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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.02.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070213019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907021301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907021301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-02
- Tag1907-02-13
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firLekdztg »d Voiokte. In det Hand». Stptd'iio» »der deren Nusgabenellea ad- fitdoU monatlich: Anegab, tt mal täglich) 70 Pi . Ni»»gade U « mal tägli») 80 bei Mttlluag in« i>au« Nn4,>at>» 80 M.. Aufgabe lt 1 Piark. Lurch unierr au»« wärisii»» Amtgodttieklen u»d kurch di» Post l«zogen > mal tügl'ch innerdalbTeulichlaiid» mouatltch l Mart ayitchl BesirUgebübreu. iür Oeiierretch-Ungorn L t! 4Üd viert,Ifädrlich, d>» übrigen Länder lo«! Zeitunaeprei-list». lies« Nummer lost« au! 4 4» p allen LadodSten an«, bei I II oea stetzung-eHerkäureru Me»«»tlon und «erve»»tt»a^ / Iovannisgaile 8. LelMssirm Nr. ILL Nr. NL Nr. >173. Berliner -iedatttous-Vureau Lerliu div. ?. Prinz Laut» Feeblnand« ktraßr 1. Lelepdou l. Nr. 9273. Morgen-Ausgabe 8. UpMerTlUcklitt Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. 2ln»eiaen«PreiS die Sgespailene tzetilzerle iür SeschSfts. inserat» au» Leiozig uad Umgebung 2L Familie»^ Wohnung«- n. Slellen-Äazetgen, s«»t« Au- und Berkaus» 2» finanziell« Anzeigen 30 Pf, für Inserate von auswärt» 30 Pf. Reklamen 75 Ps„ ouSwärt» l Mart. Beilar«» gedüvr 4 Mark v. Tauiend »rkl. Posttedüvr. GkschästSanzrigrn an deuorzugler Ltelle im Preise erhöbt Rabat! nach Laris. Mir Inierate vom Au-ioud« b« anderer Tarif. Lazeigen-Nunodme. Ru,uitns»lag kl, der »Smtlicheo Filialen u. allen Annoncen- ^rveditionrn o»4 In- und Auslände«. Für da» stricheinen an veiommteu Lagen u. Plätzen wird keine Worautle überoommra. Haupt-Filiale Berlin: TarlDaackrr.verzgl.Vavr.Hosduchhandlg„ Lühownraße lO «Televdou Vl. Nr. 4S031 KNial-Vrve»trl,n:rreS»ea.Marie»ktr.S4. Nr. 4t. Mittwoch 13. Februar 1907. 101. Jahrgang Var üliaogrte vom läge. * Der .Reich-anzeiger" veröffentlicht eine Bekannt machung de» Stellvertreters veS ReickskanzlerS. nach der die Eröffnung re> Reichstage» am lS. Februar li Ubr vormiiiags ,m Weißen Saale r,S Berliner königlichen Schlotte» slaitfiuber. Vorber ist GoiteSkiensl für b>» Evangelischen in der Schloiilarelle um 10 Uhr, für die Katholiken m ter HetwigSlrrche um iOst, Udr. Keslern erfolgte die Aufnahme des Kaisers in den Malteser-Ritterorden. lS. Letzte Lep-l * 2n Südwestafrika sind rurck siegreiche Gefechte und durch freiwillig« Unterwerfung neue Erfolge über Hottentotten errungen Worten und auck Abraham Morri» icheiot jetzt Frredea batten zu wollen. (S.DtschS.N.) * Ä« preußischen Abgeordnetenbause wurde die Laudarderterfrage bebaneelt. (S. Tisch«. R.) * Der Gotbaisch« Landtag und der aemcinscha'tl che Landtar beiter Herzogtümer wu,de gestern eröffnet. Piäsicenl deroer Laattage ist Oderbürgermerster Lredetrau. * Die gerichtliche Untersuchung über die N ebener Grubenkatastropbe ist eingestellt worben. Die Ver- uehmuag von 80 Zeu,en und mebreren Sachverständigen bal ergeben, daß weder eia abiichllrcheS, noch e>n labr- lättige» Ber'chulren der Grudenverwaltung vorlieg«. Die Ur'ache