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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.02.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070216020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907021602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907021602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-02
- Tag1907-02-16
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- - - VeHM»s-Vreis <ür Leipzig uad Bororte: In der Haupt- ckipevftion »der deren Ausgabestellen ab- geholt «onaML: AnSqab» (1 «al täglich) 70 Pst, «»«gab» » lL mal tSgltch) 80 Pst, bei Zustellung in» Hou» Ausgabe > 80 Pi., Ausgabe ick i Mark. Durch uu'err an», loärlige» A»<gabeürllen und durch di« Poft bezogen 1 mal tüglichlinnerdalbDeullchland» monallich l ivtaik, für Oeiierr»ich-Ungarn ö li 4L d viertessZdrtich. dir übrige» LLuüer laut Zeituugeveei-lifte. Dies« Nummer tostet aus 4 44 allen Bahnhöfen und bei I II )I(l de» Zeitung».Verkaufen» AedaUton uu» Expevitt»«: JohanniSgafs« 8. ? °chho» Nr. IKl Rr. AL, Rr. 1I7L. ^«rliu« N»0»ktio»4«V«r«mi: Berlin «V. 7, Prinz Louis Ferdin«». Strotz« L. Lelevdon l, Nr. SKkÜ. Abend-Ausgabe 8. KWWr.TagMM Handelszeitung. Amtsblatt des Nates «nd des Vottzeiamtes der Ltadl Leipzig. Anzeiqe»,Pre« Vie Bft^paiteue Petüzeilr für Sefchikftß» iuferat« am» Leipzig »ad Lmgebuna » Pf^ Familien^ Wohnung»-». Stellen-Aazetara, sowie An- und Berkaus» SO Pf, finuazmi« An-rriaen 30 Pf„ für Inserate von an»wärt» SO Pf. Reklamen 7b Pf, au«würt» l Mark. Beilage- aedüor 4 tl-art p. Tausend exkl. Postgebühr. SeschastSanreinen an bevorzugter Stell« ftn Pins« erhöbt Rabatt nach Tarik. Für Jnieratr vom Au»land« besonderer Tarif. Änzeigen-Äunadme: AuguftiXplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. alle» Annoncen» Erpeditionrn de» I». und Aa»lanbe». da» Ericheine» a» bestimmten Lagen u. «r wird keine Garantie übernommen. H*npt»Ftlialr Serkin r TarkDuu ckrr, Herzg t.Bayr.Hofb»chh«mRg, Lützowstrah« 10 «elepho» VI. Nr. 4SVS1 Kikini-Eknedttisu: Drr»»en.MarienSrL4. Nr. 47. Toamrbe«- 16. Februar IV07. 10l. Zahlgang. Vas Neueste vom Lage. (Die noch Schluß der Redaktion eiugegaugeuea Depeschen ftchen auf der L. Seite de» Hauptblstte».) Srzberger sagt au»! In der heutigen Lerhanvlanz deS Poeplau-Prozesses wurde gegen der» Abgevrvaetea Erzbergrr die Haft ausge- sprach en, weil er sich, gestützt mrf seine Jmmuaität, weigerte, auSzusageu. Als der Borsitzeude den Befehl gegeben hatte, den Abgeordneten abzuführeu, bat der Augellazte deu Leuge», sei« Aussage zu machen and euthob ihn der Schweigepflicht. Erzberger erklärte sich darauf uuter Protest bereit, auSzufageu, woraus der Haftbefehl znrückgeuowmeu wurde. Erz. berger wurde nicht vereidigt. Er sagte daun folgendes aus: Er habe einen Steuographeu gesucht und da habe sich Herr Poepla» gemeldet. Auf diese Weise sei er mit ihm iu Ver bindung getreten. „Ich war gaaz erschrocken über das, WaS doeplau mirjerzählte uad e» hat mich gewundert, daß eine reulscke Aehörde so tief fallen sonnte. Poeplau hat m. D. »ach nichts eutweudet. Die Erzählung?» Poeplau» wareu derart, saß ich zum Chef der Reichskanzlei, Herr» von Loebell, ge gangen bin, um ihm sie Sache u erklären." Der Staats anwalt fragt daraus: „Habeu Sie niemals den Verdacht gehabt, daß Poeplau die Aktenstücke veruntreut hatte?" Erzberger antworiet mit einem entschiedenen Nein. Prinzessin Clementine von Sachsen-Co» lNH-iiohary ist, wie un» einPrivattelegramm unsere» Wiener Korrespondenten meldet, beute gestorben. Sie befand sich, wie wir mitgereilt haben, nachdem sie gerade eine schwere Krankheit überstanden hatte, auf der Reise nach Mentoae, um au der Riviera eine Nachkur dnrchzumachen. Die bulgarische Familie hatte sie »ach Wie» begleitet. Prinzessin Clementine war al» Tochter de» spateren Königs der Franzosen, Herzogs Louis Philipp von OrlSauS, am 3. Juni 1817 geboren. Sie hatte sich 1843 mit dem Prinzen August von Eoburst- Eoharh vermählt, dem Bruder de» Begründers der in Portugal herrschenden Dynastie und Neffen König Leopold» I. von Belgien. Sie verlor ihren Gauen 1SY1. Von ve^ Kindern rft v" Prinz August, dessen Nachkomme« al« Prä- tendenten für den brasilianischen Kaiserlhron gelten, schon l871 gestoiben, die Prinzessin Clotild- als Gemahlin Erz herzog Josephs vor zwei Jahren. Es überleben die Natter der Fürst Ferdinand von Bulgarien und rer Prinz Philipp, der geschiedene Gemahl der unglücklichen Prinzessin Louise von Belgien. — Der Einfluß der Bcr- torbenen auf die bulgarische» Angelegenheit«u war nicht gering, schon wegen der großen Reichtümer, welche die Tochter aus dem Haase OrlsaaS m die Ehe eiuzebracht batte. -ranz-sifche ttrtegsfurcht. Ja der Deputiertcukammer interpelliert Leftbvre den Krirgsmmrster Piequart vatü.er, daß die Grenze zwischen Loagwy und MoulmScy zu leicht zugänglich sei, und daß gewisse deutsche Libeiteu die Bewohner dcS MaaSgebieles beuaruhigeu; die B.wohuer begtcn den Wunsch, daß der erst« Lasammeustoß in tiaem Kriegsfälle so günstig wie möglich für sie verlaufe» möge. Pcqart erwidert, daß, wena neutrales Gebiet verlktzl wervea lollte, der Fall de» Durchzug» durch dieses Gebiet die Ergreisuog der notweudlgen Maßnahmen gestatten würde. (Beifall.) — Die Trace der deutsch » sranzösi ch«belgischen Grenze in dem heute zu Lolbriugeu gerechneten Süd-Luxembura läuft aller- viug» für alle drei Läader böchst unbegnein. Es ist sehr zu bedauern, daß 1871 die Grenz-Regulierung so karg and kompliziert auSgefüdrt ist, daß man sich darauf einlyß, mrr Fraukreich um Dörfer zu markten a>-d nicht auz einet fcharseu Gcenzliaie reia nach strategische» Gesichtspunkten bestanden hat. Die französische Krisis. In deu Wandelgaugen der sranzöfischea Kammer wird die Lage al» sehr kompliziert betrachtet. Es heißt, daß Elemeucrau sehr aufgeregt sei and unter alle» Umstände» fobald al» möglich in der Kammer eine Klärung »ach der einen oder andern Seite hin Heldeifähren wolle. Aabrikbraus. Heute früh brach in der Mechanischen Weberei von Nutzer Büdinger in Mylau ein Feuer aus, durch daS ei» Schaden von ca. 150 000 anzerichlrt wurde. Gegen 100 Arbeiter werden dadurch brotlos. Der Brand dürfte durch eine» Kurzschluß iu der Leitung entstände» sei». politisches. Zur vcrricbsmitlctgrmclufchafl. Noch sem parlamentarischen Bericht sollte der preußische EisenboHnminister am Donnerstag vormittag in der Budget, kommisston des Abgeordnetenhauses erklärt hoben, daß die Behandlungen über die Betriebsmittelgomeiuschast zur Zeit „aUtgegeben" wären. Zur selben Stund-- sollte dagegen im Württemberg: scheu Landtage der Ministerpräsident non Dei»iäck»r vkr-sich.Trt habt«, daß sich bie Frag« der Betriebs- mittelgemeiuschäft „zur Zeit in gutem Fahrwasser befinde". Hierzu schreibt die „Neue Politische Korrespondenz : Der Berkeyrsminiiter Breirenbach hat am Mittwoch abend in der BuL-getkommission des Abgeordnetenhauses erklärt, daß die Verhandlungen über die Betriedsmittelgemeinschaft zur Zeit aufgcgsben seien, daß aber die Verhandlungen über die oou Bayern seinerzeit angeregte Güterwagengomeinschaft noch schwebten. Vielleicht bezieht sich die Aeutzerung des württem- dergischen Ministerpräsidenten von. Weizsäcker, welche der selbe im wurttemdergischen Landtage abgegeben haben soll, die aber bis zur Stunde amtlich hier noch nicht bekannt ist, auf diese letztere Bemerkung des preußisches BerkehrS- mirvisters. Inzwischen hat sich denn auch Minister von Weizsäcker folgenoermatzeu iu der Kammer geäußert: Er erinnert« daran, daß Preußen einen diesbezüglichen Staarsvertrag oorgelsgt hat, und erklärte, daß Württemberg die Äeschichtsichrewer über die betreffenden Verhandlungen einmal nicht zu fürchten haben werde. Der Minister fuhr kort: Der Vertrag, deu wir abzuschließen bereit sind, kostet uns keine Opfer in bezug aus unsere Eisenbahnhoheitsrechte, solange wir iu dem VertragSoerhältuiS bleiben. Eine Be- eintrachtigung des Ständerechtes würde nicht eiatreteu. Die Betriebsmittelgemeinschaft ist das Minimum einer Eisen bahngemeinschaft. Sollte sie nicht zu erreichen sein, so wollen wir unS auch von der Wagenaeme>nsckaft nicht aussckließen, wie sie Bayern oorgeschlagen hat. Wir werden an den Der- Handlungen hierüber in loyalster Weise Mitwirken, aber der Wunsch, der nns in dieser Frage beseelt, wird auf diesem Wege nicht befriedigt. Zu einer Wagengemeinschaft habe ich die Generaldireklion auch ohne die Zasttmmnng der Stände schon längst ermächtgt. Dir brauchen unS über sie nicht be- fonders zu freuen: denn sie wäre kein besonderer Fortschritt Wir halten in Uebereinstimmung mit der großen Majorität des Lande» eine weitergehende Gemeinschaft für eine poli tische DerkehrSnotwendigkeft. Der fruchtbare Gedanke der Materialgemeinschaft ist im Wachsen begriffen und wird durchgreifen. Neben der volkswirtschaftlichen und finan ziellen Seite der Frage habe ich vom ersten Moment an die nationale Seite der Sache mit Freuden begrüßt. Der Gedanke einer wechselseitigen Unterstützung oer deutschen Re- gierungen ist ein so großartiger, daß er, einmal ausgestellt, nicht mehr verschwinden wird. Zu unserem lebhaften Be dauern müssen wir unS aber aus eine langsame Entwickelung gefaßt machen. Diese Ausgabe auf dem Gebiete des Ber- krhrswesenS, das seiner Natur nach einer Zersplitterung widerstrebt, ist so wichtig, daß ich mich nicht entmutigen lasse. Es gibt auch im Innern eine nationale Politik, und ich bin überzeugt, daß diese nationale Politik in Berlin ihre Stütze finden kann und wird, und daß die dazu berufenen Faktoren mit der Zeit auf unsere Seite treten werden. Andererseits müssen wir unS nach der wirtschaftlichen Ent wickelung des Landes auch sagen, daß die wurttembergischer Eisenbahnen auf ihren eigenen Füßen müssen sieben können. (Sehr rrchtig.) Tie Abschlüsse von 1905 sind günstiger, als alle bisherigen. Es freut mich, sagen zu können, daß die Ab- schlüsse für 1906 sehr Gutes versprechen. (Bravo.z Wir müssen uns so einrichten, daß wir bis auf weiteres für unS leben können (sehr richtig!), aber ick gebe die auf Artikel 42 der Rsschsverfassung gegründete Hoffnung nicht auf. (Bravo.s * * Sine Rede des Kaiser». Die „N. Fr. Pr." veröffent licht den Text einer Rede, die Kaiser Wilhelm am 24. Jamrar 1904 in den von dem amerikanischen Professor Dr. Scriv- Imre nach Berlin gebrachten Phonographen der Harvard universität für deren wissenschaftliche Sammlungen gesprochen Haden soll. Danach sprach der Monarch über Friedrich den Großen und seine Anwesenheit vor 150 Jahren bei der auf dem Gefilde von Döberitz konzentrierten preußischen Armee wie folgt: „Hier bildete der große Soldatenkönig rastlos ar beitend und über den großen Gesichtspunkten auch daS Detail nicht vergessend, feine Regimenter für die schwer« Aufgabe des bald einigenden 7jährigen Krieges <mS, hier knüpfte er ein inniges Band »wi'chen sich und feinen Solda. len, das diese zu den äußersten Leistungen begeisterte, roh ¬ rend er seinen Geist seinen Generälen einflößte und so deu Grund legt« für deu unvergleichlichen Er'vlg, der in der sieg reichen Ueberwiudung einer gegen ihn verfchwo^nen Weit iu Waffen gipfelte." Weiter fprach der Kauer noch über die Potsdamer Wachtparade. * Reaktivierung der Bezirkskommandeur«. Die Nachrichi der „Rr«inisch-Weivsälischea Zeitung", im Kriegs-miussterium sei ein Gesetz in Arbeit, welches Li; Reaktivierung der Be- zirkSiommanoeure und Bezirlsoffizier« anstrab«, wird oon der „Neuen Politischen Korrespondenz" auf Las bestimmteste Lamentiert. * Professor Bücher, Direktor der Vereinigten staats- wissevschaftlicheu Seminare an der Universität Leipzig, ist beute 60 Jahre alt geworden. Er wurde am 16. Fe bruar 1847 zu Kirberg, Reg.-Bez. Wiesbaden, geboren, stu diert« in Boas und Göttingen Philologie und Slaats- wisseuschasten, war dann später zuerst als Gymnasiallehrer, dann als volkswirtschaftlicher Redakteur an der „Frank furter Zeitung" tätig, bis er sich 1881 is München yabilr» tierte. Ein Jahr darauf wurde er als Professor nach Tor pat berufen. Von dort ging er 1883 nach Basel, 1890 nach Karlsruhe und 1892 nach Leipzig, wo er noch heute riee fruchtbare Lehrtätigkeit ausübt. Von 1895 biS 1898 gehörte Professor Dr. Bücher dem Leipziger Stadtverordneten- kollegium an. * Adolf Damaschke, der verdienstvoll« Führer der deut- Aen Bodenrefornrbewegung, war vor einigen Tagen oon Mitgliedern dieser Bewegung öffentlich beschuldigt worden, wissentlich die Unwahrheit gZagt und «ine in der Boden reform bewegung tätige Dame ungehörig behandelt zu hcken. Beide Anklagen waren für jeden, der Damaschke kennt^ von vornherein hinfällig. Immerhin war es der breiten Oessenr- lichkeit wegen gut, daß der Vorstand des Bundes der Boden- rewrmer volle Aufklärung verschaffte. Das Resultat ist folgendes: „Nach eingehender Prüfung der Sachlage unter dem Vorsitz des Admirals Dr. ing. Böters erklärt der Vor stand einstimmig, daß die von sechs Herren ausgehende Darstellung der Angelegenheit durchaus unrichtig ist. Der Vorstand spricht einstimmig Herrn Damaschke sein volles Vertrauen auS, mißbilligt das Vorgehen jener Herren aufs schärfste und beschließt, sie zum sofortigen Aus tritt aus dem Bunde deutscher Bodenresormer aufzu- sordern." * Zum Kampf um den polnischen Lchülerstreik wirb ans Bromberg gmnelbel: Der Realschüler Skifinski aus Wollstein würbe auf Anordnung LeS Provinzialfchrrlkolle- giu-ms von der Königlichen Realschule verwiesen, weil sein Vater (ein dortiger Schmiede meist er) im Vordergrund der polnnck>en Bewegung in Wöllstein siebe und auch seine Schwester andauernd im Schulftreik verharre. Zugleich wurde dem Verwiesenen eröffnet, daß «ine Wiederaufnahme in eine höhere Lehranstalt für immer ausgeschlossen sei. Einem anderen Schüler wurde die Maßregelung angedroht, salls dessen Geschwister weiterhin in der Obstruktion ver harren würden. * * Die ungarische Volk-Partei hielt ein« Versammlung ab, in der sie «in« Resolution faßte, sich gegen die Auffassung verwahrt, daß die in einzelnen Fragen geübte Kritik sofort die Auflösung der Koalition nach sich sichen sollte. Die Resolution erklärt weiter, die Partei sei mit der Erklärung des Ministerpräsidenten völlig einverstanden. Feuilleton. je grSarer ein Lüostlar Ist, um so «lufachar Ist «is», vu» er ru suv« hat. Sawe-S««. Oss Publikum versteht sich ckarsuf. Sein yarr sagt ÜM ,vsa seine Unwissenheit ihm verschleiert. Suos, welchen IVeg mußte nicht ckie Lenschheit wachen, di, sie ckshia gelangte, such gegen Zchulckige geUack, gegen Verbrecher schooenck, gegen Unmenschliche menschlich ru sein! Qeviß waren ea öLLorier von göttlicher distur, ckie ckies ruersi lehrten. K» Rlingar» fünfzigstem Sebnrtetag. Bon Dr. Georg Biermaua. Die Geschichte der Menschheit ist karg au erhabenes Genien, deren titanische Schöpferkraft der Welten tiefste, ungelöste Rätsel zu ergründen strebt. Aber unsere Zeit rft reicher als so manches frühere Jahrhundert, das vom Wetter- ieuchte» prometheischem Tatendranges erfüllt war. Reicher an Verständnis, reicher auch an seelischen Kräfte». Wir haben die Großen unseres Volkes erlebt, oftmals erst spät, meistens aber noch früh genug, um noch an den Quellen »u trinken, die jene uns erstylossen haben. Daß wir eine» Meister wie Böcklin, den grausamen Zweifler und Welt verächter Nietzsche noch bei Lebzeiten unter nennen dursten, kann uns mit gerechtem Stolz erfüllen. Blickt uwm auf die Jahrhunderte zurück, die hinter uns liegen und mißt sie an dem, waS sie den Großen ihrer Zeit gewesen sind, wie traurig sieht dann das Fazit aus! Man mag an Rembrandt und Lionardo erinnern, ja selbst an Michelangelo. Daß sie unverstanden leben rnch mußten, dafür zeugt di« Kunst, die nach ihnen kam. Wohl ist die Einsamkeit ein un trügliches Zeichen für joden ÄeniuS, der der Menschheit neu« Gaben bringt. Auch Klingers Kunst ist nicht jur die breite Masse geschaffen, obwohl gerade sie so durch und durch von der tiefsten Sehnsucht unserer Zeit getragen wird, obwohl gerade sie dem Jubel und der i^ensnot, dem verschlossenen Träumen nach dem rawd der Schönheit wie nicht« anderes Worte und Ausdruck verliehen hat. Sie erscheint wi- ein Gebet an die Gottheit, da» von stammelnden Lippen kommt, auf denen der Sebn- fuchtsschrei »ach Erlösung unb Schönheit bebt, sie bat die tzmuenvollen Schatten der Nackt gekostet unb das lautere Jubilieren verklarten Licht». Sie ist yinahgestiegen in die trosiloirn Höhlen menschlichen Elends und hat sich zur Sonne Ahtdoll emporgereckt mit der gan-en ungestillten Gier er» Fütternder SehnsuchtSklage »ich sie hat von Hellas sonnigen d« Frsthling p» uns herüb«rgetrog«n und unseren Folae,eiu Leben", in dem Mozortsche Gsgeiuvcntsschilderung künstlerisch aus einen unvergleichlich HKeren Standpunkt omvoroohoben ist, oder wi« endlich dem Zyklus „Dramen", in de« sich di« grausigste Brutalität menschlicher Verkommen heit doch durch die gewaltige Meisterschaft technischer Be handlung »u höchster und reinster Kuust auSwächst. Das Unfaßbare, unheimlich Große, das Klingers Kunst ousströuit, liegt für mich zu nicht geringem Teil darin, wie der Meister seelisch und geistig immer wieder neu erstehen konnte. Neben den obengenannten Folgen verdanken vir ihm die ideal verklarten Zyklen der „Brahmsphontasie", dir männlich starke» Blätter vom Tode" I uad II, di« berau schenden Eapriceios der „Intermezzi". daS von der antiken Mytholoa,« st> stavf durchsetzt« Den der «Rettungen in discher Opsen, Innerlich find solche Gegensätze vielleicht leichter gu erkläre», als rs auf deu ersten Blick scheine» mag, aber wunderbar «rsckeint gerade dadurch der Meister, denke» wir « mdere große Künstler, di« vo» Anfang bis End« künstlerisch »ad geistig als geschlossert« Eiuhea vor Las itaunaadeu Blicken eine ueue Aphrodite enthüllt, die der In begriff all sein«- Schaffens wurde. Wer Klinger- Lobens wert bis auf Lea heutigen Tag durchg«ht, vor dessen Augen ersteht nickt nur neu der Geist eia«r -weitausendjähriaea Vergangenheit, gewaltiger ist die Stimme, die unsere Mensch beit selbst au- diesen Werken kündet. Da werde» si« all« lebendig, die heimlichen SebnsuchtSqualen unsere- «igeaen Herzens, das verzweifelnde Weh und Ach deS bitteren Lei dens, der wilde Schrei nach Erlösung, -a- ungestüm« Ver langen nach Sonne und Schönheit. Da erstehen sie vor an- leren Augen, die mächtigen Heroen des Geistes, der Beet hoven, der dem Atem der Gottheit lauscht, der Liszt, in dessen Zügen sich die verhaltene Schöpferkraft des rnusirali scheu Ge- bärens wiedevspiegelt. der Nietzsche, dessen zusammenge- kniffene Brauen den Fluch des Prometheus aus die unsagbar lebendige Welt herabzuschleudern scheinen. Da haben die heimlichen, ost grausigen Gewalten der Seele Gestalt und Leben durch die Hand des Bildners gewonnen: Salome, die tierische Lüsternheit frühreifer Jnirinkte, Kassandra, die prophetische Zuversicht, die auch dem bittersten Schicksal den stolze» Nacken nicht beugt, Elsa Ai'enijeft, das dämoniich« Rätsel, da- uns mit sieben Siegeln die Geheimnisse der weiblichen Seel« verschließt, «in« Sphinx, deren berücken der Murck, wenn er sich öffnet, nur llnyeil künden kann. Solche Werke der Klingerschen Kunst find groß durch ihre» symbolischen Gehalt. Sie tragen etwas vom Geheimnis vollen, unergründbaren der menschlichen Psyche an sich, LaS uns mit Schauder umwebt. Vielleicht wird man sie darum einstmals — wir als Mitleb ende entbehren des rechten Urteil- — als die höchsten Schöpfungen des Künstlergeistes verehre». Vielleicht — unser« Zen ftvht ihrem ganzen Ge- fühlsiuhalt indes scheinbar anderen Werken näher, die au» dem Lebe» selbst geschaffen sind. Der Gruppe „Drama", die de» derzweiflungsvollen Kampf eines Marine- um sei» Liebstes, waS ihm das Glück beschert, schildert, Zyklen wie „eine Liehe", der di« Widmung an Arnold Böcklin trägt und o sebr vom innigsten Verstehen für das unbewußte, er- chreckenhe Spiel seelischer Gewalten durchtränkt ist, und wchste Liobeswonne durch den hohlen Schrei der Verzvcif- ung «Kd ein schaudervolles Finale dämpfen läßt, oder der steben. Ich erinnere nur au Goya, an Rops unb andere. Klingers Künstlerdrang dagegen ist durch keine Grenzen eingehemmt. Seine Kuust ist das Spiegelbild aller see lischen Bewegungen und aller Offenbarungen des menich- lichen Lebens überhaupt und nur daraus versteht man auch, Laß er hin und wieder und gerade in seiner letzten Zcck Werke geschaffen, die gemessen an anderen Leistungen un bedingt verblassen müssen. Soll man ihn darob weniger verehren? Mit nichten. Werte wie die „Galatyea" sind für mich eben der Beweis von dem rastlosen Streben des Meisters, der sich nie ganz erschöpfen kann und dessen immenser Drang immer wivovr neue Rätsel »u ergründen, neue Gedanken zu ossenbaren und gestalten sich müht. Vor der gewaltigen Fülle und Vielseitigkeit die'es dreitzigiährigen Schassens, — rund gerechnet - wie es jetzt die Ausstellung im Leipziger Kunstverein vorführt, müssen wir mit unserem Urteil icheu znruckholte» und können nur das Schicksal preisen, daß es uns seit de» Tagen Lionardos wieder ein mal einen der wenigen ganz Großen beschert hat. Wer aber die Entwicklung der deutschen Kunst gut vor Augen hat, kann im Anblick dieser Werke nickt anders, als in Klinger den höchsten Gipfel zu erkennen, den — da- könne» wir getrost Voraussagen — auf viele Jahrzehnte, vielleicht sogar Jahrhunderte -inauS die Kunst unseres Vaterlandes erklommen bat. Einen Ileberblick, wenn auch nur flüchtigen, von deS Meisters schaffen zu geben, bedarf es mehr Raum, alS un ket diesem Gruß zum fünfzigsten GeburtStag zu Gebote steht, und wir rönnen alle Freunde Klingerscher Kunst nur immer u.id immer wieder zum aufmerksamen Studium jener Ausstellung im Kunstverein ermahnen. Sie erschließt in der Tat ganz einzigartige Perspektiven. Schon die grotze Entwicklungslinie eingehend verfolgen zu können, ist ein un schätzbarer Genuß. Daneben aber sind manche Hinweise ge geben, die uns dem Geiste des Meisters überraschend näher» bringen. Auch der Künstler Klinger hat seine Entwicklung gehabt. Wer zum Beispiel jene frühen altmeisterlichen Por träts ansckaut, die von der braunen farbigen Sauce getränkt sind, von der ein Lenbach Zeit seine- Lebens nicht los- gekommen ist, fühlt sofort, wie Klirmer als Maler genau da angesetzt hat, wo rin Haberman», Lenbach und so viele an dere ansinaen. Selbst vor der Dresdner „PietL" wollen kunstgeschichtliche Reminiszenzen nicht weichen. Schaut es nicht altdeutsch drein, dies Bild, und illustriert eS nicht genau den Geist, in dem z. D- ein Meister wie Eduard o. Gebhardt heute noch schafft, denselben Geist, dem, wenn auch etwas früher, noch andere Meister von schwächerer Begabung, wie Fritz August v. Kaulbach u. a., unterlagen? An silchen Werken — vielleicht tritt bei der „Piets" noch mehr das Vorblid Böcklins zutage — offenbart sich wie oon selbst des Künstler- LebenSlauf. Berlin, Paris und Nom hoben ihr» Eindrücke gleichmäßig zurückgelassen. In Paris ist Klinger neben Manet, wie das in der Zeit lag, auch dem Japanis- mus nahegetommen. Es gibt berauschende Federzeichnungen aus dieier Zeit — ich erwähne nock diZes wunderiam feine Oelgemäld« „Gesandtschatt" an dern Besitz deS Herrn von Seidl,tz —. die vor trefflich illustrierten, wie auch unser Meiner sick am <pfil- oesübl der Javaner berauscht hat. Und dann kommt Nom, dieses einzige Nom. dem unser Klinger soviel verdankt. Es -<tt ihm di« klassisch, SRI »um «ft« Mal, »oll «schloss«, hat ihm griechisches Formenideal nahegebracht und ihm den Zauber der Sehnsucht nach den Stätten von Hellas ver mittelt, dem der Meister, wie wir wissen, immer wieder ge sorgt ist. Ich möchte sagen, erst in Nom hat sich Klinger