend, Verwirrung Hervorrusen und diese Kreise der Kandidatur Junck abwendig machen wollen. Wir lassen uns in dieser An schauung auch nicht beirren, .renn geschrieben wird »wir be grüßen die Kandidatur Juncks weudig." Vorsicht ist ja oer national fühlenden Beamtenlchaft gegenüber geboten und all- zu offensichtlich darf in unserem evangelischen Sachsen nicht operiert werden. Daß es noch andere Parteien und Tageszeitungen.gibt, als das Zentrum und dessen Blätter, die jederzeit au: das wärmste für di« Beamtenschaft eingetreten sind, .bedan keiner besonderen Hervorhebung. Es seien hiermit die Be amten nachdrücklichst gewarnt, auf solche Versuche, die glauben machen wollen, daß von der Zentrumsvartei a^es Heil für sie zu erwarten sei, hineinzufallen. Wir müssen vielmehr bitten, sich daS Geboren der Leipziger Docuuteu- Zeitung" etwa» genauer anznseheu. Könige im kxil. Der Tod der Königin Marie von Hannover lenkt wieder die Blicke auf die souveränen Herrschaften, die mit oder ohne Hoffnung auf Nestitlttion im Exil ein mehr oaer minder an genehmes Dasein führten. Di« hannoversche Königsfamilie hat den Groll gegen die Ergebnisse Bismarckscher Politik nie verwinden können, und die Königin Marie hat diese Ge sinnung bis an ihr Lebensende aufrecht erhalten. Der Ber liner Hof legt 14 Tage Trauer um die verstorbene Königin an: die Ansage des Todes fordert die Beobachtung höfische» Brauches. Aber es wär« verkehrt, wenn man darin ei» Kennzeichen besserer Beziehungen zwischen Berlin und Gmunden sehen wollte. Im Gegenteil, die Ablehnung der Ansprüche auf Braunschweig seitens des Kaisers hat sicher Nicht dazu beigetragen, die Spannung zwischen den Häsen zu bessern; der Cumberlander hat deutlich seine Gesinnung gegen das Haupt des Hauses Hohenzollern kundgetan, als er vor dem Eintreffen des Kaisers in Kopenhagen HalS über Kopf die schon« Residenz auf Seeland verließ, in der unter dem Protektorat der „Schwiegermutter Europas" manche Ränke gegen Preußen und das Reich gesponnen wurb<-n. Depossedierte Souveräne sind aus begreiflichen Gründen meist verbittert und selten gerecht gegen die, welchen sie ihr Unglück zuschreiben. Aber sie machen sich leicht lächerlich, wenn sie immer trotz der unerbittlichen Tatsachen dre Fik tion aufrecht zu erhalten suchen, als glaubten sie tatsächlich an die Wiüwrherstelluna ihrer alten Macht. Da bandelte EugenievonFrankreicham vernünftigsten. Nachdem Napoleon III. zu Chiielhurst begraben und Vorn- Napoleon, das Kind von Frankreich, unter den AssagaiS der Zulu verblutet war, zog sie sich ganz vom politischen Leben und eitlen Hoffnungen zurück. Ich habe sie einmal iu Wiesbaden gesehen und kaum glauben können, daß die gebrochene Greisin noch 30 Jahre zuvor ein« so große Rolle in der Politik und im Reiche der Schönheit und Galanterie gespielt hab«. Aber gerade weil sie selbst sich mit den Verhältnissen aussöhnte und ihre Hand nicht mehr in die Politik Frankreichs zu stecken suchte, nimmt sie heute noch ein« geachtete, v-ieileicht die erste Stelle unter den Majestäten im Exil ein, und man versteht es, daß der Enkel ihres großen Gegners ihr sein.- ritterliche Aunvartung auf englischem Boden macht«. Eine Zeitlang glaubte die Welt, daß Viktor Bonaparte, d«r da mals Ooerst in einem Petersburger Garderegiment war, dm Versuch machen würde, die von der Dreyfusaffäre bis in die Grundfesten erschütterte Republik vmzustoßen, aber «r war klug genug, den Staatsstreich nicht erst anzuzetteln Die „Könige von Frankreich", die Orleans und Bourbons, sind nachgerade lächerlich geworden. Man weiß nicht, was man mehr bewundern soll, ikre Prätensionen oder ihre Un geschicklichkeit. Dazu meinen die Orleans, daß ein Thron mit Manifesten und ohne Geld zu erobern sei. Di: Bour bons sind in keiner besseren Assiette. Neapel haben sie seit Ns Dombas Flucht verloren, und wenn das Haupt der nea politanischen Bourbons noch immer