Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.02.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070209027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907020902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907020902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-02
- Tag1907-02-09
- Monat1907-02
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezrraS-Prei- sür Leipzig »nd «orsrte: F» der -anpt- Szpeditioo od« deren Lusgnbestelleu ak>- geholt monatlich: Angabe H (1 mal täglich) 70 Pf., Änsgab« 8 «8 mal täglich) 80 Pf., bei Zustellung in« Hau» Ausgabe ö 80 Pf., Ausgabe ö l Mark. Durch unser« aus wärtige» Ausgabestellen »ad durch die Post bezogen ll mal täglich)inaerhalb Deutschland» monatlich I Mark ausschl. Bestellgebühren, sür Oejierreich-Ungarn 5 L 45 k vierteljährlich, di« übrigen Länder laut ZestungSprrislifte. Dies« Stummer kostet ans s sd ist * allen Bahnhvsru uud bei I II den ZestongS-Berkäusern I* Resattto» und Eppevitton: Iohannisgasse 8. Telephon Nr. 153^ Nr. 222, Nr. 1173. Berliner ResattiouS-vnrerm: Berlin XIV. 7, Prinz Louis Ferdiaaud- Strab« 1. Telephon Nr. 9275. Abend-Ausgabe v. MpMrr. TlUklilaü Handelszeitung. Amtsblatt -es Nates und -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Stnzeiqeu-PreiS di« »gespaltene Petttzeile kür KeschSsts- taserate aus Leipzig und Umgebung 25 Pf, Familien-, Wohnung«- u. Stellen-Aazeioen, sowie An- und Verkäufe 20 Pf., finanzielle Anzeigen 30 Pf., für Inserate von auswärts 30 Pf. Reklamen 75 Pf, auswärts 1 Mark. Beilage gebühr 4 Mark p. Tausend exkl. Postgebühr. GeschäftSanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarif. Für Inserat« voin A »-lande besonderer Taris. Anzeigen-Annahme: Auguftustzlat» 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoneru- Elpeditionen des In- und Auslandes. ür daS Lrlcheinen an bestimmten Tagen u. stützen wird keine Garantie übernommen. Haupt-Filiale Berlin: TarlDuncker,H«rzgl.Bayr.Hofbuchhandlg, Lützowilrahe 10 lTrlephon VI, Nr. 4603). Ailtal-Erpeditton:rreSVen,Marienstr.34. Nr. D. Sonnabend 9. Februar 1907. 101. Jahrgang. Vas Neueste vom Lage. (Di« nach Schluß der Redaktion eingegangenen Depeschen stehen auf der 3. Seit« dr» Ter Kultusminister in Kultusminister von Schlieben Dresden kommend, hier eingetroffen man dort bereits länge vor der Reichstagsauslösung einen derartigen Coup geplant hat. Man wird sich erinnern, daß damals, als die ,-Wisticha-Afsäre" traurigen Angedenkens zum ersten Male in den Blättern erschien, die Zentrums- , presse drohte, man werde, sobald man mit dem Kolon icrlcrm» j fertig sei, nun auch aus dem Flvttenverein und dem Marine amt mit Enthüllungen auswarten, die di« Welt in Staunen setzen sollten. Das war also, bevor Herr Tern'bura seiner- sseits am 3. Dazember mit seinen Enthüllungen über Roerens Schs.-ickiocae dem Reichstage auswartete. Daraus geht klar hervor, daß das brave Zentrum, das für Wahrheit und Recht einzutreten so pathetisch vorgibt, ganz ordinär« Spionage in lremden Bureaus treibt, also auf demselben sitt lichen Niveau angelangt ist wie sein roter Bundesgenosse. Die Frage seiner etwaigen Bündnissähigkeit sollte danach für jede Regierung, die etwas auf sich hält, ein sür allemal abgetan dein. Hauptblattes.) Leipzig. ist heute früh, von und hat in der Uni versität an einer Sitzung der Kommission für Geschichte