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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 31.01.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070131023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907013102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907013102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-01
- Tag1907-01-31
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Prinz Friedrich Leopold fuhr, wie aus St. Johann mitgeteilt wird, heute früh lO llhr nochmals nach der Grube Reven, um bei der Bergung der letzten Leichen («gegen za sein. Aus diesem Umstand wollen weite Kreise schließen, daß dort nicht alle« in Ordnung gewesen sei, weshalb auch die Rede des Prinzen so kurz war. Die Erwähnung, er sei geschickt, nach dem Rechten zu sehen, wird heroorgrhoben. Ueber die Ursache der Katastrophe ist nichts bekannt. Die Annahme, daß der letzte Sonntag Einfluß gehabt hat, wird fachmännisch bestätigt; so hatte einer der mit verunglückten Vorfahrer bis Montag früh 4 Uhr einem Balle beigewohnt. Aus Reven wird mitgeteilt: Acht Mann sollen noch tn der Vrube leben. Lte machen sich dnrch Klopfen in der Richtung nach dem Heimatschacht wahrnehmbar'. Von dort sind zwei Fahrsteiger mit Rettungs mannschaften zur näheren Feststellung eingesahren. x> Berzinspektor Müller erhielt durch den Prinzen Friedrich Leopolv den Roten Adlerorden IV. Klasse, die Steiger Groß und Bartsch den Kronenorden IV. Klasse, sechs Bergleute das Allgemeine Ehrenzeichen für Rettungslcistunaen. Weitere Auszeichnungen sieben bevor, namentlich sür den Berzinspektor Engeling, den Steiger HooS und vier Bergleute der Sulz bacher Grube, die sich beim Retten hervorgetan hatten. Elemeneean un» vriaup. Ueber einen Zwischenfall Clemenceau - Briand in der gestrigen Sitzung der französischen Kammer wird gemeldet: AIS Clemenceau in Erwiderung auf JauröS Rede sagte: „Wir befinden uns in vollständiger Verwirrung und Ver- tahrenheir", erhob sich Briand, verließ den SitzungS- iaa.l Lad erUärte in den Wandelgängen der Kammer», daß ihm nach diesen Worten ve« Mi»isterSrssiv«»er« anderes übrig bleibe, als zurückzutreten. Pichon und Thomsen bemühten sich, Briand von seinem Vorhaben ab- zublingen. Clemenceau, der gleichfalls von der Aeußerung BriandS unterrichtet war, erklärte auf der Tribüne der Kammer, daß er niemals die leiseste Absicht gehabt habe, Briand etwa« Unangenehmes zu sagen. Der Beistand BriandS sei sür das unternommene Werk durchaus unerläßlich. Wenn ihm in der Hitze seiner Steg- reifreve ein Wort entschlüpft sei, das Briand verletzen konnte, so drücke er ihm öffentlich sein lebhaftes Bedauern au« und werbe dies auch privatim im Namen der ganzen republi kanisches Mehrheit tun. (Lebhafter Beifall.) Clemenceau verließ hierauf den Saal uud kebrte dann nach einigen Augenblicken mit Briand zurück. Im republi kanischen Lager hat der Zwischenfall einen peinlichen und für Clemenceau ungünstigen Eindruck gemacht. — Ueber die Vorgeschichte des Konflikts wird gemeldet: ES wurde über den von Pelletan und dem ganzen Anhang CombeS' unterstützten Antrag beraten, daß da« Gesetz über die volle Freiheit aller Versammlungen, also über die Auf hebung des bisherigen AnmelvungSzwangeS, erst einen Monat nach dem Erscheinen im Amtsblatte in Kraft treten soll. Die Combisten wollen nämlich, daß während dieser Zeit die Gemeinvevorstänoe durch Beschlagnahme der Kirchen Tat sachen schaffen, die der