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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.02.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070213025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907021302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907021302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-02
- Tag1907-02-13
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»1 ««s-. nktza«». A«. 2-0«. rft». gerft-t«. l«>t. chkeineu. e»E kn. k»ltL Nr. 4t Mittwoch 13. Februar 1907. > «r. ersurEe» die das W-/.U-S. Feuilleton. >»u«i M-Ml. 11 wer. 101. Jahrgang Ml« « >kl>ör. XI«»»« Vr»tr». r. »em» ... ,. tmalS aber Heftis, und von er- vie Llelt cier kertigen ist nützllch; ckle Welt 6er Unfertigen jedoch ist schön. Nltenderg. Wohin? wohin? wohin? Uustvolt errittert Vie schisfumfsngne 8lirn im ääorgeoliccht. lllür' er nicht so von Gegenwart umgittert, ääein Leist begriffe clleses Liesen nicht. Liss ihn in seinen OrSumen so erschüttert. Das ist ckes Usselns wunderbare Pflicht. Zaeod wsNermann. Var Neueste vsm Tage. (Di« nach Schluß der Redaktion elugrgangene« Depeschen stehen auf der L. Seite des HauptblatteS.) Die L-nd-ner Reichs-Sonferenj. In der Botschaft an den Generalgonverneur Nortbcoh von Viktoria gibt der englische Kolonialminister Earl of Elgin das Programm siir die Londoner Reichskonfe renz bekannt, deren hauptsächliche Beratungspunkte die folgenden sind: Ausstellung einer Geschäftsordnung für die rulünftigeu Konferenzen, Einrichtung eines ReichSrateS, Vorzugszölle für die englischen Waren, Verteidigung, Naturalisierung und Appellgerichtsbarkeit, Privatrecht, Aus dehnung der britischen Interessen im Stillen Ozean. San D-mtns-S Akzesfion. Präsident Roosevelt hat dem Senat einen neuen Ver trag mit San Domingo vorgeleat über die Einnahmen dieses Staates. Der Vertrag betrifft lediglich die Ein bringung der Staatseinnahmen von San Domingo; auch wird in dem Vertrage darauf bingewiesen, daß sich die Republik ihren Gläubigern gegenüber zu gewissen Zahlungen verpflichtet bade, die davon abyängen, daß die Vereinnahmung der betreffenden Gelder' durch die Bereinigten Staaten geschieht. Der Vertrag setzt sodann fest, daß die Ber einigten Staaten die vereinnahmten Gelder ver walten und über die Mittel zur Einbringung der Ein nahmen Bestimmung zu treffen haben. — Wieder also wird eine halbe Anlille in der Küche Uncle SamS für seine Tafel schmackhaft präpariert! MnwanoervngSverb-t für japanische Kulis. Präsident Roosevelt hat dem Vorsitzenden deS Ein- wanderungSauSschusseS deS Senats und des Reprä'enlanten- hauseS, sowie den Führern der republikanischen Partei deS Kongreffe« vorgeschlagen, in das neue EinwanderungSgesetz eine Bestimmung aufzunehmen, die japanische Kulis von der Einwanderung in die Vereinigten Staaten ausschließt. Die Reaktian an der Arbeit. Die Stärkung der Rechten durch die Reichstagswahlen sängt bereit» an, ihre Wirkungen zu zeigen. Die Gegner der Sozialreform erbeben kühner al» bisher ihr Haupt. In der Generalversammlung der Steuer- und WirlschastSresormer, eine« Anhängsels der Landwirtebewegung, kam, wie schon heute früh lurz erwähnt wurde, die Feindschaft gegen die Arbeiter schutz- und BersichcrungSgesetze unverhohlen zum Ausdruck. Der bekannte Scharfmacher deS Herrenhauses, Majoratsberr Dr. v. BurgSdorff, hielt ein Referat über diese Fragen und schlug dazu eine Resolution vor, in der e« heißt: „Die deutsche sorialpolitiiche Gesetzgebung bat eS nicht vermocht, Zufriedenheit in den Kreisen der arbeitenden Bevölkerung Hervorzurusen und die Umsturz bewegung einzuschränken.