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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.02.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070204025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907020402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907020402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-02
- Tag1907-02-04
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Man hält eS für sehr möglich, daß zwischen den Bereinigten Staaten und Japan eine Periode der Spannung eintreten werbe, die in unerfreulichen Reibereien und Polemiken ihren Ausdruck finden könnte. An einen kriegerischen Konflikt will man indessen weder für jetzt, noch für später glauben, und man erklärt, baß Japan ebensowenig wie Amerika einen solchen Konflikt suchen und berbeiwünichen dürfte. Weiter heißt es: „Weder die ameri- kaniiche Bundesregierung noch auch die Geschäftswelt be fürchten baldigen Krieg mit Japan. Bundessenator Mac Eullom bezeichnet das Kriegsgeschrei als offenbaren Blöd sinn und erklärt, es sei auf Unkenntnis des japanisch amerikanischen Verhältnisses, auf den Jingoismus und auf das Sernationsbedürsnis der „gelben" Presse zurückzutühren. Mac Cullom ist als Vorsitzender des Senats- ausschusseS für die auswärtigen Angelegenheiten sicherlich ein kompetenter Berurteiler der Situation." König Eduards Parisfahrt scheint doch politische Bedeutung zu besitzen. Auch der französische Botschafter Cambon ist von London nach Paris abgereist. Die Reise steht im Zusammenhang mit dem Besuch des englischen Königspaares. — Zum Besuch des Königs Eduard im ElysSe bemerkt der „TempS": „Bei aller Be friedigung, die Paris über diesen königlichen Besuch empfindet, ist es doch am Platze, an TalleyrandS Wort »Nicht zu viel Eifer" zu erinnern. Die englisch-französiiche Freundschaft ist eine Bürgschaft der Sicherheit beider Staaten, berührt aber die Freiheit ihrer Entschließungen keineswegs. Es erscheint überflüssig, dieser Freundschaft bei jedem Anlaß Lobeshymnen zu widmen. Diese Diskretion entspricht zweifellos deu Wünschen unserer königlichen Gäste." Protest gegen die Lübecker Wahl. Gegen die Wahl des Sozialdemokraten Schwartz ist wegen der Unregelmäßigkeiten, die dabei vorgekommen sein zollen, Protest eingelegt worden. Ein Vortrag Naumanns. AuS Marburg wird uns geschrieben: Es war ein politisches Ereignis für unsere Universitätsstadt, raß der Führer der National-Sozialen Herr Psarrer a. D. v. Friedrich Nau mann hier am Sonntag mittag — nach Schluß des Gottes dienstes — im Saale des Cafv Quentin in öffentlicher Wählerversammlung einen politilchen Vortrag hielt. Der Besuch war ein ungewöhnlich zahlreicher. Alle bürgerlichen Schichten, Anhänger aller politischen Parteien waren an- wclenv. Besonders stark waren die Universitälskreise ver treten. Naumann sprach sich unter auSsührlicher Begründung für die Wahl des bisherigen Reichstagsabgeordneten Hell mut von Gerlach aus. Die Versammlung spendete stürmischen Beifall. Die bayrischen Kirchenfürsten gegen die Sozialdemokratie. Ein Privattelegramm aus München meldet unS: In der „Allgemeinen Zeitung" erläßt der Münchner Erzbischof Dr. von Stein eine Erklärung, daß er den B-lchluß der Zentrumsleitung, für die Sozialdemokratie eiuzutrelen, aus prinzipiellen, monarchischen und religiösen Gründen entschieden mißbilligt und eine Befolgung der Parole der Zentrumöleitung sehr bedauern würde. Ebenso veröffentlichen die Bamberger Blätter ein Schreiben des dortigen