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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.03.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070302023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907030202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907030202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-02
- Monat1907-03
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O Die 3 ersten Tage der Anwesenheit des Königs in Lissabon werden als offiziell betrachtet, die Wrigen 9 Tage als privat. Zu seinen Ehren wird u. u. ein Galabankett im Palais Ajuda gegeben, zu dem Vie ''Minister, das diplomatische Korps, die Staatsräte, die Präsidenten der beiden Kammern der Cortes ufw. mit ihren Damen Einladungen erhalten. An das Bankett wird sich ein Konzert Tiit ausgedehnteren Ein ladungen anschließen. Im Theater de S. Carlos wird eine Galavorstellung stattsinden. Beim Einzug des Königs wird die Garnison Spalier bilden. — Hum Schluß ihres Aufent haltes in Lissabon hat die Prinzessin Mathilde von Sachsen noch einen von ihr recht bedauerten Verlust erlitten, indem ihr beim Besuch des Mumenmarktes auf der Praga da Figueira, wo der Andrang -benso stark war wie einige Tage zuvor beim Besuch des. Fstchmarktes, durch einen Taschendieb ein Elfenbein-Rosenkranz gestohlen wurde. Die Manöver 1987. Die Kabinettsorder mit den endgültigen Bestimmungen über die größeren Truppenübungen im Jähr« 1907 wird jetzt amtlich bekannt gegeben. Das Kaisermanöver findet, wie schon früher gemeldet, zwischen dem VTl. und dem X. Armee korps statt. Beim I., VH, VHI. und X. Armeekorps werden Kavallerie-Divisionen ausgestellt. Größere Pionier übungen werden in der Gegend von Frankfurt a. O, ferner bei Ulm und bei Koblenz abgohalten. Bei Posen findet unter Leitung des kommandierenden Generals des V. Armee korps «ine Fsstungskriegsüburrg statt. — Im Bereich der Kriegsmarin« bestimmt eine Kabinettsorder, daß die aktive Schlachtflotte von nun an die Dienstbezeichnung „Hochsee flotte" zu führen hat, die Reserve-Schtachtflotte erhält die Bezeichnung „Reserveflotte". Die makedonische Zollrefor«. Der türkische Ministerrat hat sämtliche englischen Forde rungen wagen der Zollreform als Bedingung für die drei prozentige Zollerhöhung angenommen. Ern diesen Beschluß genehmigendes Jrade des LultanS narbe gestern -er lass sn. Amerikanische Schisfahrtssubvention. Das amerikanisch« R«p r ä se n tan t e n hau s lehnt« mit 134 «egen 100 Stimmen die Schnlahrtssubvention ab, die einen subventionierten Post- schnellbampferdienst zwischen der Küste am Stillen Ozean und Hawaii, Japan, China und den Philippinen vorsah. Ferner wurden der Reibe nach auch alle übrigen Subven tionen abgelehnt. Die Bill ^urde sodann im ganzen eben falls ab gelehnt, und zwar mit 161 gegen 184 Stimmen. Bei einer nochmaligen Beratung der Vorlage wurde sie mit ihr«n Amendements mit 162 gegen 150 Stimmen ang«- nommen. — Ein die« eonknnionis! Campbell über die Abrüstungssrage. Die neueste Wochenschrift „The Nation" enthält einen Ar tikel Campbell Bannermans, indem der Premier minister die Einwendungen widerlegt, die gegen die Behänd- lung der Begrenzung der Kriegsrustungen auf der Haager Konferenz erhoben sind. Bannerman führt aus, die erste Haager Friedenskonferenz sei gerade in dieser Frage zu einer Uebcreinstimmuug gelangt, wie sie bei der so heiklen und schwierigen Materie beim ersten Versuch nicht zu er warten gewesen sei. Seitdem sei