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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.01.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070112015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907011201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907011201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-01
- Tag1907-01-12
- Monat1907-01
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Februar verweilen. * Das sächsische Ministerium wird beschließen, daß am Wahltage alle Schulen in Sachsen geschlossen werden, um den Lehrern Gelegenheit zu geben, sich an der Wahl zu beteiligen. * Am ge st eigen Abend sand eine großeWählcr- Versammlung in der Alberthalle statt, in der nach der Wahlrede des Sozialdemokraten Lange auch Jnstizrat Dr. Juuck sprach. sS. Leitartikel and Bericht 2. Beilage.) * Der „Braunschw. LandeS-Ztg." zufolge ist ver außer ordentliche Braunschweigische Landtag auf den 17. Januar wieder einberufen worden. Derselben Quelle zufolge ist gestern ein Antrag Braunschweigs, belr. die Ordnung der Regierungsverhältnisse im Herzog tum nach Anordnung des Regentschaftsratcs dem BundeSral überreicht worden. « * Durch Befehl des Königs von Preußen sind in der Provinz Hannover alle offiziellen Festlichkeiten bis zur Beisetzung der Königin verboten. * Die Landesproporzwahlen in Württemberg vom 10. Januar ergeben folgendes Resultat: Zentrum 4, VoUsparlei 4, Sozialdemokraten 4, Bauernbund 3, deuifche Partei 2. Die jetzige Parieistärke ist folgende: Zentrum 25, Bolkspartci 24, Bauernbund 15, Sozialdemo kraten 15, deutsche Partei 13. * Geheimer Baurat Mever, Mitglied der Eisenbahn direktion Elberfeld, ist zum Direktor des neuen Ver kehrs- und Baumuseums ernannt worden. * Der Papst bat eine Enzyklika über den franzö sischen Krrchenstreit erlassen. (S. bes. Artikel.) * Bei einer Ucberschwcmmung büßten aus oei. Suntainscln Simculu und Tava 340 Men,ch-n das Leben ein. Zunckr oller Lange? Junck oder Lange — damit ist leit dem Rücktritt Mottc- lers von der sozialdemokratischen Kandidatur die im Wahl kreis Leivzig-Stadt für den Wahltag entscheidende Frage formuliert. Nicht als wollten wir durch diese Formulierung die sckiarsen fachlichen Gegensätze zwischen der gemeinsamen Kandidatur aller bürgerlichen Parteien auf der einen und der sozialdemokratischen Kandidatur auf der anderen Seite in dem Sinn persönlich zuspitzen, daß wir den Wahl kampf aus das persönliche Gebiet hinüberspielen. Daran denken wir auch nicht einen Augenblick. Selbst wenn Herr Lagerhalter und Stadtverordneter Lange in seinem privaten Le^-en der achtbare Monn nicht wäre, der er i st, so würden wir es verschmähen, andere als politische Gründe gegen ibn ins Feld zu führen, wie ja auch die Sozialdemokratie sich be fleißigt, die Persönlichkeit unseres Kandidaten nicht mit per- iönlicher Gehässigkeit zu verfolgen. Fragen wir im Blick auf den Wahltag „Junck oder Lange?" — dann hat diese Formu lierung einen anderen Sinn. Wir meinen, in diesen beiden Persönlichkeiten charak terisierten sich so vortrefflich die beiden Gegensätze, die im Wahlkampf aufcinanderstoßen, daß hier die Namen der Kandidaten auch mit Recht zur Wahlparole werden. Tas wurde schon bei der Dienstags-Versammlung un Zentralthcatcr offenbar, als Herr Lange als Diskussions redner gegen Herrn Dr. Junck sprach, und das trat in noch stärkerem Maße gestern abend in der sozialdemokratischen Versammlung hervor, in der Dr. Junck auf Langes Kan didatenrede antwortete. Man kann cs in die wenigen Worte zusammcnfassen: Dr. Junck ist. auch wenn er sich einer be stimmten parlamentarischen Fraktion im Reichstag