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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.01.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070125028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907012502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907012502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-01
- Tag1907-01-25
- Monat1907-01
- Jahr1907
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Bezuqs-Preis für Leipzig und Vororte: In der Haupt- Expedition oder deren Au-gabesiellen ab geholt monatlich: Ausgabe (1 mal täglich) 70 Pf, Ausgabe ti iL mal täglich) 80 Pf., bei Zustellung ins Haus Ausgabe 80 Pf., Ausgabe ö l Mark. Durch unsere aus- ivärligkn Ausgabestellen und durch die Post bezog»» (l mal lügliä>)tnnerkalb Deutschlands monatlich I Mark, für Oesterreich-Ungarn ü U 45 d vierteljährlich, die übrigen Länder lour Heitungspreisliste. Diese Nummer lostet auf 4 allen Bahnhöfen und bet III -Idl den ZeitungS-Berkäusera i* Rcdatlion und «ixpeSitio«: Johaunisgafse 8. Telephon Str. 1b3, Sir. 222, Sir. 1173. Berliner Redaktions-Bureau. Berlin d>1V. 7, Prinz Louis Ferdinand- Stratze 1. . Telephon I, Nr. 9275. Abend-Ausgabe 8. UchMcr TaMatt Handelszeitnng. Amtsblatt des Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. An^eiqeu-PreiS Auzeigen-Aunahme. AuguftuSpiatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allenAnnoacen. Expeditionen des In- und Auslandes. die «gespaltene PetitzeUr für Geschäfts» tnseratr aus Leipzig und Umgebung LS Pf, Familien^ Wohnung»» n. Etellen-Bnzriaeu, sowie An- und Verkäufe 20 Pf, finanziell« Anzeigen 30 Pf, für Inserate von auswärts 30 Pf. Reklamen 75 Pf, au-wärtS 1 Mark. Beilage gebühr 4 Mark v. Tauseno exkl. Postgebühr. Geschäftsanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Toni. FürInserate vom Auslande beiondererLaris. Für da- Erlcheinen an bestimmten Tagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Haupt-Filiale Berlin: CarlDuncke r,H«rzgl.Bayr.Hofbuchhandlg, Lützowstraße 10 (Telephon VI, Nr. 4603). Ktlial-Expedition: Dresden,Marienstr.34. Nr. 25. Freitag 25. Januar 1907. lOl. Jahrgang. Nationale Männer! Wer bis zu dieser Stuude noch nicht seiner Wahlpflicht genügt hat, wähle — wähle sofort. Die Wahlhandlung wird pünktlich nm 7 Uhr geschlossen. Wer die Beteiligung all ihr ver säumt, lädt eine schwere nationale Schuld auf sich. Darum in allerletzter Stunde: Wählt noch Vk. Msim» Mrlk! Vas Neueste vom Lage. (Die nach Schluß der Redaktion eingegaugeneu Depeschen stehen auf der 3. Seite des HauvtblatteS^ Verbilligung der Aleischcinfuhr. Durch den gestrigen Beschluß des Bundesrats die Ge bühren sür die Untersuchung des Fleisches bei der Einfuhr vorläufig herabzusetzen verzichtet das Reich aus etwa 36 bis 37 Prozent der bisherigen Einnahmen. Ministerium Maura. Die Konservativen kehren in Spanien ins Regiment zurück! Der König empfing gestern Montero Rios und Eanalejas und konferierte mit ihnen über die Miiiisterkrise. Beide rieten dem Monarchen, seine bisherige Politik sort- zusetzen und den Liberalen von neuem die Zügel der Re gierung zu übergeben. Späier hatte der König Besprechungen mit Maura, Lopez Donnnguez und Ararraga, sowie dem ehemaligen Kabinettschef Bigo de Armygo. Schließlich be auftragte der König Maura mit der Neubildung des Kabinetts. Man glaubt, daß das Kabinett heul,, zusammengestellt werden wird. Beilegung SeS Zwischenfalls. Das englische Auswärtige Amt veröffentlicht die zwischen Sir Edward Grey und dem Kabinett in Washington aus- getaufchteu Schriftstücke über Kingston, nach denen der Zwischenfall nunmehr erledigt ist. Aus Kuba wird