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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.03.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070301013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907030101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907030101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-01
- Monat1907-03
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Haudclszcitnng AuSftab« 81 wärtim» Am (1»a monatlich 1R ixA HanS >»1 MtkLoli» Mih t^lich)in»«chL»Deüttchll -tta«Sschl.B«stollaebütz«> ,ar« ü L 4Ü tz vküÜW dt^or Ia»1 AM»»tDWttß verlttm« R-tz»M«s-vm««r Brrli» EX, Mnz Loui» Ferdkaud- i. Ms. Amtsblatt -es Rates ««- -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Nr. «0. Freita« 1. März 1907. Anzeiaem-PreiS die 6gespaltene PetU-rU« für ÄeschästS- iaseratr aus Leipzig und Umgebung LS Pf., FamUiem Wohnung»- a. Etellru-Anzrtgen, sowie La- nnd Bertauft LO Ps„ finanziell« Anzeige« 80 Pf, für Inserate von auSwäct« SO Pf. Reklamen 75 Pf, aoSivürtS 1 Mart. Beilage- gebühr 4 Mark p. Tausend «xkl. Postgebühr. Geschäftsanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarif. Mr Inserate vom Ausland« besonderer Taris. Lneetgen-Anuahme: AugustuStzlatz 8. betsSmUichen Filialen u. alle« Annoncen- rzpeditioneu d«S In- und Ausland«». Für das Erscheinen au bestimmten Lagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Festertetltr Aufträge können nicht zurück, gezogen werden. Haupt-Ftltale Berlin: LarlDnucker, Herzgl-BayrHofbuchhandlg.. Lützowstraß« 10 (Tel. VI, 46031. Fili«t-Frt>e»Mo»:DreS-en.Marienstr.Z >. 101. Jahrgang. schritte. * Eine belgisch-holländische Komm diert die gemeinsamen Defensiv-Inter« Länder. (S. Ausl.) Var Alchtigrke vom tage. «König Friedrich August tritt heute von Ham - urg au- seine Reise nach Lissabon an. Juli 18SL, Paragraph 422 der Protokolle, zu liegenden Sach- und Rechtslage nicht eingetreten Die braunschweigische Landesregierung hiervon in zu verständige». ein echtes Bureaukatenwerk — Inhalt and Sina und bündig. Ts bleibt alle- bei« alte». Der von» 2. Juli 1S8L, der die Fa»ilie des Herzogs vevsononluag" statt, deren Aweck k7" ' har doch lich nach sei» jüngerer Soho, und auch dieser nur unter allerhand Klauseln, auf den Thron von Hannover verzichtete — hatten nur den Wert von politischen Winkelzügen, ohne daß die alte Position des Welsenhauses aufgegeben wurde. Diese aber gründet sich auf die Unversöhnlichkeit Preußen gegenüber. Sie hält an einem angeblichen Recht fest, das seit dem Prager Frieden kein Recht mehr ist. Sie operiert nicht mit geschichtlichen Tatsachen, sondern mit Sentiments. Und was man dabei .Treue"' nennt, ist längst zu unfruchtbarer Halsstarrigkeit geworden. Kein Wunder, daß demgegenüber auch nur kühle Ablehnung die Antwort ist, daß man die letzten Konsequenzen aus der Haltung deS Welfenhause- zieht und ihm darum den Braunschweiger Thron verweigert. Daß der Herzog von Cumberland, wenn überhaupt, daun gerade jetzt, wenige Wochen nach dem Tod« seiner Mutter, seine Haltung ansgeben und die auch von vielen seiner Anhänger ersehnt« Berzichtleistung ans Hannover aussprechea wird, ist nicht auzunehmea. Und so wird da- Braunschweiger Land, da» bei dieser ganzen Affäre am meisten zu bedauern ist, weil e» sich immer wieder ungewissen Zuständen gegenüber sieht, alsbald vor die Frage gestellt werden, ob e» nun ohne Rücksicht auf das Cumberliiuder Haus die Throufrage end gültig regeln oder abermals zu dem Ausweg einer Regenten wahl greife» will. Bekanntlich