* Daran knüpfen sich eine Reihe von Vorschlägen, deren letzter sich gegen die Einführung einer Arbeitslosenversicherung ausspricht. BurgSdorff sagte u. a.: Der Zeitpunkt sei gekommen, zur Umkehr zu mahnen und vor dem Uferlosen zu warnen. JnS Uferlose gerate man, wenn man versuche, die menschliche Bestie mit Zucker- iebrem» rianis«. Ucker. «chwan». Präsident Roosevelt ersucht wirk, dem Hause mitzuteilen, welche Abmachungen zwischen den Vereinigten Stauten und Deutschland über den Zolltarif getroffen, oder welche Vor schläge über die Staatseinnahmen der Vereinigten Staaten oder ihre .Handelsbeziehungen zu Deutschland beiderseits ge macht seien. * Ter Emir von Afghanistan traf in Bombay ein, emp fangen von den Militär-, Marine- i '. . ' herzlich bewillkommnet von der Bevölkerung. Es wurde Königssalut abgefeuert. f in Bombay em, emp- lkarme- und Ortsbehörden und der seit.): M-ÜSb u vi-w: »wMz» Sandvosß. SlkU. »ätzt««, kwetach. settter. S-Koftü» arvrt ». «»» Leitungrrcdau. lieber das Programm des Fürsten Bülow schreiben .Münch. N. N.*: Man übertreibt die Bedeutung des Reichskanzlerbriefs au Direktorium veS Zeutralverbaadrs deutscher Industrieller nicht, wenn man in idm ein NegierungSprogramm erblickt, Fürst Bülow er innert den vergeßlichen Aentralverbanv darau. daß die Zentrums- Partei am EotlcheidungSIage der ReichSlagSauilösung Hand in Hand mit der Sozialdemokratie gegangen ist, daß im Wahlkampfe das sckwarz-rote Kartell in Kraft trat, daß das Zentrum zwölf Mandate der Sozialdemokratie zugeschanzt bat und daß im reuen Reichstag deswegen Zentrum und Sozialdemokratie als Bundesgenossen za betrachten und deshalb gleichmäßig zu bekämpfen sind. Das ist eine scharfe Absage au die ZentrumSpartei, deren Organe noch in den leyien Tagen dem Reichskanzler ihre Unentbehrlichkeit für die Regierung zu beweisen suchten — bald mit rohem Poltern, bald mit süßem Schmeicheln. ES ist zu erwarten, daß es bald nach der Eröffnung des Reichstages zu einer sehr deutlichen Auseinandersetzung zwischen dem Reichskanzler und dem Zentrum kommen wird. Die Veröffentlichung der gestohlenen Briese im „Bayer. Kur." sollte vermutlich hierzu ein Vorspiel sein und auf das Arlenal Hinweisen, in tem die Waffen des Zentrums geschliffen wurden. Nuu, wie der Reichskanzler zu dieser Sache steht, das sagt beute früh die „Nordd. Allg. Ztg." Aber eine Partei, in der Herr Roeren und Herr Erzberger mit ihrer Un bedenklichkeit in Verwendung vertraulicher und entwendeter Briefe sitzen, wird ohne Zögern nach schmutzigen Waffen greifen, selbst wenn sie stumpf sind, weun Zorn und Grimm ihre Ratgeber sind. Uetzer die Ursachen des f-rialtzemokralischen MrherfolgeS bei den letzten ReichSta.iswahlen spricht sich der Sozialist Pastor Göhre in der „Neuen Gesellschaft* recht vorurteils frei und verständig auS: Wir selbst sind ebenso mitschuldig an der empfangenen Schlappe und heimsen nur ein, waS wir verdient haben. Das muß jetzt ganz offen ausgesprochen werben. Die erste Ursache, die da in Betracht