gemeldet: Die Bewegung für ein amerikanisches Pro tektorat oder eine andere Form einer dauernden und wirk samen amerikanischen Kontrolle nimmt täglich zu. Die Zeitungen fast aller politischen Färbungen in Habana stimmen j darin überein, daß das der einzige Weg sei, Kuba vor einer Wiederholung der revolutionären Bewegung zu schützen. — Der Dollar besitzt eine gewaltige Ueberredungstünst. William Whiteleys Ermordung. Die Ermordung des Besitzers eines der größten Londoner Warenhäuser, des Großkaufmannö William Whiteley, über die wir bereits berichteten, hat die englöche Hauptstadt in eine tiefe Erregung versetzt. Die Anteilnahme ist um so lebhafter, als das Opfer eine der bekanntesten Londoner Persönlichkeiten ist. Ueber die mysteriöse Angelegenheit wird jetzt aus London ausführlich telegraphiert: Einer der populärsten Männer Londons und von ganz England, der Großlausmann William Whiteley, Inhaber des großen Warenhauses in Weslbourne Grove, ist dort gestern nachmittag von einem jungen Mann, der sich Cecil Whiteley nennt und ein Sohn Williams zu fein be hauptet, durch zwei Revolverschüsse getötet worden. Unmittelbar daraus richtete der Mörder die Waffe gegen sich selbst, brachte sich lebensgefährliche Verletzungen bei und mußte in das Marien-Hospital nach Paddington geschafft werden, wo er nach Ansicht der Aerzte hoffnungslos canieverliegt. Die Tragödie, welche bei der ungemeinen Popularität des Opfers beispielloses Aufsehen erregt, ist ihren Motwen und ihrem inneren Zusammenhänge nach in völliges Dunkel gehüllt. Aeußerlich spielte sie sich nach den Berichten von Augenzeugen folgendermaßen ab: Whiteley war gestern wie immer gegen Mittag in sein von der Spitz.-nabteilung des Warenhauses aus zugängliches Privatkontor gelommen und verließ es mit gewohnter Pünktlichkeit 5 Minuten vor 1 Uhr, um sich zum Lunch zu begeben, als vor der Burcautür ein elegant gekleideter Mann von etwa 30 Jahren sich an ibn herandrängte und ihn in ein Geipräch zu verwickeln suchte. Whiteley winkle deni anderen mit der Hand ab und ging an ihm vorbei, hatte aber noch nickt drei Schritte gemacht, als der Fremde mit den Worten: „Wenn Sie nicht hören wollen, sollen Sie fühlen", einen Revolver auf ihn richtete und zwei Schüsse daraus abgab. Der erste traf den alten Whiteley hinter dem rechten Ohr, drang ins Gehirn und führte den solortizen Tos herbei. Der zweite streifte nur den Hinterkopf des Zulammenbreckenden. Darauf sckoß der Angreifer sich eine Kugel ,n die Stirn und verlor das Be wußtsein. Als ihm >m Hospital die Besinnung aut einige Minuten zurückkehrie, gab er seinen Namen alS C c>1 Whiteley ai, und erklärte, seinen Vater ermordet zu haben. Die beiden Söhne des Geröteten wollen jedoch von der Existenz eines drillen Bruders nichts wissen. Ueber die Bedeutung des Geschäftsmannes Whiteley ist noch zu berichten: M t Ersparnissen von wenigen hundert Pfund eröffnete er 1863 in der Straße Weslbourne Grove ein eigenes Kurzwarengescbäfl, das er unter Hinzu kauf der Nachbarhäuser und stetiger Vervielfältigung der Geschäfts zweige zu dem größten Detailhame des Westenrs erweiterte, das gegenwärtig üoer 6000 Angestellte zählt, dessen Baulich leiten ein Areal von 16 Acres bedecken und kessen Betrieb einen jährlichen Reingewinn von über 2 Millionen Marl abwirft. polnischer. * Kolonialdircktor und Reeder. fieber die Unterredung, die derzeit zwischen dem deutschen Kolonialdirektor Dcru- burg und dem Hamburger Reeder Wo ermann statt- tand und zu dem Bruche der deutschen Regierung und der Reederfirma Wvcrmann führte, werden jetzt folgende Ein zelheiten bekannt. In der Unterredung wurden in erster