teilgenommen. Nach einer längeren Unterredung mit dem Professor Geheimrat Dr. Curschmann besichtigte der Kultusminister dann noch unter Führung des Professors Dr. Steindorff die ägyptologische Sammlung. Tirpitz über die deutsch-englischen Beziehungen. „Daily Graphic" veröffentlicht ein Interview de» eng lischen Journalisten Bashford mit dem Staatssekretär des ReichsmarineamtS v. Tirpitz, wonach dieser gesagt haben soll: Ich kann mir nicht denken, daß das englische Volk im Ernste glaubt, das ReichSmarineamt bereite einen Angriffskrieg gegen Hz, g land vor. Ich kann nur wiederholen, daß ich diese Beschuldigung sür zu närrrsch halte, als daß sie einer ausdrück lichen Wiederlegung wert wäre. In der ganzen Welt gibt eS doch keine einzige Frage, die einen Grund zu einer Angriffsaktion gegen England für uns abgeben könnte. Andernfalls hätten wir uns bewogen gesehen, 1306 eine Flottenvorlage von ga rz anderem Umfange ein- zubringe». Daß Deutschland zu jenen Machten gehört, die dem AdrüstungSgedanken einigermaßen skeptisch gegenüberstehen, kann niemand überraschen, denn für eine Macht mit einer kleinen Flotte wie Deutschland ist eine Ein schränkung viel bedenklicher, als sie es für England sein würde, dessen Marine der jeder anderen Macht so außer ordentlich überlegen ist. Wenn ferner über die enorme Ver mehrung der Ausgaben für Marinezwecke geklagt wird, so sollte nicht vergessen werden, daß England diesen Weg zuerst eingeschlagen und dadurch die übrigen Mächte genötigt hat, zu folgen. 2« llrn gertsdlenen Stielen. Wir haben schon heute früh die Tatsache beleuchtet, daß das führende Zentrumsblatt in Bayern sich auf unrecht mäßige Weise in den Besitz einer Korrespondenz zwischen dem Deutschen Flottenverein und dem Reichskanzleramt ge setzt, und diese dann veröffentlicht hat. Die Angelegenheit wird noch viel Staub aufwirbeln, zweifellos auch den Reichs tag beschäftigen. Wir teilen darum aus den gestohlenen Briesen einiges mit. Es geht aus ihnen hervor, daß der Flottenverein — woran man natürlich billigerweise keinen Anstoß nehmen kann — eine umfangreiche agitatorische Tätigkeit bei den Wahlen entwickelte. Die Kosten hat dabei aber augenscheinlich zum Teil die Regierung getragen. So schreibt Fürst Salm an den Generalmajor Keim, daß der Reichskanzler Fürst Bülow hierfür 30 000 .E zur Ver fügung gestellt habe. Aber diese Summe reichte nicht aus. Am 25. Januar 1907 fragte die Firma Mittler u. Sohn beim Flottenverein an, wie sie es sür die Stichwahlen mit der Vergrößerung des Vorrats hauen solle: 150 000 Stück „Die Wahrheit über unsere Kolonien!" und 500 000 Stück „Deut sches Volk!" seien noch auf Lager. Schon am 30. Januar 1907 erhielt die Firmg folgende Antwort vom Flottenverein: Ob wir überhaupt noch Sachen zur Versendung auf geben werden, hängt von einer Unterredung ab, die heute mit der Wilhelmstraße ldas heißt Reichskanzlerpalaiss stattsindet. Will die Stelle außer den bis jetzt bei Ihnen entstandenen Kosten sür Druck und Versand, die sicherlich nicht gering sein werden, auch die Kosten für die eventuell noch zur Versendung gelangenden Sachen übernehmen, so soll uns das recht sein. Wir werden, sobald wir Bescheid haben. Ihnen Nachricht zuaehen lassen. Tic Wilhelm- straße hat es ja in der Hand, was sic machen will, da ja auch die Rassow-Sache und die vom Generalstabe lediglich im Auftrage der Wilhelmstraße