de» Unglücks fer v elmebr wubricheinl ch auf die iusätltg« Explosion einer Grubenlampe zurück- zusübr n. * Bei der Kollision der Dampfer „Larchmont" und .Harry Knowleton" sind 150—200 Personen umge- lonrmen. lS. Neues a. a. W. und Letzte Dep.) * Di> Nachricht von enem Attentat auf Graf Witte wird bestätigt. (S. Ausl.) * Da» englische Parlament wurde gestern vom König Eduard mit einer Thronrede eröffuek. (S. Art. 3. Seite.) Lar volnirchrn frage. lVo« unserem Posener Mitarbeiter.) Ist der Schulstreik in der Ostmark erloschen, ist er im Erlöschen begriffen? Man hört im Reiche nur noch wenig von ihm; nur die eintönigen Berichte von den Gerichtsver handlungen, in denen polnische Pröpste wegen Aufreizung der Schulkinder zu Gefängnisstrafen verurteilt werden, schlagen wie träge Wellen nach einem abgeslauten Sturm an die Gemüter der Leser im Reiche. Auch in der Ostmark selbst regt »an sich in der Oesfentlichkeit nicht gerade allzuiehr über diese vor kurzem noch allerorts höchlichst bestaunte pittoreske Erscheinung der streikenden polnischen Schul kinder auf. Es gab so viel zu hören und zu bestaunen in der Flucht der politischen Ereignisse, daß der Schulstreik selbst den Nahestehenden aus den Augen kam. Den Nahestehenden, aber nicht den Eingeweihten, denn diese wissen nur zu gut. daß sich aus dieser Kinderei noch mancherlei Ernstes ent- spinnen kann, denn die Lage im Osten hat sich ohne Zweifel eher kompliziert, denn vereinfacht. Der Erzbischofssitz von Posen-Gnesen, dessen Inhaber den Polen als Primas von Polen, als Jnterrex, also letzt als eigentlicher König von Polen gilt, da sie die preußische Herr schaft nur als eine vorübergehende Erscheinung ansehen möchten, ist verwaist, und der verstorbene Stablewski bat so zusagen al- lein Vermächtnis seine Sympathiekundgebung für den Schulstreik den Polen hinterlassen. Tie Polen haben die Erb'chast angetreten. denn sie kam ihnen sehr gelegen, da der Schulstreik durch Stablcwskis hinterhältigen Hirten brief geradezu als ein der Kirche und damit auch Gott wohl gefälliges Werk sanktioniert worden ist. Trotzdem aber flaut der Streik im Augenblick ab und wird auch ohne Zweifel noch weiter abflauen. Das aber bat seine ganz be sonderen Gründe, und wer aus diesem momentanen Rück gang aus ein Erlöschen rechnen wollte, würde sich sehr täuschen. Laß der Streik um Ostern herum an Stärke abnehmen würde, war kür jeden Kenner der Verhältnisse klar. Tie Eltern müssen befürchten, daß ihre Kinder, die sonst Ostern entlasten werden, im stalle fortgesetzter Obstruktion in der Schule um ein weitere- Jahr zurückbehalten werden und daß ihnen damit eine wertvoll: Arbeitskraft für den Sommer entzogen wird. So lasten sie ihre Kinder denn ruhig deutsch antworten, und der Lehrer kann der Negierung beglückt mel den. daß der Schulstreik im Schwinden begriffen sei. In Wirklichkeit aber bat irgend ein Wechsel in der SinneSart oder im Anwachsen besserer Gesinnung gegen die Regie- rung-sorderung absolut nicht stattgesunden. ES ist möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß die polnische Geistlichkeit vieler- ort- ihren Schäflein geradezu die Erlaubnis gibt, den Streik cinzustellen, denn e» paßt gut in ihre Pläne, wenn di« Re gierung zu dem Glauben gebracht werden könnte, der Streik laste nach