gehen darüber die Meinungen im Lande selbst auseinander. Die nächste Zeit wird darum Gelegenheit geben, hier die Entscheidung zu suche» und zu finden. schon früher ausführten: die schwächliche» Konzessionen, ,u 1 Basis zu stellen".. G^nd: der uusaychare Schm^ darüber. * Die Russe» habe» sich eine schwere Grenzver letzung an der rumänische» Greuze zuschulden komme» lasse». (S. Ausl.) « Die fvanzösksch« Presse beha».»est die Geschichte der AlgeciraS-Ko»fereaz aeuerding» mit gehässigen Ausfälle« gegea D«»tschlaud. (S. Ausl.) vo» baverircke, 2e»tr». Unser Münchner Korrespondent schreibt: Wie richtig es war, die Gerüchte und Meldungen über ein« bevorstehende Spaltung im bayerischen ZentrumSlager und die Gründung einer neue» Partei mit Vorsicht und Mißtrauen aufzunehmen, beweisen die Tatsachen noch weit rascher, al» ma» e» ver muten konnte. Heute, da» kann man getrost sagen, denkt nie mand mehr daran. Ja noch mehr, meine Vorau»sage, daß di« opponierenden Zentrum-vianner mit wenigen Lki-uahmen «"Her reuig in den Schoß der alleiaseligmachende» Partei »urückkchre» werden, beginnt sich bereit» offenkundig z» er füll«». Am gg. Februar fand eine „geschlossene Zeüitru«-- vevsom«l»ng" statt, deren Aweck jedoch schon vorher bekannt war — da- eine oder andere Einladungsschreiben war offen bar doch an eine falsch« Adresse geraten. Man hält et näm lich nach den Erfahrungen bei den letzten Wahlen für nötig, -Irr <lm fieickrtsg. (Telegraphischer Bericht.) Die Beratung de- ReichShauShaltSetatS bot gestern in sofern ein erhöhte» Interesse, als man »unmehr bei den Debatten i» die Detail- der abgelaufenen politischen Pe riode einzudringen beginnt. Dadurch geht natürlich der große Aug verlöre«. Für den politisch Unterrichtete« aber ft>Mmt mancher ne« Reiz in die Reden? Zunächst sprach der Freisinnig« Schrader, der recht praktische Ansichten entwickelte und nur bei Besprechung der Handelsbeziehungen mit Amerika sich mehr hätte zurück- halten können: denn e» kann di« Aussichten auf einen Handelsvertrag nie verbessern, wenn man im Reichstag sich schon mit einem Provisorium abfindet. Herr Zimmermann fand Beifall bei seiner Be- sprechung der Kalamität infolge der Umtriebe russischer Studenten. Besonders erfreulich aber will uns die Rede de- süd- deutschen Demokraten von Payer-München dünken, der die ganz trefflich« Taktik verfolgte, das Gute in dem neuen Kanzlerprogramm anzuerkennen und gleichzeitig den Kanz- ler darauf nochmals zu verpflichten. Nur insofern muß man Herr» von Payer widersprechen, als es nicht die Auf gabe des Reichstages sein kann, über das preußische Wahl recht tu befinden. Auch wir halten es für sehr reform bedürftig: aber mit der Uebertragung deS Reichstagswahl- rechts auf die Bundesstaaten — sozusagen von Reichs wegen — können wir uns nicht einverstanden erklären. Der Schluß der Debatte brachte eine politisch sehr zu- gespitzt« Kontroverse -wischen dem Zentrumsabgeordneten Gröber, dem Herrn Dernburg und dem Grafen Posadow-ky. Herr Gröber spielt« den tiefgekränkten Patrioten, trauerte über die Ehrverletzungen deS Zentrums durch den Borwurf der antinationalen Gesinnung und klagte über die Entfesselung eines neuen Kulturkampfes durch die Liberalen, wobei er sich zur Freude deS ganzen Hauses auf die Autorität deS „Wüstegiersdorfer Grenz boten" berief. Dann aber warf er die Frage auf: Was ist national? DaS Abgeordnetenhaus sei nicht aufgelöst worden, obwohl di« Kanalvorlage abgelehnt worden sei, und übrigens hätten 1893 sogar die