gedruckt und versandt . worden ist. Wir sind nicht in der Lage von Vereins mitteln einen Pfennig dafür zu opfern. Hier entsteht natürlich die Frage, die dem Reichstag als bald beantwortet werden muß, aus welchem Fonds hat „die Wilhelmstraße" diese Mittel bewilligt? Weiter geht aus den Briefen hervor, daß Vertreter des FlottenvereinS, namentlich Landrichter Stern in Beuthen, der agitatorich bei den Wahlen mitwirkte, dafür eintrat, die Sozialdemokratie gegen das Zentrum zu unter stützen. Er schrieb an den General Keim: Es muß alles daran gesetzt werden, weiteres Erstarken des Zentrums in der- Stichwahl zu verhiwd.-rst und die So- zialdamokratic dahin zu bringen, oaß sie bei Stichwahlen, wo das Zentrum gegen andere bürgerliche Parteien steht, stets für diese gegen das Zentrum den Ausschlag acht Jetzt, nach den ^furchtbaren Schlägen, die sic be kommen hat, wird die L-ozialdemokratie wohl zu Behand lungen bereiten, besonders muß ihr rechter Flügel gestärkt werden ... So ist eine Abmachung dahin geboten, daß die Sozialdemokratie und die nationalen Parteien einander gegen das Zentrum gegenseitig unterstützen. General Keim antwortete: „Was das Zentrwm betrifft, so habe ich schon_ in derselben Richtung nach dem Maße meiner chwachen Kräfte gewirkt" Man hat hier also von einer der Regierung nahestehenden Seite die direkt der offiziös«» her dies« „Enthüllungen" oorberei^t ^rhen^ fiich, ^nd daß Stichwahlparole widersprechende Taktik gebilligt. Das dritte Faktum, das aus den Briefen hervorgoht, ist — und daran kann man am wenigsten Anstoß nehmen —, daß der Flottenverein bei seiner Agitation vor allein darauf be- dacht war, Männer in den Reichstag zu bringen, die für s weiteren Ausbau der Flotte sind. Wie man aber dabei ver--' fuhr, ist interessant. In einem Brief vom 15. Januar 1907 an Amtsrichter Knaudt in Hoyerswerda, wo Bassermann kandidierte, erteilt General Keim folgende Ratschläge: Vergessen Sie nicht, Herrn Bassermann klar zu machen, daß 1) Kolonialpolitik ohne Flottenpolitlk Unsimn ist: 2) dir nanonalliberale Partei sich in der Flottenfrage s«h-r wenig national benommen hat und hierbei hinter dem Zentrum hergelaufen ist, da Herr v. Tirpitz nicht den Mut hatte, aus Angst vor dem Zentrum eine vernünftige Flotten vorlage einzubringen. Dasselbe gilt auch von Herrn von Bülow. Vergessen Sie nicht, ihm zu sagen, daß deshalb in allen nationalliberalen Kreisen das Verhalten der Partei mit großem Mißfallen beurteilt wurde und daß es Aufgabe der nationalen Parteien sei, für eine vernünftige Flottenvorlage «inzutreten. Amtsrichter Knaudt antwortete am 17. Januar 1907: „Herrn Bassermann habe ich vorige Woche auf zehn Minuten gesprochen dabei aber die Flottensrage nur flüchtig berühren können." Am 18. Januar schreibt Generalmaior Keim zurück: Ich traue zwar .Herrn Bassermann nicht ganz, aber die Nationalliberalen schulden uns durch unsere Unterstützung bei den Wahlen so unendlich viel, daß «s geradezu haar sträubend wäre, wenn sie diesmal wieder flau würden. Damit wird insofern ja nichts neues gesagt, als tat sächlich in nationalliberalen Kreisen über das Maß der Flottenverstärkung die Meinungen auseinandergegangen sind, Es muß aber scharf zurückgewiesen werden, wenn man glaubt, durch die Wahlhilfe einen Druck auf die Nationalliberalen auSüben zu können. Diese werden wie bisher die Frage der