kommt, ist sicherlich der persönliche Streit und Zank, ter feit dem Dresdner Parteitag untere Partei bis in die zweite Hälfte dks eben obgelaufenen Jahres schwer kompromittiert hat. Ein weiterer Fehler, den wir begangen haben, liegt in unserem Verhält nis zu den sogenannten „Mitläufern", nicht bloß aus den Kreisen der Gebildeten, sondern aus allen Schichten, die nickt eigentliche Arbeiter sind. Die politische Organisation als ta- Rückgrat unterer Bewegung in allen selbstverständlichen Ehren, aber eine gleiche ernuhaite und selbständige Erörterung uud Behandlung verdient die Frag« ter „Mitläufer". Und daß wir sie nicht eher in die Hand genommen haben, scheint mir eben ein weiterer Grund unserer diesmaligen Niederlage zu sein. Einen dritten möchte ich zum Schluffe, wenn auch selbstverständlich nur ganz andeutungs- weise nennen; er hängt mit dem vorstehenden eng zusammen. Er besteht darin, daß es uns vielfach an klaren, präzisen uud positiven wirtschaftlichen Forderungen sür weite Schichten nichtkapitalistischer Massen, die aber nicht Industriearbeiter sind, fehlt. Gegenüber den Kleinbauern ist dar ja anerkannt, - --SSWSS einem gewissen mondänen Pariser Milieu etwas von seiner Ursprünglichkeit eingebüßt habe und die berückend lineare Kunstanschauung des Ostens mehr schematisch behandele. Es fehlt demnach noch zu sehr am Persönlichen bei diesem Künstler, so interessant gerade einige seiner kleineren Blätter sind. Ten Norweger Edward Münch, der hier zu den Berlinern zählt — er lebt augenblicklich in Käsen —und E. N. Weiß in einem zu nennen, mag auf den ersten Blick wohl gewagt erscheinen. Doch haben beide in der Auffassung und Behandlungsweise wirklich viel Gemeinsames. Man darf dabei freilich ebensowenig an den Maler Münch '-enken, wie an den Maier E. N. Weiß. Ter erstere ist mir bislang noch nicht verständlich, und ich scheu« mich nicht, ihn vorderhand neben Hodl«r zu stellen, weil — so will mir scheinen — diesen beiden gemeinsam ist, daß sie die Kunstgeichichte um rund fünfhundert J-ahre Lügen strafen wollen. Was ich zwischen Münch und Weiß Verwandtschaftliches sehe, bezieht sich allein awf ihre Lithographien. Eine hohe Geschlossenheit in der Form, ein machtvolles Auriickgehcn aus die lineare Erschei- nuan kennzeichnen die Porträtstücke beider Künstler. E. N. Weiß — das soll nicht verschwiegen werden — erscheint mir dabei um viele Grade beweglicher als der etwas vüstcr herbe Norweger. Das Strindbergporträt von Münch unterstreicht mit einem leisen Zug ins Groteske zu deutlich das Anima lische; dagegen dürste man nur wenige Stücke sinden, die sich mit dem E. N. Weitzschen „Bildnis seiner Gattin' an wirklich hoher Auffassung und Formenreinheit messen können. Inter, essant, auch technisch, sind Münchs Blätter aus der radierten Folge „Boheme". Sie troffen inhaltlich genau den Ton, den wir von Käthe Kollwitz' Blatt „Hamburoer Schjswrkneipe" her kennen. Von E. R. Weiß, dessen Name in diesem Zu- sammeirhang als einer unserer besten neudeutschen Buch, künstler ebenfalls gewannt zu werden verdient, sind die Ra- dicrungen „Frühling", die etwas schwerblütige Widmung an Hölderlin und nicht zuletzt das kleine, eminent feine Blatt „Mauerschwalbe" wirklich exquisite Leistungen. Der Berliner Heinrich Zille — auch seine Kunst wurzelt ganz und gar