eine wesentliche Aenderung in den Umständen nicht eingetretcn, die etwa das 1898 all gemein gebilligte Verfahren als unnötig, unzweckmäßig oder gar nachteilig erscheinen lasse. Heute, wo di« Lasten für die Heeresrüstungen ins Ungeheure angewachsen seien, sei eine Erleichterung dieser Lasten nicht weniger wünschenswert. Ihm seien keine Umstände bekannt, die die Erörterung die ser Frage gefährlich machen würden. Seit 1898 seien die Punkte, über die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mächten bestehen, nicht amter, sondern lveniger akut ge worden. Das Friedensgefühl sei unvergleichlich stärker ge worden. Der Schiedsspruchgedanke und die friedliche Re gelung internationaler Streitigkeiten hätten eine praktische Kraft erlangt, die man sich 1898 nicht habe träumen lassen. Nur die Erörterung einer einzigen Hypothese könne als un zulässig betrachtet werden, nämlich der, daß die Friedens verpflichtungen. wie immer sie auch sein mögen, als solche zu behandeln seien, die keinen vraktijchen Einfluß auf den Umfang und die Intensität kriegerischer Vorbereitungen haben. (Verzwickter Ausdruck!) Dies würde eine zu nichts führende Schlußfolgerung sein, die geeignet wäre, die mora lische Stellung der Konferenz zu untergraben. Ueber die Stellung Großbritanniens sagt der Premierminister: Wir haben bereits mit Ernst und Aufrichtigkeit unsere Meinung durch die beträchtlichen Abstriche an den Marine- und Heeresamsgaben kundgegeben und durch die feierliche Ver pflichtung, noch weiter zu gehen, falls wir an anderen Orten ähnliche Neigungen wahrnehmen. ES ist gesagt, unser Bei spiel zähle für nichts, weil das Uebergewicht unserer Stellung zur See unerreicht bleiben werde. Ich glaube das nicht; ich bin vielmehr überzeugt, daß Englands Seemacht in der ganzen Welt als eine nicht aggressive anerkannt wird. Es ist daher ein Irrtum, zu glauben, daß die Seemächte ge neigt sein könnten, England als ein Hindernis für den Vor schlag eines Einhalts in den Rüstungen anzusehen. Tie Wahrheit scheint in der entgegengesetzten Richtung zu liegen. Unser Festhalten an den beiden Prinzipien der Un abhängigkeit der Nationalität und der Freiheit des Handels (Handelns?) berechtigt uns, zn erklären, daß, wenn unsere Flotten unverwundbar sind, sie keine Drohung über die Meere tragen, sondern di« Botschaft des herzlichsten guten Willens, der sich gründet auf den Glauben an die Inter essengemeinschaft zwischen den Nationen. politisches. Eine liberale Niederlage. Leider hat die gesimge Reichstagsnachwahl im Wahl kreise Müh Ihausen-Langensalza, die durch die Doppel wahl des Dr. Eickhoff iL Mühlhausen uud Lennep votwcnvig geworden war, mit einer Niederlage des liberalen Kandidaten geendet. Der bündlerisch-konservative Gutsbesitzer Arnstadt wurde mit 11 952 Stimmen gewählt, auf Eickhoffs frei sinnigen Ersatzkandidaten, den früheren Abgeordneten von Jerichow, Lehrer Merten fielen 5984, der Sozialdemokrat Grünwald erhielt 5539 Stimmen. Das ungünstige Resultat erklärt sich ziffernmäßig dadurch, daß Arn stadt 1411 Stimmen mehr erhielt als der sreikonser- vative von Zedlitz bei der Hauptwabl und daß auf den freisinnigen Kandidaten dieses Mal 133, auf den Sozial demokraten 477 Stimmen weniger sielen als am 25. Januar. Der liefere Grund für diesen den Liberalismus schädigenden Ausfall der Wahl liegt in den Streitigkeiten, die der Nach wahl vorauSgingen. In weiten Kreisen der Wählerschaft ist man darüber verstimmt, daß Prof. Eickhoff, der