Erzbi'ckofs Dr. von Abert an die katholische Geistlichkeit in Rücksicht aut die Stichwahl Erlangen-Fürth, in weichem er aussührt, er erachte es bei der grundsätzlichen Stellung der Sozialdemokratie zu Staat, Kirche, Religion überhaupt für ausgeschlossen, daß ein überzeugter Katholik, geschweige denn ein katholischer Priester mit der Abgabe seiner Stimme die Sozialdemokratie direkt unterstützen und fördern lönne. Erzherzog Ludwig Victor. Ja Wien geht das Gerücht, Erzherzog Ludwig Vickor sei schwer erkrankt. Ehiua baut seine Bahnen selber. Der Waiwupu bat ras BelkebrSministerium ersucht, durch Vermittelung der Prooinzialregierungen die Miitel zum Bau der Bahn von Tienisin nach Tichinkiang aufzubringen, damit tem deutschen und dem englischen Gelandien erklärt werden könne, daß ausländische Konzessionen unmöglich seien, da die Chinesen selbst den Bau der Bahn bereits be gonnen haben. politisches. * Ter Papst gegen die Polen. Ein deutscher Korrespon dent meldet aus Rom, daß Pius X. die regierungsfeindliche Haltung des polnischen Klerus aufs schärfste verurteile. Der Papü erklärte, er habe erst neulich eine an ihn gelangte polnische Adresse in sehr kühler ablehnender Weise beantwortet und kein Hehl daraus gemacht, daß ihm die Verquickung der Politik mit der Religion äußerst antipathisch sei, und daß er dringend wüniche, die Polen möchten sich als Angehörige der deutschen Staats einheit fühlen. * Tas Zentrum in Elbing. In Elbing - Marienburg fordert das ZcntrumSwahlkomuee aus, unter leinen Um ständen einen Sozialvemolralen zu wählen. Die Wahl v. Oldenburgs wird freigestellt. Daß das Zentrum nun gerade für den Ultra-Reaktionär v. Oldenburg die Abstimmung freigibt, ist doch sonderbar, v. Oldenburg hat doch im Reichstage den Hochverrat und den Bürgerkrieg ge predigt, indem er die preußische Regierung auzsorderle, mit Waffengewalt die in der Wahlrechisiraze liberalisierenden Feuilleton. Lrtrüglicch ist cler Illen sch als einreiner; Im tzsufen steht clie Tierwelt gsr ru nah. Srlllpsrrer. Line öehauplung wirkt stürlcer als ein Argument, wenigstens der cier Illehrrahl cier Illen scheu: cienn cias Argument weckt Illiptrauen. Deshalb suchen ciie Volksreckner ciie Argumente ihrer Parteien ciurch 8e- hauplungen ru sichern. Meirroie. In ckemselben Illasie, als ckie Lürger reifer wercien für ciie 8elbstlüligkeit, in ciemseiben Illape ist cker 8laat verpflichtet, ja gerwungen, rwar ciem Umfang nach vielseitiger, aber cier Art nach descheiclener ru wercien. tzrekirctike. Die Inngferu vsnr Vischofsberg. (Gerhard Hauptmanns neues Lustspiel.! Es waren der Schwestern vier. Sie saßen auf einsamem Saaleschloß, dem der Zeiten Sturm verschwiegen schien, vor drei, vor vier Dezennien etwa — Nuschewey, der Ohm, der Gutmütig-Schlichte, schützte ihren Wandel. Im Schloß keller lagen die goldgelben Weine, die alten, köstlichen Marken, die den Frohmut riefen, den muntern Scherz, die Laune befeuerten, wenn über den Bischofsberg Freunde als Gäste kamen. Nuschcwev steckte die Pfeife an und plauderte eins. Agathe sah mit ihren großen, melancholischen Augen verträumt ins Tal hinab und, indes Ludowise leise luftige Weisen der teuren, ererbten Meistergeige entlockte, sennte sie sich nach dem Freunde, der vor Jahr und Tag schon übers Meer gefahren war und sie vergessen hatte, sennte sich und dachte mit schmerzlichem Lächeln des künftigen Gatten, dieses eigensinnigen, beschränkten SchulmeisterleinS, das nimmer rasten würde^bis es sie in sein kaltes