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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.02.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070201012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907020101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907020101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-02
- Tag1907-02-01
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fflr Lelvztg uud Vorort«: I, d« Haup», Lrprdilio« oder der»» UoSgabesiellea ab- -«holt monatlich: Ausgabe ll «al täglich) 70 Pf-, «uSgab« S ,2 «al täglüd) 80 Pf, bei Zustellung in« Hau« AuSgad« 80 Pf, Ausgabe v l Mart. Durch unsere aus wärtige« Ausgabestellen und durch di» Post bezogen il mal tSgl'ck!tnnerbaib Deutschland» monatlich l Mart auSschl. Bestellgebühren, für Oeilerreich-Ungara 5 L48 d vierteljSdrllch, di» übrig»« Läader laut ZettuugeprelSlifte. Tief« Nummer tostet aut 4 L alle« Bahnhöfen »ab bei III kW«! den Heilung«.Vertäuter« EV ^f* Pesaltion unv Erpetttto«: JovanniSgafi« 8. Trlevbou Str. lLS, Str. 222, Nr. 1173. Verltuer AedatttonS-vurea«: Berlia XV. 7, Prinz Laut« Ferdwaud- Straße 1. Telephon I. Nr. 9278. Nr. 32. Morgen-Ausgabe v. WMer.TllgMM Haudelszeitung. Amtsblatt -es Rates ««- -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. , ><> >' > > ... » ,» ' .1.«^--S— Freitag 1. Februar 1907. Anzeia-a-Vreis A, « gespaltene Petttzrtle für Geschäft», tnseratr au« Leipzig und Umgebung 28 Pf, 8auülie»> Wohn»»««'«- btellen-Snzeigeu, zowte A»- und Verkäufe 20 Pf, finanzielle ««zeige» 90 Pf, für In irrste von au-wärt» 30 Pf. Reklamen 78 Pf, au«wärt« l Mark. Beilage- gebühr 4 Markp. Tausend exkl. Postgebühr. VrschSstSauzrige« an bevorzugter Stelle im Preifr erhöht. Rabatt nach Tarif. FürJnserat« vom AuSlande besonderer Tarif. Anzeigen-Äiuadme. AugustuSplaiz 8, bet sämtlichen Filiale« u. allen Annoncen. Erpeditioueu de« Iu- und Auslandes. das Erichetue» au deitimmtrn Tagen u. en wird keine Garantie überuommra. Haupt-Ftltale Berlin: TarlD»»rker.Herzgl.Baqr.Hofbuchhaudlg, Lühowstraß« 10 «Telephou VI, Str. 4603). Ktltal-Srpedttion:TreS0eu.Marienltr.34. 101. Jahrgang. Var «licktigrie vom rage. * Der Sektioa-chef Wurmb im österreichischen Eisen bahnministerium, der Erbauer der neuen österreichi schen Älpeubahn, ist gestern in Wien gesloibea. * AuS verschiedenen Gegenden Deutschlands und Frankreichs werden starke Schneefälle gemeldet. (S. Neues a. a. W. und Letzte Dep.) * In einer Nachwahl zum englischen Parla mente Hal die liberale Arbeiterpartei ihren Sitz behauptet. (S. ÄuSl.) * Die Reise des englischen KLuigSpaare» geht nach Paris. (S. Ausl.) * Bei der Schweizer Regierung ist eia mit 184000 Unterschriften versehener Volksantrag eiagegangen, welcher em Absiuthverbot fordert. (S. AuSl.) * Die Lokomotivenfabrik von Baldwin in Phila delphia, die größte Lolomoiioenbauanstalt der Welt, steht seil DienStag abend in Fl» m m e n. Der anqerichtete Schaden beträgt über 10 Millionen Mark. (S. Neues a. a. W.) Vie innerpolillrcke Hage. Ueber der frohen Genugtuung wegen des AuSgangS der sächsischen Hauptwahlen dürfen wir doch nicht den Ueber- blick über die Vorgänge im Reiche aus den Augen verlieren. Sie sind besorgniserregend genug. Bon vornherein soll hier aber erst festgestellt werden, daß die Stichwahlen >m König- reich Sachsen von