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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.01.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070125014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907012501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907012501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-01
- Tag1907-01-25
- Monat1907-01
- Jahr1907
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rVez«qS.Preis str Lelvzkg »nd Vorort«: Ja der Hanpt- Lipedstkoa oder derra Aurgabesitllrn ab- grdoll monoNich: Au»gad« (I mal tüglich) 70 Pf, »uSgabe v .2 mal täglich) SV Pst bei Zmirlluag inS L>auS Autgadr L 30 Pf., Ausgabe K l Mark. Durch anirr« au»- ivärtiftrn Autgabesirllen und durch die Pasl bezogen ll mal täglichNiinrrdalb Drullchlauds monatlich I Mark, für Oesirrrrtch» Ungarn ü L Lü t» vlrrtrljährlich, dir übrlgru Land« lau« Hrituaa-vrrt«liür. Dies, Numm« koklet aut Äs» t»d ? alle» vahahdfra »ad bet III TMS dm Z^tungS-BerNufera ^k' AeSrrMun «i.o ExpedUran: JohanniSgasse 8. Trlrphon 1VS, Nr. LLL, Nr. 117L Berliner Rrdntttons-Viirean: Valia dkV. ?, Priu, Lout» Ferdiaand- Straße 1. Tekepbor i. Nr. 9275 Mornett-AriSgabe 8. Nip,;i gz TaMatt Handelszeitung. Amtsblatt des Nates und des Nalizsrarrrtes der Ltadt Leipzig. Nr. 25. Freitag 25. Zanuar 1907. An^elaen-Preis dir Ügefpaltene Petstzrtlr für lLeschüftS. tnserate au- Leipzig und Umgebung 25 Pf., Familien^ WohnunqS- a. Stellen-« nzekaen, sowie An- und PrrkSuse 20 Pf, finanzielle Auzekgrn 30 Pf, für Inserate von auSwärtS 30 Pf. Reklamen 75 Pf, auSwürt» l Mark. Beilage- gebühr 4 Mark p. Taufend exlt. Postgebühr. ÄejchSftSaazeigrn an bevorzugter Stelle iui Preise erkdht. Rabatt nach Tarik. FürJnItrale vom Au»landr besonderer Tarif. Anzetgtn-Aunabmer Au»uftnSplay 8, bet lümtliLra giltaiea ». alle» Annoncen. Expeditionen Ne' ft». und Au-lanve-. Für da» Erlchetnen an bestimmte» Tagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. H««-t-Ftltale Berlin: L arlD n « cke r, Herzal-Bayr-tzofbuchhanLlg., Lüyowiiraße 10 kTelephoa Vst Nr. 4603s. Kklial-Ervedltion:DreSden.Maritastr.S4. 101. Jahrgang. MM, getknlret kurer stklickl am rs. ^avrar! Aädli M national! vsr üllchtlgrtr vom Lage. * Am heutigen Tage beginnt vormittaas 1V Uhr die Reichstagswahl. Die Wahlhandlung »ird pünktlich 7 Uhr geschlossen. * In Togo wird am Geburtstag des Kaisers die Bahn von Lome nach Palime eröffnet. * Das spanische Ministerium hat seine Ent lassung «ingereicht. (S. Letzte Dep.) * Die französisch-spanische Demonstra- . t i o n s f l o t t e har die H e i m f ah r t anqetrcten. (S. Ausl.) * Ein Sturm der Mahal la auf das befestigte Haus, in dem Näisuli weilt, ist abgeschlagen. lS. Ausl., * Präsident Diaz hat die Tehuantepec-Bahn eingsweiht. IS. Ausl.) * In Cottbus hat 'ick eine Leipzigerin er schossen. (S. Leipz. Angel.) Uns rur MHI! Der Tag der Wahl. Ein Tag des Kampfes und, »nenn Ihr uur wollt, ein Tag der Freude. Denn heute soll die rote Jahne, das Zeichen der Unnatur und der Unkultur, heruntergeholt werden, und des Reiches, des großen deut schen Vaterlandes schwarz-weiß-rote Farben sollen siegreich und verheißungsvoll wieder ausgehen über Leipzig. An Euch liegt es, nationale Wähler von Leipzig, ob Ihr siegen werdet. Ihr seid in der glücklichen Lage, Euer Los selbst in der Huuo oU halten. Rur wenige oeutfche Gressstädte sinh noch Herr ihres Schicksals. Die meisten sind versunken in der roten Hochslut. Auch über Leipzig ist sie weggegangen, da der nationale Damm zerrissen war. Heute kommt sie wieder. Nun steht fest. Nun tut Eure Pflicht. Die Pflicht des Tages. Denkt daran, was auf dem Spiele