Haus geführt. Sabine, die älteste, Sabine, die reiferblühte unter den Schwestern, die mütterlich oft für die andern sorgen mußte, ein wenig spöttisch schon ins Leben sah, das viel verhieß, gleichwohl nichts hielt, Sabine bemerkte das schmerzliche Lächeln Agathcns mitunter, aber sie kragte nicht: Agathe schien zu frieden. Und Adelheid wieder, d,e hübsche, die sonnige, war allzu sehr von eigenem, jungem, heißem Glück erfüllt, das ihr ein liebender Kaufmann brachte. Im Saaleschloß auf dem Bischofsberg zogen still die Tage hin, und auch Agathe hätte in später Zeit vielleicht im Oberlehrerhaus verflatterten Mäbchentraum vergessen, verwunden, wäre alles ganz plötz lich nicht wieder anders gekommen. . . . Eines Abends saß der Freund, von keinem mehr erwartet, von keinem gemeldet, wieder im „Schwarzen Roß" im nahen Naumburg. Drüben in Amerika hatte er viel gerungen^ batte viel gedarbt, in all dem Kampf und wilden Jagen Nie den Mut gesunden, ein Wort von sich an Agathe zu senden: jetzt kam er heim, und Kozakiewicz, der treue Gefährte, Kozalirwirz, der Schwär ¬ mer, der elegische Pole, der sein Leben gern in Aesthetik und Melancholie einspinnt, geleitete ihn. Natürlich wird Doktor Grünwald mit dem Gymnasiallehrer noch einmal um Agathe ringen, natürlich wird Grünwald der Gekränkten zeigen können, daß er seiner Liebe auch bei den Inkas nicht vergaß. . . . . Man kann einen kleinmütigen, eingebildeten Ober lehrer, der voll Ehrgeiz nach historischen Funden spürt und über dem Ehrgeiz die ruhige Vernunft verliert, so leicht lächerlich in aller Beisein machen, wenn nur ein von Ludo- wike, der Schelmisch-llebermütigen, gedungener Vagabund Sabinens „antikes' Kreuzlein fand und den Gelehrten da mit nach dem alten, vermoderten Brunnen lockt, wo er dann stolz seine historische Truhe voll frischer, guter Würste ent decken mag. Es ist nur ein harmloser, heiterer Scherz, aber der Tropf nimmt ihn dennoch übel, läßt empört, erbittert, selbst Agathe im Stich: so darf endlich Agathe denn mit Grünwald selig sein. . . Und im Saaleschl^ß auf selbst Agathe im Stich: so darf endlich Agathe denn nui Grünwald selig sein. . . Und im Saaleschloß auf dem Bischofsberg fließen still, sonnig wieder die Tage der vier Schwestern fort. . . . Nichts schwerer, als das Idyll. Nichts schwerer, als Kurzweil schonen müssen, lustspielhast herzliche Heiterkeit, will man der Langeweile Schrecknis indes durch Mittel von gesuchter, zerquälter, träger Einfachheit besiegen. Und nir gends mag sodann idyllische Zeichnung bedenklicher scheinen, als just auf der Bühne. Die Schlichtheit der Motive, die Sanftheit der Farben, der Reden gedämpfter Klang, all dies gerät sehr leicht nicht ,.neo-romantisch", wie es die Trübsal unserer Zeit ersehnt: Unschcinbarkeit, das Bedeutungslose, das Wesenlose kann Szene um Szene bedrohen, wenn sie überdies keine Handlung stützt. Herr Hauptmann hätte es wissen müssen. Tie meisterliche Beherrschung naturalistischer Kleinmalerei, die einst das Weberschicksal „melodramatisch" gestaltete, die feine, kunstreiche, sorgfältige Ziselierarbeit, die dort das Gramvolle, Düstere, Lcbenschwere immer deutlicher, immer eindringlicher, stets erschütternder zeigte, war hier als schöngepfleate^ heiter-stille Harmonie gedacht: die Trivia lität kam, verdrängte die Harmonie, behauptete allein den Plan. Man darf vom Szenenbau, von Technik kaum in Hauptmanns neuem Lustspiel reden. Ungerufen, ohne Zwang treten all die Figuren auf, sie kommen nur, den