dem Ausgleich mit den Bischöfen zugeneigte Briand nicht mehr ungeschehen machen könnte. Die Vorlage wurde schließlich im ganzen mit 550 gegen 5 Stimmen angenommen und die Sitzung vertagt. Wieder rin Lchnrke im russischen Ministerium entdeckt. Im Betriebe des ForstvepartementS sind ganz enorme Betrügereien aufgedeckt, duich welche die rmsische Regie rung um viele Millionen Rubel geschädigt ist. Der ehemalige Ches deS ForstvepartementS und jetzige Gehilfe deS Ministers sür Landwirtschaft wird beschuldigt, im Nordowina- Distrilt, wo es immense Wälder gibt, deren Exploitation gar nicht seiner Amlsspkäre unterlag, Konzessionen zu lächer lich billigen Preisen an ausländliche Firmen vergeben zu haben. Die Affäre macht ungeheures Aufsehen. Sin Manifest LtolypinS an die höchsten Verwaltungsbeamten weist die Gerüchte zu rück, daß eine Auflösung der jetzt zu wählenden Duma von vornherein beabsichtigt sei, und dann zum Absolutismus zurück,zekehrt werden sollte. Die Regierung werde treu an der Oltober-Bersasfung festhalten u»d hoffe, mit der neuen Duma, der eine gewaltige und durch die Verhältnisse äußerst erschwerte Arbeitsleistung warte, das Werk der Wieder geburt Rußlands zu beginnen. Der Konflikt t« Persien. Große Aufregung herrscht in Teheran wegen des Kon flikts zwischen der Kammer und dem Schah, der sich weigert, den Ministern zu gestatten, daß sie vor dem Parlament erscheinen. Der Gioßwestr und der Kriegsminister hatten eine vierstündige Unterredung mit dem Schah über die Lage. M«I» LuaoHtbungtn. Es soll bereit« ein Aufruf entworfen worden sein, in dem mitgeteilt werden soll, daß alle Gegner der nationalen Verfassung der Tod erwartet. poMiscves. rl. Das Testament der Königin Marte von Hannover ist jetzt geöffnet wordcn. Es stammt aus dem Jahre 1878, dem Todesjahr Königs Georg V. und ist in Briefform abgefaßt. Ja dem Briese, den die Königin an ihre beiden Kinder, den Herzog von Cumberland und die Prinzessin Friederike ge richtet hat, sagt fie auch ein herzliches Lebewohl und eiuea treuen Segenswunsch ihrem geliebten Hannoverland, welches sich so herrlich bewährte und an seinem angestammten Herrscherhause in allen Anfechtungen und Gefahren seilhielt. Ueber veu Nachlaß ist verfügt, daß der Herzog und Prinzeß Friederike zu Erben eingesetzt sind. Der Herzog wird Eigentümer der Marienburg mit dem gesamten Inventar und hat die Hälfte deS Schätzwertes an die Prinzessin Friederike auSzu- zahlen. Ferner hat die Königin zu gunsten von Wobltätig- keitSanstalten in Stadl und Land Hannover, namentlich sür das Hcnriettenstist und für die Chr»>tu«kirche, sowie für Arme in Hannover reiche Vermächtnisse ausgesetzt. Bezüglich der bestrittenen Kondolierung deS Kaiser« wird jetzt festgestellt, daß der Herzog dem Kaiser den Tod der Königin Marie durch eigenhändige« Schreiben mitgeteilt und daß der Kaffer in dertelben Weise geantwortet hat. * Ausgezeichnete Gemeinden. Am 27. Januar hat der Kaiser als König von Preußen den uckermärkischen Ge meinden Stützkow und Limow in dankbarer Erinnerung an das opfermütiae patriotische Verhalten der Einwohner in schwerer Bedrängnis des Vaterlandes in den Jahren 1806 und 1807 die goldene Medaille verliehen. cä. Die Walfifchbai. Aus London wird dem „Frkf. Gen.