und neige sich seinem Ende entgegen. Da» könnte Stimmung dafür machen, einen Polen al» Nachfolger EtablewSki» zu Posen auf den Erzbischosstuhl zu setzen. Au» demselben Grunde schweigt die wohldiSziplinierte polnische Presse in Preußen sich gründlich über die strage de» Schul- streik» au», und man muß schon die polnische Presse außer halb Preußen» verfolgen, um die wahren Anschauungen und Absichten der Polen kennen zu lernen. Ter Lemberger „Slowo PolSkie" aber widmet der strage de» CchvlstreikS in Verbindung mit der der Erzbischos»wahl in Posen «inen langen Artikel. Auch er konstatiert do» momentane Abflauen de» Streik», aber er konstatiert e» mit höhnischer Grimasse. Osten spricht er e» au», daß der Schul streik bi» ,um Herbste leiten» der Polen in gewissen Gren zen äußerlich h,»gehalten werde, um dann erst seine ganze ^rvlosivkrast erweisen. I» Poseuschen lei er entstanden, ans Westpreußen übergesprungen, wo er viel tiefere Wur zeln geschlagen habe, als im „Großberzogtum". In Oder- kchlesien sei er bisher nur episodisch ausgetreten, da die Be völkerung dort noch nicht das eigentliche Signal erhalten habe. Man könne sich aber daraus gefaßt machen, daß ge- rade in Schlesien im Herbste der Schulstreik auf das Heftigste ausbrechen werde, denn der schlesisch-polnische Arbeiter sei ein reicht zu begeisterndes Menschenmaterial. Es sei sogar zu befürchten, daß eS dort zu Gewalttaten kommen werde. Ober schlesien iei von den Polen bisher in der Frage des Schul streiks gewissermaßen al» Neservetruppe zurückgehalten worden. An ein Aufgeben de» Streiks dächten die Polen, wie da» Lemberger Blatt dcS weiteren meint, un!er ke.nen Um ständen. Tie polnische Geistlichkeit wisse, daß sie bei der Forderung der polnischen Sprache für den Re iaionsuut r- richt aus dem Boden der durch die Staatsgesetze garantiert u Konzilienbeschlüsse stehe und daß die Verteidigung der natio- ualen Rechte gleichzeitig eine Pflichterfüllung gegenüber dem Gewissen sei. Sie wisse auch, daß ein künftiger Erzbischofs von Posen, der etwa eine andere Ansicht äußern würde, die» § nur unter einem moralischen Zwange tun könne, wesha d sie sich nie für verpflichtet halten würde, ihm in dieser An sicht zu folgen. Selbst aber, wenn sich eine Anzahl hoher Geistlicher finden würde, die sich, dem Erzbischof fol.zcn>. etwa dem Schulstrcik gegenüber neutral verhalten sollte», so würde die Gesamtheit der Geistlichkeit, die in stetem Kontakte mit dem Volke stehe, doch stets ihrem bisherigen Standpunkte treu bleiben und den Schulstreik fördern, jo lange die Ne gierung aus ihren Forderungen beharre. Aus alledem ersieht man, daß die augenblickliche scheinbare Zurückhaltung der Polen in Preußen nichts als eine kl: ge Mache ist. Sie hoffen, die Negierung werd« sich doch noch bewegen lasten, einen Polen als Nachfolger St-bl.ws.iS einzusetzen. Es ist möglich, daß sich e.n Pole jinoel, der Himmel und Hölle verspricht, so lang« er ErzbischoiSkanüidot ist. Es ist sogar möglich, daß er als Erzbischof scheinbar der- zweifelte Anstrengungen macht, seine Versprechung:« zu halten. Durchsetzen aber wird er das niemals können, was er der Negierung versprechen muß, wenn sie wirklich einem Polen ihre Zustimmung als Erzbi'chof geben könnte. Sollte er es aber wirklich versuchen, ernsthaft und bis zum letzten Ende seine Versprechungen durchzudrückcn, so würden ibm die Polen bas Leben noch hundertmal schwierig.