anzu schließen gedenkt, eine Politisch durchaus selbständige Per sönlichkeit, deren geistige Speise auf politischem und wirt schaftlichem Gebiet nicht durch ein vor so und so vielen Jahren formuliertes Parteiprogramm erschöpft wird, die vielmehr ihre eigenen Wege gehen wird aus der Basis der von ihr den Wählern dargelcgten nationalen und liberalen Richtlinien. Herr Lange stellt demgegenüber einfach einen Vertreter dcS sozialdemokratischen Programms dar, an dessen peinliche Beobachtung er durch die jede freiere Geistes beweglichkeit hindernde Parteidisziplin gebunden ist. Redet er, so redet er wie alle seine Parteigenossen mit mehr oder weniger großer Geschicklichkeit zu reden wissen: stark in der Negation, in der Kritik, schwach, überaus schwach in dem, was er zur fruchtbaren Arbeit aus dem Boden der gegenwärtigen Staats- und Gesellschaftsordnung beizutragen weiß. Würde Herr Lange gewählt, so würde er bei etwaigen Reden und bei den Abstimmungen nur ein Rad sein in dem sozialdemokratischen Uhrwerk, das die Parteischablvne regelt, daS noch einem veralteten utopistischenWirtschaftSsystcmKarl Marx einst konstruiert und die Liebknecht, Bebel, Singer und Auer poliert haben. Ein Uhrwerk, das keine Selbständig keit seiner Teile duldet, dessen Reparatur im modernen Sinne keinem Vollmar, keinem Bernstein, keinem Schippe! geglückt ist — das, wie seine ganze Geschichte gezeigt hat, die Teile auSstößt oder zum Gehorsam zwingt, die wider die Schablone zu wirken suchen. Herr Lange kann sich nicht darüber beschweren, wenn wir ihn nur in diesem Maße als politischen Faktor werten. Das ist nun einmal in einer Partei so, die wie die seine ihr Pro- gramm mit disziplinarischer Macht festgelegt hat. Wollte er sich heute ausbedingen, anders als das sozialdemokratische Programm mit seiner vorgeschriebencn Marschroute zu stehen, so würde seine Kandidatur sofort von den eigenen Genossen zurückgezogen werden. Sic haben ihn ja ausge- stellt, weil sie ihn für einen treuen, ziclbewußten Genossen halten, der sich zur revolutionären Sozialdemokratie be kennt, der den Klassenkampf verherrlicht, dem Vaterland den militärischen Schutz vcrwcigcri, der keinem Etat zustimmen darf, für den das Endziel die Vernichtung des bestehenden Staates und der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung ist. Das ist und bleibt Herrn Langes Stellung. Wer ihn wählt, kann und darf also gar nichts anderes von ihm erwarten, als daß er nach diesem Schema Politik treibt. Ganz anders Dr. Junck. Gewiß wird auch er sich einer bestimmten Fraktion anschließen, der nationalliberalen. Aber damit sind seiner individuellen Freiheit in keiner Weise so straffe Grenzen gezogen, wie einem sozialdemokratischen Abgeordneten. Die nationalliberale Fraktion kennt nicht den starren Fraktionszwang, der in der sozialdemokratischen herrscht. Darin hat sie sich, mag sie sonst leider oft illiberal gehandelt haben, stets liberal erwiesen. Auch bei so entschei denden Abstimmungen wie bei der über den Zolltarif und dann bei der Steuerreform des letzten Jahres stand es den Mitgliedern der Fraktion frei, wie sic sich Verhalten wollten, und es haben davon auch in einem von der Stellung der Mehrzahl abweichenden Sinn Abgeordnete Gebrauch gemacht. Dr. Junck kann darum mit Recht beanspruchen, daß man ihm vertraut, er werde niemals nach der Partei schablone verfahren, sondern stets nach den Richtlinien, die er sich selbst gegeben hat und auf Grund deren alle bürgerlichen Parteien Leipzigs von den Konservativen bis zur Freisinnigen Volkspartei feiner Kandidatur zuge stimmt habe n. Das gibt seiner Persönlichkeit für eine Wirksam