-Anz." telegraphisch gemeldet, daß dem Vernehmen nach die Wiederaufnahme der Verhandlungen über di« Abtretung der Walfischbai an Deutschland bc- vovstrhe. Die Grundlage der Abtretung werde das 1898 von Cecil Nodes vorgeschlagene Projekt sein, wonach der Aus tausch gegen Abtretung eines Gebietsstreifens in 'Dcutfch- Oftasrika erfolge, der cs England ermöglicht, «ine afrika nische Zentra lbohn von Kapstadt nach Kairo auf nur englischem Gebiete zu führen. * Die Kosten des deutsch-polnischen Schulkampfes. In folge des Schulstreiks werden von der Posener Regierung in Kosten Baracken im Betrage von 11000 erbaut. Ter Schulvorstand lehnte es ab, den Betrag durch eine Anleihe zu decken, weshalb die katholischen Schulväter die Summe durch eine Umlage decken müssen. Die Schulsteucrn sind in folgedessen auf eine Höhe von 818 Prozent gestiegen. sic. Ausgewicsene Ausländer. Die meiningische Staats- rsgierung hat bi« Ausweisung sämtlicher Böhmen und Tschechen aus dem Herzogtum verfügt. Veran lassung dazu haben die mannigfachen Ausschreitungen und Roheiten gegeben, die von den Slawen verübt wurden. Be kanntlich find infolge schwerer Ausschreitungen vor kurzem auch aus dem Fürstentum Neuß j. L. sämtliche Kroaten aus- * Politik auf der Kanzel. Die „Opladcner Zeitung" schreibt: Der Vikar Kensen in Rheindorf, wo 26 liberale Stimmen abgegeben worden sind, ließ am Sonntag nach der Predigt drei Vaterunser beten für diese .religionsseindlichen" Wähler! W ' , * Eine Reise König Eduards. Aus Dover wird glaub würdig gemeldet, daß über dgS Ziel der Reise des englischen Königspaares nichts Bestimmtes bekannt sei. Man glaubt nicht, daß die Reise lange ffauern werde, Sa der Koma am 13. Februar zur Parlamentserösfnung zugegen sein muß. — Ein« andere Depesche aus Dover meldet: Heute abend traf hier unerwartet die Nachricht eiu, daß ein Sonderdampser Her aus er GeöurtsgroNe Christi" zu zwischen italienischen Franziskanern und für das englische Königspaar und Prinzessin Viktoria am nächsten Sonnabend zur Fahrt über den Kanal bereitzu stellen sei. Die Reis« der königlichen Familie geht an sie Riviera. * Französischer Seuat. Der Senat nahm in der Nacht mit 229 gegen 17 Stimmen das Geiamtbudget an. * Das Unterseeboot. Der amtliche Bericht über den Untergang des französischen Unterseebootes „Lutin" ist nun mehr fertiagestellt. Die Katastrophe wird darauf zurück geführt, daß eine Stelle des Schiffes undicht gewesen ist und das Wasser eindrang. * Polouyi. Die Unabhängigkeitspariei hat in der gestri gen Konferenz ihr Bedauern über den Rücktritt Polonyis ausgedrücki und ferner erklärt, daß die Partei in der Tal sache des Rücktritts keineswegs eine Bestätigung der gegen Polonyi erhobenen Anklagen erblicke. Mit Ruhe sehen sie dem Urteile des Gerichtshofes entgegen, den der Minister angerufen habe. Der Antrag von Kossuth und Apponyi, Polonyi oas Vertrauen der Partei auszudrücken, wurhe unter Hinweis auf die großen Verdienste Polonyis um die Partei aufs wärmste befürwortet. Graf Stefan Karolyi und mehrere andere Parteimitglieder erklärten, den Antrag ablehnen zu müssen: sie wünschten namentlich, daß der Ge richtshof durch Las Eintreten der Partei für Polonyi nicht 'beeinflußt werde. Apponoi bestreitet, Laß dadurch der He- richtsdo» irgendwie beeinflußt werde. Der Antrag wird angenommen!! In der Sitzung des Abgeordnetenhauses wird Polonyi die Gründe seines Rücktritts darlegen. * Mau ras Programm. Ter spanische Ministerpräsident Maura kündigt die Wiedereröffnung der Cortes für Ansang Mai an und verspricht die sofortige Betreibung wirtschaft licher Reformen. Die Regelung der religiöse» Ordenssraaen eile absolut