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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.03.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070302016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907030201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907030201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-02
- Monat1907-03
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Bezuqs-PreiS für Leipzig Lororle: I« v« Happt» SxpedÜiou od« deren Ausgabestellen ad- gehoU monatlich: Ausgabe (I mal täglich) 70 Pf., Ausgabe L .'2 mal täglich) 80 Pf, bei Zustellung ins Hau- Ausgabe 80 Pf, Ausgabe L 1 Mari. Durch naiere aus» ivärtigeu Ausgabestellen und durch die Post bezogen (I mal täglich)1nnerhaib Deutschlands monatlich 1 Mark au-schl. Bestellgebühren, für Oeslerreich-Ungarn b L 45 d vierteljährlich, die übrigen Länder laut Aeituagspreisliste. Diese Nummer kostet auf -4^ allen Bahnhöfen «ud bei III kl^V den Keitnngs»Verkäufern KV ^f* Pesattion und Erpedttia«. Johauuisgafle 8. Telephon Nr. 153, Str. 222. Nr. 1173. Berliner ckesaktions-Burean: Berlin 7, Prinz Louis Ferdinand» Straße 1. Telephon I, Nr. 9275. ' Morgen-Ausgabe 8 KipMer Tageblall Handelszeitung. Ämto blatt des Rates und des Rottzeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeiqe«.PreiS di« S gespaltene Petitzeile für Geschäfts» Inserat« ans Leipzig und Umgebung 2b Pf, Familien^ Wohnungs» n. Etrllen-Anzrigen, fowt« An» und Verkäufe 20 Ps, finauzlelle Anzeigru 80 Pf, für Inserate von auswärts 30 Pf. Reklamen 7b Pf, auswärts I Mark. Beilage- gebühr 4 Mark p. Lausend exkl. Postgebühr. Geschäftsanzeigen an bevorzugter Stell» im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. lsürJnserate vom Ausland« besonderer Tarif. An»etgeu.«nuahme: AuguftuSPlatz 8, bet sämtlichen Filialen u. allen Anuoacen- Expeditione» des In» und Auslandes. Für das Grichetnea an bestimmten Lagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Fest erteilt« Aufträg« können nicht zurück gezogen werden. Haupt-Ftltale Berlin. LarlDuncker,Herzgl.Bayr.Hofbuchhandlg, Lützowftratz« 10 (Tel. Vl. 4603). Filial-trrvestrtamTreatzen.Marienstr^. Nr. 61. Sonnabend 2. März 1907. 1VI. Jahrgang. »ar AicdNgrle vom Lage. * Der Kaiser empfing gestern eine Abordnung seines russischen Regiments Wyborg. (S. Dtschs. R.) * Wie die „Norddeutsche Allgemeine Zei tung" zuverlässig erfährt, ist die Nachricht der „Königs berger Allgemeinen Zeitung" über den angeblichen Rücktritt des Staatssekretärs des Reichsschadamtes, Frhr. v. Stengel, nicht richtig. * In der gestrigen ReichstagSsitzung sprachen vor allem Fürst Hatzfeld, Semler, Singer und durch diesen provoziert v. Liebert. Die Etatsberatung wurde noch nicht zu Ende geführt. (S. d. bes. Art. u. Parlaments- ber., 2. Beilage.) * Wie wir erfahren, ist es nicht unwahrscheinlich, daß die nationalliberale Partei zum Antrag wegen der Schiffahrtsabgaben zwei Redner stellen wird, und zwar werden wahrscheinlich Dr. Junck über die ver fassungsrechtliche und Dr. Stresemann über die wir t- schaftliche Seite- der Angelegenheit sprechen. * OberlandesgerichtSrat Roeren hat die von ihm nach gesuchte Entlassung auS dem Staatsdienst er halten. * Bei der heutigen ReichStagsersatzwahl im Wahlkreise Mühlhausen (Thür.) wurde der Konserva tive Arnstadt mit 11952 Stimmen gewählt. Der Freisinnige Merten erhielt 5984. der Sozialist Grünewald 5539 Stimmen. * Der ehemalige englische Botschafter in Wien, Mr. Plunkett, ist in Paris gestorben. * Der schweizerisch-serbische Handelsver trag ist in Belgrad unterzeichnet. * In Petersburg wurden 5 konstitutionelle Demokraten in die Duma gewählt, darunter der ehe malige Ackerbauminister Kuttler; außerdem ein Ar beite r p a r t e i l er. (S. Ausl.) * Gestern nachmittag gegen SL2 Uhr wurde im Grund st ück Sidonieustraße 51 ein Rauballfall an eurer 6b Jahr« alten Dame verübt. Der Täter ist entkommen. (S. Lpzg. Ang.) Um Lief. Der bekannte politische Schriftsteller Dr. Arthur Dix schreibt uns unter obiger Ueberschrift im Anschluß an einen von ihm früher veröffentlichten