Linie die hohen Frachtsätze vom Kolonialdirektor Ternburg bemängelt und eine wesentliche Herabsetzung derselben ver langt. Woermann lehnte das in ziemlich schroffer Weise ab und sagte: „Daraus wird nichts. Ueberhaupt können Sie ja gar nicht mit jemand anders verschiffen. " Ternburg erwiderte: „So, meinen Sie das wirklich?" worauf Woer mann sagte: „Ja, das meine ich." Darauf drehte sich der Kolonialdircktor kurz um und sagte zum nicht geringen Er- stanncn des Reeders: „Nun, dann sind wir ja miteinander fertig." Die Folge dieser Unterredung war, daß gegen die Woermann-Linie eine neue Konkurrenzlinie ins Leben tritt und Wocrmann nicht mehr der einzige Verlader nach den deutschen Besitzungen in Afrika ist. Dieser Konkurrenz tritt die Woermann-Lmic mit der enormen Herabsetzung der Frachten, nämlich um 40 Prozent, entgegen. Die neue Linie wird also einen schweren Stand haben, doch findet sic die Unterstützung der Regierung und Anklang in Handels kreisen. Wie verlautet, verfolgt Herr Ternburg hinsichtlich der Schiffahrtsverbindungcn zwischen Deutschland und Afrika noch weitere größere Pläne, die eine umfassende Ver mehrung und Ausbau der Verbindungen erwarten lassen. nie. Im Kolonialamt ist seit der Berufung Ternburgs eine Umformung des Schreib- und Rechnungswesens in die Wege geleitet worden. Es besteht die Hoffnung, daß^ soweit Vereinfachung dieses Dienstes und Minderung des Schreib werkes auch für andere Verwaltungen sich empfiehlt, größere Annäherung an kaufmännische Praxis auch bei ihnen ver sucht werden kann. Wir dürfen darauf Hinweisen, daß im Posldienft seit Jahrzehnten in diesem Sinne reformiert wird. Als der vorletzte Neichsschatzsckrctär Frhr. von Thicl- mann an die Spitze der Reichsfinanzvcrwaltung berufen wurde, bemühte er sich, aus Grund seiner Erfahrungen, die er namentlich auch in Washington im Verkehr mit Ver tretern der nordamcrikanischen Handclswelt und durch Ein blick in die Ar: des Geschäftsverkehrs in den Vereinigten Staaten gewann, allerhand Vereinfachungen in bezug auf das Kanzlei- und Kalknlatorwesen cinzuführen. Er stieß aber dabei auf so viele Hindernisse, daß sein Eifer bald er lahmte. Vielleicht nimmt indes Frhr. v. Stengel die ge scheiterten Versuche wieder auf. * Bestrafung und Haftbarmachung von Eiscnbahnbcdienste- tcu. Man schreibt uns: Der preußische Eisenbahnmlnister hat folgende Verfügung erlassen: Wenn an Betriebsunfällen und an anderen Vorgängen Bedienstete mehrerer Direktions bezirke beteiligt sind, deren zivil- oder strafrechtliche Verant wortlichkeit in Frage kommt, so hat die die Untersuchung führende Eiscnbahndirektion sich nach Ermittelung des Lach verhaltes zunächst mit den übrigen beteiligten Eisenbahn direktionen über die Schuldfragen und deren Verfolgung zu verständigen, damit eine ungleichmäßige Behandlung des Personals der verschiedenen Bezirke vermieden werde. Kommt eine Einigung hierüber nicht zustande, so ist von der Eiscnbahndirektion, in deren Bezirk sich der Vorgang er eignet hat, an den Minister zu berichten. -st- Obcrbalmassistent. Die preußischen Eisenbahn- assistcnten erhalten vom 1. April dieses Jahres ab, lowrn sie eine fünfjährige, befriedigende Dienstzelt als Eiienbayn- asmtent verbracht haben, den Titel „Oberbabnassistent" bei gelegt. * Einschreiten gegen eine sozialdemokratische Redaktion. In den Räumen der Mannheimer „Volksffimme" und den Wohnungen ihrer drei Redakteure wurde heute eine Haus suchung gehalten. Die drei Redakteure wurden einer Leibes visitation unterworfen. Gesucht wurde nach dem Original und dem Kliicl - des in der gestrigen Nummer der „PolkSstimme" veröffentlichten Bildes, nach dem Manuskripte des begleiten den Textes und nach den Korresponden'en über die Ange legenheit. Es wurde nichts --effinden. Veranlaßt wurde die Aktion (laut „Vorwärts") ' urch einen Antrag des Schutz- tvuppenkommandos. Das Bild stellt eine Hinrichtungs szene nach einer in Afrika aufgenommenen Momentphoto graphie dar. An einem langen Baumast, der an feinem freien Enbe gestützt ist. hängen nebeneinander sechs Neger. Schuhtruppler verschiedener Grade betrachten die grausige Gruppe. 