keit im Reichstag eine Bewegungsfreiheit, die einem deut schen Mann alle wünschen müssen, die nicht im Glauben an die jede volitnche, Individualität vernichtende 'o-ial'siischc Doktrin die Wcn>chätzung eines freien Manne? cingebutz. haben. Fragen wir weiter, was außer diesem Vertrauen aus die Persönlichkeit des Justizrat Tr. Junck die bürgerlichen Par teien auf ihn vereinigt hat, io ist es die feste Ucberzeugnng von seiner über allem Zweifel erhabenen nationalen Gesinnung. Gewiß liebt auch Herr Lange sein Vater land und will nur dessen Glück mit der Verwirklichung sozialistischer Ideen. Aber deren Verwirklichung liegt in Wölkenkuckucksheim, während aus dem Boden der realen Politik der Gegenwart gerade von der Partei Langes alles verweigert wird, was Deutschlands Größe und Kraft, was seine Ehre und Schutz notwendig haben. Denken wir weiter daran, daß das sozialistische System oas Ende alles individuellen wirtschaftlichen Lebens be deuten würde, das Ende aller wirtschaftlichen Selbständigkeit, die Umgestaltung aller wirtschaftlichen Betriebe in einen einzigen Großbetrieb, für dessen ideale Leitung am aller wenigsten das spricht, was schon beute offenbar wird von oer Sozialdemokratie als Arbeitgeberin — so hat das Pro gramm des Herrn Lange verzweifelt geringe Anziehungskraft. Wendet man aber dagegen ein, daß es sichin den nächsten fünf Jahren doch nicht um die Erreichung des sozialdemo kratischen Endziels handle, so übersieht man, daß die Sozial demokratie mit ihrem Vertreter Lange eben doch von diesem, der ganzen bürgerlichen Gesellschaftsordnung widersprechen den verkehrten Ideal aus die Gegenwart beurteilt und von hier aus zu einer Politik kommt, die nur in der Kritik lund mit welchen Ucbertreibungcn!) etwas leistet, bei aller posi tiven Arbeit aber versagt. Daraus kann jeder bürgerliche Wähler klar und deutlich entnehmen, daß wenn er auch, weil er weiter rechts oder weiter links als Dr. Junck steht, mit ihm nicht völlig har moniert, erdochinihm einen Kandidaten für die Reichs- tagswahl besitzt, mit dem ihn viel stärkere Fäden verbinden als mit Herrn Langes Partei und mit Herrn Langes Kandidatur. Dr. Junck weiß, was Leipzigs wirtschaftliches Leben be darf. Er kennt seine Vaterstadt mit den Bedürfnissen ihrer Volksschichten. Er kennt unseren Handel, unsere Industrie mit ihren Wünschen, unsere Handwerker mit ihren Klagen, unsere Beamten mit ihren Beschwerden, unsere Arbeiter mit ihren Forderungen. Er vermag im Reichstag, so weit besten gesetzgeberische Macht reicht, für seiner Vaterstadt Wohl fahrt nach allen Richtungen hin einzutreten, ohne durch ein Parteigebot gehindert und gestört zu werden. Er ist erfüllt von Liebe und Begeisterung für unser herrliches Deutsches Reich und weiß, waS diesem not tut zu seinem Schutz und zur Wahrung seiner Ehre. Sein soziales Gerechtigkeits gefühl weist ihm den rechten Weg, wenn neue Steuervor lagen kommen. Er kann und wird jede Vorlage mit sitt lichem Ernst prüfen und ihr nur zustimmen, so weit er eS vor seinem Gewissen verantworten darf. Er ist kein Partei mann in des Wortes engherziger Bedeutung. Darum ist er der Kandidat aller bürgerlichen Parteien Leipzigs. Darum lautet für alle Wähler Leipzigs, mögen sie einem Beruf und Stand angehörcn, welchem sic wollen, die Ant wort aus die Frage „Junck oder Lange?" nur Junck und immer wieder Junck! Herr Lange aber ist und bleibt ausschließlich der Kandidat derer, die auS völliger Ueberzengung und mit allen Konsequenzen, die sich daraus er geben, Anhänger sind der revolutionäre», inter nationalen Sozialdemokratie! kine neue keäe vernburgr. Auf Veranlassung de? in Berlin tagenden „Deutschen Handelstages" hi.lt geücrn abend Kolonialdirelior Dein bürg den mit Spannung erwarteten Lorlrag über die Frage des Veutscheu Kolonialwescus. Er behandelte zunächst die Frage, wie seit Beginn der deutschen kolonialen Bewegung, also seit 20 Jahren, sich die allgemeine wirt- schafiltche Weltlage gestaltet hat, und welche Stellung daS deutliche Vaterland darin einnnnmt. Jene 20 Jahre Haden in Deutschland die stärkste numerische Vergrößerung einer Nation, die in dem 10. Jahrhundert überhauvt seügeilcllt meiden tann. und eine Ver mehrung des nationalen Vermögens um wenigstens 30000 000 060 Mark mit sich gebracht. Deutschland hatte im Jahre 1824 — 24 Millionen Einwohner, 1884 --- 46 Millionen und 1905 -- 60 Millionen. Man hat berechnet, daß im Jahre 1965 Deutschland 104 Millionen Ein wohner auswei'en werde. Amerika und Euglauo zusammen werden aber in 100 Ja reu 900 Millionen Seelen zählen. ^Dde vorlri is raxiälzr decominj- englrsir' sagt Charles Tilke. Gegen Mitte ceS 18. JahrbundertS gab es nur S Millionen Englisch- und 20 Millionen Dcutschredende, beule stehen 120 Millionen Englisch redenden etwa 70 Millionen Deutschredenbe gegenüber, weil Eng land in seinen Kolonien nicht bloß den Ueberickuß seines eigenen Volkstums erhielt, sondern auch die euroväische, insbesondere deutsche Auswanderung sich assimilierte. Deutschland verlor an Bedeutung in der Welt, weil es keine Kolonien hatte, in denen es sein Volistum ausbreiten konnte. DaS war erne ter wichtigsten Fragen des veiflossenen Jahrhunderts. Im Jahre 1800 haben nur 9'/, Millionen Europäer außerhalb Europas gelebt, im Jabre 1900 schon 100 Mil lionen und in weiteren 100 Jahren lönnen es leicht mehrere 100 Millionen sein. Das ist der zwingende Grund für unsere Welt- volitit. Schon vor hundert Jahren schrieb Justus Möser, „nicht Lord Clive, sondern ein Ratsherr von Hamburg würde am Ganges Bes.hle erteilen, wenn die wirtschasispolitiichen B.strebungen der deutlchen Hanvrlsslädle im alten Deutlchen Reiche nicht Anfeindung, sondern Förderung gefunden batten". Was damals der Zwiespalt der territorialen Jnteresien verhinderte, die Schäftung und Erhaltung eines Kolonialbesitzes, das bedroht beute der Zwiespalt der Klassen- intercssn und der Parteien im Reiche. Wir sind ober beute durch da» Expansionsbedürfuis unserer Industrie noch viel mehr dazu gezwungen, als früher. Wie das Ausland hierüber urteilt lagt ein Franzose, Marcel Dubois, in seinem Buche „Koloniale Lv,slemr und Kolonilationsvölker": „Lac Deutsch!., id von Leute r.ust entwed >i über See verkaufe» oder uutergchc»". Ter Menschen- und liapiiol,zuwachs hat im wesentlichen seine Beschäftigung gefunden in der deutschen Industrie, und diese deut sche Jnoustrie isl mehr denn je für ihre eigene Erhaltung angc- mieien aus die Versorgung ausländischer oder übeiseeischer, jeden falls nicht deutscher Gebiete, und sie ist angewiesen anderseits sür ihr Arbeitsmaterial mekr denn je auf den Import von Rohstoffen au? anßerdrnlichen Gebieten für ihre Arbeit, und von Nubrun >.s- stofien aus außerdeutfchen Gebieten sür ihre Ernährung. Unsere deuliche Wützchast, wwohl was den Absatz, als auch was die Zahlungsbilanz angcbt, ist in eine weit stärkere Abhänaiqleit von ben Verhältnissen des Weltmarktes geraten, alS früher. Gleichzeitig aber Kat sich die Produktion anderer Länler, welche früher und auch zurzeit und hoffentlich noch aus längere Zeit bin sichere Bezugs- uad Absatzquellen gewesen sind, gewallig verändert. Die Tendenz der dcul'chcn Großindustrie, unter Ausschaltung aller un nötigen Glieder nnb des Zwilchenhandels in der intensivsten Weile selbnundige und