den regierenden Fürsten in Cannes spielt, Orden verleibt und Titel vergibt, so gönnt man ihm das und lächelt darüber. In Spanien haben es die Bourbons auch gründlich mit dem Volke zu verderben gewußt, und wenn Alfons XII. und XIII. noch auf den Thron gelangten, so brauchen sie sich nicht bei der Tugend rose Isabellas /u bedanken, die in ihrem Hotel in Paris ein so vergnügtes Leben voll Lust führte, daß der Herzog de Monkvensier und »eine junoe Gattin schleunigst kehrt machten, als sie überraschend in Isabellas Palais Be such machen kamen. Die alte Venus soll gerade einige Szenen aus dem Hörselberge aufgeführt haben. Ihr ist das Exil ausgezeichnet bekommen, geradeso wie dem ndelen Ex könige Milan von Serbien, der in den Kreise» der Lebewelt und in dem Klubs an der Seine immer der elegante Viveur blieb, der er stets war. Trotzdem er unter den Regenten Europas gewiß nicht der Unbegabteste war, son dern nur der Petersburger Intrige weichen mußte, nachdem er sich mit Natalie, geborenen Ketschko, um die Wette un möglich gemacht, konnte man sich den vorletzten Obrenowitsch doch kaum in Hermelin und Krone vorstellen, weit eher im Frack mit dem Stern des Takowa oder der weißen Gardenie im Knopfloch, oder im flotten Kellen Paletot deS Sports man. Aber, man sage, was man will Milan hat trotz seiner Freude an den Genüssen des großen Pariser Lobens immer seine Würbe aufrecht zu erhalten gewußt und ist stets stinen ursprünglichem Ansichten treu geblieben. Hätte die intri gante Draga Mcrschin den blöden Masochisten Alexander nicht zu sangen gewußt, so wäre der Schlußakt der Belgrader Tragödie nicht eingetrcteu. Milan hätte seinem söhne gewiß eine Prinzessin aus souveränem Hauie geworben. Die Nachricht von der Verlobung mit Draga Mai'ckin traf ibn wie der Blitz und warf alle seine Pläne um. Seitdem war Serbien für ibn die Fremde. Nickt einmal in seiner Erde wollte er ruhen: Natalie aber wird gleichfalls nickt in Serbiens Boden gebettet werden, um den sie so erbittert gekämpft. Wenn man durch Ovorto, die scköne Stadt an der Mündung des Truro, lustwandelt, trifft man auck auf An- denken an depossedierte Fürsten. Carlos Alberto von Sardinien bat hier seine letzten Jahre verbracht, und eine kleine Kav'lle in den prangenden Gärten des Kristallpalastes ist dem Andenken an Karl Albert, den die Stürme um die Konstitution wegkegten, erbaut. In Nassa Senhora da Lava, einer alten Kirche dicht am Platze Dom Pedro, ragt eine Urne auS Sandstein, in der da? Herz Dom Pedro I., des ersten Kaisers von Brasilien, ruht. Mit ihm hielten es di? Einwohner Portos, als er für seine Tochter Maria da Gloria den Thron Portugals gegen Dom Miguel be hauptete. Aber er selbst, der einst am Backe Vv'ranza das stolze Wort: „Freiheit oder Tod!" sprach, konnte sich nicht giss dem Throne hasten, er mußte abdankcn. Seinen Sokn Dom Pedro H., einer der stimvathischsten Herrscher, der je auf einmn Thron gesellen, traf das gleiche Los. Trotz seiner edlen menschlichen Eigenschaften — er gab fast seine ganze Zivilliste als Unterstützung an Arme und zur Aus bildung junger Brasilianer — .jagte man ihn dock aus dem Lande; trotzdem er ein halbes Jahrhundert mit Weis heit urck Milde regiert und geduldig alle Fehler eines un erzogenen Volkes getragen, nahm man rhm dock die Krone von seinem weißen Haupte. In Amerika fehlte die Tradition für Monarchien Mexiko und Brasilien als Kaiserreich waren politische Karikaturen. Eine stattliche Reibe Devossedierter lieferte Italien, aber da die Großherzägc und Herzöge fast all« mit »en Habs burgern verwandt waren, so sanden sie oder behielten sie Rang und Hofstaat in der Habsburger Monarchie und ihr« 1 Töchter werden ost als Dräute in die katholische« Fürsten» I Häuser peholt. Unversöhnlich ist natürlich der „G^anaam 1 un Vattkau". Ker noch immer sicht auf feine« Kirchenstaat
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