1' * Revolutions-Drohung. In Duisvürg wurde eine sozialistische Versammlung aufgelöst,als . der Kandidat Hcngstbach erklärte, wenn man den Sozialisten das Wahl recht nehme, so würden sie sich mit—allen Mitteln wehren, wenn auch einige von ihnen auf das Schafott kämen. * Die Revanche. Die von der französischen Re gierung empfohlenen freien Vorträge für Univcrsitätshörer über militärische Fragen haben begonnen. Im Amphitheater von Poitiers sprach Major Lebreton über das Schnellfeuer geschütz. im Amphitheater von Lille Major Coquelin-Lisle über die tieferen Ursachen der deutschen Erfolge von 1870. Eoguelin glaubt, daß dem einzigen Worte „Erbfeind", das jedem Deutschen blutiger Ernst gewesen sei, ebenso großer Anteil an jenen Erfolgen zukomme, wie dem Moltkeschen Generalstabe. Er fordert die französische Ju gend aus, des der Nation 1870 widerfahrenen bitteren Unrechtes allezeit eingedenk zu bleiben und an der Tilgung jener Schmach rüstig m i t z n a r b e i t c n. Diesem Vorträge vräsidierte Herr Gautier, der Kabinetts direktor des Unterrichtsministers Brian d. * Mr. Bihourd. Das französische Amtsblatt veröffent licht ein Dekret, das den Botschafter in Berlin, Bihourd, zum Großorsizier der Ehrcnligion ernannt. * Vivianis Rundreise. Der französische Arbeitsminister wird nacheinander die Städte Frankreichs besuchen, um Ab ordnungen von Gewerkschaften und den übrigen Arbeiter organisationen zu empfangen. Viviani beginnt seine Reffe a.m 10. Februar mit dem Besuch von Orleans, wobei ihn Millerand begleiten wird. * Die Inventur. Bei der Inventaraufnahme in der Basilika Saintc Anne d'Auray kam es zu einem Zusammen stoß zwischen Katholiken und Polizeibcamten. Die Gen darmen wurden beschimpft; ein Sichcrheitsbeamtcr verletzt. Mehrere Personen wurden verhaftet. Tie Geistlichen, welche sich in den Glockenturm geflüchtet hatten, wurden daraus vertrieben. Die Türen der Kirche wurden zertrümmert. Hierauf ging man an die Inventaraufnahme des Kirchen schatzes, der militärisch bewacht wird. Die Gendarmen übernachten in der Kirche. * Baronin Schönberger. Die in die Polonyiafsäre ver wickelte Baronin Schönberger erklärte einem Mitarbeiter des „Nap", daß sie für Kossuth die Audienz beim Kaiser durchgesetzt und wiederholt bei Hofe für die Koalition intcr- veniert habe. Sic sei in der Angelegenheit auch bereits einmal vom Monarchen empfangen worden. Trotz ihrer großen Ausgaben habe sie nichts empfangen, und jetzt be schimpfe man sie noch. * Der Hausarzt. Im Zusammenhänge mit der Affäre Polonvi insultierte der Hausarzt des Bürgermeisters Hal- mos, Dr. Wein, den Schwiegersohn Halmos', Dr. Stiller, auf offener Straße. Wein hätte Halmos zur Zurücknahme feiner Anschuldigungen gegen Polonyi bewogen. * Der marokkanische Regicrungsdampser „Turki" ist in folge eines Sturmes an der Küste aufgelaufen. Man glaubt, daß das Schiff verloren ist. Die Besatzung ist gerettet. * Das Christcnprotektorat im Orient. Im Anschluß an die Uebertraaung des Protektorats über einige Kongrega tionen des Orients auf Italien wird mitgeteilt, daß die französische Regierung durch diesen Akt keineswegs den Schutz über die Katholiken