durch die Manni.isaltigkeit der Erzeugnisse mög- lichsl unabhängige Gebilde zu schaff, n. ist auch in der Weltwirt- schäft in de» letzten 20 Jahren mehr oder minder zum Durchbruch gelangt. Redner bespricht eingehend die Verhälinisse in den Vereinigten Staaten und fährt fort: Japan uns die Bereinigten Staaten sind uns anscheinend in Lstasien durch Frachiverbültnissc und durch sie Eigenproduktion von Baum wolle überlegen. Unser Handel mit Vielem 2anbe feit 1895 weist nicht ad oluh aber gegenüber der allgemeinen Steigerung des Wertes des chinesischen Handels und der Beteiligung anderer Völker an diesem Handelsverkehr einen Rückgang ans. Ter Anteil deutsch- landS war 1895 6 2"/,. 1904 5,7 "/§. Die Einfuhr der Vereinigten Staaten in China ist während derselben Zeil auf das 6 fache, die Japans aui das 5 lache gestiegen. Japan selbst lucht durch Ent wicklung seiner Industrie wirtjcha'tiich unabhängiger zu weiden. Ich verweile auf die Vorgänge in Kanada und Australien und iin englischen Kolonialreich. Wie wird eine Fortsauer der Eiluanou unteren deutschen Handel und unsere deutsche Industrie beeinflussen, wie sieht es mit unserem Rohsiosfbemg, wie neht es mit innerem Absatz, wie siebt es mit innerer Zahlungsbilanz, wie siebt es mit unseren Mitteln, handelspolitische Abmachungen mit anderen Län dern zu regeln? Unser EinsiihrbedürsniS von Nabrungsprodnkten wird nicht ver ringert, und alles dies wirkt auf unsere Zahlungsbilanz d. h. ans die Möglichkeit, denjenigen Stock von Edelmetall zu hallen, welcher allein die Sicherheit einer Währung garantiert, obne Vie eine Welibanvelsnation nicht bestehen kann. Wir müssen ein Gegrnaewicht suchen, und wir können es finden in der Entwickelung unseres kolonialen Besitzes. Eine Anzahl von unseren Nachbarn ist in der gleichen Situation; sie alle ergreifen daS gleiche Miltel und sie sind in dem Tempo, in dem Zielbewußtsein in der Zu sammenarbeit von Regierung und Nation, in der Erkenntnis der Notwendigkeit der zu bringenden Opfer uns voraus. Nach den Ziffern, welche ich dem statillischcn Jahrbuch für das Deutsche Reich iür 1906 entnommen habe betrug die deutsche Einfuhr im Jabre 1905 an solchen Produkten, die wir auch in unseren Kolonien erzeugen lönnen, also Baumwolle, Kupfer, Kautschuk, Petroleum, Reis. Kaffee, Oelfrüchte, Hanf usw., wett über eine Milliarde Mark. ES ist nun die Frage: ist un er kolonialer Besitz derart, daß wir unseren Bedarf an diesen unentbehrlichen Rohstoffen ganz oder teil weise aus unseren Kolonien zu decken in der Lag« sind? Wenn wir nur teilweise decken, entgehen wir schon den größten Schädigungen, dir ein Fortgehen der oben beschriebenen Entwicklung mit sich bringen könnte. DaS hat sich schon bei dem großen Kupser- korner, welche» im Jahre 1888 der französische Spekulant Srcreian inszenieit bat, gezeigt. Alle« siltbare Kupier hatte dieser Mann in seinen Besitz gebracht, aber er batte nicht gerechnet mit jenen nn- bedeutenden Produktionsquellen, welche zu dem Preise, den das Kup'er vor diesem Korner batte, nicht rentabel waren, die aber dur.tz die rapide Steigerung alsbald in die Produktion eintraten und das Zünglein bildeten an der Waa» und dieser ganzen ungeheuren Ma.ht- Nation da- Urteil sprachen. Die wichtig eiaene Produktion von Roh materialien ist, deren Preis auf dem Weltmärkte durch Trust« dochgebaltra wird, mögen Sie daraus ersehen, daß schon eine Preissteigerung von 1 Pfennig pro Kilo Petroleum für den deutschen Konsum 10 Millionen Mark jährlich« Erbö ung bedeutet, dl« durch die Salprkerkombüiatiou bewirkte Preissteigerung von 3 ed. pro Tonne Salpeter sür die deutsche Landwirtschaft eine