Flotteirvermehrnng nach rein sachlichen Gesichtspunkten zu erledigen wissen. Im übrigen ist die „T. R." in der Lag«, daraus hinzu weilen, daß dieses ganze Operieren mit unrechtsmäßig er worbenen Briefen, einem seit lange vorbereiteten Plan der Zentrnmslcute entspricht. Schon in der Woche vor der Stichwahl war die „Fuldaer Zeitung", der der Zentrums abgeordnete Müller-Fulda schr nabe steht. in der Aage, ihren Lesern zu erzählen: „Dsm Zenrrum sind eine ganze Anzahl von Erlogen zur Verfügung gestellt, <-us denen sich ergibt, wie man offiziöscrfeits für die Wählen gearbeitet hat. Im neuen Reichstage wird alles dieses Material vorgelegt werden. Man wird staunen, wozu man Marinesoldaten verwendete, wo der „Katholik" ist, der für unsere „allerheiligstc Reit- aion" «intrat usw.! Der Flottenverein kommt hierbei be- onders unter die Räder: die Katholiken und Zentrums- ' sute, die diesem angehören, werden nach diesen Fest stellungen allesamt ans diesem Vereine ausscheiden!" Die „Germania" vom letzten Sonntag kündigte ebenfalls ihren Lesern allerlei „Enthüllungen" an Danach wird «S zur Gewißheit, daß aus Zentrumskreistn von langer Hand Reue Hetze gegen Rittmeister Wolf. Aus Fez läßt sich der „Temps" von der bevorstehenden Bildung mehrerer in den Dörfern der Umgebung auSzuheben- der unv dem Rittmeister Wolf beizugebender Schwadronen berichten und spricht sein Besremdcn aus, daß Wolf dock Instruktor zu werden scheine. Ablehnung der RutznietznngSverträge durch den Papst. Der Papst hat dem französischen Klerus neue Instruktionen zugehen lassen. Er lehnte die Nutznießungsverträge und ö ab, die vom Kultusministerium vorgeschlagen sind, und wies die Geistlichkeit an, in der Angelegenheit mit größter Vorsicht vorzugehen. psMisches. * Ter unermüdlich dankbare Kanzler. Aus ein von Apenrade an den Reichskanzler gerichtete« Telegramm ant wortete dieser: „Herzlichen Dank und besten Glückwunsch zum Siege der nationalen Sache in dem Kreise Apenrade. Ich iveitz, daß die Verhältnisse schwieriger lagen; um so wert- vvller ist dafür auch daS erreichte Resultat." * Ter Reichskanzler und der saztaldemalratische Prophet. Man schreibt unS: Einem Besucher, der dem Reichskanzler am Tage nach den Stichwahlen zu dem glänzenden Wahl ergebnis gratulierte, zeigte Fürst Bülow eine Postkarte, die ihm offenbar von einem Sozialdemokraten am Vor abend der Hauptwahl übersandt worden war. Sie enthielt folgende Prophezeiung: „Ew. Durchlaucht wird eS interessieren, wie das Verhältnis unv die Stärke der Parteien am 25. Januar resp. 5. Februar nach den Stichwahlen sich gestalten wird: Sozialdemokraten 95 Mandate, Zentrum 92, Polen 20, Welsen 7, Elsaß-Loth ringer 13, macht 227. Das sind die Reichsseinde. 170 Man date werden die Blockparteien erhalten. Aufbewahren bis zum 6. Februar 1907!" Der Reichskanzler ist diesem Wunsche nachgekommen und bemerkte, indem er die Karte vorzeigte: „Der Prophet gilt nichts in seinem Vaterland, aber das Vaterland ist nicht immer schuld daran." * DernburgS Reisebegleiter. Wie die „Tägl. Rundschau" hört, hat Kolonialdirektor Dernburg etwa 10 Großindustrielle eingeladen, ihn auf seiner Afrikareise, die er sofort nach Er ledigung des KolonialetatS im Reichstage antreten wird, zu begleiten. Unter diesen Herren wird sich auch der größte Baumwollindustrielle Württembergs befinden. vpo. Die Wahrheit über Puttkamer. Sicherem Ver nehmen nach findrt die Hauptverhandlung in dem Disziplinar verfahren gegen den Gouverneur von Puttkamer bestimmt im Lause de« Mouats März statt. Man kann heute schon annebmen, daß die gegen von Puttkamer in einem Teil der Presse mit so großer Heftigkeit erhobenen Angriffe völlig unbegründet gewesen sind. Es ist mit ganz besonderer Freude zu begrüßen, daß eine Klarstellung des Sachverhalts durch ein gerichtliches Verfahren erfolgt. Feuilleton. 