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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.01.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070124012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907012401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907012401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-01
- Tag1907-01-24
- Monat1907-01
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BezuaS-Preis für Leipzig und Vororte. Ja der Haup»- ExpedUion oder deren Au»gab«sielleii ad» aeholt monatlich: Ausgabe ä (1 mal täglich) 70 Pf.. Ausgabe v !2 mal täqltch) 80 Pf., bei Zustellung tn» Laut Au-gade 80 Pf.. Ausgabe 8 t Marl. Durch aalen aus wärtigen Ausgabestellen and durch die Post bezogen <1 mal täglichlinnerdalbDeutichlandS monatlich I Mark, für Oesterreich-Ungarn ö L 45 b virrieijährlich, die übrigen Länder laut ZeitungSvreislisle. Diele Nummer tostet au» 4 s» .1» allen BadavSfrn and bet III »I^e den Zeitung»-Verkäufern ReSattton und VrveiMtour JodanniSgaslr 8. Telephon Nr. 153. Nr. 2L2. Str. 1173. Berliner Redaktions-Bureau: Berlin XVV. 7, Pria^ ^ouis Ferdinand- Straße 1. Delevdor: ' Nr ^276 Morgen-Ausgabe 8. UchMcr.TllgMM Handelszeitnng. Amtsblatt des Rates und des N-lizeiamtes der Ltadt Leipzig. An^eiqen-Preis die Sgefpallrae PetttMr jüc Geschäft »- tnserate au» Leipzig and Umgebung LL Pf, Familien^ Wohnung»- n. btellea-Aazetgen, sowie An- und HerkSufe 20 Pf, finanzielle Anzeigen 30 Pf, für Inserate von auswärts 30 Pf. Reklamen 75 Pf, auswärt» » Mark. Beilage- gebühr 4 Mark v. Tausend e^N. Postgebühr. VeschäftSonzeigrn an bevorzugter Stelle im Preise erbSht. Rabatt nach Dari'. FürJaierate vom Aa»Iand« beiondrrer Taris. Anzetgen-Aunadme: Augustn-Platz 8, bet sämtlichen Filialea ». allen Annoncen- Expeditionen >«.» und Auslandes. ür da» Erlcheinen an bestimmten Tagen u. llätzen wird keine Garantie übernommen. Haupt-Filiale Berlin: CarlDuncke r,Herzgt.Baqr.Hosbuchhandlg, Lützowbraße 10 Telephon VI, Nr. 4603). ^tltal-l^rvedition Dre-»vni-i-nür Nr. 24. Donnerstag 24. Januar 1907. Uli. Jahrgang. Mbier, geüenkel kurer Pflicht am rs. Januar! Milli nur national! Var Aichtigrte vom Lage. * Edler von der Planitz, Generaloberst und Generalinspekteur der Kavallerie, i»t mit Genehmigung seines Abschiedsgesuches, unter Belassung L la suite der 16. Husaren, mit Pension zur Disposition gestellt worden. * Der preußische Minister des Innern hat einen ähnlichen Erlaß an die Behörden zur Verhütung von Wahlfälschungen ergehen taffen, wie es in Sachsen geicheben ist. * Eia Privattelegramm meldet uns die Namen der bei dem Erdbebeuuuglück auf Jamaika umge- kommeaen Deutschen. (S. Neues a. a. W.) * In der gestrigen letzten Wählerverfam m luug der bürgerlichen Parieren wurde die Kolonial- frage eingehend erörtert "nd rlZ .rationale Frage anerkannt. iS. d. Art. 2. Beill) * Am gestrigen Abend hielt Kolonialdirektor Dcrn- biurg in Stuttgart seinen Vortrag über „Koloniale Er ziehung". lS. Letzte Dep.s * Au der Lemberger Universität verübten die Ru- theuen pöbelhafte Ausschreitungen. (S. Ausl., vergl. a. d. des. Art.) Aiulre kür sie fteichrtagtvadl. Die Wahl beginnt Freitag vormittags 10 Uhr und wird um 7 Uhr abends geschlossen. ErsahruugSgemäß ist der Andrang in den Mittagsstunden und in den Abend