im Boden der Reichshcruptstadt und ist ohne das Proletaricrmilieu richt zu denken — gebärt nicht mir zu den interessantesten Erscheinungen der ganzen Aus- stellimg, sondern ist auch seinem künstlerischen Können nach, einer ihrer besten Vertreter. Ich habe Bilder von ihm im Gedächtnis, die mich um ihres MotiveS willen obstießcn. stkackidem ich jetzt im Buckigowerbemuseitm seine dreizehn Zeichnungen und fünf Radierungen gesehen, weiß ich, wo die Kunst bei diesem Meister steckt. Als Zeichner ist er unüber troffen. Diese Studien sind mit einer Leichtigkeit, einem so köstlichen Gefühl sür das Cl-avakteristjsche in Linie und Form hingesctzt, daß man einfach frappiert ist. Und jetzt weiß ich auch, tvarum er die Menschen der Gasse, dies schmutzige, aus- gedonnerte Gesindel, di« Demi-monde deS vierten Standes so liebt, diese vertierten entmenschlichten Weiber des niedrig, sten Proletariats so gerne mit dem Stift festhält. Es ipnken ' keine sozialen Tendenzen, wie bei Käthe Kollwitz. in feine I Blätter hinein. Dieser Pöbel erscheint dem .Künstler — so I paradox es vielleicht klingen mag — unsagbar malerisch. Ich I kann mir Herr« Zille — ich kenne ihn nicht — trotz dieser * Italienische Ministerkrisis in Sicht. Gestern fand eine Konferenz zwischen Giolitti und Tittoni mit dem Kammer präsidenten Majorcrwa statt. In politischen Kreisen ver lautet, die Konferenz sei der Vorläufer einer par tiellen Ministerkrisis. Der Kriegs- und der Bauten Minister sollen abgesetzt werden. * Italienische Flotte. Am 24. Februar findet in Genua in Anwesenheit des Königspaares der Stapellaus des neuen Panzers „Roma" statt. Der Panzer »Regina Helena", der ebenfalls eine starke Armierung erhält, ist der Vollendung nahe. * Französisch-italienische Beziehungen. Im Auftrage des Königs von Italien wird eine offizielle Deputation nach Lyon abgehen, um Fallieres bei feiner demnächstigen An- Wesenheit zu begrüßen. * Paul Doumer, der ehemalige Kammerpräsident und Prä» sldenifchaftskandidat, reist demnächst in Spezialmissivn nach dem Balkan. * Die holländische Ministerkrisis ist noch wicht gelöst. Dkan hält es nicht für unmöglich, daß die Könioin das Ent- lassungsgesuch des Ministeriums ab lehnt. Auf die Vor- arbeiten der Friedenskonferenz hat die Krise keinen Einfluß. * Die „Partei der Bolksfreiheit" wieder nicht auerkaunt! Die besondere Behörde für Vereinsanaelegenheiten hat aus formalen Gründen die gesetzliche Anerkennung der russischen Partei der Volksfreiheit abgelehnt. * Russische Wahlnachrichten. In verschiedenen Städten, di« eigene Vertreter in die Duma entsenden dürfen, haben die Wahlmännerwahlen stattgesunden. Jede Stadt wählt 80 Wahlmänncr. In Astrachan befinden sich darunter 46 Ka detten und 21 Sozialdemokraten, in Jekaterinoslaw 21 So zialdemokraten, 14 Kadetten, 12 Mitglieder der Arbeiter- gruppe und 28 Linksstehende chne bestimmte Parteizugehörig keit, in Tula 40 Oktobristen :rnd Monar stiften und 40 Ka detten und Mitglieder der Partei der friedlichen Erneuerung, in J-aroslww 75 Kadetten. * Russische Bluturteile. Das Militärgericht >n Lodz verurteilte gestern 3 Personen wegen Straßenrevolten zum Tode, ebenso 3 wegen Raubes. Wegen Ermordung eines Schutzmannes wurde der Revolutionär Nowitzky in War schau standrechtlich erschossen. Ter Revolutionär Gra bowski