seit 1898 den Wahlkreis inne hatte, ihn bei seiner Doppelwahl zu Gunsten Lenneps aufgegeben hat. Dann erregte es Ver stimmung, weil die gemeinsame bürgerliche Kandidatur deS früheren Ministers Möller nicht gelang, gegen den sich plötz lich die Agrarier wandten. Endlich aber ist das Zentrum, das in dem Wahlkreis weitaus über 1500—2000 Stimmen verfügt, geschloffener als bei der Hauptwahl für den Konservativen eingetreten und schließlich haben leider auch die Nationalliberalen anstatt sich ihrer liberalen Pflicht zu erinnern, ihren Anhängern Stimmenthaltung empfohlen. Ihre Stellung im Wahlkampf hätte unzweifel haft an der Seite deS freisinnigen Kandidaten sein muffen. AuS all diesen Umständen erklärt sich die bedauerliche Nieder lage deS liberalen Kandidaten und der unverdiente Sieg deS Agrariers. * Tiengel. Zu den Gerüchten über den Rücktritt deS Freiherrn v. Stengel schreibt die „Tägl. Rundschau": „Das Dementi der „Nordd. Allg. Ztg." mag insofern zutreffen, als der Rücktritt nickt unmittelbar bcvorsteht. Andrerseits aber haben sich nach unserer Kenntnis die Dinge zwischen dem Staatssekretär und maßgebenden Parteiführern hin sichtlich der künftigen Bilanzierung des Reichshaushalls durch neue Stenern so erhebliche Meinungsverschiedenheiten heraus gestellt, daß Herr v. Stengel seine Rücktrittsabsicht im Lause de« Sommers ausjühren dürste, sofern ein Uebereinkommrn nicht erzielt wird. * Wistuba. Wie verlantet, beabsichtigt der durch die Kolonialskandale bekannt gewordene Beamte Wistuba, in ausländische Dienste zu treten. Die „Nationalztg." bemerkt dazu, daß er noch immer Gehalt beziehe, allerdings ohne beschäftigt zu werden. * Ersparnisse im Heeresetat. Der Reichskanzler hat in seiner Montagsrede Ersparnisse im Heere amgekünbigt. Man nimmt, wie «in Berliner Blatt wissen will, in parlamentvri- fchen Kreisen an, daß Ersparnisse m dem inneren Organis mus des Heereskörpers vorgesehen werden. Erst in den bei den letzten Jahren find Ersparnisse auf diesem Gebiet« in der Budgetkommission den Vertretern der Regierung gegen- über mit Erfolg durchgesetzt Norden. Es handelt sich dabei besonders um Verringerung der Wachtposten, Ehren posten usw., um Verminderung der Zahl der Burschen, und insbesondere auch der Dienstpserde; ferner dürften bei der in Aussicht genommenen allgemeinen organischen Einführung von Bekleidungsämtern noch weitere, nicht unerhebliche Er- sparniss« «rzi«lt werden können. * Ein nolwendiier Wahlverein7 Die Zentrumswähler SachsenS, deren Stimmenanzahl bei den letzten Wahlen im gesamten Königreich kaum einige Hundert ausmachte, wollen in Dresden einen Zentrum--Wahlverein für daS Königreich Sachsen gründen. Für de» 17. März sind Vie Vertreter sämtlicher Wahlkreise zu einer konstituieren den Verfammlung nach Dresden geladen. — Ueber den Zweck ^eS Wahlvereins sind sich die Gründer wahrscheinlich selbst zioch nicht im Kksreu.' . ! * Anarchisteuprvrctz- In dem gestern vor der 7. Straf kammer deS Berliner Landgerichts I verhandelten Anarchisten Prozeß wurden wegen Aufforderung zu strafbaren Handlungen und öffentlicher Anreizung zu Gewalttätigkeiten der Elektro techniker Sauter zu 1 Jahr, der Schuhmacher Sckeuf zu 3 Monaten Gefängnis unter Anrechnung von 2 Wochen Untersuchungshaft verurteilt. * . * Unfall -er englischen Marine. DaS Unterseeboot ö 2 ist in der Bucht von Sandown (Insel Wight) im Nebel auf Grund geraten. * Vatikanischer Protest. Das „Giornal d'Jtalia" be richtet, daß der