stockenden Ereignissen noch einmal mühsam fortzuhelfen. Sie bringen die merkwürdigsten Effekte, die jeder Dilettant verschmäht, sprechen die albernsten Phrasen, die dann wieder Worte vlattester Banalität ablösen. „Ouatsch nicht, Krause!" be sänftigt Otto Kranz den zürnenden Bruder, meint sicherlich, das sei besonders humorvolle, liebenswürdige Art. „Wer Ä sagt, muß auch Ä sagen!" erklärt ein anderer, meint wiederum, daß dies geistreich über alle Vergleiche sei. Und schließlich noch des elegischen Polen bestes Zitat: „Wer tut dir denn etwas? sagte die Köchin und schuppte den Karpfen." Und wenn die Spruchweisheit versagt, soll individuelles Zeichnen der MaSken reich entschädigen. Aber man hat den Oberlehrer Nast schon allzu oft gesehen, diesen läppischen Hüter sittsamen Philistertums, manchmal taucht er noch aus den Spalten Münchener Witzjournale empor: auch dort, längst nicht mehr belacht, eine abgegriffene Figur. Und keiner kann die Unterschiede dieser Schwestern, vir novel listisch vielleicht möglich wären, auf der Bühne nennen: Heiterkeit oder Melancholie, älter oder jünger — das Uebrige verwebt, wie die Worte, wie die Taten auch. Dann schneit ein Vagabund in die Gesellschaft. DieSmal kein Symbol: «in regelrechter Vagabund. AuS „Schluck und süddeutschen Staaten niederzuwersen. Die Clbinger Ent scheidung mag sich die Sozialdemokratie merken, die so bereit willig Handelsgeschäfte mit dem Zentrum macht. * Aus dem Fürstentum Waldeck wird uns geschrieben: Wie bereits erwähnt, hat der Voistanv der nalionailiberalen Partei im Fürilcnium Waldeck-Pyrmont beschlossen, für den deutsch-so;ialen Antisemiten von Nichthofen-Jena ein- zutreten und den Mitgliedern der Partei zu empfehlen, n cht rcn von den Vereinigten Liberalen ausgestellten Dr. Pott- Hoff, sondern von Richthosen zu wählen. Dieser «ehr unliberale Beschluß ist gegen eine starke Minderheit und angeblich auch gegen den unter legenen Kandidaten Dr. Friedrich Böttcher im Vor stande gefaßt worden. Die öffentliche Aufforderung an die nationalliberalen Wähler ist ergangen. Als Motiv wird angeführt, „daß der deuisch-soziale Kandidat in nationaler Hinsicht größere Gewähr biete einem Kandidaten gegenüber, der zu sehr mit der sozialdemolraiischen Partei liebäugele". Dieser Boi warf ist Dr. Pott hoff gegenüber, der Waldeck schon bisher im Reichstage vertreten har und sich in natio naler Gesinnung treu erwies, vollständig ungerecht. Der Vorstand des nationalliberalen Wahivereins in Kassel gibt voll und ganz der herrschenden Stimmung unter der Mehrzahl der waldeckffchen Wähler Ausdruck, wenn er in seiner in den Zeitungen veiöffenilichten Erklärung sagt, der obige Beschluß des walveckischen Parteivorstandes habe in Kasseler nationalliberalen Kreisen die tiefste Empörung bcr- vorgeru'en. Am Schluffe der Erklärung werden alle Wal decker Parteisreunde aufgesordert, die Aufforderung des walveckischen Parteivorstanves als nur auf dem Papier stehend zu betrachten und Mann für Mann Dr. Pottboff ihre Stimmen zu geben, denn das im tiefsten Grund liberale Waldeck dürfe nicht wieder an die Antisemiten jallen." * Ltichwahlparole». Die Sozialdemokraten deS Wahl kreises Saarbrücken geben für die Stichwahlen zwilchen Nanonallideralen und Zentrum Stimmenthaltung als Wahl parole auö. Die Wahl des Nationalliberalen ist dadurch gesichert. — Die ZeniiumSpariel bat für die Wahlkreise im Regierungsbezirk Kastel folgende Siichwahlparoleu ausgegeben: In den Wahlkreisen