-! machen, als sie es einem Deutschen als Erzbischof machen würden, der dasselbe von ihnen verlangt. Gehorchen aber würden sie keinem von beiden, sondern sich hinter das Sprüchlein ver schanzen, daß man seinem Gewissen mehr gehorchen müsse al» selbst seinem Erzbischof. Es ist also immerhin gut, rmnn man sich an keiner Stelle irgend etwas für das Erlöschen deS Schulstreiks von dem neuen Erzbischof verspricht — wer eS! auch immer sein mag. Für dieses Erlöschen ist mit anderen Mitteln Sorge zu tragen. Und es wird nicht leicht sein, diese Mittel zu linden. Tie deutschen Lehrer im Osten haben mit Opfer-, ja stellenweise mit Todesmut gegen geringes Entgelt den Hauptsturm aus zuhalten gehabt. Es hält >ctzt geradezu schwer, gut deutsche» Lehrermaterial für den Osten zu bekommen. Empfehlens wert wäre es deshalb, wenn man den Lehrern außer der Ost markenzulage noch Extrahonorare bewilligte. Im übrigen aber heißt es, mit Energie den eingeichlagenen Weg verfolgen. Es ist nicht zu leugnen, daß der Schulstreik besonders die Ge müter der ländlichen polnischen Bevölkerung stärker denn irgend etwas vorher erregt hat. Damit ist zu rechnen und da» Falscheste wäre es unseres Erachtens, den Glauben zu lassen, als sei dieser Streik durch ein lais-nr /airs zum Jnsich- zusammenstnken zu bringen. Das ist jetzt einfach aus geschlossen. Er ist auch nicht durch Zuckerbrot und gute Worte einzudämmen. Auch nicht dadurch, daß man einzelne Geistliche inS Gefängnis schickt. Das mag an einer Stell« abschreckcn, an der andern feuert es um so mehr an. Der Schukstreik ist nicht als eine akute Krankheit anzu sehen, sondern nur als eine einzeln« Erscheinungsform der schleichenden chronischen Krankheit, an der der ganze Oktar» schon seit langem schwer leidet. Ter Uebermut der Polen schreckt seit langem vor nicht» mehr zurück und nimmt von Tag zu Tag zu. Langsam erst beginnt der Deutsche im Osten sich aus der Defensive in die Offensive zu stellen. Am Streik der Kinder, ob die Kinder deutsch oder polnisch ihre Religion lernen, liegt den Hctzpolen recht wenig. Viel aber liegt ihnen daran, daß der Streik der Negierung tausend und wehr Schwierigkeiten macht und sie geradezu vor der Welt in das Licht der Lächerlichkeit rückt. E» ist deshalb so grund'alsch, bei all diesen Fragen nach irgend welchen Doktrinen und RechtSgrundsätzen zu suchen. Da» sind einfache Machtfragen. Mehr al» nach dem kommenden Mann auf dem Posener Erzbischofsstuhle und nach dem guten oder schlechten Willen der polnischen Geistlichkeit sollte man deshalb danach au»- schauen, daß man Männer findet, die dem preußischen Land- tage, dem deutschen Reichstage, dem ganzen deutschen Volke die eigentliche Größe der Gefahr im Osten unseres Reiches klar vor Augen führen. Aus daß dem Deutschtum .m Osten die Mittel in die Hand gegeben werden, den polnischen Über mut zu brechen! Der großpolnische Uebermut aber geht darauf au», die östliche Mark des Deutschen Reiches zu schwächen, und eS gab eine Zeit, do .hm das Werk beinahe gelungen wäre. Und heute noch fährt er fort in seinem Werke und scheut vor keinem Mittel zurück, und das Deutsch tum im Reiche hätte wahrhaftig