Vatikan eine neue Protestnote in der An gelegenheit Montagnini an die Mächte richten wolle. * Ocsterreichischc Personalien. Wie das Amtsblatt meldet, ist der erste SektionSchef im Ministerium des Aeußern Märey von Kapos-Msre von diesem Posten enthoben und unter Verleihung deS Botschastertitels in den Status der diplomatischen Funktionäre übernommen. Der frühere Minister Baron Call ist zum ersten Sektionschef im Mini sterium des Aeußern ernannt. LegationSrat Graf Paul Esterhazy, Mitglied des Magnatenhauses, ist unter Verleihung der Geheimratswürbe zum SektionSchef im Ministerium deS Aeußern ernannt. Der Gesandte in Stuttgart, Freiherr von Pereira-Arnstein, ist unter Verleihung deS GroßkreuzrS des Franz Joseph-Ordens in den Ruhestand übernommen. An seine Stelle ist der bisherige SektionSchef im Ministerium des Aeußern von Callenberg getreten. * Eine fürstliche Verlobung. Nach einer Pariser Privat meldung würde die Verlobung des Herzogs Manuel von Beja, jüngeren Sohnes deS Königs von Portugal, mit einer deutschen Prinzessin bevorstehen. * Unfall eines dänischen Prinzen. Wie verlautet, ist Prinz Hans, der Onkel des Königs von Dänemark, während eines Besuches im Residenzpalais über einen Teppich gefallen und hat dabei ziemlich erhebliche Verletzungen erlitten. Es heißt, eine Rippe sei gebrochen. Der Prinz wurde sofort nach seinem Palais geschafft, wo er das Bett hütet. DaS Befinden des Prinzen Haus war abends besser. Es sind keine Komplikationen eingetreten, und der Prinz wird daher wahrscheinlich im Lause einiger Tage genesen sein. * Auslieferung eines russischen Flüchtlings. Der Bun desanwalt beantragte beim schweizer Bundesgericht in Zürich, den verhafteten 69jährigen Ruffen KilaschikiS, der einge standenermaßen au der Ermordung deS Direktors der Weichsel bahn Iwanow teilgenommen hat, an Rußland auSznliefern, da ein gemeines Verbrechen vorliege. * Jtztkar geräumt! Auf kaiserlichen Befehl haben heute die russischen Truppen Zizikar, das seit 1900 besetzt war, geräumt. Der Abschied der Garnison von der chinesischen Bevölkerung, den Behörden und den chinesischen Truppen trug einen sriedlicken, herzlichen Charakter. Der DsiandSjun veranstaltete ein Galadmer, trank hierbei auf die Gesundheit deS Kaisers von Rußland und drückte freundschaftliche Wünsche aus, worauf die Russen die Nationalhymne sagen. — Am 26. Februar hat eine gemeinschaftliche Parade der russischen und chinesischen Truppen unter den üblichen chinesischen Zeremonien stattgefunden. Während de» Ab- schiedSdinerS sprach der Kommandeur der russischen Garnison, Oberst Liuda, die Ueberzeugung auS, die Chinesen würden ebenso genau den Verpflichtungen deS Vertrages nachkommen, wie Rußland seinem Versprechen nachgekommen sei und die Provinz der chinesischen Regierung zurückgegeben habe. — Ja diesen Tagen wird der russische KriezSkommissar Zizikar verlassen und sich nach Chardin begeben; der japanische Konsul wird demnächst ankommen. — Rußland erfüllt treu sein Versprechen, nachdem es von Japan mit Waffengewalt dazu gezwungen ist. i * Belohnung. Der Eisenbabnoberkondukteur, der das Attentat auf den Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch vereitelte, wurde nach Zarskoje Selo berufen, wo ihm der Zar rin größeres Geldgeschenk machte und ihn beförderte. * Etsenbahnraub. Auf der Station Jgren wurde gestern ein von Sinelnikowo kommender Bahnzug beraubt. In der letzgenannten Station hatten 8 Personen den Zug bestiegen, die in Jgren von