allen den draußen nötigen Erwägungen und taktischen Bedenken unberührt bleiben müssen. Unsere Lage ist eben anders als im übrigen Deutschland. Wir haben es bei allen Stichwahlen mit dem einen, gemeinschaftlichen sozialdemokratischen Gegner zu tun. Bürgerliche Kandidaten stehen einander rn Sachsen überhaupt nickt mehr gegenüber. Unter dielen Umständen und bei der unbedingten Notwendig, keit gegenseitiger Wahlhilse wäre es eine unvergleichliche Torheit, wenn wir die im Reich drohenden Zwistigkeiten auf unser Gebiet übergreifen lassen wollten. Für uns gibt es nur ein Stichwahlziel: Nieder mit der Sozialdemokratie! Im Reiche liegen vielfach die Tinge nicht so einfach. Und der Grund für die plötzliche Komplikation ist in der be drohlichen Mandatzahl des Zentrums und der damit näher rückenden Gefahr einer reaktionären Majoritätsmöglichkeit zu suchen. Tas Zentrum hat bereits 92 endgültig gewählte Abgeordnete und rechnet noch mit Sicherheit auf rund ein Dutzend Mandate, so daß es zum mindesten ungcschwächt. wahrscheinlich aber mit einem geringen Mandatzuwachs in den Reichstag wieder einziehen kann. Eine ontinationale Mehrheit mit Polen, Welfen und Sozialdemokraten zu bil den wird ihnen nicht mehr gelingen wegen der Niesenverluste der sozialdemokratischen Brüderschaft. Dafür aber ist nun mehr infolge der Mandatsgewinne auf der rechten Seite des Hauses die Möglichkeit einer reaktionären Majorität ge geben, die auch in wirtschaftspolitischen Angelegenheiten dem Hause ihren Willen auszuzwingen vermag. Man kann es verstehen, daß angesichts dieser drohenden Konstellation, die durch die nie eingeschlasenen Neigungen der Konservativen zum Zentrum noch an Gefährlichkeit gewinnt, bei allen libe ralen Parteien des Parlaments, die Nationalliberalen ein- geschlossen, eine recht unbehagliche Stimmung Platz greift. Ihren ersten Ausdruck hat diese Auffassung in der von uns mitgeteilten Stichwahlparole der Freisinnigen Verernr- gung gesunden, die sich zwar nicht offen gegen die Konserva- tiven richtet, von diesen aber, wie Aeußerungen der „Deutschen Tagesztg/ erkennen lassen, so aufgefaßt und auch schon unt der Drohung von Vergeltung beantwortet wird. Aber auch die „National-Ztg." rechnet bereits ernsthaft mit der Mög lichkeit der „Ausschaltung des gesamten Liberalismus" bei der Gesexgebung des Reiches. Sie hält es für nicht unwahr scheinlich, daß das Zentrum eine Wendung nach der natio nalen Seite macht, um die Konservativen nicht zu ver- schnupfen und damit die Liberalen zu jeder Mehrheitsbildung überflüssig zu machen. Zwar hofft das Blatt auf die „auf geklärten Männer" Fürst Bülow und Graf Posadowsky, die sich nicht verhehlen würden, „daß ein solches Regime in längstens fünf Jahren einen Rückschlag Hervorrufen müßte, der uns um alle Früchte des 25. Januar brächte". Indessen kommt die Grnndstlmmung des nationalliberalen Organs doch deutlich genug in dem Schlußabsatz zum Durchbruch: „Wir haben es kür unsere Pflicht gehalten, offen zu sagen, waS werden kann. Die Ausschaltung des gesamten Liberalismus, als eines notwendigen Faktors der Gesetz gebung rm Reiche, das war ja eigentlich der Zweck der Uebung vom 25. Januar nicht." Um diesen Pessimismus -echt zu verstechen, ist es nötig, aus einige Vorgänge zwischen den Wahlen näher rinzugehen. Zwei Erscheinungen sind eS ornehmlich, die ihn mit erzeugt haben. Die „Kölnische Volkszeitung", das Hauptorgan der Ultramontanen, will von einem Plan erfahren haben, „eine gefügig« Regierungsmehrheit dadurch zu schaffen, daß man die wegen der Zunahme der Bevölkerung eigentlich mehr zu wählenden Reichstagsabgeordneten durch die Einzellandtage wählen laste". Dieser sogenannte Plan, mitten zwischen Haupt- und Stichwahlen von der für die BolkSrechte er glühenden «entrumSzeitung an daS Licht deS Tage- gezogen, kommt den'Jnteresten der 1"ramontanen denn doch zu ge legen, als ^taß ein vorsichtiger Politiker sich nicht seine Ge danken über aie- Spiel deS Zufall- machen würde. Rund bcrai'S: wir halten die ganze Geschichte für Stichwahl manöver. Weshalb sollte auch der Kanzler mit solchen finsteren Plänen umgehen? Ihm ist ja alles beschiedeu, westen sei» -er, begchrt. Lr hat Henle die Dahl, je ygch den besonderen gesetzgeberischen Zwecken sich seine Mehrheiten zu sammenzustellen. Wozu also sollte er ohne alle Not die Er- regungen heraufbeschwören, die ganz sicher die Folgen solcher „Ausgestaltung" des Reichstagswahlrechts bilden würden? Trotz dieser naheliegenden Zweifel ist eS sehr anerkennens wert, daß der Kanzler nicht gezögert hat, die böswillige Mär der „Köln. Voiksztg." glatt zu dementieren. Die „Nordd. Allg. Ztg." verspottet die Neldung als ein- „flügellahme Dahlrechtsente" und weist darauf hin. daß die Nation schon selbst für eine national zuverlässige Reichstagsmehrheit ge- sorgt hat. Damit ist wenigstens etwas zur Zerstreuung liberaler Besorgnisse getan. Die fürsorgliche Entdeckung der „Kllln. Volksztg." hätte rm übrigen auch sicher nicht die Beachtung gefunden, die ihr zuteil geworden ist, wenn nicht zu gleicher Zeit Herr Ballin von der Hamburg-Amerika Linie einen Ausflug ins Politische unternommen hätte, offenbar e.ne tarr» iueoxnita für den sonst viel erfahrenen Kaufmann. Bei einer Feier des kaiier- licken Geburtstages hat Herr Ballin gemeint, einen Vor schlag macken zu mästen zu einer „Ergänzung" des Reicks- tagswahlreckts „in der Form berussständischer Angliederung von Vertretern der großen Erwerbsgebiete, also hier der Industrie und deS Handels in allen ihren Verzweigungen". ES braucht nicht erst begründet zu werden, daß auch dieser Plan durch die Erklärung der „Nordd. Allg. Ztg." erledigt worden ist und in dem Kampf um die Stichwahlen keinen Einfluß mehr zu üben berufen lein kann. Indessen sind da- mit doch auch nur die allergröbsten Reaktionsversuch« zu- rückgewiesen und auSgeschaltet. Es bleibt auch bei den be sonnensten Politikern des Liberalismus ein Rest vpn Miß trauen gegenüber künftigen Gelüsten, zu denen die neue Kon stellation anreizt. Voraussetzung zu solchen Versuchen bliebe freilich immer die Herstellung eines neuen Bertrauensver- hältnisseS »wischen Regierung und Zentrum und der Wille zur Reaktion bei der Regierung. Vorläufig halten wir aber noch keine» genügenden Grund für gegeben, um diese Strm- mung überwuchern zu lasten. Noch vertrauen wir auf das Maß von politischer Einsicht bei der Regierung, daß sie nicht mit einer Felonie gegen den Liberalismus die größte, ver hängnisvollste Torheit begehe und mit reaktionären Maß regeln den gewaltigen Erfolg dieser Wahlen in Frage stelle. Inzwischen aber werden alle Liberalen gut tun, bei den Stichwahlen dafür zu sorge«, daß die Macht deS Ultromou- tanismus nicht wächst. » Zlslvpin; Manilert. In dem Rundschreiben des russischen Ministerpräsidenten an die Verwaltungsbeamten wird darauf hingewiesen, daß seit Beginn der Wahlen gewisse politische Parteien die Pro- paganda für ihre Ideen mit Hilfe der Presse übertreiben, indem sie bemüht leien, die Handlungen und Absichten der Regierung falsch zu interpretieren, um den Erfolg der oppo sitionellen Kandidaten zu sichern. Der Präsident des Ministerrats stellt demgegenüber fest, daß die Vertreter der Negierungsgewakt sich nicht in den Kampf der Parteien milchen und die Wahlen nicht beeinflussen dürfen, und er klärt zu wiederholtem Mal, daß die Gcneralgouverneure und Gouverneure die volle Freiheit bei den Wahlen sichern, stets nur gegen die revolutionäre Propaganda einschreiten und alle faltchen Gerüchte über Handlungen und Plane der Re- gierung dementieren sollen. Obgleich das Programm der Regierung bekannt sei, sei es immer wieder notig, darauf hinzuweisen, daß ihre Politik nicht durch zufällige und vor übergehende Umstände beeinflußt sein kann. Die Regierung gibt die Versicherung, daß die Reichsduma, die der Hauptfaktor der Regeneration der Staats ordnung und der Staatsvrinzipien sei, und die das Recht der Initiative auf dem Gebiete der Gesetzgebung habe, in der Regierung einen aufrichtigen Mitarbeiter an ihrer fruchtbaren, schöpferischen und ver söhnlichen Arbeit finden werde. Die Regierung ist sich der ungeheuren Schwierigkeit bewußt, die die Lösung der mit der Umwandlung der politischen und sozialen Ordnung ver bundenen Fragen unter den gegenwärtigen ungewöhnlichen Umständen bietet; deshalb ist sie sicher, daß diese Umwandlung nur gelingen wird, wenn ihre Ab ¬ sichten in der Duma einer Kritik unterzogen werden, und ihre Vorlagen dort eine eingehende praktische Erörterung erfahren. Unter voller Berücksichtigung der Rechte der Reichsduma wird sich die Negierung bei allen ihren Handlungen unwandelbar an die bestehenden Gesetze halten. Die strenge Beobachtung der Gesetze bietet die ein zige Möglichkeit, das Vertrauen des Monarchen in die Re gierung sowohl als auch in die Reichsduma zu bewahren. ES ist notwendig, auf die Falschheit der Gerüchte hinzu weisen, nach denen die Regierung beabsichtige, die Reichs duma -usammen-uberufen, nur um sie aufzulösen und zu dem vom Kaiser verworfenen Regierungs- jvstem zurückzukehren. Die Regierung verfolgt das Ziel, die Selbstreäierung der Semstwos zu entwickeln. Ihr Hauptziel ist die Besserung der Lage der Bauern, nickt nur durch Schaffen, von Bodenfonds, sondern auch dadurch, daß sie,für einen jeden energischen und fleißigen Arbeiter die Möglichkeit einer eigenen Wirtschaftsführung schafft, ohne daß das Recht von anderen verletzt wird. Die Regierung bereitet ferner Gesetzentwürfe zur Lösung der Arbeiter fragen, zur Regelung der Sckulverhältniste und der Lokal- verwaltung vor. Hieraus ist ersichtlich, welch großes Werk der Reicksduma, dem Reicksrat und der Regierung bevor steht. Deshalb wird die Regierung alle verfolgen, welche Rechte autasten; wird Unruhen mit Strenge unterdrücken und über die Ruhe de» Landes wache«. » Wenn man'» so hört, möcht'S leidlich scheinen. Es fällt unS auch nicht ein, an der Aufrichtigkeit der Erklärungen de» Ministerpräsidenten zu zweifelu. ES liegen keine An zeichen vor, welche un» Lerechtigen würden, Stolypin nicht für einen Ehrenmann zu halten. Aber man vernimmt leider »och immer so vielerlei au» Ruß land, was un» an die Macht de» nominellen Staatsleiters nicht glauben läßt. Die Wahlen zur zweiten Duma sind im Gange. Wir wollen gar nicht davon reden, daß die ein- gegangenen Nachrichten die bisherige Wahlbeteiligung der Berechtigten au» kaum 1 Prozent beziffern, die sich gerade in diesem Augenblicke neben unseren deutschen SO Prozent besonder» kläglich ««»nehmen. Und wie gering ist schon der Prozentsatz der Überhaupt Wahlberechtigten l Aber schlimmer ist, waS man über da» oorri««- I« kortuns llt- la ekoix erfährt. Die offiziöse Telegraphen agentur hat ja allerdings gestern den Vorwurf der Fälschung der Resultate zurückaewiestn. Ist es aber viel besser, wenn die Korrektur des Ergebnisses freilich nicht durch Betrug, aber doch durch die brutale Gewalt geschieht, die sich not dürftig hinter dem fadenscheinigen Mantel einer kniffligen Auslegung des ohneyin verklauselten Wahlgesetzes versteckt? Wenn selber der hochangesehene Professor Miljukow vom Wahlrecht ausgeschlossen wird, weil er den hohen Zensus erst 353 und noch nicht 365 Tage besitzen soll? Noch arger sind natürlich die Verhaftungen und Ausweisungen der ge wählten Wahlmänner. —. ... Die Nachrichten der letzten Monate berichteten von einer starken Müdigkeit der nicht terroristischen Kreise. Die Blut taten der Revolutionäre, die Erfolglosigkeit der vereinzelt gebliebenen Erhebungen, auch vielleicht der Widerwilleaeaen die unpatriotische Tendenz der Bewegung hatten ein Mine» verekelter Bevölkerungsschichten geschaffen, welches für kon servative Aeußerunaen deS Volkswillens günstig zu fern pflegt. Weshalb ließ man diese Stimmung nicht auswirken, sondern schüttet den Unversöhnlichen durch verwerfliche Machinationen wieder Master auf die Mühle? Mit der per kos et nek»L zusammengebrachten Farce einer Duma wird man doch weder dem Lande genug tun, noch dem Aus lande Vertrauen in den Bestand der russischen Staats ordnung einflößen! Tas Resormprogramm StolypinS, welches sich auf dem Papier recht hübsch ausnimmt, wird etwa den Prinzipien des Oktoberverbandes und der Partei der friedlichen Er neuerung entsprechen. Bis es Gesetz wird, und gar bi» eS »n das Stadium der Ausführung kommt, ist noch ein weiter Weg. Immerhin gäbe eS Hoffnung, wenn die Negierung in ein ebrlickeS Verhältnis zu diesen beiden gemäßigten Parteien treten wollte, denen sich ja auch die meisten Deutschen ange- scklosten haben. Aber wir fürchten, daß die eigentliche Macht nach wie vor dem Verbände der russischen Leute und seinen Hintermännern bleiben wird, jenen nicht nur vor sintflutlichen Absolutisten, sondern auch haßerfüllten Blut hunden, deren Taten gerade so zum Himmel schreien, wie die der revolutionären Bombenleute. Solange die Regie rung Stolvvins nicht den Mut besitzt, diese Gesellschaft von sich abzuschütteln, solange sie selber nicht so fest im Sattel sitzt, uui eine energische Abschüttelung wagen zu dürfe«, so lange sind wir außerstande, hoffnungSsroh in Rußlaud» Zukunft -n blicken. Lum Aabllrampk. * 8« den sächsische« Lttchwahle«. Der im Wahlkreise Meißen-Riesa uuterlegeue kon'ervative Kandidat Professor Dr. Dinger fordert seine Wähler öffentlich auf. «na für den Landwirt Gaebel iResormpartei) eiuzutreten. Ja Zittau- Ostlitz werden daS Zentrum und der Landwirtebuud für den freisinnigen Volksparteiler Buddeberg stimmen. In O'ckatz-Wurson überläßt die freisinnige Volkspartei ibren Wählern, wie sie sich in der Stichwahl entickeiden wollen. Die Nationalliberalen treten für den Konservativen Giese ein. Auch die Smdentenschalt der Dresdner Technischen Hochschule wird für die Stichwahlen in DreSden-Altstadt, Meißen-Riela und Döbeln-Waldbeim mobil gemacht, um den bürgerlichen Parteien Wahlhilse zu leisten. * Mittelstandsparole für die Stichwahlen. Die Mit teilungen ter MittelstandS-Vereiuigung im Königreich Sachsen an die Presse entbalten die MiltelstandSparole >ür die Stich wahlen. Sie Weill darauf hin, daß der Mittelstand bei den Wahlen tapfer seinen Mann gestellt habe, namentlich auch in dem er sogenannte Mitläufer der Sozialdemokratie zurück gewonnen habe. Die Parole führt dann aus — der Mittel stand möge seine Pfl chk tun bei der Snckwabl im Kampf gegen die Sozialveniokraiie, auch wenn er dadurch bürgerliche Kan didaten unterstützen müsse, die den Miltelstauessorderuagen ablehnend gegenüber sieben. Der Fe ud sei die Sozialdemo kratie, das müsse im Äuge bebalten werden. Lanfigk, 31 Januar. Gestern batten die Genoffen noch einmal eine Wäblervenammlung einberuten, die aber min desten» zur Hälfte von bürgerlichen Wähler« besucht war. Als Referenten batten sie sich Herrn Lütt ick au- Leipzig verichrieben; sie haben keinen glücklichen Griff getan. Es scheint, al- ob die Genoffen dielen Wahlkreis schon verloren geben, sonst würden sie wobl nicht einen so schwachen Redner aus die unschuldigen Wähler loSgelaffen baden. Daß die Sozialdemokratie an Werbetraft verloren bade, konnte und durste er naiüilick nicht zugeben. Er »Prack von einer rein lichen Scheidung zwischen den waschechten Genossen und den Mitläufern. Dann sprach Herr Lütttch noch frei nach Erz- berger über die grausigen Zustände iu unseren Kolonie», über Steuerlasten, über innere Politik und vor allen Dingen über Kultur. „Kultur" und „Kulturstaat", diese Worte fielen last in jedem Satze. Zuerst meldete sich Herr DiakonuS Iaeckel zum Wort, den der V«r>ammlung»le,tcr ausforderte, nicht vom Himmel reich und dergl. zu sprechen. Herr Iaeckel bewies, daß die Sozialdemokraten nickt etwa, wie sie bebauptet, die Partei de« AorschritteS, sondern der krassesten Reaktion sei. Dan» nahm Herr Komoll daS Wort und widerlegte uuter dem Beifalle der Mehrheit der Versammlung die Aus führungen deS Referenten. Al» Herr Komoll eiue halbe Stunde gesprochen batte, wurde er den Ge noffen, die ibn fckou vorher niederzuschreien versuch« halten, unbequem und der BersammluugSleiter lieb ihm nur noch 5 Minuten Redezeit, die Herr Komoll auch trefflich auSuutzie. Als letzter Redner sprach Herr Reichard au« Kamerun auS eigener Kenntnis über die Kolonie« uud fand mit seinen iuterrffauten Ausführungen über die guten Aus sichten, die dort dem Kolonisten blübeu, ein aufmerksame» Odr bei den Zuhörern. Herr Lüttich wußte uicht viel zu erwidern. Interessant war nur, daß auch er den Sau- herventon der „Leipziger Volkszeitung" nicht billigte. H Plaue» i. B., 31. Januar. In einer von über 1000 Personen besuchten öffentlichen Wählerversammlung, die aestern nbenh im großen Saale der „Freundschaft" adgc- halten wurde, trat Bürgermeister Dr. Schau» au» Oe!S- nitz entschieden für die Dahl de» Kandidaten der frei- sinnigen Volkspartei LandtagSadgeordneten Oskar Günther ein und sprach dann fast zwei Stunden lanq über die wirt schaftliche Bedeutung unserer Kolonien. Auch der Vor sitzende der Ortsgruppe Plaue« de» Alldeutschen Verbände«. Realaymuasial-Oberlchrer Dr. Zemmrich, betonte nach drücklich, alle kleinlichen Bedenken müßten -uriicktreten in dem entscheidenden Kampf, damit sich alle Stimmen ver- einigten auf den einzigen noch vorhandenen Kandidaten der nationalen Parteien. Justizrat Dr. Moeller wies im Schlußworte darauf hin, daß der Kampf diesmal vorb-ü>lich gewesen sei für die Zukunft, denn rede persönliche Anzapfung sei vermieden worden und die bürgerlichen Parteien seien einander näher getreten. Er schloß mit der Bitt«, am Tage der Stichwahl alle Stimmen auf Oskar Günther zu ver einigen. * * Die Stichvahlparole der Regierung findet ganz in dem von uns gestern behandelten Sinne, nur in noch weit schärferer Form eine Verurteilung durch die „Tägl. Rundschau". Sie schreibt in einem Leitartikel u. a.: Es ist der schlimmste Dienst, den sie sdi« Regierungj der Wahlbewegung erweisen konnte, eine Erschütterung d-S Vertrauens, wie es die Oppositionsparteien nie zuwege ge bracht hätten, eine Fälschung der Anti-Zentrumswahl- bewegung von 1907, wie sie sich das Zentrum in seinen kühnsten Träumen nlcht erhoffen konnte. Wenn die Ne gierung heute schon wieder für das Zentrum eintritt, so werben sich die Massen, die sich ans ihren Anruf in Be wegung gesetzt haben, um die Regierung vom Zentrums joch zu befreien, als die Betrogenen erscheinen, und Fürst Bülow unterschätzt di« Stärke der von ihm und Dernbury entfachten Bewegung, wenn er glaubt, sie -urückdrängen zu können, sobald sie ihren Zweck erfüllt hat. Zwischen der Regierung und dem Volle ist ein Pakt geschloffen worden, daß nunmehr in Dc«.'chlcmd die Zentrumsvorherrschast gebrochen sei und die Regierung sich aus ihrer Abhängig keit von der Zentrumsdiktatur befreien soll, nachdem ihr das Volk durch Schwächung der Sozialdemokratie eine neue Mehrheitsbildung ermöglicht hat. Zerreißt die Re gierung einseitig diesen Pakt, so verliert sie jedes Vertrauen im Lande, und die konservativ-klerikale Mehrheit, auf die sie sich vielleicht stützen kann, ist kein Ersatz für dieses Fundament ihrer Existenz, zumal das Zentrum, doz ein besseres Gedächtnis hat wie ine Regierung, ihr den 13. De zember doch nie verzeihen wird. Der Artikel schließt: „Gegen Sozialdemokratie und Zentrum. Keinem Sozialdemokraten eine Stimme, aber noch weniger dem Zentrum." Leider denkt man in national» liberale» Kreise» schon heute ander». ES scheinen sowohl in Rheinland wie in Hessen wirklich Verhandlungen mit dem Zentrum stattzustnden, »m sich gegenseitig Maudate zu sichern. DaS wird sich schwer rächen. -o- Aus Thürtngea, 30. Januar. Die Reichstag»- wahlergebuisse aus 13 thüringischen Wahlkreise« zeige«, daß gerade in Thüringen der Prozentsatz der 1907 abgegebenen Sttmmen ein äußerst hoher ist. Während 1903 nur 303 946 Stimmen abgegeben wurden, sind nach den vorliegenden Ziffern ca. 337 704 Stimmen bei der dies jährigen Hanpiwabl gezählt worden, das ist em Mebr von 33 758. Die Wahlbeteiligung vmfaßte denn auch 