steht. Für Leipzig fällt schon heute die endgültige Entscheidung. .Die Wahrscheinlichkeit, daß durch die Zählkandidatur des Zentrumsmannes Erzberger eine Stichwahl notwendig wird, ist verschwindend gering. Was heute gefehlt wird, kann nicht wieder gut gemacht werden. Das haltet Euch vor Augen! Nur zwei Parteien stehen einander gegenüber. Eine oaterlandsfreundliche und eine vaterlandsseindliche. Gewiß behaupten auch die Sozialdemokraten, patriotisch zu sein, ihr Vaterland zu lieben. Aber ihr politisches Verhalten wider spricht dem. Sie verweigern ihrem Vaterland die Existenz mittel. Sie verweigern ihm den notwendigen Schutz gegen j seine Feinde. Sie spotten über Deutschlands Ehre. Kann La von wirklicher Liebe die Rede sein? Ihren Gefühlen widersprechen ihre Taten. Solche pla tonische Vaterlandsliebe ist in der Politik keinen Deut wert. Das sollen sich vor allem die Mitläufer gesagt sein lassen, die nur auf die schönen Worte der sozialdemokratischen Redner, Flugblätter und Zeitungen sehen und darüber ver gessen, daß diese Partei in all ihren Taten, sobald es sich um nationale Fragen handelte, vaterlandsfeindlich war, seit dem sie im Deutschen Reichstag mit zu beschließen hatte. Und so würde auch Herr Lange sein, müßte so sein, wenn er heute durch Eure Schuld gewählt würde. Liberale Wähler von Leipzig, Ihr seid heute die Kerntruppe. Für Euch ist es heute nicht nur eine Pflicht, für Euch ist es heute auch eine Lust, zu wählen. Ihr habt den Kandidaten gestellt. Zeigt Euch der Ehre würdig. Alle anderen nationalen Parteien und wirtschaftlichen Organi sationen bringen in diesem Kampfe Opfer. Und offen soll es gesagt sein: freudig sind diese Opfer gebracht worden ' von den Konservativen, den Antisemiten, den Handwerkern, ' den Mittelstandsgruppen aller Art. Ohne sie wäre ein Sieg Dr. Juncks im ersten Wahlgange nicht denkbar. Aber sie haben ihre Sonderwünsche zurückgcstellt — dem Vaterlande zuliebe. Und wie ihre Führer dies taten, indem sie der Kan didatur Junck zustimmten, so werden es, das hoffen und er warten wir, ihre Anhänger bisaufden letzten Mann ebenfalls halten. Ihr Liberalen aber braucht nicht die gleichen Opfer zu bringen. Dr. Junck ist liberal; und er wird seinen Liberalis mus innerhalb der nationalliberalen Fraktion zu vertreten wissen. Deshalb ist Euch der Gang zur Wahlurne erleich tert. Um so schwerer lastet auf Euch die Verantwortung für den Ausgang der Wahl. Der Siegespreis ist groß und herrlich, um den heute in ganz Deutschland gerungen wird. Es gilt die Befreiung von der Herrschaft des Zentrums, dem die Sozialdemokratie Helfersdienste leistet. Haben wir nicht seit Jahren gestöhnt unter den kleiulichen politischen Tagessragen, über die es zu keiner großen Entscheidung kam? Haben wir nicht seit Jahren gefühlt, daß der ewige Handel um des Zentrums Gnadcnlächcln alle guten Geister aus -c. Neichspolitik ver trieb? Wie konnte ein großes freiheitliches, tolerantes und vorurteilsloses Werk zustande kommen, da der schwarze Kerkermeister Werkmeister war? Wollt Ihr keine Geistes knechtschaft? Co zeigt cs heute. Wollt Ihr keine Neben- regierung? Heute könnt Ihr das Reich befreien Helsen. Glaubt nicht, daß die Gefahr vorüber ist, weil alle Welt sie gesehen hat. In der Politik gelten nur Realitäten. Wünsche und Vorsätze wiegen nicht. Und wenn ohne Zentrum keine Mehrheit für nationale Forderungen zu schaffen ist, jo wird eines Tages der Kuhhandel wicbcr beginnen, und mit den geistigen Gütern der Nation wird bezahlt werden. Vielleicht wird man nicht mehr so plump wie bisher auf den Hinter treppen umhertapsen. Man wird vorsichtiger sein, aber das selbe wollen und