Konservativen Abstriche am Militäretat vorgenommen. Es will uns scheinen, als ob die Liebeserklärungen deS Abgeordneten Gamp dem Zen trum neue Hoffnungen eingeflößt haben. Es scheint zu einem Techtelmechtel mit den Konservativen gern bereit zu sein. Herr Dernburg sprach sehr vorsichtig, behielt sich ein näheres Eingehen vor — wahrscheinlich, um vorher Rück- spräche mit dem Kanzler nehmen zu können — und stellt« nur fest, die Auflösung sei nicht erfolgt wegen der Abstriche, sondern wegen der Limitierung der Flotte. Graf Posadow-ky gab sich di« Mühe, die naive Gröbersche Frage zu beantworten, waS „national" sei. Auch er wollte sicherlich dem abwesenden Kanzler, dessen Antwort er ankündigt«, nicht vorgreifen. Doch wurde eS sehr sym pathisch ausgenommen, wie eindringlich «r für die Autorität de- Fürsten Bülow, dem Kaiser uwd dem Bundesrat gegen- tzer, «intrat. Da» Kabinett Bülow sieht heute in sich fester gefügt aus, al» früher. * Der BundeSrat hat gestern in der Braunschweiger Frage sich von neaem zn dem Beschluß von 1885 bekannt, durch den die Thronfolge der Cumberländer Fa milie abgelehut wird. (S. d. bes. Art.) * Im Reichstag sprachen gestern zunächst Schrader, Zimmermann und Payer von kleinen Fraktionen, dann al» zweiter ZentrumSredner Gröber, dem Graf Posa- vowsky kurz antwortete, wobei er «ine längere Erwive- runa des Reichskanzler» «»kündigte. (S. Parlam.-Ber. 2. Beilage.) * 2m preußischen Abgeordnetenhaus erklärte Minister Delbrück, die Zeit für die Einführung obli gatorischer Fortbildungsschulen sei noch nicht ge kommen. (S. Dischs. R.) * Der vielgeuaaute frühere sozialdemokratische ReichStagSabgeordaete Gabor ist ia Fraukfurt a.M. ge storben. (S. Dlschs. R.) * Am heutigen Tage findet die ReichStagSnachwabl im Wahlkreis Mühlhausen--Langensalza statt. (S. Dtfch«. R.) * Der Beschluß der Hamburger Reeder, von morgen» »Uhr bi» abeuvS8Uhr arbeiten zu lassen, ist aufgehoben Worden. Kurz vor Eintritt der gärige» Mittagpause erhielte» die Schauerleute die Anweisung, daß sie die Nacht durchzuarbeite» Haden. (S. Letzte Dep.) fitmaertsi >ilä vrauurchweiger frage. E» war vorauSzusehen, daß die Beratung and Beschluß fassung de- BundeSrat» über die sogen. Braunschweiger Frage keine Ueberraschu»gen bringe» werde. Man konnte darum Voraussagen, welchen Verlauf die gestrige Sitzung de» BundeSrat- nehmen werd«. Der vorbereitende Ausschuß hatte zudem gesprochen. Da» Plenum hatte nur »och seine Zustimmung zu votieren. Und e- hat sie gestern gegeben. Selbst die Frage, ob sich Bundesstaate» finden würde», die nicht bereit wären, ander» al» der sächsisch-preußische Vor schlag zu entscheide», ist ohne Sensation beantwortet worden. Mit Ausnahme von Braunschweig, da» sich der Stimm abgabe enthielt, ist die Beschlußfassung einstimmig erfolgt. Ei» Telgramm de» offiziöse» Telegraphenbureau» berichtet über dm Verlauf der Ätzung Folgende»; I» der gestrige» Plenarsitzung de» BundeSrate», in wel chem der Reichskanzler den Vorsitz führte, wurde auf Antrag de» Referenten, de» königlich sächsischen BundeS- raisbevollmächtigten Grafe» Vitzthum von Eckstädt folgender Beschluß gefaßt: Der BundeSrat beschließt t) Die Ueberzeuguug der verbündeten Regierungen dahin au-zusprechev, daß, solange Se. königliche Hoheit der Herzog von Cumberland oder eia Mitglied seine» HauseS sich i» einem im reich-verfassungsmäßig gewährleistete« Frieden unter Buade-mitgliederu widerstreitenden Ver hältnisse zu den Bundesstaat Preuße» befindet und Au- stzrüche auf Gebietsteile diese» Bundesstaate- erhebt, daß