6nnr ohne »Ile Mage srdeitet dns Volk dem Dichter vor, es msccht wahllose Detrschlungen und legt sie in Sprichwörtern und prägnanten kiedenssrten nieder. Dss sind unschätzbare ääateriailen, und darum soll man ihm, um Duthers derbes IVort ru brauchen, unverwandt aufs lAaul sehen. Aber die Schöpfung selbst setzt eine individuelle Zeugung voraus; das Volk als solches dichtet so wenig, als es malt, baut, Statuen meipelt und musiriert. »eddel. Die Zeit ist ein Augenblick. Unser Lrdendasein wie unser llrclengang ein fall durch Augenblicke. senn p»ui. Vor der lllnseltigkeit des eigenen Individuums de- ständlg auf der Nut ru sein, dar Ist die ewige sagend. krewerr von tzeuwterrleden. i« telpzig. 'Ein Prolog zur Klinger-Ausstellung im Kmrstverein und Mr 1. graphischen Ausstellung des Deutschen Künstler- bunides im Buchgewerbemuseum.) Leipzig erlebt in diesem Monat aus künstlerischem Gebiete zwei Ereignisse, wie sie seit Jäür und Tag in den Annalen unserer städtischen Kunstgeschichte einzig Kästchen dürsten. Den fünfzigsten Geburtstag Klingers würdig zu begehen, gab eS kein« schönere Gelegenheit, als eine umfassende Aus- stellung dessen ins Werk zu fetzen, was der a/oße schassende Kürrstlergentus in dem ersten halben Jahrhundert seines Lehens an unvergänglichen Werken der deutschen Kunst ge- gkden hat. Der Leipziger Kunstverein hat diese Aufgabe er füllt und damit etwas geschaffen, was weit über die Grenzen unserer Stadt die Blicke aller Kunstfreunde in den nächsten Wochen nach Leipzig lenken dürfte. Wer heute noch daran zweifelt, daß unsere neudeutsche Kunst in Mar Klinger wirk- lich ihren Irischsten und gewaltigsten Ausdruck gesunden, den wird die «den eröffnete Ausstellung im Kunstverein eines Besseren belehren. Ich muß gestehen, der Eindruck dieser Veranstaltung ist wirtlich , -gndios. Zum ersten Mal« ist hier ein« Möglichkeit geboten, di« Entwickelung des Meisters von seinen ersten Anfängen an bis zu seinen reifsten Schöpfungen zu verfolgen und einen tiefen Blick in di« Seele vieles Genius zu dun, der innerlich beben macht. Wohl ist auch diele Ausstellung Klingerscher Werke nicht lückenlos, ider rechnet man zu den lm Kunstverein daroebotenen Schätzen noch di« Werk« hinzu, deren sich unser Leipziger Minsowm als Besitzer erfreut, so kann mvn getrost sogen, «in« ähnliche Gelegenheit, sich voll und ganz in den Werde gang des Meisters einMleven, dürste auf Jogre hinaus nie mehr wieder kommen. Bon auswärts sind dieser Ausstel» dmg «ich, Gecken »»geflossen, bte hier «nid dort Lücke» be deutsam schließen und dos gesamvc Schaffen unseres verehr ten Meisters zu plastischer Schönheit erstehen lassen. Neben frühen Zeichnungen, die vielfach aus Leipziger Privalbositz stammen, sehen mir dtc ersten malerischen Versuche, die jeden, der den Meister bis dato nur nach seinen Höhen leistungen kannte, in mancher Beziehung überraschen dürsten. Auch fehlen die ersten