stunden am stärksten. Jeder, der es ermöglichen kann, wähle also möglichst zeitig. Als selbstverständlich setze» wir voraus, daß jeder sich vorher darüber unterrichtet, in welchem Wahllokale er zu wählen hat. Die Uebersicht der Wahl lokale mit den ihnen zugcwieseuen Straßen und Plätzen ist gestern im amtlichen Teile unseres Blattes nochmals veröffent licht worden. Mit dem Stimmzettel hat sich jeder vor dem Betreten des Wahllokals zu versehen. Zn diesem selbst dürfen keine Stimmzettel ausgegeben werden. Beim Be treten des Wahllokals wird dem Wähler von einem Rats- diener ei» amtliches Wahlkuvert gegeben. Daun hat der Wähler die Wahlzelle zu betreten und in dieser seinen Stimmzettel io daS Wahlkuvert zu tun. Es dürfen nicht zwei Wädlr zugleich sich in der Wahlzelle befinden. Die Wahl ist also, wie hieraus hervorgeht, absolut geheim, denn dasjenige, was der Wähler io der Wahlzelle tut, ent zieht sich den Blicken aller im Lokale Anwesenden. Der Wahlakt ist in Person auszuübeu. Es darf niemand mit der Vertretung beauftragt werden. Wähler, die durch körperliche Gebrechen behindert sind, ihre» Stimmzettel eigen händig in den Umschlag zu legen und diesen dem Wahlvorsteher za übergeben, dürfen sich der Beihilfe einer Vertrauens person bedienen. Die Anwesenheit der behinderten Person im Wahllokale ist aber trotzdem erforderlich. Ungültig sind 1. Stimmzettel, die nicht in einem amtlich abgestempelten Umschlag oder die io einem mit einem Kennzeichen versehenen /Umschlag übergeben worden sind. 2. Stimmzettel, die nicht von weißem Papier sind. 3. Stimmzettel, die mit einem Kennzeichen versehen sind. 4. Stimmzettel, die keinen oder keinen lesbaren Namen enthalten. 5. Stimmzettel, aus denen die Person daS Gewählten , nicht unzweifelhaft zu erkennen ist. 6. Stimmzettel, die auf eine nicht wählbare Person lauten. 7. Stimmzettel, die eine Verwahrung oder einen Vor behalt gegenüber dem Gewählten enthalte». Mehrere in einem Umschlag enthaltene gleichlautende Stimmzettel gelten als eine Stimme; in einem Umschlag enthaltene, auf verschiedene Personen lautende Stimm zettel sind ungültig. Hat der Wähler die Wahlzelle wieder verlassen und will nun daS Wahlrecht ausüben, so tritt, er au deu Vorstandstisch, nennt seinen Namen, sowie auf Erfordern seine Wohnung und übergibt, sobald der Protokollführer den Namen in der Wählerliste aufgefundeu hat, das Wablkuvert mit dem einliegenden Stimm zettel dem Wahlvorsteher oder dessen Stellvertreter, der da» Kuvert sofort uneröfsnet in die Wahlurne legt. Bemerkt sei, daß der Wahlvorsteher berechtigt ist, einen Ausweis über die Person des Wählers zu verlangen. Man wird daher gut tun, sich mit einem solchen vorher zu versehen. Als Ausweis sind zu betrachte» Paß bez. Paßkarte, Militärpaß, Steuerzettel, Wohnungsmeldeschein, Heimatschein, Staats- angehörigkeitSausweiS. Wer sich eines ihm nicht zu kommenden fremden Ausweises bedient, bat Be strafung auf Grund des § 27 l des Reichsstrasgesetz- buches zu gewärtigen (wegen intellektueller Urkunden fälschung bis zu 6 Monaten Gefängnis oder bis zu 300 Geldstrafe). Schließlich sei nochmals daraus aufmerksam gemacht, daß die Wahl um 7 Uhr geschloffen wird. Nachdem dies durch den Wahlvorsteher geschehen ist, dürfen keine Wahlkuverts bez. Stimmzettel mehr angenommen