wurde zum Tode verurteilt, 3 andere zu 4 Jahren Zwangsarbeit. * Deutsch-Amerikanischer Zolltarif. Im Repräsentanten- > Hause brachte gestern Ransdall eine Resolution ein, in der brot zu kurieren. Ein Flhr. v. Kerckerina führte u. a. folgendes auS: Die sozialen Gesetze haben die wirtschaftliche Einheit zwischen Herrn und Knecht gesprengt. Damit hat man nicht zum wenigsten zu dem Anwachsen der sozialdemo- kratischen Stimmen auf dem Lande beigetragen. Der Wagen unserer sozialpolitischen Gesetzgebung rollt auf ge- jährlicher Straße. ... Ein ländlicher Arbeiter kann den gleichen Lobn verdienen, auch wenn ihm einige Gliedmaßen fehlen, weil an die körperliche Gewanbtbeit nicht so hohe Anforverungen gestellt werden. Die Unsallrente unter 25 Proz. ArbeitSverminderung muß Wegfällen! Frhr. v. Bodelichwingh hielt ein neues Ausnahmegesetz an sich für sehr berechtigt, wollte aber angesichts der guten Wahlen noch davon Abstanv nehmen. Er gestand zugleich offen, daß mau an eine Aenverung des Wahlrechts gedacht habe, die nun aber vorläufig nicht noiwenvig sei. — Die Regierung wird gut tun, mit unzweideutiger Schärfe von den frivolen, daS Vaterland schädigenden Bestrebungen dieser Herren ad- zurückeu und jede Gemeinschaft mit dem »Geist*, der aus dieser Gesellschaft spricht, strikte abzulehnen. aus dem Ergebnis der Wahlen die Erkenntnis geschöpft hätte, daß seine parlamentarische Taktik vom 13. De zember v. I. vom deutschen Volke verurteilt sei und daraus die nötigen Konsequenzen zöge, fände der programmatische Ausspruch des Reichskanzlers keine Anwendung mehr. Seine Bedeutung für die künftige Neichspolitik geht also dahin, daß, wenn auch zweifellos in erster Linie mit der konservativ-liberalen Mehrheit regiert werden soll, die Stellung der Regierung zum Zentrum wesentlich von dessen Verhalten gegenüber nationalen Forderungen ab hängen wird. Das weiß man bei der Leitung der Zen trumspartei natürlich ebensogut und wird danach deren künftige parlamentarische Taktik einrichten. So schwankt die Regierung hin und her zwischen der Neigung, die alten Beziehungen zum Zentrum doch wieder herzustellen und der Anwandlung, es einmal gegen das Zentrum zu versuchen. Man muß darum auf die peinlich sten Überraschungen gefaßt bleiben. „Mutter und Kino" von Dora Hitz kam mir seltsamerweise die Erinnerung an eine Studie des gott- gefälligen Ira Bartolommeo — was geistig eigentlich gar nicht zu einander stimmen will. Indes scheint mir doch aus diesem Blatte hervorzuyehen, daß sich Frl Hitz — wenn sie nur will, auch altmeisterlicher Art gut anschmiegen kann. Hedwig Weiß überrascht dagegen durch eine wundervoll reife Zeichnung „Schlaf" — sonst lohnt sich ein ausführliches Verweilen nur noch bei Margarete Havemann, die ich aus gutem Grunde in jener Reihe oben nicht mit nannte. Tie Holzschnitte dieser Künstlerin gehören mit zu dem Besten, was ich seit langem gesehen, und ich mag es nicht zuletzt an diesen Blättern leiden, daß sie viel weibliche Zartheit und einen weichen, mehr ins Dekorative gehenden Zng verraten. Ter treffliche EugenSpiro — er ist unter den jüngeren Malern Deutschlands einer der hoffnungsvollsten — hat zwei, seinem Können durchaus ebenbürtige Handzeichnungcn oeigesteuert, auf denen man lange mit Wohlbehagen verweilen kann. Von Philipp Franck, der nicht