erreichen. Also wer in der Zentrumsherr schaft eine Gefahr und eine Schmach sieht, der tue heute seine Pflicht! Er tut sie in Leipzig, indem er der roten Inter nationale in ihrem Vertreter Lange aufs Haupt schlägt, dessen Partei der Zentrumsherrschaft im Reichstag die Vor- spanndienste geleistet hat. Bürger Leipzigs! Denkt an Eurer Vaterstadt Vergangenheit. Sie ist in die nationale Geschichte Deutschlands ehrenvoll eingeschrieben. Der Knechtschaft Ketten, die vor hundert Jahren um Deutschland gelegt wur den — hat der große Siegestag von Leipzig gebrochen. Und seiner Bürger Zierde war seitdem allewege, gut national zu sein. Hier war ein Hort großdeutschen Denkens, als noch der Partikularismus des deutschen Volkes Kräfte lähmte. Hier ist auch allezeit die schwarz-weiß-rote Fahne siegreich aus dem Wahlkamps hervorgegangen bis zu jenem trauervollen 16. Juni 1903, an dem das rote Banner ent fallet werden tonnt«. Das Gedächtnis dieses Tages gilt cs beute o»s^ul5scp-n. Darum bleibe keiner zu Haus, der Leipzigs c^ukunil mieser gepalter seucu wi». w-Ntt nationalen Vergangenheit. Für alle freiheitlich gesinnten Männer, die den Sturz der Zentrumsherrschast herbeisehnen, für alle nationalen Männer von Leipzig, die den Terrorismus der internatio nalen Sozialdemokratie satt haben, gibt es heute nur einen Gedanken: Deutschland, Deutschland über alles' Wählt Dr. Junck! Var Liei. Unmittelbar vor der großen Entscheisuug gilt es noch einmal zu versuchen, Klarheit darüber zu gewinnen, ob es möglich erscheint, das Ziel Xr Neuwahlen zu erreichen — das, wenn die Auflösung des Reichstags überhaupt einen Zweck gehabt haben soll, darin bestehen muß, daß die Gesamt heit der konservativen und die Gesamtheit der liberalen Parteigruppen mindestens ie 100 Mann >n den neuen Reichstag entsenden. Wie stand es doch nach den Wahlen von 1903? Damals verfügte die Rechte über 95 Sitze, die gemäßigten und ent schiedenen Liberalen waren auf 88 Mandate heraboedrückt, das Zentrum mit seinen Verbündeten versiiate über IN, die Sozialdemokratie über 81. Äel>en wir nur um 5 Jahre zu rück, so haben wir ein Bild, dessen Wiederherstellung bei der heutigen Partcikonstellation genügen würde, die dringendsten politischen Ansprüche zu befriedigen. 1898 verfügte die Rechte über 103 Sitze, die ermäßigten und entschiedenen Liberalen zusammen besaßen 101, das Zentrum mit seinen Verbündeten 137, die Sozialdemokraten 56. Wenn damals gleichwohl das Zentrum seine Herrschaft behaupten und befestigen konnte, so lag cs an der Tatsache, daß zu jener Zeit der entschiedene Liberalismus die Regie rung bei den nationalen Forderungen auf militärischem, maritimem und kolonialem Gebiet noch, nicht unterstützie. Ziehen in den neuen Reichstag ähnlich dem von 1898 Kon servative und Liberale mit je über 100 Stimmen ein, so sind wir am Ziel! Die Frage ist, ob cs gelingen wird, Sozialdemokratie und Klerikal-Demokratie mit ihrem Anhang mindestens auf die 1898er Zahl von zusammen IW herabzudrücken. Was das Zentrum und Zeinen Anhang anbetrifft, so ist die Zahl der ihnen «bzunchmenden Mandate ja nicht groß; doch ist — auch abgesehen von der zwischen Zentrum und Polen zu erwartenden Verschiebung — nicht der ganze ultra montane Besitzstand unangreifbar. Wo Konservative und Freisinnige über alle Gegensätze hinweg sieb bereit finden, der Wahlparole der Regierung zu folgen, können einzelne Zentrumssitze immerhin erobert werden. Und wie steht es um de» anderen Faktor, die Sozial demokratie? Daß sie wieder auf den Stand von 189Z mit 56 Stimmen hcrabgedrückt werden könnte, wagt kaum jemand zu hoffen. Aber auch geringere Erfolge würden bereits aus reichen. Man