auch die Regierung eine- anderen Mitgliedes de- herzog lich« Hause- Brauuschweig-Lüuebnrg mit de» Grund prinzipien der Bündnisverträge und der Reich-Verfassung nicht vereinbar sei, selbst wen» diese» Mitglied gleichzeitig mit de« Verzicht der übrigen Mitglieder de- Hauses ans Braunschweig seinerseits für sich und seine De-ze»denz allen Ansprüchen auf da- frühere Königreich Hannover entsagt, daß demnach durch die de« BundeSrat vorgelegiea Erklärungen Sr. königliche» Hoheit de» Herzog» von Cumberland in dem Schreiben an Se. Majestät den deutschen Kaiser und König vou Preuße» vom 2. Okto ber 1-0S »»d an da- herzoglich brauuschweig-lüneburgische Äaachmiuiftniu« vom 1L. Dezember 1S0S eine entschei dende Äenderupg ia ^>er de« Beschlasse des BuudeSrate» vom " gra»d sei; I Erledi nag ihrer Anträge (Nr. 8 der BuadeSratsdruck- fachen« z« verständigen. So t ugatung und schwierig konstruiert dieser Beschluß auch ist; - ' find strrz Beschluß _ vo» Euv «rlaud von der Thronfolge in Braunschweig auS- schveßt, »Kd »ur vo» ue»em beköstigt. Uad »an kamr nicht a») r- sage» al- »von «echt- Wege»*, d«»», wie wirIbi« Organisation pvlitirrbel Sriel aur fiom. (Von unserem römischen Korr«spondeuten.) Vor ein paar Wochen hat eines der tüchtigsten und kennt nisreichsten Mitglieder der italienischen Deputiertenkammer, namens Nitti, ein Buch veröffentlicht, in dem mit Bezug auf die hiesigen Verhältnisse der Ausdruck „parlamentarische Konfusion eines Landes ohne Politik" vorkommt. Herr Nitti zeigt auch im einzelnen, daß den sogenannten politi schen Parteien im Lande wie im Parlamente wirkliche und sachliche Unterscheidungsmerkmale abgehen; daß sich viel mehr dieselben Personen trennen und vereinigen ganz nach flüchtigen Veranlassungen, so daß ihre Gruppierungen nicht verschiedene Programme, sondern höchstens Verschiedenheit der Temperamente zu bedeuten haben. Daher, so folgert er, stammt die Mattigkeit der gesetzgebenden und regierenden Körperschaften, die Gleichgültigkeit der Massen gegen die großen, allgemeinen Probleme, daS Fehlen eines echten und Hlen nationalen Gewissens, die Kleinlichkeit der auf Per sonalien reduzierten politischen Kämpf«, die Ungeniertheit, mit der sich Parlamentarier als Zanardellianer, Giolit- tianer, Sonninianer, Marcorianer . . . bekennen. Wenngleich ich im allgemeinen dieses Bild als zu schwarz bezeichnen würde, muß ich es doch angesichts der augenblick lichen innerpolitischen Verhältnisse als berechtigt anerkennen. Di« Art, in der die Deputiertenkammer die Demission ihres alten Präsidenten Biancheri entgegennahm und Herrn Mar- cora an seine Stelle berief, ist ein recht beredtes Zeugnis in diesem Sinne. Biancheri, der ein halbes Jahrhundert dem sardinischen und dem italienischen Parlament angehört und sich mannigfaltige nationale Verdienste erworben hat, dem vor all«n Dingen von keiner Partei der leiseste Einwand ob der Führung der Präsidialgeschäfte gemacht werden kann, ist gegangen, ohne daß sich die Kammer die Umstände ge macht hätte, in Rücksicht auf die delikate Motivierung seines Rücktritts »hm Vertrauen oder zumindest den gebührenden Dank kundzugeben. Marcora ist nach der ungünstigen Probe von 1904 bis zum Ministerium Sonnino von der Majorität wieder zum Kammerpräsidenten berufen worden, nicht etwa weil auch nur diese Majorität technische oder politische Qualitäten zur Präsidentschaft in Marcora anerkennt, oder weil diese Majorität Marcoras Akte der Parteilichkeit in der Handhabung der Sitzungspolizei oder