immer auf der gleichen Höhe steht, aber stets ein achtbares Können verrät, sieht man verschieden gleiche Radierungen, an denen man gern die eminente Sicherheit in der Technik bewundert. Unter den Landschaftern muß naturgemäß an erster Stelle Walter Leistikow genannt werden, dessen Zeichnungen man eigentlich die künstlerische Größe seiner Gemälde noch nicht absioht, ferner die beiden Hübner, Ulrich und Heinrich, der eine vorwiegend Jntericurinaler und als solcher auch mit entsprechenden Zeichnungen vertreten, der andere in der Hauptsache Landschafter und als solcher einer der Flistrer der jungen impressionistischen Richtung in Berlin. Hier ist der Neoimpressionist Paul Baum anzugliedern, dessen Zeichnungen schon die Fülle sonnigen Lichtes und halb gedämpfter Nebelschleier über den Kanälen Flanderns vor ahnen lassen. Wundervoll weich und stimmungsvoll ist z. B. die farbige Zeichnung mit dem Vesuv. Noch mancher Name wäre -u nennen, so Heine Rath, Emil Pottner, Karl Walser, der. wie man weiß, sehr tief im Rokoko wurzelt, Hermann Struck, einer der Tüchtigsten unter den Graphikern Berlins, von dem man hier nur eine große, meisterliche Radierung nach Israels sieht, E. BischosfÄulm u. o. Indes möchte ich mehr bei diesen Betrachtungen au? das Eigenartige, Eharakteristischc Hinweisen, aus das, Wa den allgemeinen Raum überschreitet, d. b. aus die wenigen ausgesprochenen Persönlichkeiten. Orlik gehört dazu, dessen Stellung kunstgeschichtlich längst fixiert ist, weil er mit Eckmann einer der ersten Vermittler des Iapanismus in Deutschland gewesen ist. Was man hier von ihm sieht, ist sehr interessant, zum guten Teil auch deshalb, weil wir de« Ddeister aus neuen Bahnen wandeln seyen, in denen die Nachklänge japanischer Eindrücke, die früher fast zu stark auf traten, langsam abgeschwächt sind und aus diese Weise ein neuer Orlik vor uns hintritt, dessen malerisches Streben sich nach einer bestimmten, mehr sensitiven Richtung hin fort- entwickelt bat. Wo Orlik früher war siebt jetzt L 6 onard, indes mit einem sehr seinen Unterschied. Auch Leonard zehrt sehr stark vom JapaniSmuS, aber eii ist, als wem» «r in polnisches. * Die Braunschweiger Frage. Die „Braunjchw. Reuest. Nachr." teilen mit, dax der sächsische Gesandte Graf Vitz thum vom Bundesrat zum Referenten in der braunschweigi schen Frage ernannt worden sei, daß aber die Mehrheit des Bundesrates den Standpunkt vertrete, daß der Verzicht des Prinzen Ernst August aus Hannover nicht genügt, sondern daß auch der Vater des Prinzen und Prinz Georg Wilhelm den formellen Verzicht leisten müssen, da man an dem Prin zip der Familieneinheit fürstlicher Häuser glaubt sesthalten zu müssen. * Der 8 Uhr-Ladeuschluß setzt seinen Siageszug in Deutsch- land fort. Auch in diesem Jahre hat sich die Zahl der Städte bereits wieder vermehrt, die den 8 Uhr-Ladenschluß für alle oder einzelne Geschäftszweige eingefuhrt haben. Wie der Deutschnationale Handlungsgshilfen-Vevband, Hamburg mit teilt, ist der 8 Uhr-Ladenschluß seit dem 1. Januar 1007 in 12 Städten «ingeführt wovden. Der kleinste der Orte, wo im vergangenem Monat der 8 Uhr-Ladenschluß eingeführt wurde, zählt 2651 Einwohner. Es steht zu hoffen, daß der 8 Uhr-Ladenschluß in Deutschland sich von Tag zu Tag neue Anhänger wirbt, so daß di« ihm widerstrebenden Elemente