jährliche Verteuerung um 36 Millionen Plack. Man wird allo auch bei anderen Rohmaterialien, bei denen es nicht viel besser steht, als bei jenen bekannten Weltmonovolartikeln Petroleum und Salpeter, vor allem daran denken muffen, in seinem eigenen Kolonialbesitz unabhängige Hilfsquellen gegenüber der Vertrustung des Weltmarktes und der Abhängigkeit von diesem zu schaffen. Tie HaupNrage: können wir uns einen erheblichen Absatz für heimische Produttian auch in unseren Kolonien schaffen? kann inan ohne weiteres bejahen. Die Einfuhr allein in den afrikanischen Schutzgebieten betrug im letzten Jahre 63 Millionen Mark, während die nach einem der wichtigsten überseeischen Absatzgebiete, nämlich China, nur 53 Millionen Mark betiug. Ter Anteil Deutschlands an dem Gesamthandel unserer Kolonien ohne Kiautlchau stieg von 50 7 Proz. auf 63,7 Proz. von 1903 bis 1905, Englands Anteil ist von 1l,5 Pioz. auf 6,2 Proz. gesunken und Nordamerika und Japan, die unseren Anteil am chinesischen Handel vvu 6 aus 5 Proz. herabdrücklen, kommen alS Konkurrenten in unseren Schutzgebieten nicht in Frage. In Teutscd-Ostnsrika stieg der Gesamtbandel von 18 auf 27 Millionen, die Einfuhr von 1l auf 17 Millionen Mark von 1903 bis 19 5 uns die Beieiligang Deutschlands daran steht jetzt unter Zurückdrängung Sansibars an erster Stelle. Mit dem Steigen der Kultur steigen die Bedürfnisse ter Bevölkerung der Kolonien und mit dem Arbeitslohn die Kaufkraft und cie Kauflust. Was aber die Erzeugung der Rohprodukte, d. h. die Ausfuhr betrifft, so stnv wir in der Tat nicht ungünstig gestellt. Während der Durchschnittspreis von Baumwolle im Jahre 1899 noch 3,5 Pence war, stieg er allmählich aui 7, 8, ja 9 Pence. Die Soutl crn Cotton Growers Association will aber den Preis auf 10 Pence steigern und halten. Eine Steigerung um nur '/, Penny pro Pfund bedeutet sür ben Verbrauch dec Welt die enorme Mehv- auslage von 320 Millionen Mark, eine Preissteigerung von 40 pro Piund, wie sie in den letzten Jahren eingelreten ist, für den Verbrauch eine Mehrbelastung von 3 200 000 000 >4. Deutschland, das vor 10 Jahren erst 300 000 Ballen verbraucht hat, benötigt heute schon 1,6 Millionen Lallen und zahlte im Jahre 1905 470 Millionen Mark für seine Einfuhr. Der Verbrauch auf den Kopf der Bevölkerung, der vor 50 Jahren 050 war, ist heute in Deutschland etwa 7 lex. Deutschland zahlt je nach deu Preis- lchwanlungeu 150 bis 2oO Millionen Mark Mehraufwand jährlich an die auswärtigen Baumwollproduzenten. Das isl das 5- bis 7sache von dem, was das Reich lährlich für unsere Kolonien aus gegeben hat. Ter Redner legt sodann unter Berufnug auf Sachverständige eingehend dar, daß alle unsere Kolonien günstige Aussichten für Baumwollba« bietcn, daluuter auch Sudwcstasr'ka, und bemerkt: Westafrika ist geeignet, uns die nordamerikanische Baumwolle zu lirsrra, während Ostafrika uns vorzugsweise die ägyptische Baumwolle liefern kann. Das Stadium der Entwicklung ist naturgemäß lang und kostet er hebliche Mittel. Aber es ist unrichtig, daß die Heimat von diesem Eutwicklungsuadium nichts habe. Die großen AuSaabrn des Reichs, sei es für die friedliche Entwicklung, sei eS selbst sür die kriegerische Okkupation der Kolonien, werden selbst, soweit sie Unternehmer- gewinn darstellen, in produktive Arbeit umgeseyt und sind zum weikaus größten Teile, soweit sie nicht thesauriert sind, als Arbeits lohn verausgabt werden. Wenn irgend lemand einen Vorteil davon gehabt hat und vondcrWeitereniwicktunghaben wird,ehe dieProduktionS- kosten an die Eingeborenen gezahlt werden, jo ist es der deutsche Ardeiterstaud. Die Kupfereinfuhr in Deutschland betrug, wie