Kassel-Melsungen, Rintelu- Hofgeismar, Eschwege-Schmalkalden und Hanau- Gelnhausen-Orb wird Wahlenthaltung verfügt. Für den Wahlkreis Marburg-Kirchhain-Frankenberg wird angeorrnet: Die Zentrumswahler stimmen für Dr. Böhme (konservativ), welcher die Bedingungen der 7er Kommission der Zentrumspartei angenommen hat. — Im Wahlkreise Marburg-Kirchhain beschlossen die Nationalliberalen, die Entscheidung über die Stimmen abgabe srelzugeben. * Eine Rede BcbclS. Gleichzeitig mit Dernburg hat gestern auch sein Antipode Bebel m Frankfurt gesprochen — 1>/z Stunden. Er behandelte u. a. die Kolonien und kriti sierte scharf das Verhallen DeruburgS. Bebel sprach sodann bas Todesurteil über den Liberalismus aus, der, nach seiner Haltung im Wahlkampf, seine Existenz berechtigung in Deutschland für immer verloren habe, und Jau" bringt cr ein paar oberflächliche Züge mit, niemand weiß, waS er will, als überflüssiger Epijodlst bestimmt just er der Handlung Ausklang, die vermeintliche Höhe, die gleichgültig, wie Anfangs Milte und Ende ist. Einmal aber weinen die vier Schwestern. Ludvwike bittet Agathe, daS Herz ihr auszuschütten. Agathe bricht in Tränen aus, Ludo- wike weint mit. Adelheid kommt hinzu: weint mit. Sabine kommt hinzu: weint mit. Sie weinen alle. Und dies des Abends heiterstes Ereignis. . . . Man weiß, daß Gerhart Hauptmann das neue Stück im Schreibpnit erst bewahren wollte. Oder will cs wenigstens wissen. Aber man weiß nicht, warum er es hervorholle. Tas Schicksal der Schwestern Ruschewey soll fernen Er innerungen nachgebildct sein, die dem Dichter persönlich teuer. So birgt das Werk zwar nicht tieferen, doch inni geren Sinn vielleicht^ für Hauptmann: für uns bedeutet es ein dramatisiertes Stammbuchblatt mißratenster Gattung. Gleichgülig, die Frage zu erwägen, ob diese „Jungfern vom Bischossberg" abermals dichterischen Abstieg künden. Denn sie künden überhaupt nichts, weder Guies, noch Schlechtes — man bestätigt dem Dichter aufs beste die Achtung von alters her, vergißt man überhaupt, was er zuletzt uns gab. Und umsonst auch der Kampf im „Lessing-Theater". Herr Wassermann steigerte seines Oberlehrers famose Art zu einer Lächerlichkeit, zu einer grotesken Dockbeinigkeit, zu einer Beschränktheit, steigerte die ganze Figur so beweglich, so drastisch, so voll Komik, ''aß er die Banalität der Gestalt zum wenigsten völlig menschlich werden ließ. Daß er so immcr- y n noch eine gewisse Berechtigung sür seltene Lustigkeit er brachte. Herr Rittner, der von vornherein von der ihm zu- gedachten Partie so entzückt gewesen sein soll, daß er sein Nollenmaimskript zurückschickte, snielt ohne Zweifel Fuhr mann Henschels gesunde Kraft weit wahrer, weit leuchtender, weit eindrucksvoller, als elegant gedachte „Abenteurer" von Doktor Grünwalds Schlag, wenn diele obendrein sich sen timental gebärden. Doch durste man hier mit Herrn Rittner nicht rechten: der Künstler sand sich ab. Das leise, schwer mutsvoll umschattete Deutsch, das Kozakiewicz spricht, kleidete Herrn Reicher sehr gut. Er stand sichtlich über der ganzen Affäre, mit der er glücklicher spielte, als der Dichter mit seinem Stoff. Die Damen hatten wenig zu tun. Eine Ab wechslung war's, Frau Else Lehmann, Fräulein Hoffmann und Orloff einmal auch im Biedermeierkleidchen zu sieben — indes die Herren in Gehröcken, Schlipsen und Westen modernster Zeichnung prunkten —, schauspielerisch war für sie nicht viel Raum zur Nuancierung. Man müßte den Damen denn für eine sehr geschickt gesprochen« Konversationsszene