ihren Widerstand gegen seine Einführung schließlich als aus sichtslos aufgeben müssen. * Nur nicht zu weit vom Zentrum ab. Gegenüber der Auslegung des Antwortschreibens, das der Reichskanzler an den Zentralverband deutscher Industrieller gerichtet hat, als solle in ihm ein Bruch mit dem Zentrum konstatiert werden, wiegelt die „Neue Polst. Korresp.' offenbar offiziell ab. Sie schreibt: Man geht sicher zu weit, wenn man in jenem Satze der Antwort des Reichskanzlers eine bündige Absage an das Zentrum als solches erblickt. Dessen antinationale Taktik vom 13. Dezember v. I. wird allerdings scharf verurteilt und klargestellt, daß gegenüber einem Zentrum, das auch in der Folge im Verein mit den Sozialdemokraten natio nale Forderungen niederzustimmen bereit wäre, das Tisch tuch zerschnitten sein würde. Aber auf ein Zentrum, das Die 1. graphische AarfteLang -e» Seutschen Aünstterdander im Vachgewerbensnfeam. I. Das Arrangement der Ausstellung ist so getroffen, daß die einzelnen Gruppen nach Städten geordnet auftrelen. Berlin macht den Anfang. Es folgen dann auf der einen Leite noch München und Dresden, während auf dem rechten Flügel die übrigen süddeutschen Städte einsetzen und von hier fortschreitend auf dem Umwege über Dien der Weg nach dem deutschen Norden führt. Man orientiert sich da her sehr leicht, erhält überall ein geschlossenes Bild und auch der Laie wird schnell den Ueberblick über die reiche Fülle des lssebotenem gewinnen. Ich gestehe, mir gefällt die Anorv- nung «och aus einem anderen Grunde: Sie ist auch ästhe tisch besonders instruktiv, man kann beim Vergleich der einzelnen Gruppen miteinander vielbedeutendc Schlüsse ziehen, die Verallgemeinerungen zulassen und vielleicht prin zipielle Unterschi«>e zwischen dem Schaffen im Süden und dem im Norden Deutschlands gestatten. Mir will scsie-nen, Ääthe Kollwitz z. B. wäre nirgendwo anders wie in Berlin zu denken. Es ist der Geist des Naturalismus ans den achtziger Jahren, di« Hauptmanns „Weber" gesehen laben, der heute noch bei dieser einzigartigen Frau, vor der man wie vor einem Rätsel steht, nacbwirkt. Als Künstlerin ist sie zugleich ein sozialer Apostel, dessen Sprache oft sogar die Ekstase streift, immer aber heftig und von ichreckender Leiden chaftlichkeit ist. Wer es nicht wüßte, daß Käthe Kollwitz in der Tat dies« Folgen des WeberausstandeS und des Bauernkrieges radiert hat, würde nie auf «ine Frau als Urheberin schließen. Und doch erleben wir gerade hier das Wunderbare, daß die Kunst einer zartbesaiteten Frau. zudem noch Mutter ist und im Norden Berlins als n»alnn eine- praktischen Arztes ihrer ehrbaren Hausfrau» nur Temperament und Leidenschaft^ meh l'ch« Kraft d<S Griffels erforderlich sind. der Kollwitzschen Kunst — wenn man es überhaupt so i auf dieser absteigenden^Linie immer schwacher wird. Vor nennen darf — verglimmt nicht an der Oberfläche des Mo-! jener Handzeichnung tivs, es dringt tief hinein in die Kupferplatte, tut sich hier s mir seltsamerweise d in wuchtigen, scharf markierten Strichen kund, meistert die "" " wilde Bewegung, die wie auf dem 3. Blatte des „Bauern krieges" durch die entfesselten Massen elektrisch hindurch fährt durch den großen Zug dieses immensen Könnens. Hierin liegt das echt Künstlerische. Wären diese Blätter nicht so durch und durch