vier anderen erwartet wurden. Als der dortige Stationsvorsteher mit zwei Angestellten aus dem Bahngebäude kam, wurden Schüsse abgegeben, durch die der Stationsvorsteher und ein Angestellter getötet, der andere tödlich verwundet wurde. Gleichzeitig sielen im Zuge Schüsse, durch die drei Beamte verwundet wurden. Die Täter durch schnitten die Telegraphendrähte und fuhren auf der Lokomo tive davon. Nach amtlicher Angabe sind 50 000 Rubel geraubt. * Kleine Auslandsnachrichten. Auch ein serbisch-russi scher Handelsvertrag ist gestern unterzeichnet. — Der bul garischen Sobranje ist der Vertrag mit der Banque de Paris et de Pays Bas über den Abschluß einer 145 Millionen» Anleibe vorgelegt worden. — DaS Ministerium Botha ist endgültig konstituiert. — Zum Präsidenten der Republik Uruguay ist Dr. Claudi« Williman gewählt. Feuilleton. dlur in cker reinen Duft eigenen Denkens, eigenen Empfindens, eigenen Urteils atmet man den frischen »auch geistiger Selbständigkeit. von Das Uebergervicht der »eigungen entschuldigt den Menschen nicht, dap er nicht »err seiner selbst ist; er soll seine »rast gebrauchen lernen, dle in der Vernunft besteht. u«wmr. Lin bis rum 8tolr gehendes Lelbstdervuptsein, rvenn es recht gelenkt ist, kann ein sicheres Moral- prinrip werden. rvslz»genb»»graphle. Von Karl Friedrich Nowak. „Wer tvcr weiß, ob ich zu diesem Lebensbuche je Mut und Kraft finden werde. Wer weiß, ob mein Fuß nickt schon wenige Schritte weiter auf das Fallbrett treten wird, also daß ich ungebeichtet in das tintenschwarze Loch hinunter muß. Dafür soll dies gereimte Stammbuch meiner Mensch lichkeit gut sein, und so möge man cs gütigst verstehen und verzeihen." Und Herr von Wolzogen — der tapfere, ernst hafte Erzähler Ernst Freiherr von Wolzogen — läßt in munterster Laune, dann freilich wieder elegisch abgetönt, manchmal ironisch zugespitzt die vielen, flinken Verslein ousmarschieren, die hübsch gereimten „Verse zu meinem Leben"*), die das große Leoensbuck vorläufig ganz gut er sehen könnten. Kaum wird durch sie — trotz der hübschen Reime —- die deutsche Lyrik sich erlösen. Der Liebesklagen jugendzarte, weiche Weis« ward schon erkört und Herr von Wolzogen weiß so gut, wie wir, und merkt es auch selbst sich *) Ernst v. Wolzogen, ^erse zu meinem Leben." Der- lag von F. Fontane L To., Berlin. an, daß vor ihm, nach ihm der I daraus der müde Schläfer vom wundersüßen kleinen Lieder machte, noch manchen sentimen- talijchen Jüngling nächtlings zu ähnlicher, nur nicht ganz so echter Laute drängte. Und auch „Jolän", diese frühen Fragmente eines gar tragikschwangeren, bangen Romans »n stolzen, breiten, schönen Stanzen, dürsten ipäterem Ge schlecht so wenig unentbehrlich scheinen, wie „Jron und Isolde", die großartige, schnurrig« Rittcrmär, die „Butzcn- scheibendichterei", wenngleich darin ein Jagdkapitel ganz er götzlich klingt. Aber neben all den Versen werden wir dock) ganz gern — oder vielmehr: viel lieber als die Verse noch — die höchst originellen, kleinen Notizen lesen, die merk würdigen, knapp gefaßten, ulkig«n Glossen, die sehr auf richtig auf der Halbseite jedes zweiten oder dritten Blattes erzählen, wie es bislang d«m dichtenden Baron auf schnö dem Lebenspfad erging. .. . Dem dichtenden Baron. Dem Brettl-Baron. Dem Ueber-Baron. Es ist ein Spitzname. Wie anch Heroen ihn führen. Wie sie den großen Korsen" den „kleinen Kor poral" auch nannten, den vierzehnten Ludwig pompös den „Sonnenkönig", den zugeknöpften Moltke