nicht. — Gewiß nicht: bis zum Nimmermehrstage ist es noch lange hin. * Die holländische Zweite Kammer hat die Errichtung einer diplomatischen Vertretung der Niederlande in Tanger beschlossen. * Kleinliche Schikanen bei den russischen Wahle«. Von den in Petersburg gewählten Arbeiterbevollmächtigten wurde einer verhaftet, die übrigen auS- gewiesen. Der Senat erklärte Professor Muljukoff für nicht wahlberechtigt, da er den Direktor posten in der Verlagsbuchhandlung „Obschtschestwennaja Polza", auf Grund dessen er den Wahlzensus erst im Vor jahre erhalten habe, noch nicht ein volles Jahr, sondern 12 Tage weniger inne habelll ' Pogrom in Odessa. Auf der Preobraschenstto-Straße in Odessa brachen Judenhetzen aus. Obschon fie nach einer Viertelstunde von der Polizei unterdrückt wurden, erlitten mehr als 50 Juden Verletzungen. * Die montenegrinische Ministerkrisis. Die Skupschtiya beriet gestern in geheimer ^itunq über die Ministerkrists. Justizminister Railfchewitich erklärte, «s sei dem Kabinett Äbadulowitsch unmöglich, die Negierung wieder zu über nehmen. * Die Christen in Bethlehem. ,.Carriers d'Jtalia" öffentlicht eine vom 23. Januar datierte Mitteilung Jerusalem, in der es heißt: Am 22. Januar, abends, ent- stand in der Geourtsgrotte Christi zu Bethlehem Feuilleton. ILuricsm habe ich alleren Ued gehabt. Wer ckiese Kunst Ilana, cker ist guter Krt, ru allem geschickt. bolver. Was ist ckie üäusikl 8le steht rvischen Eedsnüea uock Erscheinung; als dümmernde Vermittlerin steht sie »vilchen Leist unck üäaterie; sie ist drücken verwandt uock doch von drücken verschieden; sie ist Leist, ader Leist, welcher eines Zeitmaßes bedarf; sie ist Ma terie, ader Materie, die des Kaum es entbehren kann. 5eloe. ääuflk allein ist die Mell spräche uock braucht nicht übersetzt ru werde»; da spricht Seele ru Leele. Uuecbadi. Die Briefe der portugiesische,« Nonne. Bon Anna Brnnnemann lDresden). Unter dem Titel „Schwester Marianna und ihre Liebes- -riefe" veröffentlicht Karl Larsen im Jnselvcrlar den be reits in den Jahren 1751 und 1788 in deutscher Sprache er schienenen „Briefwechsel einer portugiesischen Nonne mit dem Ritter von Chamilly"*) und gibt zugleich die hochinter essante Geschichte dieser ergreifenden Dokumente erner Jrauenseele. Ich entnehme der gewissenhaften Quellenforschung Lar sens zur Orientierung kurz Folgendes: Im 17. Jahrhundert, >m Zeitalter der berühmtesten Briefschreiberin, der Mar- quise de Sevignä, war es üblich, interessante Briese im Freundeskreise zirkulieren zu lassen, so daß sich schließlich hie und da der Wunsch einstellte, Briese von literarischem Wert auch gedruckt zu sehen. Auf diese Weis« gelangten die meisten Briefwechsel der damaligen Zeit an die Orsfentlichkeit. Der Ritter von Chamilly nun hat wohl die Briefe seiner einstigen Geliebten auch weitergegeben: man entdeckte in ihnen da mals schon eine weit über da« Durchschnittsmaß hinaus gebende Kraft des Temperaments und hinreißende Schön heit des sprachlichen Ausdrucks. Buchhändl«rische Speku lation bemächtigte fick ihrer und so erschienen sie 1669 zum ersten Male in französischer Uebersetzung als portu- xuises" ohne Namen der Verfasserin noch des Edelmanncs, an den sie gerichtet waren. Eine Neuauflage nennt sie bereits: „Liebesbriefe einer Nonne, geschrieben an den Ritter von C., Offizier in Portu gal". Sie erregten Aufsehen und fanden reißenden Absatz: bald sind daher geschäftige Literaten bereit, di« ursprüng- ») Di« Ausgabe von 1788 befindet sich im Besitz deS " ' Museums; di« von 17K1 r» den Kgl. Bibliotheken zu «» »d vertt«. lichen fünf Briese durch Antworten des Ritters zu ergänzen und ihnen allerhand lvrisches Beiwerk anzuhängen. Tie zu Ende des 17. Jahrhunderts vorhandenen 40 Ausgaben weisen schon starke Zutaten auf: »och schlimmer gestaltete sich die Fälschung im Laufe des 18. Jahrhunderts, bis, um 1796, die Kritik ihr SLuberungswerk beginnt. 1810 veröffentlichte der Hellenist und Kritiker Boisonnade einen Aussatz, in dem er schreibt: „Noch haben die Bibliographen nicht entdeckt, wie die Nonne hieß. Ich kann es Ihnen sagen: Auf meinem Exemplar der Ausgabe von 1669 steht folgende Bemerkung von mir unbekannter Hand: Die Nonne, die diese Briefe ge schrieben Hot, hieß Marianna Alcoforado und war Nonne >n Bejs zwischen Estremadura und Andalusien. Der Ritter, an den drese Briefe geschrieben sind, war der Graf von Cha milly»" Die Zahl der Briefe wurde wieder auf die ursprüng lichen fünf reduziert. Nachforschungen in Bej« selbst haben nun über die Per son der Schreiberin dolle Klarheit gebracht. Es ist in der Tat Marianna Alcoforado, Tochter eines hochgestellten por tugiesischen Edelmannes, die ihr Vater wahrend einer un- ruyevollen Kriegszeit dem Schutz des Klosters von Maria Empfängnis zu Bejä anvertraute. In stiller Zurückgezogen beil, völlig leidenschaftslos, hat das Mädchen dort brs zu seinem 2b. Jahr« gelebt. Da, um 1665, erblickte sie beim Vorübtrziehen einer französischen Reiterschwadron vom Gitterfenster ihres Klosters aus den schönen, ritterlichen Kapitän Chamilly, der sein Standauartier in Bejä hatte, und empfing den ,,Ooup cke? kouckrv . Die nicht allzu ftrengen Sitten der Zeit ermöglichen eine Annäherung und eS entwickelt sich ein leidenschaftliches Liebesverhältnis, gesteigert durch lange Trennungen, die daS Kriegshandwerk mit sich brachte. 1667 aber scheint Cha- milly der Geliebten überdrüssig geworden ,u sein: er laß» sich in die Heimat zurückberufen. Im September dieses JahreS „verließ er unter allerlei vagen Erklärungen die Stadt und Marianna". Die Geliebte ist bald vergeben; er vermählte sich, gelangte zu hohen militärischen Posten und wird später von seinen Zeitgenossen geschildert als ein etwas korpulenter, doch noch immer sehr stattlicher Mann, der je doch geistig recht unbedeutend war uud seine Beliebtheit zum großen Teil seiner geistig wirklich hervorragenden Gattin verdankte. Jedenfalls haben wir «S mit einer jener glänzen den ritterlichen Erscheinungen zu tun. wie sie damals „so viel Glück bei den Frauen" zu haben pflegten. Innerlich muß er recht leer und empfindungsarm gewesen sein. Und an «inen derartigen Durchschnittsmenschen wurde nun der ganze Reichtum eines tief leidenschaftlichen und zugleich zart und innig empfindenden Frauenherzens verschwendet, lvahrfich wohl ein recht nutzlos vergeudetes Gut. Und doch, nein! Dank der Indiskretion Chamillys blieb eS der Nach welt erhalten und unser Schrifttum wurde dadurch um eine Fülle der echtesten Scelenlonte bereichert, wie sie nur aus den Bekenntnissen der reichsten Herzen yeraustönen. Die arme Marianna, der die grausame Tragik des Weibes ward, die Liebe zu lieben und ihr heißes Empfinden in -linder Se-nfncht einem ganz Unwürdigen zu schenken, hat nicht um sonst geliebt und aelitten. Schon die geistig hervorragendsten Frauen der damaligen Zeit, besonders Mme. de S4vignL empfingen von diesen echten