werden. Es dürfen auch keineWahlkuvertS solcher Personen mehr angenommen werken, die vor 7 Uhr im Wahllokale schon anweiend wareu. Es richte sich also jeder darnach und gehe derart rechtzeitig zur Wahl, daß er den Wahlakt bis um 7 Uhr ausgeübt haben kann. Molleine Sürgerpllichtrn. In einer Zeit vor entscheidenden politischen Wahlen ist eine Besinnung aus die Pflicht, die der einzelne in seiner Eigenschaft als Staatsbürger und Volksgenosse hat, dovvelt vonnöten. Und es ist sicher interessant, wenn diese Bür gerpflicht einmal von einem Professor der Rechte unter recht lichen Gesichtspunkten unter die Lupe genommen wird. Herr Professor I. W. Hedemann von der Universität Jena hat dies in einer soeben erschienenen kleinen Broschüre (Verlag von Gustav Fischer in Jenas getan, die in Vortragssorm ge halten, recht wichtige Fragen anichneidet. Hedemann ver gleicht die heutige Auffassung von Bürgertugend mit der im Altertum — in Sparta, Athen, Rom — gepflegten Bürger- Plicht, die damals stärker entwickelt war und viel mehr als eine Tätigkeit ehrenhalber galt, als es heutzutage in der Regel der Fall ist. Der Verfasser gibt in einleuchtender Weise an, was unter Bürgerpflicht -ngentlich zu versieben sei: es ist die Betätigung )<Z Gemeinsinns im öffentlichen Leben — politisch und soaal. Sie steht in einem ^wissen Gegensatz Mr Rechtspflicht: denn die Bürgerpflichten sind gerade in vielen wesentlichen Stücken durch kein Gesetz ge regelt. „Die Rechtspflicht greift ein, wo die Bürgerpflicht versagt, sie ist das böse Ge- wissen der B ü rg er tuq end". saat Professor Hede mann. Gerade das also, was in dieser Hinsicht über das gesetzlich Erzwingbare, über dieses Minimum hinausgcht, ist Gegenstand der Bürgerpflicht. Kein Gesetz zwingt beute deu einzelnen, ein „Wahlrecht auszuüben", an politischen Ver sammlungen teilzunehmen, Ehrenämter in der V.rwaltunq anzunehmen, eine verlorene Sache, die er auf der Straße liegen sicht, zu „finden", d. h. an sich zu nehmen und damit weitere Pflichten (dann aber R e ch t s pflichten) auf sich zu nehmen. Kein Gesetz schreibt vor, daß das Pu blikum ohne direkte Aufforderung bei der Er ¬ greifung eines Verbrechers mitzuwirken, daß es bei Bränden — ehe die Feuerwehr kommt — irgendwie tätige Hilf« zu leisten hätte, daß es die Beamten der Eisenbahn, Post, Polizei usw. in der Erfüllung ihrer Pflichten, wo an gängig, zu unterstützen und ibnen ihre Aufgabe zu erleichtern hätte. Aber alle solche Tätigkeit ist Inhalt einer richtig us- gefaßten Bürgerpflicht. Von besonderem Interesse ist es dann, zu lesen, wie Professor Hodemann den Widerstreit zwischen Rechtsordnung und Bürgerpflicht in einzelnen Fällen aufzeiqt und zu dem Ergebnis gelangt, daß die Rechtsordnung unter Umständen die Erfüllung der Bürger pflicht bekämpft oder wenigstens nicht fördert — natürlich nicht vorsätzlich, wohl aber atsächlich dadurch, daß die Er füllung einer Bürgerpflicht, wie z. B. der ärztlichen Pflicht dringlicher Operationen, unter Umständen Konflikte mit der Rechtsordnung herbciführen kann oder durch die gegen wärtige Gestaltung des Steuerrcchts und dergl. «ine Hobe Kinderzahl nicht erstrebens'vert gemacht wird und anderes mähr. Doch das sind Opfer, die man der Bürgerpflicht bringen muß. Um so mehr aber wird man seiner Bürger pflicht