alle Veranlassung , ta», Teutschtum im Osten zu stärken und zu unterstützen. ES er weist sich damit selbst den »roßten Dienst. Bald werden wir im preußischen Landtage wieder Polen debatten haben. Zeitigen sic die Mittel, die dem Teutichtum im Osten nötig sind zum Siege über das Polentum, so wird auch der Schulslreik bald beendigt sein. Findet aber die doch» nationale Frage wieder ein kleinliches, doktrinäres Geschlecht, so wird auch der Schulstreik sich noch weiter ausdehnen unk vielerlei Schlimmes im Gefolge haben, bis dann doch ein- mal die Geduld des deutschen Volkes reißt und kommen wrro, was schon früher hätte kommen sollen. . knglanü «n» Ser lraliksrnirche stoiMilr». In dem Zwiste, welcher sich zwischen Japan und den Vereinigten Staaten entsvonnen hatte, besten Folgen für die Politik heute noch gar nicht abzuscheu sind, verhält sich England merkwürdigerweise ruhig. Ja, wenn man der englischen Presse glauben will und den Darstellungen folgt, welche manche deutsche Zerrungen den engländiichen Publizisten nachbeten, möchte man glauben, daß England der Kons'.ikl peinlich und unbequem im höchsten Grade sei. In Wirklichkeit aber liegen die Tinge anders, und eS ist kein Zufall, daß die Spannung mn'chen dem Reiche des Mikado und dem Stiale des großen Theodore zeitlich nicht wett von dem Wechsel in der englischen Botichait in Washington und der Entlastung des Gouverneurs von Jamaika entkernt ist. Tie japanische Einwanderung in die Vereinigten Staat.« wäre, falls sie glatt weiter ginge, für die englische Politik eine Erleich.erung gewesen, sintemal sie dann von einer Last be'reit wäre, die ihr schwer aus der Seele wuchtet. Die japanisch-englische Freund'chast ist kein Band zarter Sym pathie, sondern ein sehr nützliches Rechenexempel. Japan ist für England der Posten geworden, welcher ihm den De- sitzstand in Asien gegen Rußland garantiert. Dafür soll England dem lährlich immer höhe., flutenden Ueberschuß der japanischen Bevölkerung neue Gebiete schaffen, in denen die fleißigen.und zähen JapS eine zweite Heimat finden. Leicht- sinnigerwene hat man in Townigstreet dem Partner ver heißen, daß Kanada und das australische Commonwealth mtt Freude die japanischen Auswanderer auknebmen würde, und ist jetzt in einer arg.'« Klemme, weil sowohl Kanada als Australien und Südafrika mir aller Entschiedenheit sich gegen die Zumutungen des Mutterlandes gewehrt haben. Sie schließen unerbittlich die Tore vor der gelben Raste und sehen mit Recht in den japanischen Einwanderern ein noch gefährlicheres Element für die Suprematie der Weißen, als in den Chinesen. ES ist daher verständlich, daß England den Versuch Japans, in den Waststaaten Nordamerikas Aus wanderer unterzubringen, nicht ungern sähe. Aber auch hier reagiert das Mißtrauen der weißen Bevölkerung ebenso stark gegen die Gleichstellung deS -avanischen Elements, wie in den englischen Kolonien. Tas ist für England aus der einen Seite fatal, w.il ohne Zwrne! man in Tokio auf seinem Schein bestehen wird. Aber andererseits wird man in Lon- don im no.wendigen Falle mit unverfrorener Miene erklä ren: „Wir haben unser Menschenmögliches getan, un'erem Versprechen nachzukommen, und aktra poss« nemo obston- tur". Ter englischen Diplomatie muß dann natürlich daran liegen, im