Radierungen nicht, die heute mit souveräner Gebärde aus den Meister hinzuweisen scheinen, dem wir Cyclen wie „Nom Tode", „Dramen" und nicht zuletzt sein allerneuestes Werk „Epitholamm" verdan ken. Endlich ist auch die Entwickelungslinie des Bildhauers, die übrigens, was vielen unbekannt sein dürste, sehr weit in dem künstlerischen Schaffen Klingers zurückgeht, klar ge kennzeichnet. Kurz, die wundervolle Veranstaltung, sür die wir den Leitern und Beitrogspendern nicht genug dankbar sein können, ist ein Denkstein nicht nur imf dein Wege, den der Meister selbst gegangen ist, dessen Erscheinung sich hier zu einer Größe auswächst, vor der wir bewundernd scheu zurückbeben, mehr vielleicht noch an dem Pfade der Entwicke lung, die unsere deutsche Rnst überhaupt in den letzten 30 Jahren durchgsmacht hat. Ist es gestattet, schon heute das Fazit anzudsuten, so kann es nur dieses sein, daß wir trotz Menzel und Böcklin in Klinger wirklich den einzigen gewaltigen Genius verehren müssen, dessen Riesengestalt ehern und himmelhoch über alles hinauswächst, was sonst die letzten Jahrzehnte noch am hohen künstlerischen Offenbarun gen der deutschen Kunst geschenkt haben. Wir freuen uns daraus, in einem besonderen Gruße zum fünfzigsten Geburts tag diesen Gedanken weiter russpinnen zu können und des Meisters Werden in denn Augenblicke, wo er die Sonnenhöhe des Lebens zu überschreiten beginnt, in kurzen scharf um- rissen«,, Linien näher zu kennzeichnen. Noch «in« andere Ausstellung hat am heutigen Tage ihre Pforten ge-össnet, der es nicht weniger an Interesse fehlen dürste und die ganz dazu angetan erscheint, Leipzigs Bedeu tung auch als Stätte bildender Kunst nicht unbeträchtlich zu steigern. Einer Einladung des rührigen Direktors unseres DeutschenBuchgewerbemuseums hat der Deutsche .Künstlerbund und mit ihm die Elite der deutschen Künstler schaft Folge geleistet. In mehr als 800 Nummern gewährt diese Ausstellung einen llcberblick über di« besten Leistungen deutscher Graphik. Der Buchqewerbeverein hat es sich nicht nehm«« lassen, auch äußerlich dieser Veranstaltung durch voll ständige Neugestaltung der Ausstellungsräume «inen würdi gen Rahmen zu schassen. Diese innere Renovation kommt dem Gesamtei«druck nicht unwesentlich zu Gute. Ueberall ist ein geschlossenes, einheitliches Bikd erzielt worden, das Gruppenverbändc Mfaminenbringt und so jene ruhige Wir kung auskommen läßt, die man sonst auf den großen Jahres ausstellungen, wo die Graphik immer mehr oder weniger Füllwerk bedeutet, leider vermissen muß. Auch gestattete der versäochar« Raum ein g«,z anderes und viel umfassen deres Bich von den Einzeileistungen zu geben. So über raschen in der Tat nicht wenig viele auch schon der bekannte ren Künstler, von denen man bisher immer nur vereinzelt Proben säh, jetzt, wo man einen ungleich tieferen Einblick in die Entwickelung und di« Leistungen der Einzelnen tu» kann. Ich beschränke mich in diesen vorläufigen Bemerkt,«- gen, die mehr den Zweck haben, das erste Interesse für die Veranstaltung bei unseren Leipziger Kunstfreunden zu wecken, darauf, kurz einige der Haopterscheinungen M kenn ¬ zeichnen, indem es Aufgabe -geilerer Berichte sein wird, das künstlerisch wirklich Bemerkenswerte näher heroorzuhebcn. Eigentlich ist ja alles von Qualität, nachdem die Jury ihres strengen Amtes gewaltet hat; indes gibt es unter dem