im ganzen Orient an Italien übertragen wolle, sondern Italien in diesem speziellen Fall allein eutgcgengekommen sei. *Dcr argentinische Kongreß wird geschlossen werden, ohne daß der Zolltarif eine Aenderung erfährt. * Der Ausstand in Rosario. Die Arbeitervereinigungen erklärten sich mit den Ausständigen in Rosario solidarisch und faßten den Beschluß, den Gencralausstand zu beginnen. Die Blätter tadeln ste wegen des Schrittes. Die Bebörden treffen Maßnahmen. * Nach Sibirien. Aus Befehl des Generalgouverneurs von Odessa wurden 17 Mitglieder des unlängst verhafieten sozialistischen Komitees dem Kriegsgericht übergeben uns nach dem Norden verbannt. * Ter Fall Nikitin. In dem Artikel der „Ruß" gegen den Ministcrgehilfen Nikitin heißt cs: Im Jahre 18^ Hal Nikitin einen Vertrag mit der schwedischen Holzfirma Wil son, Stampe u. Eie. über Fällung und Export von.Bau holz im Petschoragcbiet abgcschlosicn. Nach Abschluß des Vertrages meldete der ältere Revisor der Domänenvcrwal- tung des Gouvernements Wologda, Skakowsli, daß die gc- nannte Firma grobe Mißbräuche mit ihrem Vertrage treibe, daß sie das Holz nicht im Petschoragcbiet, sondern an der nördlichen Dwina fälle und exportiere, wo das Holz fast dreimal fo wertvoll sei wie an der Petschora. Alle Klagen Skakowskis wurden unter den Ministern Jermolow, Schwanebach, Autler und Stischinski ignoriert, sa, um Skokowski den Mund zu stopfen, wurde dieser noch ^jäh rigem Dienst statt mit 400 mit 1000 Rubeln Pension verab schiedet, worauf dieser Mensch mit dem „härtesten Undank" reagierte und beim Senat klagbar wurde. Der Senat ent sandte zur Untersuchung des Falles einen Beamten, der nicht nur die volle Bestätiguna der Unklagen Skakowskis mit- brachte, sondern auch die Fälschungen und Untcrschleife Niki tins feststcllte. Der Gehilfe des Obcrprokurators Kamy- schanski erhob bierauf gegen den Ministergebilfen Nikitin die Anklage, wobei er von dem einftimmgen Urteil von 21 Senatoren unterstützt wurde. * Ehinesischc Verschwörer. Eine große Anzahl Geheim bündler, vorwiegend aus Japan zurückgekehrte Studenten, wurde in Wutschang verhaftet. Das tatkräftige Vorgehen Ehang Chihtungs wird auf eine bestimmte Anweisung von Peking zurückgesührt. * Chunchnsen. Eine Bande von etwa sechzig Ehunchusen machte einen Angriff auf einen chinesischen Flecken in der Nähe der Station Murawicto—Amurski. Der Angriff wurde von russischen Kosaken zurückgewiesen; dabei wurden zwei Ehunchusen getötet und fünfzehn gefangen genommen. Die Gefangenen wurden den chinesischen Gerichten übergeben und von diesen zum Tode verurteilt. Das Urteil ist voll streckt worden. Feuilleton. IVer bei bürgerlichen Levvegungen parteilos bleibt, verliert allen Anspruch auf Hyre. Solon. lUein Images 1-eben hat mich gelehrt, ciasi man viel verleihen unck nichts vergessen ckarf. Suirol. Lin wenig Vergessenheit schallet nicht ller Aufrichtigkeit lles Verleihens. Lklecs. ckeia lieben hat mich gelehrt, llap ich viel ru vergessen habe uall viel mir verleihen lassen mup. ölsmaeck. wiener Lheater. Von Ludwig Hirschfeld <Wien). In hundert oder zweihundert Jahren wird cs vielleicht geschehen, daß ein wohlwollender Professor einem streb- lamen Kandidaten der Germanistik ein hübsches Disser tationsthema ans Herz legt: Wiener Theaterlcbcn am An fänge des 20. Jahrhunderts. In der Tat eine dankbare und ergötzliche Ausgabe, eine Epoche darzustcllen, in der Wien so jugendlich lebhaft in die Literatur und in die Moderne lüneinaehüpft ist, und dem gelehrten Jüngling wird es ge wiß nicht schwer fallen, dieses bunte Leben wissenschaftlich ,u deuten, in ein Schema zu zwängen, in Paragraphen