muß sich vergegenwärtigen, daß im Jahre 1908 die Sozialdemokraten nur in 14 Wahlkreisen bei der Hauptwahl mehr als 50 Prozent der Stimmen oller Wahl berechtigten am sich vereinigen konnten! In ungefähr der Hälfte oller Wahlkreise, in denen die Sozialdemokratie siegte, bekam sie bei der Hauvtwahl von 1903 40—50 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten. In 5 Kreisen nur 20—30 Prozent, doch sind diese scheinbar am leichtesten zu rückzuerobernden Mandate ^urch das Zusammengehen von Sozialdemokratie und Zentrum den zu bekämpfenden Par teien gesichert. Am greifbarsten bleiben daher die 18 Kreise, in denen bei der Hauptwahl von 1903 die siegreichen Sozialdemo kraten nur 30—40 Prozent 'er Stimmen aller Wahlberech tigten an sich zogen. In diesen Wahlziffern von 1903 liegt die stärkste Mahnung an die bürgerlichen Parteien und vor allen Dinoen an die Partei 1 :r Nichtwähler. Wo die So zialdemokratie sich nicht auf die gütige Unterstützung ihrer Freunde aus der Klerikal-Demokratie stützen kann, da darf kein Wahlkreis aufs neue den Sozialdemokraten anheim fallen, in dem sie 1903 kaum 40 Prozent der Wahlberechtig ten in der Hauptwahl mit dem roten Zettel an d-e Urne zu ziehen vermochten! Gelingt es der Rührigkeit der bürgerlichen Parteien, dicsis Ziel zu erreichen, dann wird der neue Reichstag eine Zusammensetzung au'weiscn, ' ie ziffernmäßig Verhält nissen ähnelt, wie sie um die Jahrhundertwende Herrichten, politisch aber sich ungleich günstiger gestalten würde, da die Stimmen des entschiedenen Liberalismus nunmehr der posi tiven Seite zuzuschlagen sind und daher der Bann gebrochen ist, sobald der Gcsamtlrberalismus gleich der Rechten über 100 Mandate sein eigen nennen dars. Also sort mit dem Pessimismus und an die Urne, Mann für Mann! In leirler Zliiuäe. täur Wahl in Leipzig-TlaSt.) * Achtung'. Tie jüc den nationalen Kandidaten in Leipzig-Slavt gülizzeu Wahlzelle! lauten: Tr. Johannes j« l'fjpss.a. — Es in augenscheinlich nicht Lberflüisig, hierauf ausdrücklich aufmerksam zu macpeu, va uns von glaubwürdiger Seite versichert wirs, man habe in einzelnen Straßen der Stadt den Versuch gemacht, diese giltigen Wahlzettel gegen andere zu vertauschen. Gütige Wahlzettel für Dr. Johannes Juuck sind auch vor jedem Wahllokal zu haben * FauftSick. Von israelitischer Seite wird uns geschrieben: „Es wird nie mehr gelogen als vor einer Wahl, während eines Krieges unv nach einer Jago." An dieses Bonmot er innert em Flugblatt, daS gestern zahlreich»!, israelitischen Mit bürgern zugesanrt unv auch am Brühl verteilt wurde. Es ist unlerzeichnei: „Mehrere iSrae kl n sche W ä b ter" unv ent halt als bezeichnende Beigabe einen Stimmzettel sirr — Heinrich Lange. Auf ten in Jbrein Blatte wobt ein dutzenrmal widerlegten Inhalt veS Flugblattes brauche ich nicht einzu geben. Es charatterisierl sich kurzweg als Pamphlet unv gipjett, wie gesagt, in der Bebaupiung, daß „kein Freund der Weiiereniw ckelung des Hanvels und der Jntustrie" Herrn Tr. Junck seine Stimme geben, vielmehr nur sirr den Sozialdemokraten Heinrich Lange stimmen tönne. — Im Namen aller israelitischen Bürger Leipzigs muß gegen die sau st dicke Lüge protestiert werden, daß tiefes Pamphlet, wie die zweifellos gefälschte Unterschrift glauben machen will, von „mebre>en israelitischen Mitbürgern" verfaßt over verbreitet sei. Wir Leipziger Israeliten haben von An fang au der Kandidatur VeS Heirn Justizrat Dr. Junck sympathisch gegenübergestanden. Wir sind davon überzeugt, daß er ein wahrhaft liberaler Mann ist. Wir stimmen seinem Progiamm rückhaltlos zu unv werden Maun für Mann an die Urne treten, um Herrn Dr. Junck zum