im Anfang besonders danken. Und durch die Bilder, die diesmal die Regie der Brahmichen Bühne voll künstlerischer Feinheit aufdaut«, schritt ab und zu breitspurig noch der Vagabund deS Herrn Hans Marr. Besonderes ist von ihm nichts zu vermelden. Er kopiert« recht deutlich Herrn Rittners Art. So war es ein« ante Art. Im übrigen gab's Spektakel genug. Ernüchterte Pre- mierengäste, die mählich sich erbittern lassen, schassen end lich, sorgt einen ganzen Winter lang keiner der Herren Dichter sür Witz und Laune, Sondervergnügungen aus eigene Faust. Es ist immerhin recht amüsant, dürfen sich die Männlein im Frack und Deister Binde «in wenig auch als Gassenjungen produzieren. Bestürzt blicken dann geängstete Kollegen, die vielen Männer mit den berühmten Namen, di« wandte sich schließlich gegen die unwahren Behauptungen der Gegner über die allgemeine Haltung der Sozialdemokratie rum Kleinhandwerk und Mritelstauv. — Jetzt weiß der Liberalismus ganz genau, daß er sehr lange leben wird. Die Prophezeiungen Bebels sind allmählich ebenso sprich wörtlich geworden, wie die Falbscheu: es tritt allemal Las Gegenteil ein. * Tie Stichwahlen a« 4. Keßruar. Heute Montag, den 4. Februar, finden Stichwahlen statt m der Pfalz in den Kreisen Speyer, Landau-Neustadt, Germersheim, Zwei drücken und Kaiserslautern, wo besonders daS Zentrum seine Mandate zu verteidigen hat, ferner iu Forchheim, Erlangen- Fürth, AnSbach-Schwabach, Würzburg-Jmmenstavt, sowie in Osnabrück, Herford-Halle und Bielefeld-Wiedenbrück. * * Die Zersetzung der französischen RegiernugS-Mehrhett hat begonnen. Viel besprochen wird ein Artikel PelletauS in einem Morgenblatt, der sich nun offen gegen da- Ministerium wenvet, nachdem er vor nicht allzu langer Zeit erst die Bor würfe Elemenceaus, Laß er mit EombeS gegen die Regierung arbeite, zurückgewiesen bat. * PicguartS Rede für »en Heeresdienst. KriegSmiuifler Picquarl sprach in AngerS bei einem Festmahle über die Ge sellschaften zur Vorbereitung sür den Militärdienst uuv sagt«, Vie Armee sei nicht mehr, wie früher, eia Berufsstand, soa- cern die Armee sei die Nation selbst, indem sie alle ihre Kräfte und alle ihre Hilfsmittel nutzbar mache sür Vie Ber» reivigung des Landes und seiner Unabhängigkeit. Es sei nicht gerechrsertigt, ihr Prinzip und ihre Notwendigkeit an- zuzreisen, denn ohne sie könnten wir unseren Kindern unsere Aortichrilte in der Freiheit nicht als Erbteil hinterlassen. Es heiße also, Frankreich einen Dienst erweisen, wenn man leine Söhne auf die Ableistung veS Militärdienstes vor bereite. * Senatoren-Wahl. In MSzibreS (Dep. Haute-Loire) wurde bei der ErgänzungSwahl für den Senat ver Kandidat der radikalen Partei, Godron, gewählt. * Kritik »er franz-sischea Kirchen-Politik. Der Erzbischof von Westminster machle erneute Anspielungen auf die Errigaiffe in Frankreich und tadelte scharf die Haltung der französischen Regierung gegenüber der katholischen Kirche. * Ter italienische Seemanasauöftan» kann al« beendet betrachtet werden. Die Ausständigen hielten in Genua eine Versammlung ab, in der sie die Bevölkerung zu veranlassen suchten, Len Generalausstand zu proklamieren. * Gcbbas Pascha un» Raisuli. Nach einer Meldung aus Tanger erllärte Kriegsminister GebbaS: „Ich weiß, daß Raisuli sich in einem Gehöft, daS einem Grundbesitzer von Tazerav gehört, allein und recht elend befindet. Ich kann luhig warten, bis Zellal, sein bisheriger Beschützer, sich unierwirst. DaS ist eine Frage von Stunden. Dann werden