Falle von Schwierigkeiten, weiche Japan machen würde, rechtzeitig ein Ziel ustpringen zu lasten, «egen das man das japanische Nationalgefühl ohne Mühe lenken kann. DaS war vor wenigen Monaten anscheinend ausS neue Nuß- land, und Leute, welche sich durch die äußere Ausmachung blenden ließen, alaubten, daß die japanisch-russische Span nung England höchst unbeauem fei. In Wirklichkeit aber war sie ein neuer und nicht ungeschickter Schachzug Eduards VII., der damit Rußland, das trotz aller momen tanen Zunciguna die alte tiefe Gegnerschaft zu England in Asien nie vergißt, zeigte, daß England auch heute noch die Möglichkeit bat. jeden Augenblick den Russen Japan «uns neue an den Hals zu Hetzen. Heute ist es Bruder Jonathan, dem England eine kleine Ueberraschung macht. Roosevelt und seinen Leuten sollte es recht deutlich zu Gemüte geführt werden, diß sie ohne Englands Einwilligung nicht im Frieden ihr Imperium ausbauen können, und wenn nach monate- langem ruhigen Verlauf die kalifornische Sckmlassäre zu einem ernsten diplomatischen Zwist plötzlich auSzmvachsen schien, so liegt diese Erscheinung dem nicht gerade beschei denen Vorgehen der Amerikaner aus Jamaika verdächtig nahe. Man hat sich in London unter die Nase reiben lasten müssen, daß Bruder Jonathan, wenn er wollte, rasch und leicht ganz Westindien unter sein Sternenbanner sammeln könnte, ehe ein englisches Geschwader eintresten könne. Man führt daher heute aus dem Umwege über Japan Herrn Theo- dore Roosevelt in sehr häßlicher Weise die Tatsache zu Ge müt«, daß die Philippinen noch lange keine auSgebaut^ strote. «i'che Position sind, und der Stille Ozean auch die japanische Flotte trägt, welche an Kriegserfahrungen eS mit der ameri kanischen ganz sicher ausnehmen kann und deren Stärke in einer kamrstgewohnten Besatzung liegt, während die Ver einigten Staaten zwar neue Schisse, aber kaum das erforder liche Material an Offizieren und Mannschaft dafür besitzen. Die Partie stände also im Ernstfälle nicht sonderlich günstig für Nordamerika, und das will England dem Freund«, der anscheinend Anwandlungen ur Intimität mit Deutschland hatte, oder doch so tat, nachdrücklichst zum Bewußtsein bringen. In Wirklichkeit wird es ja alles ausbieten, um es nicht zum offenen Kampfe kommen zu lasten. Einen Krieg zwischen Japan und Nordamerika würde man in England nur dann austlackern lasten, wenn man ver Niederlage Japans sicher wäre. Das klingt zwar sonderbar, aber an einem allzu starken Japan, da» bereits 'eine leine Fühler nach dem eng- lischen Indien, ganz abgeseh n von dem französischen Indo china. herüberstreckt, kann England nichts liegen: und an- i d.'rerseils würden die Milliarden «r.gli'cher Kapitalien. I welche in der nordamerikan'lchcn Stahlindustrie und den ' Eisenbahnen stecken, d:na' Loch «in schweres Gewicht zu gunsten des momentanen Friedens bilden. Erst wenn man dieien Riesenbesitz an nationalem Vermögen längst wieder anderweitig sicher gestellt bat, wird man in England den Tingen freien Laus lasten, wenn es nötig erscheint. England ist eS natürlich nicht allein, das die Dinge schiebt, auch andere Faktoren 'prcchen mit, besonder- die Win Japans, welche ganz richtig in Roosevelt den Mann sieht, der ihm die Siegesbeute zu iortSmouth aus den Händen riß Aber man