oben erwähnt, 151 Millionen Mark kar Jahre l90 >. Der Kupferpreis ist von 1898 bis heute von 51 Pfd. St. auf 107 Pjd. St. gestiegen; dies macht aus den Konsum des JahreS 1905 mehr als 100 Millionen Mack Preissteigerung. Kupfer wird in unseren Kolonien bereits produziert in Südwestafrika in de« Otavi-Minen. Deutsche Syndikate explorieren ferner gegenwärtig die Goiub-Mine, ungciäbr 100 km Sittich und südlich von Swakop- mund; ein anderes Syndikat die Mine bei Ltlisongali; wieder andere die Gegend von Rehobolh, und nenerdingS wird auch der Lüden d s Schutzgebiets auf Ruvier untersucht, wo die auf der anderen Seite des Oranjeflusses florierenden englischen Minen einen sicheren Beweis für das Vorkommen geben. Ter Wollimport in Deutschland betrug 1905 332 Millionen Mark. Davon kameu im letzten Jabre sür 27 Millionen Mark Wolle aus der Kap- kolonie. Tie deutsche Produllion ist zurzeit 200 000 Doppelzentner, die Mebreinsuhr aber 1905 1,5 Millionen DovpeUentner. Profcftor Hahn von der Universität in Kapstadt bat in der BuLgetkommiiiion d,S Deutschen Reichstags überzeugend nach, ewieien, laß in Lud- westairika neben einer aussichtsreichen Rinderzucht — eS sollen sich in tiefem Lande vor Ausbruch der Rinderpest über 2 Millionen Stück Rindvieh gefunden haben — dec Luden mindestens so geeignet ist sür die Lcbaswoll- und Molnirgewinnunq wie die äcaptotouie, und daß ein gleiches Areal brau l baren Bodens in Fra w kommt. Tie Kapkolouie hat an Wolle und Ltraußenfetern d.e kommen hier auch mit in die Rechnung, im vergangenen Jahre sur 80 Millionen Mark exportiert. Der Vortragende weist sodann auf die Anzeichen von Petroleum-Vorkommen iu Kamerun bin und bösst, daß das deutsche Kapital auch die'e Frage binnen kurzem ihrer positinen oder negativen Lösung zusübien wird. :'ln Lrlsrüchtcn bat Tcut'chtond importiert im normen Jahr sür 170 Millionen Mark, davon etwa 55 Millionen nir Palmöl'rucht, Kopra und Erdnüsse. Au- den Kolonien kommen zurzeit für etwa 7'/, Millionen Mart. Dir Versorgung von Deutschland mit Lelfrüchten «cleiiert deute lediglich an der Lömng der Vcrkrhrs- irage. Oelreich in diesem Sinne ist vor allen Dingen Kamerun, wo unzählige Palmen auf dem Tafellande und in dem 300 km breiten Urwaldgürtel in Küstennahe beobachte! worden sind, Oiiairika, das nunmehr liier den Viktoria Nynnia und die Ugancababn schon größere Quantitäten exportiert, auch Neu-Guinea, wo kie Palmen bereite im nächsten Jahre große Ernten abzuwerien verprechen. Lliasrika allein könnte leicht Len leutichen Bedarf an Oel- früt len decken; nach einer Schätzung von Professor Voffeler iu Amani sind 700000 da Land in Onairika für die Pflanzung von Kokospalmen geeignet, welche 700 000 Tonnen Kopra liesern können. Tie Produktion ist recht rentabel etwa IM Palmen könne« aus 1 da gepflanzt werden, jede Palme liefert einen Nettoertrag vou Lnrch- schnittlich 1 Rupie — 1,3 jährlich. An Kautschuk kommt aus unseren Kolonien bereits für 6 Millionen Mark, davon aus Ostafrika 2'l, Millionen. Deutschland- Mebrrinsudr waren 1890 nur 3000 Tonnen, jetzt ist sie 13 500 Tonnen im Werte von 142 Millionen Mark. England und Nordamerika kaufen alles aus, und Deutschland muß von den Zwischenhändlern in Liverpool zu bohcn Preisen kansen. 100 Millionen Mark sind in deutschen Kautichakwareniabriken investiert, die etwa 30o00 Arbeiter ve- i schuftige«. Togo liefert Kautschuk, ebenso aber der südliche Teil von Kamerun nicht minder Deutsch - Ostasrika. Eben'o Reu- Guiaea und Lamoa. In Kamerun wie in Teustch - Ostafrika > sind große Plantagen «mgetegt worden, welch« Nr dvr
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