den „großen Schweiger", wie die kecken Pariser, wenn Bonapartes Enkel vorbeifuhr, der tapfere Admiral, der das schwere Treffen bei Algier gewann, indem er fehlte, amüsiert „Es lebe der Prinz Plon-Plon!" ausriefen. Spitznamen bringen Taten ein. Der Ueberbaron schuf das Ueberbrettl. Half einer frischen Idee zum Sieg und zehrte dran, wie Pyrrhus an dem Ruhm, daß er die Römer schlug. Und Wolzogen schleift sein Schicksal nach, das Bajazzogeschick, das vier Silben hat. „Die Erbschleicherinnen , die munteren, flotten Münchener Kinder, sind vergessen, das „dritte Geschlecht" scheint ver weht, nur das Viersilbenschicksal blieb. Es ist grotesk, ist tragisch, ist komisch, literarisch kann es mancherlei lehren, zeigt Publikum auch und Gesellschaft: „Als ich das Schlag wort vom Ueberbrettl erfand, unterschrieb ich mein Todes urteil; sintemalen der Ordnungssinn des deutschen Philisters begierig nach jeder Gelegenheit greift, alle Dinge seiner Un welt fein säuberlich und für die Ewigkeit zu etikettieren, rubrizieren, klassifizieren. Tas Wort „Ueberbrettl" ging allen Obren leicht ein. und der Gebildete vermocht« sich ohne weiteres das Richtige dabei zu denken: ein ironisches Spiel mit dem Niehscheschen Ideal erhöhten Menschentums, durch ein modernes Artistenrafsinement angew«ndet auf die leichte Kunst des Brettls. Ter Fehler war nur der, daß sie meine Sache durchaus mit dem Kabarett unter ein Dach bringen wollten, und daß sie nickt wußten, daß ich selbst ur bekannte große Schmerz, I sprünglich nichts anderes beabsichtigt hatte, als einen über- Montmartre einst die j wütigen Künstlerspaß, ein rasch verpuffendes Feuerwerk. — »Die Idee log aber iu der Luft, denn sobald ich mich in Ber ¬ lin niedergelassen hatte, trat allerlei junges Volk an mich heran mit der Bitte, die Führung dieser zeitgemäßen Be wegung zu übernehmen." Und Wolzogen übernahm sie und sing au, vor allem das nötige Geld zu beschaffen. „Für eine Sache, die noch von keinem gehört und gesehen ward, und die ich darum unmöglich trotz aller aufgewendeten Beredsamkeit klarmachen konnte, heischte ich finanzielle Unterstützung von Leuten, die beim bloßen Aussprcchen des Wortes Dichter vor Gekicher Speichelfluß bekamen! Und als dennoch durch den Eifer eines kunstbegeisterten Kaufmanns das allcrnot- wcndigste in kleinen Beträgen zusammensloß und die Riesen plakate mit dem grinsenden Pierrot an den Litfaßsäulen klebten — da wollte ich mich schier zu Tode schämen. Und diese Scham war es, an der ganz eigentlich die schöngemeinte Sache so bald zugrunde ging." Die Sache: nicht das An- denken. Hier wird der Vers, den Wolzogen sich ins Tage buch schreibt, recht bitter-ernst, Mißmut, Verbitterung, Trauer diktiert ihn, wie er von der Rückkehr zu altem, sonst reichlich und gut geglücktem Schaffen nach dem verfehlten Versuche spricht. Man hatte ihn als hübsche, niedlich« „Extravaganz" genommen, hatte sich ganz rechtschaffen der bunten, ganz geistreichen Wwcchfelung gefreut. Und sah am Ende durchaus nicht ein, w«shatb man des Vergnügens jetzt plötzlich wieder entbehren sollte. „Der allgemeine Jubel über den Conforencier im blauen Frack und grauen Hosen war stark genug gewesen, um den Roman- und KomÄsten- schrcib«r beinahe vergessen zu machen. Nun durfte ich aber beileibe nicht verlangen, daß man den blauen Frack und die graue Hofe wieder vergessen und mich als Poeten ernst nehmen sollte! Von da an konnte ich mich drehen und wen den, wie ich wollte, ich war und