Guten doch noch eine Fülle des besonders Interessanten, das näherer Erklärung bedarf. Berlin ist sehr reich ver treten. Wir nennen da stäche Kollwitz *j, Louis Corinth, Karl Walter, Paul Baum, Philipp Franck, Walter Leistikow, Orlik, Beckmann, Heinrich Zille, Slevogt, Leonard und den Nordländer Münch, der in diesem Zusammenhang zu Berlin gehört. Folgt darauf München mit Stuck, Kayser, dem Tnlograpben Slaschus, Julius Diez, Schinnerer, Schlittgen, Hans Neumann, Gustav Kehler, Schmoll v. Eisenwerth. Dresden ist durch Rudi noff, Zesting, Itcrl, Otto Fischer, Pechstein uns Georg Jahn vertreten. Leipzig — es bildet in gewissem Sinne den Clou — durch Greiner und Klinger, die feinsinnige Marie Gey-Heinze, Horst^clmlze, I. v. Bieberkraut u. a. Bei Wien konzentriert sich das In teresse aus diese eminent künstlerischen Zeichnungen von Klimt, vor denen man olle Prüderie vergessen muß, daneben kommen die Schule Koloman Mosers, JeMmrr, und andere gut zu Worte. Unter den Süddeutschen steht an erster Stelle Karlsruhe mit Hans von Volkmann und Haueisen, eS folgen Stuttgart, Frankfurt usw. Endlich sei auch hier schon des Düsseldorfer und Weimarer Künstlerkreises gedacht. Di« Veranstaltung, Vic allerdings ein besonderes Publikum cr- heisckt, das-wirklich im Stande ist, die Feinheiten dieser meist farblosen 'Schwarz-Weißblätter zu goutieren, ist unter großen pekuniären Opfern des deutschen Buchgewerbevereins, der damit zum ersten Mäl sein künstlerisches Streben offenbart, zustande gekommen. Hoffen wir, daß es in Leipzig an In teresse sür dies« Veranstaltung nicht fehlt und daß sie glück liche Initiative des Buchgowerbeveveins, die letzten Endes aus die Tatkraft und den Geschmack des Direktors vom Buch gewerbemuseum zurückgebt, vielbedeutend für die weitere Zu- kunst sei; denn mir scheint, als habe man allzu lange bereits veraesfen, daß es neben den rein gewerblichen auch künstle rische Interessen durch jene Zentralstelle >des deutschen Buch gewerbes zu pflegen gilt. vr. Oaorg Liormann. * Ehriftlne Hebbel. Ein kleines Ballettmädel, das zuweilen auch in gering fügigen Schauwielrollen austreten durfte, kommt eines Tages zu Dr. Köchy, dem Dramaturgen der Braunschweiger Bühne, um ihm ihr Leid zu klagen, daß sie mit 14 Jahren noch als Knabe tanzen müsse, um ihr Brot zu verdienen. Längst hatte sich in ihr die Lust zur höheren mimischen Dar stellung entwickelt, und sic hätte alles darum gegeben, ein mal d,c Jungfrau spielen zu dürfen. Köchy prust sie auf ihr schauspielerisches Talent bin und erklärt ihr, sie habe nicht allein Begabung, sondern auch ein gutes Organ und treffliche äußere Mittel. Er studiert mit ihr außer der Jungfrau noch die Luise Millerin und die Toni KörnerS ein und schenkt ihr das weiße Kleid für Kabale und Liebe. Dann ging es auf Gastspiel nach Bremen, wo Christine EnghauS — denn das war das kleine Ballettmädchen — mit Erfolg auf trat und in der berühmten Amalie Haizinger eine neue Protektorin sand. Von ihr wurde sie an den braven Fried- j Käthe Kollwitz hat bei Eröffnung der Ausstellung den r-Siomanapr«t» (2000 -ckj erbten. . D. Red. rich Ludwig Schmidt, den Leiter des Hamburger Theaters, empfohlen, der sie sofort aus drei Jahre engagierte. In Berlin aber erkannte man ebensowenig die künftige Be deutung der Tragödin, wie etwa spater bei Charlotte Wolter, die man ;a auch in der Stadt der