gerecht werden müssen, wo man wenig oder gar keine Opfer zu bringen hat, wie bei der Ausübung der „Wahl pflicht". Aber auch noch von einem anderen Gesichtspunkte aus, als wie es hier die Schrift Hedemanns tut, sei unter den modernen Bürgerpflichten vor allem die Wahlpflicht genannt. Vom historischen Gesichtspunkte aus. Wie hat gerade das deutsche Bürgertum im vorigen Jahrhundert gekämpft und gerungen, bis es ein Wahlrecht *-atte, das ihm die Mitarbeit an der Staatsrcgierung ermöglichte! Was unsere Groß väter und Urgroßväter erhofften — unsere Väter durften es erleben, wir selbst es genießen, daß in dem geeinigten deut schen Reich auch das Volk zu einem Recht kam — nicht nur seine Fürsten. Neben dem deutschen Kaisertum gibt cS kein festeres staatsrechtliches Band für die Zusammenqehörigk>.i» aller Deutschen, als das gemeinsame Wahlrecht für den Reichstag. Wer sich der Ausübung dieses Rechtes durch eigen« Schuld vergibt, frevelt an dem, was sein« Vorfahren für i!hn erkämpft und errungen haben. Er ist aber auch genau so pflichtvergessen, wie der Wehrpstichtige, der sich dem Dienst des Vaterlandes feig entzieht. Er macht sich des Rechtes unwürdig, das ihm -n der Verfassung gewährleistet ist. Er reiht sich unter die geistigen Krüppel ein, von denen man nicht verlangen kann, daß sie als vollgültige Männer angesehen werden. Schließlich aber sei noch an ein Wort des trefflichen Gottfried Keller erinnert, b:r da schreibt: „Wenngleich unbemerkbar und langsam trägt jeder einzelne Mann durch sein Weg - bleiben am Wahltage zur allmähliche» Abnahme des Allgemeinen bei, und jedenfalls möchte ich nicht mit Gewalt der sein, ans welchen nichts ankommt!" Vie rabiaten Leute in Zokia. Fürst Ferdinand Hal einmal wieder seinen Aerger. Noch scheint er ia de» Glauben zu hegen, den wilden Brand, der an der Sofioter Univerptäl auftvderte, dämpfen zu können, denn er weilt noch innerhalb der Grenze des geliebten Landes. In brenzlichen Zeiten pflegt er die liebe Seele an die sonnige Riviera zu reuen, denn er isl gleich allen Ko- burgern ein lürfichligcr Mann und weiß, daß es den gelieb ten Untertanen nicht daraus ankommt, den Landcsvaler über die Grenze zu scheuchen, wenn er die „geheiligten Rechte der Nation" anlastct. Die Tür, durch welche der Battenberger grollend das dankbare Bulgarien verließ, steht auch dem Koburger noch offen. . , , Aber «ine Siudentenreoolte will in Halbasien nicht viei bedeuten, das weiß Ferdinand sehr gut. Wenn es in den Kasernen rumorte, und die Offiziere der wohlweisen Regie rung ein wenig ins Programm redeten, wäre die Sache ge fährlicher; Ferdinand würde sich schleunigst einen Schnupfen verordnen^ der Cannes oder Nizza nötig machte. Aber Stu- dentenfchast und Militär lieben einander wie Hund und Katze, und so kann die Regierung ohne großes Risiko ein paar Bataillone mobil machen, wenn die wilden Redner und Protestler von der Universität wirklich nicht Ruhe halten wollen. Der ganze Krawall könnte uns ja furchtbar gleich gültig sein. Ob Dr. Schischmanov oder ein anderer Partei kazike auf ow oder itsch am Balkan das Unterrichtswesen leitet, das dort bekanntlich in hoher Blüte steht und die Analphabeten noch immer in stattlicher Zahl wild wachsen läßt, hat für uns eigentlich dasselbe Interesse, wie die Aocnduntcrbaltungen