Siege zu verhelfen. Daran wirv uns keia Wabl- manöver bindern, und wäre es noch so raffiniert ausgedacht, wie der arge Schwindel, der hier mit der Unterschrift „Mehrere israelitische Wähler" getrieben wurde. H." * Reichstage wähl und Beamte. Ein „alter Postbeamter" schreibt uns: In letzter Stunde richtet die Umstuezpartei an die Unterbeamten und Angestellten der Reichs-, Staats- und Gemeindebehörden ein Flugblatt, in dem diese Wäbler aus- gesoidert werden, für den sozialistischen Kandidaten einzu» freien. Unter Bezugnahme aus eine Auslassung der Leipziger Beamtenzcitung, die in ihrer Nummer 2 in scharfen Worten beklagte, daß Herr Dr. Junck ,n seiner ersten Wahlrede der Beamten »nt keiner Silbe gedacht habe, glaubt die rote Internationale, die Beamten für ibren Kandidaten zu ge winnen. Diesmal dürste sie sich aber gründlich verrechnet haben. Alle Beamten wissen, daß Herr Dr. Junck nach seiner öffentlichen Erklärung es für selbstverständlich ansieht, daß er als liberaler Vertreter für vaS Wohl der Beamten und Angestellten nach Krusten «intreten wird. In der Versammlung am 21. d. M. bat er der Lage der Beamten und Unlerbeamten besonders austührlich gedacht und aus drücklich erklärt, daß er eintrete für eine der wirtschaftlichen Lag« entsprechende Einkommeasoerbesserung dieser Klassen. Der Staat hätte die Pflicht, seine Beamten so zu stellen, daß sie, geschützt vor Not und Sorge, sich und ihre Familie angemessen unterhalten können ; dieser Pflicht müsse der Staat unter allen Umständen Nachkommen und könne sich derselben auch mit Rücksicht auf die Finanzlage nicht entziehen. — Auch versprach er, sür die Einführung von Beamlen-Aus- schüssen in der Reichspostoerwaltung einzutreten, da sie sür beide Teile segensreich wirken würben. Diese sür die ganze Bcanitcnfchast bedeutsame. Erklärung, die daS Flugblatt natürlich verschweigt, ist ibr mehr wert, als die leeren Ver sprechungen der Umsturzpartei, denn die Uederzeuguag muß jeder nationale Wähler haben, daß Dr. Junck nicht nur seine Versprechungen unter allen Umständen halten wird, tonveru auch darüber hinaus sich als Vertreter der Gesamt- inieressen des deutschen Volkes, nicht aber einer ein zelnen Partei oder Klasse erweisen wird. Das Flug blatt verschweigt klüglich, daß die Leipziger Beantteu- zeilung später selbst durch Flugblätter und Leit- ariitet an alle Beamte und Festbesoldete die dringende Auf forderung richtet, am 25. nur unserem Vertreter Dr. Junck ibie Stimme zu geben, nachdem sich dieser Kandidat für die Vertrelung unterer Wünsche ttar und deutlich ausgesprochen hat. Diese Erkläiung begrüßen wir deshalb mit besonderer Genugtuung, weil nun jeder Beamter weiß, daß er nicht zwischen Zentrum und nationaler Partei zu wäblen hat, sondern nur für Dr. Junck. Die „Beautteutteuuklichkeil" des Zentrums haben nur bereits an rieier Stelle genügend beleuchtet uns das LiebeSwcrben der Sozialdemokratie läßt die deutsche Beanuewchan kalt. Denn es kann dieser Partei niemals darum zu tun fti-, die besteb-ur« Unzufriedenheit zu beseitigen, sondern sie nch: sie r e.mecr durch ausbetzende Versprechungen zu vergrößern und auszubeulen. Der Beamte und Festbesolvete weiß, daß er unter allen Umständen bei Abgabe seines Stimmzettels seines Treueides eingedenk zu bleiben bat. Tenn böher als jedes Partelintcresse unv ReU- gionspolitlk und höher als alle Soudelwunschc steht ihm daS Wohl des Vaterlandes und der Monarchie: die vielgerühmte Freiheit VeS Zukunslsstaates bedeutet nichts anderes als brutale Gewaltherrschaft weniger uns niedrigste Knechtschaft aller. Um die Beamten brauchen wir uns der der Eutscbeiduag nicht zu sorgen, denn