künstlerisch, man hätte allen Grund, ihren Einfluß zu fürchten, wie sie sich aber geben, sind sie nicht nur Zeugnisse einer reich begabten Phantasie, die aus denselben Quellen schöpft, denen noch Klinger seine Cyklen ein .Leben" und „Dramen" entnahm, sondern es sind Werke, die vom tiefsten Mitleid erfüllt sind und so viel Menschenkenntnis und sozialen Drang verraten, daß man in ihnen sogar symbolische Beziehungen aus den Geist un serer Zeit entdecken darf. Käthe Kollwitz aber ist nicht nur die interessanteste Erscheinung unter den Künstlerinnen un serer Zeit, im Rahmen der hier zu behandelnden Berliner Graphik muß man sie auch der Qualität nach an der Stelle nennen. Am nächsten berühren sich — was den inneren Geist ihrer Werke anlangt — mit dieser Frau Louis Corinth und Max Slevogt. Bei Corinth fehlt der hohe sittliche Ernst, der ein Kennzeichen der Koll- witzschcn Blatter ist. Das wird einem sehr bald offenbar, wenn man beispielsweise die große Radierung von Käthe Kollwitz „Zertretene", die auf den ersten Moment an eine Piet» denken läßt, mit dem darunter ausgestellten Corinth- schen Blatt aus der zeitlich ziemlich weit zurückliegenden Folge von „Tragikomödien" etwa dem Stück „Marie An- toinette" vergleicht. Bei all der Achtung, die ich vor dem Können dieses Künstlers besonders als Maler empfinde, habe ich mich an das aufdringliche, plumpe Hohngeiächter, an die stets etwas geistlose Derbheit bis auf den heutigen Tao nicht gewöhnen mögen. Uebrigens kommt man der Folge von Tragikomödien gegenüber leichter fort als bei so manchem Corinthschen Gemälde. Da ist mir Slevogt lieber. Wenn ich an diesen Künstler denke, sebe ich stets D'Andrade als Don Juan twr mir, nnd mir ist, als wäre dies Bild des Malers ein Selbstporträt. Prickelnd, leicht, tem peramentvoll und rassig, von einem ausgesprochenen Gefühl für delikaten Farbenreiz nnd alle- Schöne, exklusive die weibliche Tugend, so Hobe ich Slevogt vor Augen und auch seine Blätter in der Ausstellung, von denen wohl die Mehr zahl noch in die Zeit des Berliner Naturalismus zurmckgeht, der aber bei Slevogt schon sehr geistvoll uangedeutet ist — man sehe Blätter wie den „Zweikampf" oder „Im Kahn" — bestätigen vornehmlich durch den leichten Grisfelstrick diese Vorstellung. Man könnte hier vielleicht Edmund Für st anreihen, der mir indes nur wie ein Eklektiker der Corintb- schen Richtung vorkommt und bislang noch keinen Anspruch auf Beachtung machen kann. — Mit Dora Hitz — man kennt seit langem diese sehr geschickte Nachempfindcrin Lieber» mnnnlcher Art — tritt in der Gruppe der Berliner die zwcite . .. - Künstlerin vor uns bin, und man kann der Vollständigkeit vllichten obliegt, Ausgaben »uwieS, zu deren Erfüllung nicht I wegen gleich noch tzedwi'g Weiß, Clara Sievert, "ur Temperament und Leidenschaft, mehr noch die mann- lAennh Löwen st ein und Julie Wolfthorn l'che Kraft d«- Griffels erforderlich sind. DaS Untoeiblich« I anschließen, um zu kennzeichnen, wie das ursprüngliche Talent Anzeiqen-BreiS die Sgespaltra« Petüzrüe tür Geschäfts- inserate au- Leipzig uov Umgebung L5 Pf, Familien-, WohnongS- u. Slellen-Anzeigen, sowie An- und Verkäufe LO Pf., finanzielle Anzeigen 30 Pf„ für Inserate von auSwärlS 30 Pf. Reklamen 75 Pf„ auSwärt« 1 Mark. 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