blieb der „Uebcrbrettl- baron". . . Man muß ein wenig über Wolzogens Grimm noch lächeln. Sicherlich wird man des „Poeten" sich wieder erinnern. Mer es ist wirklich ganz komisch-traurig, daß ein paar tüchtige Bücher so schnell vor glatten, grauen Pan- talonS verblassen. „Verse zu meinem Leben." Di« Ueberbrettlepisode, so schmerzhaft-wichtig sie dem Inspirator sei, füllt doch den Band nicht auS. Und es ist sehr wunderlich zu lesen, wie rechts die zierlichen, die heißen, die sehnsuchtsvollen Tertianerhymncn eilen, an „Sie" gerichtet, die an Mccklen- burgs Grenzen *— ein „Idol" — saß, indes wiHer links der kurze Bericht in Herder Prosa verlauft, der den Zusammen bruch späterer Eve vermeldet. Gki«en auS d«u Wander ¬ jahren sind dann in das Buch verstreut, Skizzen, die den Studenten in Straßburg zeigen, wo „die Zwangserziehung zum deutschen Charakter auf dem Wege der Alkoholvergif tung" ihn anwiderte, Skizzen aus Leipzig, wo Wagner, Gott fried Keller, Friedrich Vischer auf den Empfänglichen ein stürmten, schließlich aus Weimar, wo Charlotte Wolzogens Nachfabr geweihte Stätte betrat, wo Großhcrzog Karl Alexander den „Nepoten des Schillcrkrcises" freundlich aus nahm. Und Weimar nmr ein Idyll, das schließlich nur des- halb abbrach, „weil der Grvßlwrzog, so gut er es mit mir meinte, keinen Geheimratposten für mich übrig Hatje." In Berlin redigiert« Wolzogen darauf — Kindcrkalcnder. „Nichts lag mir damals serner, als Kinder. Sie interessier ten mich damals nicht im mindesten. Aber da ich die Kind lichkeit bezahlt bekam, so stellte ich in Gottes Namen mein Gehirn darauf ein und schrieb Märchen, Erzählungen, be lehrende Aussätze, gereimt und ungereimt." Und es folge» links — denn diesmal ist das Bekenntnis rechts — „für vier zehn Mark Proben" gereimter Art. Dann wird die Sturm- zeit der achtziger Jahre neu beschworen, Reifezeit auch für Wolzogen, Reste- oder doch Priiszeit. „Selbstverständlich ge- hörte ich auch allen freien Bühnen an und lernte in diesem Zusammenhänge den jungen Gerhart Hauptmann, der da- mals noch ganz seinem Loth in „Vor Sonnenaufgang" glich, Holz und Schlaf, Karl Blcibtrcu, Fritz Mauthner, Brakm, Schlenther, Hermann Bahr — kurz den ganzen, großen Heerbann merkwürdiger Menschen kennen, die sich damals die Jakobinermütze ausgesetzt hatten, um mit vereinter An strengung den Thespiskarren aus ein neues GleiS zu schie ben. Der Versuchung, meinen Pegasus gleichfalls der roten Fahne nachzuspornen, widerstand ich leicht in dem Bewußt sein, daß meinem gesunden Realismus die großen Töne des RevoluzerS ebenso schlecht zu Gesichte stehen würden, wie inciner bescheidenen Wohlerzogenheit die Allüren genialischer Ruppigkeit. Und trollte sich fort. Und abermals mitten in ein Idyll: auf Bornholm. Ironisch plaudert er s aus. „Ein derbes, keckes Mädel, die Tochter des Leuchtturmver- wes«rs, mußt« sich s gefallen lass««, daß meine Poetensehn- suckt sich an sie klammerte, obwohl ihre Mädchensebnsuchl schlecht dabei wegkam. Abcr mein Frcilustkind ^mit Fri- lwftbarnet", wie sie sich nannte, verstand sich reizend als Dichterliebchen zu inszenieren. . . . Sie traf «s später mit der Ehe nicht besser als ich. Ihr Gatte ließ sie in bitterster Not in Kopenhagen sitzen; aber sie raffte sich «mpor und besuchte mit gutem Erfolg — die Hebammenschul« daselbst. Mein holder Dichtertraum waltet wohl haute noch <uA -Jordmoder" erfolgreich seine» Amtet." Immer Widder
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