der Samojeden. Aber denen, welche sich so ungeheuer ausregen, wenn unsere deutschen Studenten 'n- „Komm-Iitonen" aus Halbasien und Rußland nicht ge- .aoe mit offenen Armen aufnchmen, sondern von unseren akademischen Senaten die strengste Prüfung der Be rechtigung zum Besuch der Vorlesungen verlangen, ist es vielleicht nützlich, sich die Bedeutung des studentischen Ele ments in den Balkanstaaten — wir wollen heute von Ruß land ganz absehen — klar zu machen. Unter den Ländern, denen der Friede zu St. Stefano die Souveränität brachte, ist Rumänien entschieden dasjenige, dem man eine Entwickelung zuerkennen muß, die einiger maßen den westeuropäischen Aufputz seines Unterrichts wesens rechtfertigt, trotzdem auch hier noch vieles zu wünschen übrig blcibk. Die Gleichberechtigung aller Staatsbürger, sich oen gehobenen Unterricht nutzbar zu machen, wird durch den Ausschluß der Juden in Rumänien vom Besuch der Gymnasien und Universitäten schon sehr in Frage gestellt. Aber abgesehen von dieser politischen Seite der Unterrichts frage ist die Bukarester Studentenschaft nichts weiter als ein gebildeter Janhagel, der sehr oft von gewissenlosen Dema gogen der Hauptstadt aufgeboten wird, um einer Meinung zum Siege zu verhelfen. Da ziehen die „Studenten" durch die Straßen, Pflastersteine sausen, Fenster klirren, wilde Brandreden und wüster Lärm schallen, und der friedliche Bürger schlägt drei Kreuze, wenn die Vertreter akademischer Bildung seine Gaffe verschonen. Tie unverhohlene Verachtung des wirklich gebildeten und vornehmen Rumänen gegen die nationale Studentenschaft ist also wohl zu verstehen. Bul garien kann sich nun mit Rumänien in keiner Weise messen — höchstens im Punkte des nationalen Größenwahns, der dem Takoromanen und dem Bulgaren in gleicher Weise die Vernunft trübt. Bulgarien bat aber leche Universität in Sofia, und Sofia müßte nicht im Tonaulande liegen, wenn die akademischen Bürger sich nicht in allererster Linie für verpflichtet hielten, ihren Sem zur Politik des Landes zu geben und dann erst ihren Faknltätstudien obzuliegen. Ist aber in Bukarest diese politische Großmäuligkeit wesent- lich national gefärbt, chauvinistisch nach dem Herzen Döron- lödes, empfindlich in großrumäniichcn Dingen wie eine Magnetnadel, so ist die Sofioter Brüderschaft von der so zialistischen Weltanschauung angesreffcn. Es ist eigentlich eine blutige Ironie, daß die akademische Jugend eines Lan des, das mit Mühe und Not nach der Battenbergerkrise seine Selbständigkeit behielt, das durch die Ermordung Stambn- lows bei deu anständig denkenden Menschen die Unfähig keit und Rückständiakeit seiner Politik schlagend bewies, das nur das zäbc und kluge Lavieren des Koburgers allmählich wieder in Europa in notdürftigen Kredit brachte, nun dieses Ansehen durch sozialistische Tumulte und roten Radau zu erschüttern trachtet. Sozialismus in einem so unreifen Staatswesen, das die Kinderkrankheiten eines selbständigen Staatswesens erst eben überstanden hat, ist nicht nur ein Unding, sondern beweist, daß entgegen allen patriotischen Floskeln gerade die Sofioter Studenten schaft weit entfernt von wahrem Patriotismus und politi scher Einsicht ist. Aus Sympathien in Europa wird sie also schwerlich rechnen können — es sei denn auf den Bänken der roten