gelegentlich der Bildung deS zweiten Kabinett» Fortis oder endlich seine di« äußere Politik kompromittierend« Phras« von „unserem Trient" vergessen hat, sondern lediglich weil Giolitti es ihr — befohlen hat. Ja, eS ist so: daS Kabinett diskutiert nicht mit der Majorität, bat eS auch dank den unterirdischen Be- ziehungen, die zwischen Deputierten und Regierung zu be stehen pflwen. gar nicht nötig, und so genügt der Minorität für ihre Entschließungen daS boo volo »io jnbso. Natürlich fehlt darum noch nicht der zureichende objektive Grund für die Wahl MarcoraS, und der ist daS Bedürfnis, die Maiorität zu konsolidieren unp zu vergrößern durch Heranziehung deS marcorravrschen Te,l» der Radikalen. , Ohne eine so gefügige Majorität, ohne die Möglichkeit einer solchen Panament-politrk, vermöchte aber auch das Ministerium Giolitti sich nicht zu behaupten. Opportunis- mus und Empire, das sind die Formeln, mit denen Giolitt Italien regiert. Kerne Leistung, bevor Gefahr im Verzüge «kr ArSsÄt auf ein parlamentarische- oder Wahlkreis geschäft! Kein Gesetzentwurf und keine Verwaltung-Maß nahme Katt einer Idee oder einer planmäßigen und or ganischen Erkenntnis, kein Reformwerk von Grund aus und mit großer Tragweite, sondern nur Flick- und Stück- werk- (Die scheinbaren Ausnahmen bestätigen di« Regel. Ich will da- alte Lied vom Analphabetentum nicht wieder- polen und nicht wieder darauf verweisen, daß auch da- reich gewordene Italien für öffentlichen Unterricht einen sehr viel aerlngere» Teil seiner Einnahmen verwendet al- Rußland. Aver^da ist » B. da- bißchen Neuerung im Gerichtswesen, Zu- der Iustizmlnister in Anbetracht geradezu schreiender Mißstände in einer Weise versucht hat, die den Herren Ad- vokalen und darunter den viele» de« Parlamente ange- h-rige» Mitgliedern diese- Standes unbequem ist, — und schon verschwindet der Gesetzentwurf, um vermutlich nach aeramner Weile, arg verstümmelt und seiner wesentlichen vorige bemmbt, vicherzuerscheinen. Da ist ferner die «roße, »»fassend« Steuerresixnn, über deren Notwendigkeit steihe von Jahren und Wahlen hätten machen können. Ncüch- >eur von der ultramontanen Presse veröffentlichten Ver- ammlungsbericht trat der Referent ebenfalls der „auch ra ZentrnmSkreisen" verbreiteten Meinung entgegen, daß eS ich um eine Spaltung im Zentrum Handl« und legte dann >ie Notwendigkeit einer Neuorganisation „von unten herauf" )ar. Diese Arbeit soll bestehen in der Organisation für d,e Press« und die — ach! so notwendige — Mitarbeiterschaft der gebildeten Kreise an dieser Presse; in der Massenverbreitung geschickt abgefaßter Flugblätter und endlich in der Heranzieh ung von Rednern aus den Kreisen der Gebildeten Mr Arbeit mw Aufklärung! in den Vereinen. MS Ziel deS neu gegrün deten Vereins, über dessen Namen sich ohne Resultat ein« „etwas stürmische" Diskussion entwickelte, wurde ausgestellt, in den weitesten Schichten Münchens insbesondere über di« Volksarbeit deS Zentrums Licht zu verbreiten, um den Massen lügen der gegnerischen Presse ein Paroli bieten zu können. Das „Licht" verbreitende und da- „aufklärende" Zentrum sind gleich gut. Seine Presse scheint aber, wo bei ihr gar nicht verwunderlich ist, nicht einmal die vernich tend« Kritik zu merken, der sie nut diesem Programm unter zogen wirb, lieber die geplante Agitation ist u. a. die Absicht ln die Oeffentlichkeit gedrungen, möglichst den noch religiös gesinnten Zuzug von Arbeitern aus der Provinz dem Zen trum M erhalten. Die Flugblätter sollen durch Ver trauensmänner und .gewöhnlich" noch unter mündlicher Belehrung über ihren Inhalt verteilt werden, «in Vorschlag der selbst bei de» Ultramontanen nicht ohne Widerspruch blieb. Da- Interessanteste an d«r Versammlung war aber, daß sich neben denen, die ihn jüngst einen Verräter und fahnen flüchtigen Offizier nannten — von anderen Titulatur«» ganz zu schweigen — auch ReichSrat Führ. v. Soden befand, und einer derer, die wegen ihrer angeblichen Einwirkung auf den Erzbischof vou München am meisten beschimpft wor den Ware», Professor Trauert, war zwar nickt erschie nen, hatte aber ein Entschuldigungsschreiben geschickt, i» dm» «r, wenn man der Z«ntrumSpresse trauen darf, sei» lebhafte» Interesse an den geplanten Bestrebungen zum Ausdruck brachte. Mau sieht, die Versöhnung macht reißende Fort ¬ nur eine Meinung herrscht: da- Ministerium begnügt sich mit einem Gesetzentwurf, der einige Ausgaben für GerichtS- mrkeit, Polizei und Militär im Gesamtbetrag« von jährlich 10 Millionen Lire von den Gemeinde» auf den Staat über- rägt, und begütigt im übrigen mit der Ermäßigung >eS PetroleumprerseS. Da sind endlich die militä rischen Einrichtungen, die unter viele» Gesichtspunkten viel zu wünschen übrig lasse», und für die der derzeitige kriegsminister selbst vor «trugen Monaten gewaltig« Geld- jaufen ««fordert hat; doch mit zager Hand wird nur Ge ringes getan. Was und wie das Parlament verbandel), entspricht na türlich der Tendenz der Regierung. Nichts rst bezeichnender, als dre Tatsache, daß die Kämmer »och heute an dem Eisen- >ahnprobl«m laboriert, und daß der normalerweise erst« Schritt der nunmehr seit IA Jahren vollzogenen Eisenbahn verstaatlichung, nämlich eine gesetzmäßige Systematisierung >er zuaehoriaen Einrichtungen und Bestimmungen, noch immer daraus wartet, getan zu werden. Der bl. Provisorius silt hier eben immer noch mehr al- der hl. Peter! Dabei wt d,e Kammer augenblicklich außer den zwei ersten Reis^rt- etatS 1907/08, die die Kommission bereits erledigt bat, nnd ein paar unpolitische» Gesetzentwürfen gar keinen Arbeits- Poff für daS Plenum. und lener Eisenbahngesetzeutwurf ist schon sert geraumer Weile -u ihrer Verfügung. Veukrcbes keiG. Leipzig, 1. Mär,. * vundesret. In der gestrigen Sitzung de« BaudeSrate» faud der Ausschußbericht über de« Entwurf eine» Gesetze» betreffend de» Äebührentarif für de» Kaiser Wilhelm-Kanal Zustimmung. * van» Reichsgericht. Herr Geh. Iustizrat Emil Sach», Rechtsanwalt beim Reichsgericht, tritt heute in den Ruhe stand. 1842 in BreSlau geboren, trat er 1882 in den Justiz dienst und war am Stadtgericht Berlin und Neu-Ruppin tätig. 1869 wurde er Rechtsanwalt und Notar am Kreis gericht Siegen. Vou dort verlegte er seinen Wohnsitz nach Wanzleben; 1872 wurde er al- Rechtsanwalt beim Reichs- OberhandelSgericht in Leipzig zugelaffev und trat am 1. Oktober 1879 zum Reichsgericht über. Hier hat er sich durch seine hervorragende» Leistungen ia Bank-, Handels- und Versicherung-fachen eine» Ruf erworben. Als Kombattant der Feldzüge 1864, 1888 und .870/71 schmücken diese Feld zug-Medaille«, sowie das Alsenkreuz seine Brust, ebenso der Rote Adler-Orden 4. Klaffe. * AuSwandererweseu. Der Geschäftsbericht über die Tätigkeit der ZentvalauSkunftsstelle für Auswanderer für die Zeit vom 1. Oktober 190b bis zum 30. September 1906 ist dem Reichstage zugegangen. Naw diesem Bericht hat die ZentralauSkunftSstelle 2496 schriftlich« und 684 mündliche Auskünst« erteilt. Bon 4783 die verschiedenen Ausavan- derungsgebiete betreffenden Anfragen bezogen