soll nicht «larrben, daß der japaniich-amerikanische Konflikt der englischen Diplomatie so außerordentlich . n- bequem se>. Wenn aber wirklich Japan den ersten Schuß fallen ließe, würde man in London nicht um Gründ« ver legen sein, dieselbe Rolle zu strieleo, wie einst der Kronprin, von Schweden bei Leipzig. Z«gr«agerjchtt. ES wird unS geschrieben: Die große Anzahl der jugend lichen Straffälligen, die traurige Erkeumni» aber, das ein ungewöhnlich starker Prozentsatz der Verbrecher bereit» i» jugendlichen Alter vorbestraft ttt. diese also rückfällig wur- den, beweist immer wieder, wie unzulänglich unsere Stxas- bellinlmungeu wirten. Zu stark verricht oei uns m der Slrasbernciiung die Vergeltuugslheorie vor, da- Wesen der Strafe jedoch, besonders in Beziehung aus Jugendliche, soll erziehlich jein. Tie gerichtliche Strafe muß ein ernstes, schweres Erziehungsmittel sür unreife, ihren böse» In stinkten willenlos ergebene Menschen bilden. Innerlich ge läutert. befreit von der Schuld aber gehen die lugendlichen Verbrecher selten aus den Besserungsanstalten und Straf- gesängnisien hervor. Dumps lastet aus ihnen die untilgbare Schande: die. die nicht rückfällig werden, nehmen eine bittere Scham, einen maßloien Ekel mit in das Leben hinein. Tas Mißtrauen, das man all denen entgegenbringt, die „gesehen" hoben, ist ein ott das ganze Leben eines Menschen vergiften der Fluch. Tas Vergeben und Vergessen steht nur im Buch der Bücher, die Praxis des Lebens kennt es nicht. Tie ganze Art, wie über Kinder — denn ei» Mensch von 12—16 Jahren ist trotz aller oft vorhandenen Frühreife doch noch ein Kind — abgeurteilt wird, ist unvereinbar mit un seren heutigen Bestrebungen des Jugendschutze- und der Jugendfürsorge. Dem Kinde wendet sich heute in erhöhtem Maße das Interesse zu' dieses Interesse aber darf vor den Mauern der Gerlchtsgebäude nicht Halt machen. 4,er Rich ter darf nicht mehr einseitig Richter sein, zu welcher Rolle ibn aber unser Strafgesetzbuch zwingt, er muß in erster Linie Erzieher sein und als solcher den i-sall ansehen. WaS wir brauchen, sind daher besondere „Jugendgerichts- h ö s e , deren Richter die Kinder aus ihrer Umgebung heraus beurteilen und die es verstehen, rückwärts mit dem Kinde zu gehen und die Wurzeln des Verbrechens bloßlegen können. „Das Wesentliche ist die Herstellung von Beziehungen zu dem Kinde: der Fall muß vom Standpunkt des Kinde» aus verstanden werden. Tie Iugendgerichtshöse bauen sich auf dem Prinzip der Liebe auf." Ties Wort des amerikanischen Richters Lindsay müßte zum Grundstein aller Jugend gerichte werden. Jenseits des großen Wassers ist das bereits erfüllt, was wir erst erhoffen, und mit Bewunderung und Sehnsucht lehcn die. welche die Gefahr, die in der wachsenden Krimi nalität der Jugend liegt, erkennen, aus die Einrichtung der Iuqendperichtsnöfe, die bereits in 24 Staaten der Union be steht. Freilich auch erst leit wenigen Jahren, 1899, ging Illinois mit der Errichtung des ersten „Iuvenile Court" den anderen Staaten voraus. In einer kleinen Schrift gab Tr. Käte Schirmacher kürzlich nach einem Bericht des Rich ters Lindian ein ansehnliches Bild über die Tätigkeit der Kindergerichte, deren Grundsatz ist: „Die Vergehen und Ver brechen von Kindern bedeuten einen Mangel an Erziehung, an