Nationale, die natürlich auch die unsinnigsten und pöbelhaftesten Streiche gutheißt, wenn sie nur die Entwicke lung eines Staates geordneten Zuschnitts tüchtig schädigen. Wie sich der rote Augustus der Mordbrenner, in Südvest- afrika in edlem Verständnis aunalun, wird er zweifellos auch die akademischen Genoffen in Sofia mit warmen Wünschen begleiten. Aber Fürst Ferdinand scheint in diesem Falle doch den roten Utopien das gebührende Halt zu bieten. Die Universi tät ist geschloffen, die Professoren sind suspendiert, der Kampf um die sozialistischen Narrheiten ist somit aus die Straße verlegt, und da wird man selbst im Konak von Sofia mit ihm fert^z werden. Der Fürst müßte «in Narr sein, wollte er nicht mit allem Nachdruck diesen Radau politisch unreifer Gesellen unterdrücken. Er hat schon genug zu tun — man denke an den griechisch-bulgarischen Konslikt! — um offene Differenzen mit den Nachbarn zu vermeiden, er muß dem Türken gegenüber mit dem Säbel rasseln, wenn die „Nation" cs fordert, er muß mit den Herren Komitatschi in Makedonien in edler Brüderlichkeit leben, wenn er sich die Patrioten, die von Großbulgarien träumen, nicht auf den Hals Hetzen will, er muß geschickt gegen die russischen Ränke Kontreminen legen — kurz, er bat gerade genug zu tun, um den faulen Landfrieden zu wahren. Da sehlt ihm gerade noch eine Clique, welche den Boden, aus dem der Thron ohnehin wacklig genug steht, mit Bewußtsein unterminiert! Tie Herren Revolutionäre der Akademie haben den Augenblick ja nicht schlecht gewählt. Sie wissen, daß es im Volke noch gärt, weil die Regierung manchem Patrioten in dem Zwist mit dem griechischen Patriarchen nicht schneidig genug vorgegangen ist, weil sie die Ordnung wiederherst«llte, di« so hübsch ins Wanken und Wackeln gebracht war. Sie wissen, daß Ferdinand schon dem Großtürken gegenüber sich zu sehr vorgewagt hat und dann das Schwert wieder in die Scheide steckte — die Lorbeeren blieben aus, und mancher Kricgsmann fühlte sich um totsicheren Sieg betrogen. Also konnte unter Umständen ein gutgeleitcter Putsch große Wel len ziehen — darum gerade jetzt der Lärm. Und auf den ersten Hieb werden sich die Sofioter „Genossen" nicht geben. Das Feuer wird noch hübsch weiterflackern. Solche politische Konspirationen gebären nicht auf die Universität. Der Ruhm unserer Hochschulen ist stets der gewesen, zwar eine Stätte völliger Freiheit im Denken und Forschen zu sein, aber nicht eine Arena der Zügellosigkeit. Und wenn auf unseren Hochschulen Politik getrieben wird, ist sic streng national geblieben: die Größe des Vaterlandes ist ihr Ziel. Nicht aber die sozialistische Abtötung des na tionalen Bewußtseins, der sichere Weg zum wissenschaftlichen und politischen Zusammenbruch. Wo dies« Bestrebungen die Oberhand gewinnen, wird es bald um die Größe und Orb- nung eines Landes geschehen sein. Das sollten sich die „Stu denten" in Sofia hinter die Obren schreiben. Es gibt zweifellos Bulgaren, die ernstlich bestrebt sind, auf der Hoch schule Kenntnisse zu erwerben. Aber sie gehen mit Vorliebe aus deutsche Universitäten, sie wissen wobt warum. Und ge- rade sie werden es bedauern, nun mit den Helden der So fioter Revolte auf «ine Stufe gestellt zu werden, und sich durchaus nicht wundern, wenn der deutsche Akademiker den „Kommilitonen" aus .Halbasien noch vorsichtiger als ehedem entgegentritt. Nur Bebel und seine Genossenschaft werden die rote FaHne -um Gruße schwenken — und das ist das Schlimmste, was einer Universität und ibren Studenten passieren kann. Denn unbeschadet aller großen Phrasen — der schlimmste Tyrann für die Wissenschaft fft die Sozial demokratie, einerlei, ob sie hier oder in Sofia auf den Bauernfang geht. Deutsches Keich. Leipzig, 24. Januar. * Rckrulcnbcfichtigung durch den Kaiser Der Kaiser traf gestern im Automobil um 10 Uhr zur Besichtigung der Rekruten im Lange» Stall in Potsdam ein. Anwesend zum Empfange waren der Kronprinz, Prinz Friedrich Leopold, daS aller! öchste Hauptquartier, der Ehcf des MilitärkabinettS. viele fremvberrliche Offiziere, sowie die direkten Vorgesetzten deS ersten Garde-Regiments zu Fuß. Der Kaffer defich- tigte die Leibkompagnie und die 4., 6. und 11. Kompagnie des ersten Garde-RegimeutS. Bei der Leibkompagnie war Prinz Eitel Friedrich, bei der iechsteu Kompagnie Prinz Oskar eingetreten. Nach der Besichtigung fand zweimaliger Vorbeimarsch deS ganzen Regiments statt. Ter Kaiser begab sich dann zu Fuß nach dem Olfizierskasino deS ersten Garde-Regiments, wo er nach der Entgegennahme militärischer Meldungen an einem Frühstück teilnahm. Um '^2 Ubr begab sich der Kaiser im Automobil wieder nach Berlin zuiück. * Der deutsch-dänische Vertrag wird von der dänischen Presse überaus freundlich besprochen: DaS Regierungsblatt „Kjöbenhavn" schreibt: Der Vertrag darf sicher als eines der bedeutungsvollsten Ereignisse in der Geschichte zwischen Dänemark und Deutschland seit 1864 bezeichnet werden. Er trägt die Möglichkeit in sich, eine Scheide zwischen der Ver gangenheit und der Zukunft zu werde». Wir glauben, daß in dem abgeschlossenen Ucbereiukommen di« deutsche Regie- rung so viel redlichen Willen zeigt, daß mau das Recht hat, zu erwarten, daß auch in der Sprachenfrage, welche von beiden Seiten Besonnenheit und Ruhe fordert, in gerechter Weise Rücksicht genommen wird. Daß die Tausende von heimatlosen Dänischsprechenden jetzt endlich ein Heim gesunden haben, ist für unS ein entscheidender Schritt vorwärts in der Klarstellung des Ver hältnisses zwilchen Deutschland und dem dänischen Volke. „Bort Land" sagt: Im Namen der vielen Tausende heimatloser Optanten rinder kann man den Vertrag mit aufrichtiger Freude begrüßen, insoweit vorausgesetzt werden kann, daß er die Aussicht eröffnet für die große Menge derselben, endlich ein Heim in einem Vaterlande zu erhalten. Der frühere Minister der auswärtigen Angelegen heiten Deuntzer erklärte einem Mitarbeiter der Zeitung „Politiken" oegeuüber: Ich betrachte den Vertrag als außerordentlich glückbringend für die Verhältnisse zwischen Deutschland und Dänemark und von großer Bedeutung für Nordschleswia. „Politiken" schreibt u. a.: DaS Urberein- kommen wird einstimmig große Zufriedenheit im dänischen Volke Hervorrufen. Hier ist eine gute nationale Arbeit anS- geführt. — Endlich führt noch die „Nordd. Allg. Ztg." auS: Für die Bewertung des zwischen Deutschland und Dänemark abgeschlossenen Optantenvertrages vom 11. Januar sind folgende Ziffern von Interesse: Die Einwohnerzahl der fünf lllliVl! Ml! WM lill WM, M tl! WM Ullt!
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