die Beni AroS, die ohne Zellal ab solut Null sind und ihr Dors Tarerad nicht halten können, ihre Anerbietungen mache». Einstweilen habe ich anderweit zu tun, und zwar den die Bevölkerung von Elksar ernsten allbekannten ChorakterWpfe, die sich nicht auSdeuleu wollen, daß sie vielleicht nach Wackln schon Herrn Haupt- manns bitteres Schicksal teilen, aus die eleganten Rowdirs hinunter, di« den Hausschlüssel vor nächtlicher Heimkehr be nötigen. Und sie spielten auch diesmal alle mit, schrieen munter in die Szenen hinein, johlten, zischten und musizierren. „Es ist alles so öde", meint einmal Agathe, „so endlos lang weilig." Man sand das entzückend und applaudierte sehr ehrlich. Herr Hauptmann trat ein pa-armal vor die Rampe. Er machte ein halb nachdenkliches, halb resigniertes, ver allem gelangweiltes Gesicht. Und hatte doch, >o fühlten auch die Schweigsamen, sein Stück nur geschrieben. Xarl dlorcalc. * Heinrich Lilienfein. Von Th. Ebner lUlm). Heinrich Liliensein ist feit langer Zeit der erste Schwab«, der um einen Platz auf der modernen Bühne ringt, und wenn man an ihm auch sonst nichts zu loben hätte, — schon der hoffnungsfrohe Akut und das gesunde Selbstbewußtjein, mit dem er in di« Schranken tritt, würden Anerkennung und Förderung verdienen. Denn oas ist nicht zu verkennen: dar Drama von heute und sür schwäbische Eigenart literarischen Schassens stehen einander so gegensätzlich wie nur irgend möglich gegenüber. Das Beharren auf althergebrachten Formen und Ideen, das Festhalten an der klassizistischen Schablone auf der einen, und aus der anderen Seite das lecke Erfassen und Ausgestalten von Fragen unserer Zeit, die schon als solche eine gänzlick>e Umformung des dramaiischen Be griffs nach außen und innen ooraussetzen. An Mißgriffen einer mit allerlei Unklarheiten sich überstürzenden Willkür hat es in diesem neuen Entwickelungsprozeß des modernen Dramas bekanntlich nicht gefehlt. Der Ideologe und der Routinier machten ihre llkecht« geltend und langsam nur brach sich die Erkenntnis Bahn, daß ein diese beiden Rich tungen einigender Weg gesunden werden müsse, wenn man cw greifbare und dauernde Erfolge rechnen wolle. In Säwaben stand man diesem Gären und Drängen nach neuen Gcdanken in neuer Form lange Zeit ohne viel Teilnahme und Verständnis gegenüber, und auch heute noch hat man offenbar nur wenig Neigung, an dieser Kulturfrage mitzu arbeiten. Hängt es damit zusammen, daß sie aus dem Norden kommt, und ichon deswegen einem althergebrachten Miß trauen beacgnet? Licvt der Grund dafür in einer geistigen Bequemlichkeit, die alles Neue nur verdrossen betrachtet? Neber die Tatstiche einer schwerfälligen Indolenz kommen wir hier, wie auf manchem anderen geistigen Gebiete bei dem Schwaben nicht hinweg und mit ihr hängt wohl auch haupi- sächlich die küble Aufnahme zusammen, die Heinrich Lilien sein mit seinem literarischen und vorzugsweise dramatischen Schaffen vis fetzt in seiner schwäbischen Heimat gesunden hat Und doch ist er einer von denen, di« in ernstem Ringen mit sich selbst und mit dem Geiste der Zeit ihre Kraft erproben und damit beweisen. Laß sie etwas zu sagen haben und eS sagen wollen. Man muß in einem Kalkül über Lilienfeins literarische Zukunft dieses „Wollen" als einen der bedeutend, sten Posten einstellen. Es ist sür ihn, nachdem er in seinen beiden Dramen „Kreuzigung" und „MemchenLämmerung", sowie in seinem norrllfftt'chen Dekenntnitbuch „M«oernut7
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