elterlicher Fürsorge, an gutem Beispiel. Daher ist für Kinder dieser Art jede Strafe, vor allem aber die Gesäng- niSstrase, ausgeschlossen." Der Richter ist der Freund, der Vormund, der Fürsorger des jungen Missetäters. „Da einzige Merkmal, das wir selten lasten, ist, daß alles hilflose Kinder sind, die Liebe und Aufmunterung nötig baden", heißt es in Berichten der „National Conference". Dem Richter zur Seite stehen „?eobslion okkicer»"^ Beamte iMänncr und Frauens, denen es obliegt, die straffälligen Kinder im Auge zu behalten. Macht sich eine ständige Ileberwachung nölig oder ver'agt die häusliche Erziehung gänzlich, so kommen die Kinder in eine Hastschule sDetention oder rn eine Be^erunoSanstolt: beide aber tragen vollständig Familien- charakter und unterscheiden sich erheblich von unseren Besse rungsanstalten. lieber die Art. wie der Richter die anaezeipten Fälle er ledigt, schreibt Emil Münsterberg: «Ernst und schwer, wo Ernst und Schwere der Anklage es fordert, zwanglos und humorvoll, wo es sich um leichte Dinge bandelt, schnell und doch nicht flüchtig, immer aber gütig und freundlich, wußte der Richter jeden Fall seiner Eigenart gemäß zu bebandeln. Hier lautete der Spruch auf Zurückgabe an die Eltern, dort auf eine Verweisung in ein Waisenhaus: hier machte er der mitaekommenen Mutter klar, waS sie an dem Kinde bisher versäumt habe, dort gab er dem jugendlichen Missetäter zu wissen, was ihn erwartete, wenn er sich nicht bessere. Eigentliche Strafen sprach der Richter sehr wenig aus: die schwerste Entscheidung, die er während meiner Anwesenheit traf, lautete aus Verweisung in eine Besserungsanstalt. Von allen Mitteln der Hilfe, der Besserung, der Erziehung, machte er einen, wie ich meine, höchst einsichtigen und ziel bewußten Gebrauch." Die Befugnis der Jugendgerichte erstreckt sich nicht allein aus d.e Iu'i.nt»iichtn a»«ck die Erwachsenen werden von ihnen zur Verantwortung pezoqen, und zwar in solchen Fällen, wo Eltern oder sonstige Hüter der Kinder ihre Schutzbefohlenen verwahrlosen, sie zu einem Vergehen anstiften, ermutigen und bestärken. Der Vater, der sein Kind in die Schenke nach Branntwein schickt, wird ebenso bestraft wie der Schankwirt, der Spirituosen an Kinder verabreicht. Der Erfolg der Jugendgerichte ist, soweit eS bis jetzt zu übersehen ist, der denkbar günstigste. Ter Richter Lindsay verzeichnet vor allem eine Abnahme schwerer Diebstähle. Reformen pflegen leider einen langsamen Schritt zu gehen und sehr bald ist daher bei uns wohl noch nicht an eine Schaffung vollständiger Jugendgericht-Höfe zu denken, vergingen doch auch in Amerika Jabre, ehe sie nach der ersten Anregung entstanden. Aber sich dringend nötig machende Verbesserungen könnten auch bei uns schon eingcführt wer den. und da sind besonder- drei Forderungen zu erbeben: 11 Vollständiger Ausschluß der Oesfentlichkeit bei allen Ver handlungen gegen Jugendliche und bei allen Prozessen, in denen Jugendliche als Zeugen in sexuellen Fragen austreten müssen. 2> Tie weitgehendste Anwendung der bedingten Ver- urteilunr und 3! die Mithilfe gebildeter Frauen, zum min desten da. wo e» sich um Mädchen handelt. Aeltere, in der Erziehung und der sozialen Hilf»arbeit erfabrene Frauen
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