90 Prozent aller Wahlberechtigten in einigen Wahlkreisen. Die Kon servativen und der Bund der Landwirte erhielten gemeinsam 43 75k gegen 50 09k Stimme» im Jahre 1903. Die Abnahme der Gesamtziffer ist aus Konto der zahlreichen gemeinsamen Kandidaturen zu setze», durch die alle Zahl kandidaten in Wegfall kamen. Die Antisemiten stiegen von 18 188 auf 30 9K8 Stimmen, haben also 1907 88 Prozent zugeuommen. Die Nationalliberalea räblten 1903 nur 31112 Stimmen, während sie jetzt 80 132 ausweisen könne«. Demgemäß bat sich auch die Zabl ihrer Mandate in Thüringen vermehrt. Die beiden freisinnigen Parteien erhielten 1903 gemeinsam 52 404 Stimmen in 11 Wahlkreisen. Bei den dieejäbrigen Wahlen partizipierten die Freisinnigen an den Manraren iu 7 Wahlkreisen und erbielteu 54 724 Sttmmen, haben allo ebenfalls einen ganz bedeutenden Stimmenzuwachs rn verzeichnen. DaS Zentrum besaß 1903 im Eisenacher Wahlkreis 1313 Stimmen, die aber, da es in diesem Wahl kreis gleich im ersten Wablaang für den Deutsch-Sosialen eintrat, 1907 in Wegfall kamen. Die Sozialdemokraten endlich erkiesten bei den letzte« Wahlen 130 44K Stimmen, die sie 1907, trotz der starken Wahlbeteiligung, nur auf 138 724 Stimmen vermehren konnten. DaS PluS von 8v00 Stimmen ist kein großer Erfolg, um so weniger, als sir in Thüringen in wenig auSsichtSoollen Stichwahlen sieben. Im Großherzogtum Sachsen-Weimar beteiligen sich die Sozial demokraten zwar an den Stichwahlen in allen drei Wahl kreisen, eS ist aber fraglich, ob sie ihr Mandat im Wahlkreis Weimar werden behaupten können; die anderen beiden Kreise, Jena und Eisenach, dürste« sie kaum erringen. Ja Erfurt, da» sie diesmal schon im ersten Wablgang zu erobern hofften, sind ihre Aussichten gleichfalls nicht günstig. Auch Altenburg und Koburg dürften zu den sauren Trauben zäblen. Im ersten Wablgang hat die Sozial demokratie bereit« folgend« Mandate verloren: Gotha, Souneberg, Rudolstadt und die beiden Wahlsiye von Reuß j. und ä. Linie. Es ist also nicht unmöglich, daß die Sozial demokraten diesmal au- de» thüriugischea Wahlkreisen voll ständig au-scheiden. Ld, An» Her Pfalz, 30. Januar. Es steht jetzt fest, daß bei den pfälzischen Stichwahlen Zentrnm und Sozial demokraten einander m die Hände arbeiten werden. Diese kommen in LudwigSbasen-Speyer mit dem Nationalliberalen Bubi, in Kaiserslautern mit de« Bäudler Dr. Rösicke in die Stichwahl. Dort dal ihr Kandidat Ehrbart eiueu Vorsprung von rund 8000 Stimme», der ihm de» Sieg schon dann sichert, wenn daS Zentrum Wablentbaltunq proklamiert. In Kaiserslautern ist Clemeut um 3300 Stimmen hinter Dr. Röncke zurückgebliebe», darf jedoch i« der Stickwabl auf die 4000 demokratische» Stimme« hoffen. Gleichwohl würde ihm einfache Wahlenthaltung deS Zentrums daS Mandat nvch uicht sicher stellen. Anderseits kommt daS Zeuirum in Lanvan, GermerSbeim uud Zweibrücken mit den Nationalliberalen in die Stichwahl. In Landau dürfte der Nanonalliberale Schellborn selbst dann siegen, wenn die Sonaldemokratie sür daS Zentrum emtrit»; denn er hat 5900 Stimmen Borsprung, verfügt noch über Reserven, und die K300 Sozialdemokraten sind keinesfalls vollzählig für den ZrutrumSmanu Erlewein aa di« Urne zu briugea. Auch iu Germersheim ist der Sieg de» Natiouallcberalru Er»»
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