Intelligenz als zu klein für die Bühne ablehnte. So kommt sie 1839 an das ^ofburgtheatcr, wo sie erfolgreich als Jungfrau von Orleans und Maria Stnart gastierte. Tas Jayr darauf trat sie definitiv in den Verband der Burg ein, dem sie bis zu ihrer Pensionierung im Ihre 1875 anacyörtc. Ihr Haupt fach waren die tragisch-heroischen Rollen, aber auch im Lustspielstich hat sic nach Laubes Zeugnis Bedeutendes ge leistet. Für Hebbel, der 1845 seinen Aufenthalt nach Wien verlegte, wirkte die Verkörperung seiner eigenen dichterischen Gestalten, der Klara in „Maria Magdalena" und der Judith als Offenbarung. „In purpurne Sinnlichkeit ge taucht", so erzählt Hebbels Freund und Biograph Kuh, „war Christine Hebbels Judith; aber von einer rätselhaften Schwermut umfangen glimmte und glühte sie aus, und das sic begleitende Naturgekeimnis durchschauerte sic mit einer schmerzhaften Wollust, die sich in ihrer Rede wie in ihrem Mienenspiel äußerte. Aus diesem Geheimnis zog sie die fromme, wie die heroische Begeisterung, die unheimliche Be sonnenheit und die ernstumflorte Trunkenheit der Phantasie. Ihr Spiel war das Nachtfcst einer dämonischen Seele." Wenn sie späterhin die klassische, niemals wieder erreichte Vertreterin der Hebbelschen Kriemhild wird, so erkennt man ohne weiteres die seelischen Fäden, die sich zwischen der Künstlerin und dem Dichter anspanncn. Aber Hebbel, der sic Ende l845 kennen lernte, war noch durch seine Beziehungen zu Elise Lcusing, die er nicht aufopsern wollte, gebunden. Ein armer Künstler, der aufs schwerste um seine Anerkennung zu ringen hatte, ein stolzer, so ganz dem Bühnentreiben fernstehender Charakter, sah er sich einer berühmten Künst lerin gegenüber und empfand die begreifliche Scham vor der Vereinigung seines ungewissen Loses mit dem ihren. Aus seinen Tagebüchern und Briefen ist die ganze Schwere des seelischen Konflikts ersichtlich, dem er vor »einer Vermählung mit der gefeierten Künstlerin im Mai 1846 zu bestehen hatte. „Ich verlobte mich mit Fräulein Enghaus; ich tat es sicher lich aus Liebe, aber ich hätte dieser Liebe Herr zu werden versucht und meine Reise fortgesetzt, wenn nicht der Druck des Lebens so schwer über mir geworden wäre, daß ich in der Neigung, die dieses edle Mädchen mir zuwendete, meine einzige Rettung sehen mußte ... es ist meine Ueberzeuguna und wird es in alle Ewigkeit bleiben, daß der ganze Mensch derjenigen Kraft in ihm angehört, die das Bedeutendste ist . . . diese Kraft ist in mir die poetische: Wie hätte ich sie in dem miserablen Kampf um die Existenz lebendig erhalten sollen?" Die Ebe mit Christine Enghaus, seine Tine, ist sür Hebbel äußerst segensreich geworden. Man kann aus seinen später« Werken, etwa seit „HerodeS und Mariamne", deutlich erkennen, wie sehr sich in ihm die Kenntnis der weiblichen Psyche und das eigentliche Verständnis sür das Problem der Ehe verliest hat. Hebbel feinst hat sein Verhältnis zu Christine, die mehr war, als eine große Schauspielerin und wirklich »eine Dichtung mit ihrem Wesen befruchtet hat, in folgenden Versen dargestellt: ^Lu tränkst des Dichters dämmernde Gestalten, Die ängstlich zwischen Sein und Nichtsein schweben, Mit deinem Blut und gibst den Schatten Leben, In denen eingeborene Seelen walten." Hier hatte sich wirklich ein Kreitz geschlossen „wo tre» untz
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite