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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.02.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070225016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907022501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907022501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-02
- Tag1907-02-25
- Monat1907-02
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Anzeiqen-PrelS Morgen-Ausgabe 8. 'ttMcrIllgMatt Handelszeitung «edattta» «n» Amtsblatt -es Rates und -es Notizeiamtes -er Lta-t Leipzig 8 Nr. 56 Montag 25. Februar 1901 Frei von jeder Englän I der größten Hochachtung I Leistungen des Briten, lM. ksetoe Pfarrer -blichen rae t Licht- «l der eia )»»»< * Das erste Ministerium der KolonieTranS- vaal ist durchweg auS Buren unter dem Vorsitz de- Generals Louis Botha gebildet worden. sS. AuSl.) * Geh. Hofrat Dr. jur. u. med. Lampe-Vischer, der langjährige Vorsitzende der Gewandhauskonzertdirektion, ist gestern gestorben. IV1. Jahrgang Lioba» e» der Mer, e). mUL. rsiberr meiutbr vkessor eie»»!» reu Telephon Nr. 1ÜL «r. 22T «L117«. . Berliner UetznttioaS-v«re««: Berlin tiW. 7, Prinz Louis Ferdinand- Straße 1. Telephon l, Nr. S27S. kannt hätte. Dafür liegt keinerlei Beweis vor, aber selbst! wenn es eingetreten wäre, so würde ein europäischer Krieg daraus nur erwachsen sein, wenn England seinerseits gegen Frankreich mobil gemacht hätte. Vom deutschen Standpunkt aus müssen wir im Gegenteil sagen, daß gerade durch das Vorhandensein des englisch - japanischen Bündnisses einer seits, des englisch-französischen Einverständnisses anderseits, die europäische Lage eine Zeitlang so gefährlich wurde, wie sie sonst, lediglich durch das Vorhandensein eines Krieges Ostasien, nicht geworden wäre. Besonders pikant ist daS Zusammentreffen dieser Bünd- niSfeier mit der japanisch-amerikanischen Spannung. Be trachten wir den Bund unter diesem Gesichtswinkel, so ist allerdings richtig, daß England vor der Hand das äußerste Interesse an der Aufrechterhaltung deS Friedens hat und ganz besonder-, daß sein Bündnis mit Japan nicht der Be lastungsprobe unterworfen wird, die durch japanisch-ameri kanische Differenzen einträte. Die Amerikaner sind zurzeit und bis auf weiteres militärisch nicht in der Lage, einen Krieg mit Japan mit guter Zuversicht auf sich nehmen zu können, und wenn es auch in den Vereinigten Staaten viele gibt, di« diesen Krieg auf die Dauer für unvermeidlich halten, so wird niemand sein, der nicht wünschte, seinen Ausbruch noch hinzuziehen. Darüber aber kann kein Zweifel ob walten, daß das englisch-japanische Bündnis für die Ver einigten Staaten kein Hinderungsgrund sein würde, den Krieg zu führen, wenn sie sonst bereit wären. Jeder Amerikaner weiß, daß England nichts so sehr scheut und aus wirtschaftlichen wie kolonialpolitischen Gründen scheuen muß, wie Mißhelligkeiten mit den Vereinigten Staaten: daß die Beziehungen zu Japan, wie wichtig sie England auch sein mögen, weit hinter dieser Frage zurückstehen. Eine Lage, wie sie ein japanisch-amerikanischer Krieg schaffte, müßte aller Wahrscheinlichkeit nach daS Bündnis ohne weiteres zerbrechen, denn sie würde für England vollends unerträglich werden durch Deutschland. Dann wär« nämlich der Moment gekommen, wo die Vereinigten Staaten unserer bedürften und unS auch Erhebliches zu bieten hätten. Wir wolle« hier keine Zukunftsphantasie auSmalen, aber i'.r groben Umrissen dürften diese Andeutungen wohl tat sächlichen Möglichkeiten entsprechen. Wenn also jetzt die englische Presse und englisch« Staatsmänner daS Bündnis als Bürgschaft für den Weltfrieden preisen, so ist der Wunsch der Vater deS Gedankens, daß dieses Bündnis nicht durch einen Krieg gesprengt werden möge. Soll eS stimmen, so muß man umgekehrt sagen: der Weltfrieden ist eine Bürgschaft für das Bestehen des Bündnisses. Nicht viel besser steht es mit der hoch gepriesenen Inter essengemeinschaft Englands und Japans. Während des Krieges sagte ein hochgestellter Japaner, vorläufig brauche man ja noch die Engländer und müsse gut mit ihnen stehen, Japan beabsichtige aber nicht, dies« Abhängigkeit länger als irgend notwendig dauern zu lassen. Das kann man aufs Wort glauben, und es wäre ja auch politisch falsch, wenn die japanischen Staatsmänner anders dächten. Die Engländer müssen natürlich wünschen, daß die Japaner die beider seitigen Interessen für gemeinsam halten oder jedenfalls so behandeln, als ob sie es wären. Wirtschaftlich ist es jetzt schon nicht der Fall, ebensowenig wie der ostasiatische Handel der Amerikaner den Japanern einen Herzenswunsch erfüllt. Der japanischen Bündnisverpflichtung, im Notfälle de» Engländern ihr Indien zu schützen, steht die englische gegenüber, Japan in einem Seekriege zu unterstützen: es dürfte wohl aber keinen Japaner von heute geben, der nicht genau das weih, was wir oben angedeutet haben, und wo durch jene englische Flottenhilfe zu einem irrealen Fall wird. Auf dem ostasiatischen Festland braucht Japan keine Unter stützung, und schon jetzt würde es denjenigen europäischen Staat als seinen festen Bundesgenossen ansehen, der weder dort noch an der Küste irgendein „Interesse" hat oder zeigt. vsr lvicdtigrle vsm lsgr. ! * Heute beginnt im Reichstag die erste Lesung des Etats und im preußischen Abgeordneten haus die erste Beratung des Berggesetzes. * Die Kaiserin ließ durch den Gesandten von Schlözer den Ueberlebenden und Hinterbliebenen der bei dem Untergang des Dampfers „Berlin" verun glückten deutschen Passagiere ihre herzlichste Anteil nahme aussprechen. sS. Neues a. a. W.) Frei von jeder Engländerhetze, im Gegenteil erfüllt von I vor dem Charakter und den , unterscheidet der Verfasser doch scharf zwischen dem Jnselbriten und dem Kolonialengländer, den er besonders in Südafrika als den geschworenen Feind aller deutschen Kolonialbestrebungen kennzeichnet, dem nichts unerlaubt erscheint, uns Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Seine scharfe und doch leidenschaftslose Charak terisierung der Kapregierung in ihrem Verhalten gegen Deutschland während.des Aufstandes, durch Beispiele belegt, sollte unsere Negierung tatsächlich veranlassen, unsere freundschaftlicher gewordenen Beziehungen zu England dazu zu benutzen, jenen bösen Köchen in Südafrika ihr gefähr liches Treiben etwas abschwächen zu lassen. So wenig Gutes von dieser Seite für Deutsch-Südwest zu erwarten ist, so wenig Gutes haben wir auch von den noch vor wenigen Jahren in blindem Taumel von unS ange schwärmten Buren zu hoffen. Glücklicherweise ist ja in zwischen die zu uns einer recht Beurteilung dieses Volkes göttern Stempel der . derungen des BurencharakterS und der Burenkultur in vor liegender Schrift liest, der wird noch jetzt in eine gründliche Aschermittwochstimmung versetzt werden, wenn er an die außergewöhnlichen Geldmittel denkt, di« man von enthusias mierter Seite aus dem deutschen Volk für dieses „Bruder volk" aus der Tasche zu locken wußte, Summen, wie man sie für wirklich nationale Bedürfnisse bei unS nicht aufzutreiben vermag. Man kommt unbedingt zu dem Ergebnis, daß wir uns betreffs Südwest ebenso vor einer Burengefahr zu hüten haben, wie vor einer Engländergefahr, ja kulturell betrachtet ist die erstere entschieden die bedeutendere. Es wirb also Aufgabe des Reichstages sein, alle etwa an ihn herantreten, den Wünsche betreffs Ansiedelung von Buren in Deutsch- Südwest rmwd abzulehnen oder doch sehr scharf zu prüfen. Uber der Verfasser kritisiert nicht nur: er will in erster Linie helfen, aufbauen, der Kolonie, die er al- ein frucht bares und gesundes Land, nicht aber als eine trostlose Sand wüste schildert, zur Blüte verhelfen. Infolgedessen macht er höchst beachtenswerte, durchaus praktische Vorschläge für die Kolonisierung. Zunächst lehnt er die Idee, die unterworfenen Eingebore nen in großen Reservaten zu vereinigen, mit durchaus ein leuchtenden Gründen ab. Er weist nicht allein nach, daß das Reich von suchen Reservaten ungeheure Kosten habe» und daß die Erziehung der Eingeborenen zur Arbeit keiner lei Fortschritte machen werde, er zeigt auch, wie diese Reser vate eine beständige Gefahr zum plötzlichen Entflammen neuer Aufstände bilden müssen. Er verlangt sehr richtig, daß man doch endlich einmal von der verhängnisvollen Humanitätsduselei absehen und die Eingeborenenstämme nach ihrer wahren Natur einschähen möge, teils als räube rische Eindringlinge und faule Tagediebe, teils als umher schweifendes Gesindel, in beiden Fällen aber tief unter dem weißen Ansiedler stehend. Die Forderung des Verfassers geht dahin, den Deutschen das Ansiedeln zu erleichtern, auch denen, die über wenig oder keine Geldmittel verfügen, die Eingeborenen aber auf die Ansiedler als deren Arbeiter zu verteilen. Nur so sei eine wirkliche Kontrolle möglich, und nur so würden die Leute zur Arbeit erzogen werden. Eine schlechte Behand lung dieser Leute durch die Ansiedler sei schon deshalb aus geschlossen, weil in diesem Falle für ihn neue Arbeitskräfte nicht erhältlich sein würden. Dringend warnt er dagegen — und das mit Recht — davor, den Missionaren betreffs Farmgründungen und Arbeiterzuweisungen ein Monopol einzuräumen, da hierdurch die Existenz der Ansiedler schwer bedroht würde, die sich bald von der Gnade der Missionare abhängig sähen. Sehr beachtenswerte Ratschläge gibt der Verfasser fer ner über die äußerst wichtige Lösung der Frauenfrage, da mit die sonst unausbleibliche und sehr schwere Gefahr der Bastardwirtschaft in der schwergeprüften Kolonie nicht Platz greife. Auch der Rechtspflege und in sehr vernünftiger Weise der Wehrfrage wendet er sein praktisches Interesse zu und kommt zu Vorschlägen, die mindestens einer nicht- bureaukratischen Prüfung wert sind, da sie aus den tatsäch lichen Verhältnissen herauSgewachsen sind. Die kleine Schrift hat durchaus nichts Blendendes an sich: aber gerade dadurch wirkt sie außerordentlich wohl tuend und vertrauenerweckend. Man ist geneigt, durch ihre Darlegungen an eine glückliche Zukunft für Deutsch-Südwest zu glauben. Bezuas-Prei- weit gehende Burenbegeisterung bei nüchternen Stimmung in der von „Helden und Hald- gewichen. Wer aber di« durchaus den nüchternen Wahrheit tragenden Schil- Var englirch-japanircde viinänir unä Oie MMsge. Ueber dieses interessante Thema schreibt unS Graf Reventlow: Am 12. Februar hat man in Tokio das Inkrafttreten deS erweiterten Bündnisvertrages mit England festlich be gangen. Vicomte Hayaschi und Mr. Lowther haben schöne und begeisterte Reden gehalten, deren Inhalt darin gipfelte, daS englisch-japanische Bündnis habe sich als wirksamst« Friedensbürgschast bewährt und werde dies auch in Zukunft tun. Die englische Presse widmet dem Ereignis lange Leit artikel und stimmt einhellig denselben Ton an. Für uns, die Vir gerade dieses Bündnis und seine Entstehung mit Unparteilichkeit betrachten können, macht all dieS den Ein druck, als wenn wir in einen die Verhältnisse verzerrenden Konvexspiegel hineinsähen, wenn man da liest, wie.schwer England sich im Jahre 1902 entschlossen hab«, den bisherigen Grundsatz deS „gtänzenden Alleinseins" aufzugeben, und noch dazu um einer Macht willen, di« erst eben in die Reihe der zivilisierten Nation«« eingetreten sei: bald habe aber das ganze englische Volk eingesehen, seine Regierung hätte im Interesse deS Friedens und deswegen weise gehandelt. Leider sei eS nicht mehr möglich gewesen, den russisch japanischen Krieg zu verhindern, dagegen ein unbestreitbare- Verdienst des Bündnisses, jenen Krieg auf ein Duell zwischen Rußland und Japan beschränkt und jein Ueber- greifen auf Europa verhindert zu haben. Dem verbündeten Japan hätte man freie Hand gegeben, geben müssen, seinen gerechten Streit mit Rußland auszufechten, andere Staaten, darunter solche, die jetzt England durch Freundschaft eng verbunden seien, habe man von einer verhängnisvollen kriegerischen Ansteckung freigehalten. Könnt« also, wenn nicht der Weltfrieden, doch der europäische erhalten bleiben, so war man auf dieser Basis in der Lage, 1906 daS Bündnis erheblich zu erweitern. Wieder seien Japaner und Eng länder einmütig in dieser Billigung dieser Erweiterung ge wesen, denn das erweiterte Bündnis stelle das für die Zu kunft sicher, was daS anfänglich« nicht erreicht hatte, näm lich den Frieden auf dem ostasiatischen Kontinent. Gerade hier sei so vielfach entzündliche Materie aufgehäust, wie nirgends auf der Welt sonst. — Der Vicomte Hayaschi stellt sich auf eine etwas realere Basis und sagt, daS Bündnis sei deswegen so besonders g«sund und Dauer verheißend, weil eS auf die gegenseitige Interessengemeinschaft der beiden Länder gegründet sei, und schließt seine Festrede mit den Worten: „ES ist von zweifellos bestimmendem Einfluß auf die Erhaltung deS Weltfriedens." Ein hier zu Gast weilender Bewohner deS Monde- oder ein politischer Caspar Hauser dieser Erde, deren eS ja bei unS noch manche gi-t, müßte nach all diesen Aeußerungen, die sich ungefähr so lesen wie da- Gebet deS Pharisäer-, al- er auS dem Tempel kam, glauben, die weisen und gerechten Regierungen zweier friedfertigen Völker hätten hier mit Mühe und Selbstlosigkeit «in«n Wall aufgerichtet g«gen den Ansturm kriegslustiger und habsüchtiger Nachbarn: ins besondere England sei es nie um etwa- andere- zu tun ge wesen, als den Krieg, den schrecklichen Krieg, zu vermeiden, Völkern verbindender Zivilisation und Kultur die Wege zu ebnen. Daß daS Bündnis mit England Japan erst ermög- lichte, seinen Krieg mit Rußland ungestört zu führen, daß England um dies lang vorbereitete Vorhaben wußte und e- wünscht«, davon finden wir natürlich kein St«rbenSwort auf der einen oder der andern Seite. ES ist ja kaum mehr nötig anprdeuten, wie ungeheure Vorteile England dieser von ihm gewünschte Krieg gebracht hat, nämlich da- Ver schwinden deS Gespenstes russischer Invasion nach Indien, freie Hand am persischen Golf, die tibetanische Expedition, annähernde Vernichtung d«S russischen EinfkrsseS auf die chinesisch« Regierung und damit seiner wirtschaftlichen Zu kunft im fernen Osten, völlige Vernichtung der russischen Seemacht in Ostasien wie in Europa, daran- erwachsend endlich die Unmöglichkeit de- Wiedereintreten- einer deutsch-franzSsisch-russischen Kombination iu Ostasien. Manche indirekte Folgen wie die so erfolgreich« Sammel politik gegen Deutschland mögen al- bekannt unerwähnt bleiben. Wenn die englischen Blätter jetzt sagen, da- Bündnis mit Japan habe die Lokalisation de- Krieges auf Ostasien ermöglicht, so ist auch daS eine höchst anfechtbare vr-ch- vr. Lik für Leipzig und Lorvrte: 3« der Hanpb- Expedition oder deren Ausgabestelle» ab- geholt monatlich: Ausgabe^ (1 mal täglich) 70 Pf-, Ausgabe ö <2 mal täglich) SV Psi, bet Zustellung ins Hau» Autaab« 80 Pf., Ausgabe v 1 Mart. Durch unser« aus wärtigen Ausgabestellen und durch die Post l «zogen (1 mol tägltchltnaerhalb Deutschlands monatlich l Mark ausschl. Bestellgebühren, für Oesterretch-Ungarn k> L 4Üd vierteljährlich, die übrigen Länder laut Zeituagsprei-liste. Diese Nummer tostet auf ä /I ? allen Bahnhbsvr und bei III /I(1 den Zeitung«-Verkäufern i auch schon verschwunden und konnte nicht ermittelt werden. Man wird also nicht behaupten können, daß so gar kein Grund zur Beschwerde vorhanden und alles Gerede von; Sündenvsuhl Verleumdung wäre. Und da sich neuerdinas gewisse Bezirke der Außenstadt, so die Ecke der Potsdamer und der Bülowstraße, rechtschaffen bemühen, der Friedrich straße Konkurrenz zu machen, so ist das Thema von der Sittlichkeit des nächtlichen Berlins Wohl wert, auch die Land boten zu beschäftigen. Natürlich wurde von den Konservativen das Kind mit dem Bade auSgeschüttet. Wie fast allen modernen sozialen Erscheinungen stehen diese Leute auch dem Berliner Sitt lichkeitsproblem völlig verständnislos gegenüber. Und allen diesen Dingen wollen sie mit ihrem Lieblingsinstrument, dem Polizerreglement, zu Leibe gehen. ES war von Herrn o. Bethmann - Hollweg , dem Haupt der preußischen Polizei, deshalb besonders angebracht, die Fabel von der Volizeiallmacht als Produkt einer Illusion hinzustellen. Und es war mutig von ihm, auf daS Unlogische und Ver worrene der gesetzlichen Bestimmungen und auf hie persön liche Heuchelei hinzuweisen, di« anscheinend untrennbar mit der Prostitution verbunden ist. Der Minister hätte auch ruhig hinzufügen können, daß die Polizei selbst durch die Kollision von gesetzlichen Bestimmungen und unvermeidbaren Grohstadterscheinungen zur Latitüde, zum Augenzudrücken gezwungen wird. Eine gefährliche Gewohnheit, die leicht ge nug auf andere Gebiete uberareifen kann. Im Gegensatz zu den konservativen Sittlichkeitsanwälten versucht der Minister die Ursachen der zutage getretenen Mißstände zu verstehen und sie selbst zu erklären. WS einen der wichtigsten Faktoren für daS Nachtleben Berlins hat der Minister die lang hinauSgezogene Arbeitszeit herausgegriffen. Unzweifel haft mit Recht. Leider aber hat es der Minister versäumt, aus eins der besten Mittel hinzuweisen, daß eS gegen diese Unsitte, die Nacht zum Tage zu machen, gibt — die englische Arbeitszeit. Der frühen englischen Polizeistunde wurde preisend gedacht. Daß aber die englischen Angestellten, Kaufleute wie Industriearbeiter, schon deS Nachmittag- um vier oder spätestens fünf Uhr Feierabend machen, bis um zehn Uhr abends also ihre Freiheit genügend und noch bei Tageslicht auskosten können, das wurde vergessen. Was soll denn so ein abgehetzter Junggeselle, der abends nm neun Uhr aus seinem Kontor kommt, ansangen? Der Theaterbesuch ist ihm unmöglich gemacht. Bleibt die Kneipe. Und wenn eS nicht gerade eine der unzähligen Animierkneipen ist, wird man ihm keinen Vorwurf baraus machen können. An die Möglichkeit radikaler Hilfe durch Polizeimaß regeln glaubt der Minister nicht. Ihm selbst sind durch daS weltfremde Gesetz die Hände gebunden. Und anderseits sieht der Minister -n deutlich die organischen Zusammenhänge der Mißstände mit den LebenSgewohnheiten und Bedürf nissen der Großstädter, um auch nur in der AuSnützung seiner Befugnisse bis an die Grenzen zu gehen. Er erwartet manches von einer Aendernng der Gesetze, will nach Mög lichkeit, aber ohne Rigorosität das Nachtleben eindämmen, hofft aber das Beste von einer Läuterung der Gesellschaft selbst. Die Pflege von Sport und die Befriediaung des Bil dungshungers deS Volkes scheinen ibm die möglichsten Mittel zu sein, um bessernd zz, wirken. Er schloß mit dem wahr- baff schönen Bekenntnis weiser Lebensauffassung: ..Wenn durch eine anderweitige Gesetzgebung diejenigen Einrich tungen beseitigt werden können, unter denen wir jetzt leiden, dann wird eS. wie ich baffe, gelingen, die bösesten, Geist und Körver vergiftenden Auswüchse einer Naturmacht zu be- schränken, der wir am letzten Ende doch alleS: Leben und Kraft, Lust nnd Leid, Arbeits- und Schaffenssreudiak-it oerdonken." Leider wird «in ein,einer, auch der mächtigste Minister nicht, einer sozialen Erscheinung von der Nat»r- aewalt nicht Herr werden können. Und »ur Verte-dianna der Berliner muß schließlich noch gesggt werden, daß Berlin -mar ein Dorado für nächtliche Lehelust ist. haß sie wenig Gebrauch davon machen. Es sei denn als Bär—, führer, wenn Provinzler zum Besuch kommen. 2«r Züäwrff-ssstilra.fragr. Di« bevorstehenden Kolonialdebatten werden der ersten Session des neugewählten Reichstags seinen Charakter «rufprägen. Es wird sich zeigen, wie bi« einzelnen Parteien unter den Forderungen der KoloniaÜpolitik die Wahlparole „national" inter pretieren und diese Interpretationen in praktische Ent schließungen umzusetzen wissen. Zwischen der Spaltung deS alten Reichstages und den auf seinen Nachfolger gerich teten Hoffnungen liegt nur die kurze Zeitspanne von zwei Monaten; wenn man aber daS Verständnis des Volke- für Kolonien und Kolonialpolitik nach der Menge der ihm in zwischen durch Vorträge und Schriften aller Art dargebote nen Belehrung und Aufklärung bemessen darf, so muß mau allerdings annehmen, daß dieser kleine Zeitabschnitt genügt hat, da- deutsche Volk mit kolonialen Ideen völlig zu durch dringen und es für die in Aussicht genommene neue Kvlo- nialpolitik willfährig und reif zu machen. Allerdings fürch ten wir, daß auch jetzt noch manche der glanzvollen Schnell malereien unter dem Einfluß der Kritik nur zu rasch an Farbeilzauber einbüßen wird, da offenbar des Guten etwa- zuviel geschehen ist, besonder- von solchen, die Land und Leute sowie die Verhältnisse gar nicht au- eigner Erfahrung kennen. Da kommt gerade noch zu rechter Zeit eine kleine Bro schüre: „Südwestafrika deutsch oder britisch? Von einem alten Afrikaner" (Leipzig, Dieterichsche Verlag-buchhoadlung, Theodor Weicher. Preis 7b Pfg.s, die un- geeignet erscheint, in den bevorstehenden Debatten und Entschließungen die Rolle eine- getreuen Eckart zu spielen: denn sir zeigt auf Grund genauer Kenntnisse der - . . - , - „ . ' . . .i Wirklichen Verhältnisse in Südwest eine erfreuliche und Behauptung: sie soll wohl ,n erster Lrme besagen, daß sonst I nüchterne Klarheit in den wichtigsten wirtschaftlichen und Frankreich de» oamm -oaäarm Rußland gegenüber aner- z politischen Fragen, die e- dort zu lösen gilt. vom rümlige« Seist». Wenn sich eins der beiden Häuser des preußischen Land tags mit Berlin befaßt, so kann man auch mit Sicherheit auf eine konservative Fastenpredigt rechnen. Das ist in der vergangenen Woche wieder mehrfach programmgemäß ein getreten. Unerwartet aber kam die Verteidigung, die ein Preußischer Minister der Hauptstadt angedeihen ließ. Herr v. Bethmann-Hollweg, der Minister des Innern, den man Wohl auch den Polizeiminister nennt, wagte diese Extra tour, die in dem Kollegium wahrscheinlich viel Staunen her- voraerufen hat. Im übrigen, um die Situation zu klären, muß -«gestanden werden, daß die Sittlichkeit des nächtlichen Berlin- iu gewissen Straßen der inneren Stadt, und gerade in den belebtesten, schlecht behütet ist. Besonders die Fried- richstraße wird von zwölf Uhr nacht- an direkt okkupiert von -Damen", die auS der „Liebe" ein Zeitgeschäft machen. Und diese sind häufig von einer Aufdringlichkeit, der auch der letzte Rest von Scham fehlt. Und wo sie sich zu Herden zusammenfinden, wie gegen Morgen an der Kreuzung der Fmedrichstroße mit den Linden, da sind sie eine Gefahr für jeden Verkehr. Da beherrschen sie mit ihren Beschützern di« Straße, und jeder Passant und erst recht jede ehrbare Dame, auch m Herrenbegleitung, muß zum mindesten auf ein»»« unflätige Worte gefaßt sein. Daoei bleibt e- aber häufig nicht. Vielmehr ist erst jüngst am hellickit-n Tage in einer Querstraße der Friedrichstraße der Fall vorge kommen, daß ein junges Mädchen von kaum siebzehn Jahren, da- mit Vater und Mutter dort vorbeiging, von einer Prostituierten ,n einen dunklen Hausflur gerissen und dort ictzwer mißhandelt worden ist. Ehe noch der Vater, ein Offi zier i» Pension, zuspringen konnte, war die Angreiferin Deutsches Deich. Leipzig, 25. Februar. * Prinz Friedrich Heinrichs Abschied. Der älteste Sobn deS verstorbenen Prinzregeuteu Albrecht, der ost genannte Prinz Friedrich Heinrich, hat auf seine Würde als Herren meister des Johanniterorden- verzichtet. Die Funktionen als Herrenmeister konnte der Prinz bisher noch nicht ausüben. Er war zwar gewählt und vom Kaiser, als dem Schutzherrn deS Ordens, bestätigt, aber seine „Inthronisation" batte diSder noch nicht stattgefunden. Wie man hört, dürfte der GesundbeitS- zustand des Prinzen Friedrich Heinrich es auch zur Not wendigkeit machen, daß er aus dem aktiven militärischen Dienste ausscheidet, in dem er bisher Oberst und Komman deur deS 1. (Brandenburgischen) DragonerregimcntS Nr. 2 in Schwedt a. O. war. Der Prinz wird sich voraussichtlich zu seiner Wiederherstellung zunächst mit längerem Urlaube nach Italien begeben, und eS erscheint nicht ausgeschlossen, daß er seinen Wohnsitz dauernd in Italien ausschlägt. * Die deutschen SeekrtegSfragen auf der zweiten Friedens konferenz im Haag wird, wie wir hören, der Konteradmiral Siegel zu vertreten haben, welcher der deutschen Botschaft in Paris als Marineattachb angehört. Konteradmiral Siegel »ahm auch als Delegierter de- Reiches an der ersten Friedens konferenz teil. v. L. Brefeld- Abschied wird in der Presse anläßlich seines Todes in Anknüpfung an Aeußerungen des Abg.ord- neten Gothein wieder vielfach besprochen. Gothein will eS nicht wahr halben, daß Breselds unglückliches Wort von dem Handel als „notwendiges Uebel" ihn gestürzt, und stützt sich darauf, daß Brefeld Asst ihm daS erzählt habe. Nun, er fahrungsgemäß sind Minister über bi« Vorgänge bei ihrer eigenen Verabschiedung nicht immer recht unterrichtet. Man braucht wohl nur an das bekannte Ende Möller- zu erinnern, der noch öfentlich feiner Überzeugung von der Festigkeit seiner Position Ausdruck gab, als der Scher Ische Vize-ÄeichS- anzeiger ihn von seinem bevorstehenden Abgang in Kenntnis setzt«. Wer die Vorgänge bei Breselds Entlassung genauer in Eri *ung hat, wird si chentsinnen, daß unmittelbar, nachdem ihm das Wort von dem notwendigen Uckel entschlüpft war, die größte oberschlesische Kohlenfirma ihr« Vertrag« mit bem FismS kündigte: und diese Demonstration, mit der besagte Firma, an deren Spitze politisch sehr einflußreich« Persönlich keiten stehen, zur Wahrung der Würde des gesamten Handels gegen den Minister vorging, hat ihm das Ende bereitet. Zu« Arteit-pla» -e« AetchStageS heißt eS: Au den maßgebenden Stellen der Reichsregierung sind bi- jetzt keine Vorbereitungen getroffen, dem Reichstag schon jetzt daS ge- die 6gespaltene Petftzeitr sür Geschäfts inserat« au» Leipzig und Umgebung 2Ü Pf„ Familien-, Wohnung»- u. Stellen-Anzeigen, sowie An- nnd Berkäuse 20 Pf„ finanzielle Anzeigen SO Pf„ für Inserate von au»wärt» SO Pf. Reklamen 7b Ps„ auswärts 1 Mark. Beilage gebühr 4 Mark p. Tausend rxtl. Postgebühr. GrschäftSaazeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarik. Für Inserate vom Auslande besonderer Tarif. I Auzeigen-Annahme: Auguftu»pl»tz 8, I bet sämtlichen Filialen u. allenAnnoncen- I Expeditionen de» In- nnd Ao»lanbe«. Für da» Erscheinen an beütmmtea Tagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Festertetlte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. V«vpt-Kili«le Berit«. LarlDnnckr r,Herzgl.Bayr.Hofbuchhandlg. Lützowstraße 10 (Tel. Vt, 4603'. Ftttal-Ervedttt»»: Trespen,Marienstr 34. I)
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