und Unterabteilungen zu gliedern und jeder Erscheinung ein Täfelchen umzuhängen Nur das Stückchen Zeit, in dem wir gerade selber leben, wird den strebsame« Kandidaten einiger maßen in Verlegenheit bringen, io vielseitig und vielfarbig wird es sich ihm darbieten, undefinierbar und undeklinierbar, und er wird es darum als ein ästhetisches Neutrum an sehen und damit nichts Rechtes anzujangcn wissen. Es wäre hübsch, zu erfahren, was für ein Täfelchen man uns, in hundert Jahren umhängen mag, aber die Befürchtung liegt nahe, daß dies nicht abzuwarten sein wird, und darum wol len wir die Deutung auf aut Glück selber versuchen. Das Wiener Theaterleben gerät, scheint cs, allmählich in einen bedauerlichen Zustand der ästhetischen Charakterlosig keit. In den Tagen Grillparzers waren wir gegen alle geistige und künstlerische Zugluft durch eine, schwarzgclbc chineusche Mauer geschützt, und diesem maßlosen Konserva tivismus ist nun auf dem Umweg über die Moderne eine maßlose Freisinnigkcit gefolgt, eine künstlerische Politik der offenen Türe, durch die ein internationaler Zugwind herein bläst, der den letzten schwarzgelben Hauch verjagt, bis lchließ- lich unser einst fo idyllisches Theaterlcbcn eine bedenkliche Achnlichkeit mit den snobistischen Raritätcnstagionen Lon dons und New Jorks ausweist. Am raschesten haben unsere Direktoren den qroßindustriel- len Betrieb des Theatergeschäftcs erlernt, das Hinauspeitschen jedes halben Erfolgs und selbst eines Durchfalls zum Sensa tionserfolg. Wo man Hinblicken mag. runden sich jetzt zwei- und dreistellige Aufführunasziffcrn in rotem oder goldenem Druck und von einem Lvroccrkranz umrahmt. Niemals ist in unserer Stadt so viel von diesem wohlschmeckenden Gemüse konfirmiert worden. Heute gilt es Wildes „Idealem Gatten", morgen Lavedans „Bett", nächste Woche Eyslers „Künstler blut und die vergangene Lehärs „Lustige Witwe". Der Rummel, der anläßlich der ZOO. Ausführung dieser Operette hier veranstaltet worben ist, hat alles bisher Uebliche über schritten, auch die Grenzen des guten Geschmacks und der Vernunft. Lchär ist gewiß ein begabter Komponist und seine Operette voll schöner Melodien, aber das ist noch kein Grund, ein förmliches Volksfest, eine trunkene Siegesfeier zu veranstalten, eine Plakette zu prägen, Klavierauszügc zu verteilen und eine Stunde lang Reden halten zu lasten, Ehrungen, wie man sie Lanner und der ganzen Straußgene ration und Millöcker und Suppe zusammengenommen, unser« Größten, die doch auch keine Bettelmusikanten waren, nicht erwiesen hat. Nein, das waren die guten alten Zeiten, wo die Thcaterdircktoren ihr Geschäft noch nicht verstanden, noch nicht wußten, daß Begeistcruna. wenn auch keine jahrelang ciupökelbarc Hcringslvarc, so doch eine Sache sei, die man schlau schüren und aufstacheln kann, bis das Publikum in eine künstliche Raserei gerät, die es selbst sür echt hält. Und jener Direktor, der am Jubiläumsabend das scheinbar läp pische Wort sprach: Mit dem heutigen Tage ist Wien in die Reihe der Weltstädte getreten — der hat da unversehens ein Stückcken des innersten Geschäftsgeheimnisses verraten. Nicht all Direktoren verstehen cs, das Publikum so zu begeistern und aüszuregen. Zum Beispiel auch der Dr. Paul Schlenther nicht, der, allerdings bloß artistische, Leiter des Buratkeatcrs. Dieser große Gerhard Hauptmann-Biograph hat Mitte Dezember eine um dreizehn Jahre verspätete Erst- aüfführung der Diebcskomödic „Der Biberpelz" gebracht, über die man sich keinesweg diebisch freuen konnte, und die bloß angenehme Erinnerungen an die einheitlicheren und kräftigeren Vorstellungen des Deutschen Volkstheaters