wir ballen treu zu Kaiser und Reich, nicht nur deshalb, wert wir Beamte sind unv- uns dem Staate und unserm Laudesherrn als treue Diener angelebr baben, sondern weil wir unie,er ganzen Herkunft, Erziehung und Ueberzeugung nach jederzeit national suhlen und denken. Tas wollen und müssen wir heute dis auf den letzten Manu beweisen. (Weiteres zur Wahl s. 2. Beilage.) Uogamcde ssotluplion. Ungarn hat Unglück mit seinen Ministern. Kaum war ein Jahrzehnt verflossen feit der Einrichtung einer selbst ständigen Regierung in Pest, da mußte der Miuisterprästdenk Graf Lonpav fort von seinem Platze, weil er das Finanz ministerium gar zu auffallend wohlhabender verlassen als an getreten hatte. Freilich bat die dumme Geschichte seines Neffen nicht geh'ndert, der zweite Mann der österreichischen Kronprinzen-Witwe zu werden. Wie tapfer verstand die Opposition, die Unabhängigkeits partei, in solchen Fällen zu schmälsten! Nicht allein auf den Schuldigen, sondern noch weit mehr auf die Freunde, die den fallenden Mann zu halten suchten. Und find nun selbst der Sünde bloß! Nicht in Polontiis Verfehlungen liegt das Schimpfliche für die herrschende Partei. Das kann jeder Fraktion be gegnen, zedcr Negierung, daß in ihrer Mitte ein räudiges Lchaf gefunden wird. Aber je durchgeistigter, je ausgebil deter und fester gegründet das politische Leden eines Volkes, je gesünder das moralische Empfinden des Volkes selbst ist. desto schneller wird in solchen beklagenswerten Fällen das unwürdige Glied abgestoßen. In ^England blieb der hochbegabte Minister Dilkc keine 24 Stunden im Amte, nachdem er als Ehebrecher entlarvt war! Es sieht schon bedenklich ans, wenn kompromittierte Staatslcitcr es wagen dürfen, sich an ihr Portefeuille zu klammern. In Belgien ließ einmal ein klerikales Kabinett es so weit kommen, nach der gerichtlichen Brandmarkung einer „frommen Gründung" der Volksstimme zu trotzen, ob wohl diese nicht mehr bloß in der Presse und in Versamm lungen sich äußerte, sondern aus der Straße den Hart hörigen das Wort „Demission!" in die Ohren sckrre. Sie blieben, bis König Leopold, der doch so robuste Nerven hat, ihnen das Portefeuille absorderte. Auch Herr Polonyi besitzt ein tüchtiges Phlegma. Er hat keine Eile. Er läßt eine, zwei Wochen verstreichen, ehe er endlich den „Verleumder" vor Gericht belangt. Allerdings hat dieser „Verleumder" inzwischen revoziert und dcpreziert. Aber dabei soll ein noch schlimmerer «Skandal vorgeaangcu jein. Der Hausarzt des Herrn Halmos hat das Nerven system seines Patienten für so schwach erachtet, daß es einer gerichtlichen Prozedur nickt ausgesetzt werden dürfe: 24 Stunden Verlängerung der Aufregung würden ihn ins Irrenhaus bringen. Die Söhne freilick, sind weniger über zeugt von dieser ungünstigen Diagnose des AeskulapjiinaerS: sie wagen in ihrem Laicnunverstand sogar die unerhörte Ketzerei gegen die hohe Wissenschaft auszusprechcn, daß sie ihren Haus-Galen unverblümt für bestochen durch den Herrn Justizminister erklären! Trotz alledem hätte vielleicht die Oesscntlichkeit sich be ruhige» müssen, wenn ihr die Revokation des Anklägers mit dem nötigen Nachdruck uiiter die Nase gerieben worden wäre, besonders von staatsanwaltschaftlicher Hand! Aber nun trat ein Abgeordneter Lengyel vor, der noch ein zweites Scbuldbuck über den Herr» Minister aufgemacht hatte. Uns Ausländer interessieren die Einzelheiten auS dem Vorleben Polonvis herzlissi wenig. Der Mann ist uns nie ioiiipathisch gekvesen, wir baben ibn immer für den bösen Geist der Kossuthpartei gehalten. Nach dem Tode des vou WM Ms! WM t WM, M lil! UM M!
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