lelbst entdeckt, hier ist die neue Aphrodite vor ihm aufgelaucht und wie bei Böcklin halten die Fabelwesen der Antike auch in seine Werke ihren Einzug. Die romantische Landschaft des alten Hellas §ieht ihn an, die warme leuchtende Sonne, die über den Trümmerfeldern Athens herniederstrahlt, das blaue Meer mit seinen warmen, sich kräuselnden Fluten, auf den Wandbildern der Villa Albers in Steglitz haben wir die Quintessenz dieser klassischen Stimmung wundervoll vor Augen. Wer aus KlinaerS Schaffen die Sehnsucht nach der Antike, die Liebe zum Heimatlande von Phidias und Praxi teles streichen wollte, »ahme den besten Teil seines erhabenen Üiinstlerschafsens hinweg. Wenn je ein Meister innerlich mit der alten griechischen Wunderwelt barmonisch verbunden war, dann Klinger. Ich erinnere mich des ersten MaleS, als ich dem Meister periönlich gegenüberstand. Tas Bewußt- sein, hier einem der führenden Geister in der Menschheits geschichte gegenüberzutreten, machte mich stumm. Eine er hebende Feierlichkeit der Stimmung bemächtigte sich meiner, und ich muß gestehen, nicht nur das Bewußtsein. Klinger oeaenüoerzustehen, auch die Erscheinung des Meisters machte beklommen. Genau so hatte ich ihn mir gedacht, und doch wurde ich des Eindrucks nicht Herr. Ein liebenswürdiger Gast, der -um Weine lud, aber ein Mensch von wundersamer Größe war mir Klinger in jenem Moment, lind wir plau derten zusammen, und er erzählte von Hellas, von Olympia, Da habe ich ihn und seine Kunst kennen gelernt, und als eS zum Scheiden kam, führte er mich in sein Arbeitszimmer, zeigte mir einen griechischen Torso und nahm meine Hand und führte sie über den warmen Marmor, und ich mußte die Augen schließen um die Linien und Normen dieses Körpers voll in mich anszunehmen. So etwas vergißt man nie, und der Meister wird verzeihen, wenn hier unbewußt persönliche Erinnerungen in di« Feder flössen. Soll ich noch weiter von des Meisters Kunst, von seiner erhabenen Seelenaröße, die er nuS in seinen Werken offen bart, sprechen? Ick fände sobald kein Ende. Max Klinger — „Unser Klinger , wie man mit Neckt in Leipzig sagen darf — steht im Begriff, die Sonnenhöhe des Lebens zu über schreiten. Er schaut zurück auf ein weites, sckier endlos bäuchendes Feld künstlerischer Arbeit, dem der Segen nicht gefehlt hat. Er darf sich gerade an diesem Tage sreuen, daß er der Menschheit reiche Gaben verteilt hat und eine Ge meinde um sich versammelt, die au- seinen Werken Balsam und Erhebung schlürft. Er hat «ine Zukunst vor sich, die uns, wenn nicht olle Anzeichen trügen, noch Größeres ver spricht, als er unS bisher schon geschenkt hat. Ein Liebling der Götter, aber einer, aus dessen Stirn der Schweiß der Edlen steht! So wollen wir, die er sein nennen darf, >»i« kommenden Jahre mit ihm zusammen wandeln und wollen dem Schicksal für ein solches Geschenk de- Himmel- danken, mit dem die Weltgeschichte konst bitterlich za kargen pflegt. Starb schon Michelangelo, wie Julius Vogel in der „Illustrierten Zeitnng" mit Neckt betont, an demselben 18. Februar, der Klinger- Leben einioe Jahrhunderte später einleitete, was hindert uns, symbolisch gerade in dem Sckoffen unsere- Meister- die Erfüllung dessen zu sehem waS un- der gewaltige Titane in der Stadt der Medicr uns am festlich »«klärt« Hof« Seo» X. nicht s«hr « geben v«r»
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