und Otto Brabms' wachrief. An der matten Aufnahme mag wohl auch das Publikum schuld sein, dieses laue, vornehme Burg- thcaterpublikum, das immer zuerst in die verschiedenen Hos- logen blickt um sich zu vergewissern, ob es lachen, weinen und Beifall klatschen darf, vor allem aber die unverantwort liche dreizehnjährige Verspätung, die auch hier, wie bei man- cker öffentlichen Unternehmung, sozusagen eine fahrplan mäßige gewesen ist. Man bak das Stück einfach jahrelang ausraucken lassen, bis cs stin Aroma, seine Gefährlichkeit verlor, bis es buratheaterfähig geworden war —und dann ist es durchgeiallen. Vielleickt macht man in abermals dreizehn -^hren. emen gleichen Versuch mit der „Rose Bernd", die auf den Wink eines Erzherzoginncnsingers verschwinden mußte, vielleicht werden auck diese Freilichtliebeszenen dereinst noch burgthcatcrfahig, was kann man Misten — in Oesterreich! llnb das Burgtheater ist ja seine verkleinerte charakteristische Wiedergabe. Direktor Jarno, sonst ein tüchtiger Geschäftsmann, wirtschaftet letzt im Lustsvieltheater, das er zu Ostern an einen seiner Schauspieler übergibt, nach dem Grundsatz: Fort mit Schaden, dem er Wertvolles und Nichtiges gleich ae- mutSruhrg opfert. Zum Beispiel HarttebenS EinoLterztzÜuS „Die Befreiten", den man bis auf die „Lore" hier schon kannte, der aber wohl einer Gesamtaussührung würdig war. denn er ist echtester Harileben und zeigt auch die leider nach abwärts gehende Entwicklung dieses zu rechter Zeit ver stummten Dichters, von frischem, burschikosem Humor über Satire zu leerer Thcatralik. Vierzehn Tage ipäler: „Ly- sistrata", Komödie von Maurice Donnav. deutsch von Rudolf Lothar, Musik von Amedse Dubag: aristvphaniiche Derbheit und Offenherzigkeit ist unter den Händen des Parisers zur Lüsternheit geworden, zur Lustigkeit, deren man sich schämt, wenn das elektrische Licht wieder ausslammt. Mitten hinein in die Ensuiteaufführungcn dieser natürlich erfolgreichen Dckollctierthcitcn ein hochgeschlossenes Zchauspicl altmodisch ster Fasson: „Falsches Ziel" von Lora Duncker das im Han del schon längst vorkommende Drama des deklassierten Aristo- kraten und guittierten Offiziers, ein Stück, in dem eine Vor zimmerklingel die Exposition besorgt, Rauchen, Esten, Trinken die übrigen Akte ausfüllt und in dem sehr viel ins Schwarze geschossen wird nnd das trotzdem alles eher als ein drama tischer Kernschuß ist. Es hatte, wenigstens bei der Premiere, ziemliclien Erfolg, weil sehr gut gewielt würbe und weil Frau Dora Duncker eine beliebte Erzählerin ist. Nnd die Wiener Literatur? Gestatten Sie, daß ich Ihnen diese Frage zurückacbc. Ja, die Wiener Literatur, wo steckt sie denn? Da ist vor allein das Intime Tbeatcr: Es unterbricht die bis zur Ziffer 250 gediehenen Aufführun- gsn des Lavcdonschcn „Bett" mit dem aus der seinen Ge- Ichichte Balzacs gefertigten Boulevardstück „Oberst Ebabert" von Forest. Im Kleinen Schauspielhaus spielt man Stücke von Amerikanern und Franzosen. Und im Bürgertbeater rauscht siegreich „Ladn Windermeres Fächer" von Oskar Wilde trotz einer Darstellung und einer Ausstattung, die man / als „englisch" noch als „halbenglisch", sondern als roh bezeichnen muß. Also da bleibt nur noch daS Deutsche Volkstbeaier, von dem man endlich, erfreulicherweise Gutes berichten kann. Hier findet man logar die Wiener Literatur. Damit meine ich aber nickt das «Lckauipiel „Ein letzter Dille" von Sieg- dem ein banales Motiv lGeld macht nn- glücklich, Reichtum wirkt wie ein Verhängnis! dilettantisch- ullvekot»« austoesiübrt wird, so dilettantisch und unbeholfen,
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