Herzenstönen einen tiefen Eindruck, Letzter« erwähnt tzt» „Portugiesin" mehrfach ,n ihren Briefen und spricht »n ihrer Leidenschaft, „die nichts als die Liebe selber zu ent schuldigen vermag". Und noch heute können wir diese Liebes briefe nicht ohne tiefe Ergriffenheit lesen und wir verstehen kaum eine spätere kritiklose Zeit, die sie von Fälschalngen und Zutaten nicht zu unterscheiden wüßte and sie selbst bisweilen sür ein geschickt erfundenes rein literarisches Erzeugnis an sah. Diese Briefe sind erlebt bis in die innemten Tiefen einer Frauenseele. Sie wurden bald nach der Rückkehr Eya- millys nach Frankreich geschrieben. Zunächst erklingt daraus die verzweifelte Klage der Ver lassenen: „Meine Augen haben in den Deinen das einzige Licht verloren, das ihnen das Leden verlieh: eS sinL ihnen nur Tränen geblieben!" Und dann steht Marianna zum ersten Male vor etwas Unbegreiflichem. Sie möchte bereuen, daß sie einen so großen Reichtum nutzlos verschwendet hat, und doch möchte sie weiter schenken und verschwenden aus den übervollen Schätzen ihres Herzens. Liebe und Leid, Seligkeit und trostlos« Bitterkeit streiten um die Herrschaft in ihrer Seele: »Wie ist es doch möglich", ruft sie aus, „daß die Erinnerungen an so süße Augenblicke so bitter geworden sein können? Und sollen sie gegen jede Naturordnung jetzt allein dazu dienen, mein Herz zu zerreißen?" Und welches Weh liegt in der schlichten Frage: „Was wolltest Du eigent lich mit all meiner Liebe, die Dir doch nur Last sein konnte!? . . . Ich beweine aus Liebe zu Dir die unerschöpf lichen Freuden, deren Du verlustig gegangen bist. Was für ein unglückliches Schicksal hat Dich nur verhindert, sie er langen zu wollen?" Bald aber empfindet sie am eigenen Leid den Schmerz aller Getäuschten. „Der Offizier" schreibt sie, „der Dir diesen Brief überbringen soll . . . welche Eile er hat! Sicher verläßt auch er ein unglückliches Mädchen hier im Lande." Vier Briefe, in denen wir alle Töne menschlicher Leiden schaft, tiefsten Grams und heißester weiblicher Zärtlichkeit vernehmen, lassen Chamilly ungerührt: ^Selbst die strengsten von de» Normen haben Mitleid mit meinem Zustand' er ver anlaßt sie, mir ein gewisses Wohlwollen und Barmherzigkeit zu erweisen. Alle Leute sind gerührt über meine Lieb«, nur Du allein fährst fort, ganz gleichgültig zu sein und schreibst mir nichts als kalte Briefe voller Wiederholungen und lässcst die Hälfte des Papieres frei, so daß Du fo recht plump zeigst, wie Du Dich gesehnt hast fertig zu werden!" Nach den bittersten Kämpfen endlich bäumt sich ihr ganzer verletzter Frauenstolz auf. Sie schreibt einen Ab- »chiedsbriej an den Treulosen und sendet ihm seine Geschenke zurück. WaS mag es sie gekostet haben, «he sie dahin ge langte. „Ich habe", bekennt sie darin, „so recht da« Ueber- maß meiner Liebe kennen gelernt, nachdem ich alles daran ges^t, um von ihr geheilt zu werden." Und dann folgt die erschütternde Einsicht: „Ich habe mich durch recht gewöhn liche Eigenschaften blenden lassen. Was haben Sie mir ge opfert? Hoben Sie nicht tausenderlei andere Vergnügungen ae'ucht! .. Aber — und hier spricht daS i» feinem tiestren LebenSzentrmn getroffene Weib aus der innersten Schönheit seine« Weibempstndens herauS: „Sollte irgendeines anderen Mannes Liebe wohl imstande sein, Eindruck auf mich zu machen? Hab« ich nicht erfahren, daß der Mensch, der Lkoe kennen gelernt hat, nre denjenigen vrraessen kann, der ihn zu«rst