sich mehr als di« Hälft« (2979s aus bi« deutschen Kolonien, die in steigen dem Maße das Interesse der ÄuSwanderungslustigen in An- sprach nahmen. An erster Stelle stand unter den deutschen Schutzgebieten Deutsch-Südwestafrira, auf das sich 1005 An fragen bezogen (im Vorjahre 413). Diesen Ansiedlern wurde aritg«teilt, daß der Niederlassung im H«r«rolande Bedenken nicht mehr entgegenständen und die durch den Krieg entstan denen Verkehrsschwierigkeiten im wesentlichen beseitigt seien. Auf Deutsch-Ostafrika bezogen sich 517 Anfragen (283 im Voistrhre). Di« Mehrzahl der Anfvagenden war mittellos, Anfragen betreffs der übrigem deutschen Kolonien liefen ein: für Kamerun 137 (74), für Togo 112 (52), Samoa 97 (42), Neu-Guinea 47 (23). Unter den fremden Auswand«rungs. gebieten standen voran Südbrasilien, Argentinien, Nord amerika. Vor dem Zuzug nach San Francisco wurde ge warnt, da die dort tätigen Anwerbungsagenten viel ver brechen, wenig halten. * Sächsische- Parletwesen. Die »Deutsche Tageszeitung" schreibt: DaS linkSaatioualliberale „Leipziger Tageblatt", daS sich übrigen- auch gegen die »ationalliberalen Misch vereine erklärt oder doch von ihnen verlangt, daß sie zur Frage de- sächsischen LandtagSwahlrechtS deutlich Stellung nehmen, erwähnt ein Gerücht, wonach eine Spaltung in der konservativen Partei SacksenS bevorstehe; eS solle eine neue, gemäßigt konservative Partei gebildet werden, bei der man darauf spekuliere, daß sich ihr auch nationalliberale Elemente «»schließen würden. Unseres Wissens ist daS Gerücht grundlos. Es gibt ja auch ia Sachsen einige konservative Eigenbrödler, die nach links bin gravitieren. Aber daS ist nichts neue-, sonder» von jeher so gewesen. Daß diese Sonderneigungen zu einer förmlichen und er heblichen Absplitterung führen sollten, halten wir sür aus geschlossen. Wenn die „Deutsche Tageszeitung" das Gerücht sür grundlos erklärt, so ist das nur ein Beweis dafür, daß ihr Gewährsmann der Sache nicht auf den Grund gegangen ist. Tatsächlich hat die Spaltung nicht erst mit dem „neuen Kurs" begonnen, sondern schon bedeutend früher haben an gesehene Mitglieder der sächsischen konservativen Partei ein gesehen, daß der vorwiegend agrarische Einfluß in der Partei leitung, der in krassem Mißverhältnis zu der Bedeutung der Landwirtschaft ia Sachsen steht, der konservativen Partei im Laude auf die Dauer höchst schädlich sein muß. Der Eifer, mit dem die „Deutsche Tageszeitung" die Einigkeit im konser vativen Lager betont, findet seine naheliegende Erllärung in der Tatsache, daß die Vertreter der Gegenftrömung keines wegs, wie die Tageszeitung von den „Eigenbrödlern" be hauptet, nach link« gravitieren, sondern nur gegen den agrarischen Einfluß in der Parteileitung Front macken wollen. E- handelt sich dabei um Politiker, deren konservative Ge sinnung über jeden Zweifel erhaben ist. lieber den Begriff einer „erheblichen" Absplitterung können natürlich die Meinungen auSeinandergehen, jedenfalls wird, so weit sich die Bewegung zurzeit beurteilen läßt, die Absplitterung lo auSfalleu, daß die „D. TageSztg." sie bei den Liberalen «IS sehr erheblich bezeichnen würde. Bon einer gain irrtümlichen Auffassung zeugt die, natürlick unbeabsichtigte (?) Einstellung, da- „Leipz. Tgbl." habe sich auch gegen die national liberalen Mischvereine erklärt. Der betreffende Artikel bezog sich, wie ausdrücklich betont war, auf Vereine, die mit der NLlionalliberaltn Partei absolut nicht- zu tu» haben.
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