zu oll jener »»bekannten Leidenschaft erweckte, die er zu fassen vermochte.. Weiß ich nicht, daß alle seine Genihle an dein Götzenbild« hängen, das er sich geschaffen hat, daß n nie seine frühesten Eindrücke vergessen oder sich von seinen ersten Wunden erholen kann; daß ;ede neue Liebe, die ihm seine^Hilfe anbietet und sich anstrengt, ihn zu erfüllen uud ihm Eiende zu bereiten, ihm nur eine Empfänglichkeit dvr- gaukelt, die nie mehr zu erreichen ist?" Alles wird nur dazu dienen, „ihn so recht fühlen zu lassen, daß ihm nichts" io teuer ist, als die Erinnerung an all seinen Kummer und Schmerz." Aus diesen Worten spricht eine seelische Verfeinerung, wie sie die Zeit der ^vc-vluros ^alantss kaum kannte. Weiter kann ich nur noch auf die Briese selbst verweisen, die cur jeder Seite solche Tiefe und Innigkeit atmen. Niedergclegt ward hier ein Einzelerlebnis und ein typisches Weibeserleo- nis zugleich. Der Einzelnen verlieh der Schmerz seine er schütternde Stimme, aus der nun auch die Vielen ergreifend zu uns reden. Ist es von Belang, an wen diese Marianna ihren Reichtum verschwendete, ist cs von Belang, daß sie nicht an gebrochenem Herzen starb, sondern, wie die An nalen ihres Klosters besagen, noch ein langes, silnames Leben ernster Sühne geführt hat: einmal hat ein Svnncnknß diese Blume geöffnet und sie hat den ganzen Tust ihrer Poesie audgeströmt in unsterblichen Worten. Gleichviel, für wen sich diese Seele erschloß, daß sic sich erschloß, macht sie uns fo teuer, denn sie schenkte uns unver gänglich« Schätze aus den liefftmenschlichcn Quellen von Glück nud Leid. Ät Berliner Theater. („Romeo und Julie" :m „Deutschen Theater") Es aalt nicht, Shakespeares Geist neu zu entdecken, da Herr Ma; Reinhardt sich cntschloß, den wilden Streit von Montagne und Capulet, die heißen romanti cben Liebes seufzer des Knaben Romeo, die Leiden des Kindes Julia aus Bralnns historischer Naturalistenbühne zu beschwören. Doch mag es immerhin seltsam »ein, saß dies „Deutsche Theater", dem längst kein Siro mehr bcschiedcn schien, sowie es unter den Dramatikern naher Gegenwart Umschau dielt, just um Shakespeare Verdienst um Verdienst erwirbt, hier von Erfolg zu Erfolg in immer stolzerem Schaffen eilen darf, indes sich um des gleichen Dichters Gunst die andern fast vergeblich mühen. Man hat bei Reinhardt schon den „Sommcrnachtstraum* geiedrn, man sah dos „Winter märchen" ein Jahr daraus, nan durste nebenher vergleichen, was auch das Haus am Gcndarmenmarkt bot, wenn dort Herr Barnay um Shakespeare stritt. Die Parallele qeläug« nur schwer, müßte Man — Las „Wintermärchen", den „Som- mernachtstraum" — die Dramen aus deS Dichters Spät herbst allein an „Hamlet", an „Othello" messen, immerhin reiche Gaben m«hr spielerischer, nach vielem Dulden wieder versöhnlicher Poetcnlaune an großen Zeugen leidcn'chast- liMen, reifsten Schaffens; doch die Parallel« üder besser die Abwertung, obgleich sie kaum Rivalität bedeutet, wird wieder möglich, wenn zwischen „Othello" und „Hamlet" dos Spiel von Verona tritt. Um LessingS großen Briten" kämpfen beide: Herr Barnay und Herr Reinhardt. Um Lessings großen Briten stellen beide, Herr Reinhardt und Herr Barnay, der Künstler viel, darunter kluge, darunter verwendbare, dann manchmal noch ein-elne auf den Pion, deren Können weit dos Mittelmaß überragt: dennoch scheint de» Erfolge« imtweif«lha»i« K,ig«»g ««Zr »rch di« TÄrer»
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