Artikel der „Nationallibe ralen Jugend", den wir s. Zt. erwähnt haben: ,Jm deutschen Parteileben Hut in jüngster Zeit eine merk bare und sehr beachtenswerte Umwandlung begonnen. Sucht man den Dingen auf den Grund zu gehen, so wird man eine den beteiligten Kreisen selbst bisher kaum bewußte Grund tendenz beobachten können, die dahin geht, zwischen den großen Hauptgruppen der bürgerlichen Parteien ein gewisses Gleichgewicht her-ustellen und auf dem geebneten Boden einer besseren Gleichberechtigung und eines ausgeglichenen Einflusses dieser Hauptgruppen den gemeinsamen Kamps gegen die Sozialdemokratie zu erleichtern und zu fördern. Die Herstellung eines solchen Gleichgewichts wurde bisher verhindert durch die tiefen Gegensätze innerhalb der libe ralen Parteien und durch den überragenden Einfluß des Zentrums; in beiden Beziehungen nun macht sich gleichzeitig eine Wandlung bemerkbar." So schrieb ich am 10. Mai in dem Organ des ReichS- verbandes der Nationalliberalen Jugend in einem Artikel über das „Gleichgewicht der Parteien", der davon ausging, >aß mit der gegen Klerikaldernokratie und Sozialdemokratie >urch Konservative und Liberale erfolgten Annahme des selbständigen Kolonialstaatssekretariats in -weiter Lesung «in Wendepunkt in unserer inneren Politik eingetreten sei. Ich suchte dann auszuführen, daß von dem Augenblick an, da die freisinnigen Volksparteien in militärischen, maritimen und kolonialen Fragen eine Schwenkung vollzogen, die alte Abwehrmehrheit des Zentrums unsicher geworden und der den konservativen Gruppen insgesamt in ziemlich gleicher Stärke gegenüberstehende liberale Block den liberalen Einfluß auf den Gang der Regierungsgeschäfte zu stärken vermöge, und fügte hinzu: „Die Regierung wird mit der Schwenkung der freisinnigen Volksparteien unabhängiger von dem Ein flüsse des Zentrums. Die bürgerlichen Parteien unterein ander stehen in bezug auf ihren praktisch-politischen Einfluß gleichwertiger da. Je vollständiger dieses Gleichgewicht her gestellt wird, je mehr der Alp des überragenden Zentrums einflusses weicht, umso besser kann sich das Verhältnis zwischen den großen bürgerlichen Parteigruppen gestalten, umso einiger können sie auch dastehen in der gemeinsamen Abwehr der Sozialdemokratie. Es leuchtet «in, daß beide Erschei nungen von hoher Bedeutung für unsere Politik werden können." Damals war noch die Annahme möglich, daß durch Spal tung deS Zentrums in kolonialpolitischen und ähnlichen An gelegenheiten auch ohne Reichstagsauflösung die angedeutete Herstellung deS Gleichgewichts der großen bürgerlichen Par teien erreicht werden könnte. Aber — eS fiel ein Reif in der FrühlingSnacht, die dritt« Beratung über daS Kolonial- staatSsekretariat brachte die Ablehnung. Diese Ablehnung glaubte ich indessen in der Nummer der erwähnten Monats schrift vom 10. Juni als einen „Pyrrhussieg" des Zentrums bezeichnen zu können, der durch auffallende Aehnlichkeiten in der Parteikonstellation an den Tag erinnerte, an dem die Zentrumsherrschaft im Reichstag ihren äußeren Glanz durch die plötzliche Umwandlung des Präsidiums er hielt. Die damals ausgesprochene Auffassung, daß man in diesem Moment versucht sei, hier an die Grenzen einer parlament-geschichtlichen Epoche zu denken, ist durch die spätere Entwicklung, zumal durch die Wahl be ¬ treuen Präsidiums, bestätigt worden, weiteren die folgenden Sätze: Gerade dadurch, daß dieser Sieg des Zentrums eine so j empfindliche Niederlage der Negierung bedeutet, wird er zu! einem Pyrrhussieg. Man muß auch noch hin-unehmen, daß zu derselben Zeit, in der Konservative und Nationallibsrale im Reichstag geschlossen dem Zentrum die Verantwortung überließen, dieselben Parteien im Abgeordnetenhouse end gültig ihren Frieden über den Abschluß des Schulunterhal- tungsgesetzes ohne das Zentrum machten. Falsch ist eS, wenn ultramontane Blätter deshalb von einer „Galvanisierung" deS alten Kartells reden; sicherlich bestand auf national liberaler Seite bei diesem zwiefachen Zusammengehen mit den beiden konservativen Parteien nicht die Absicht, das alte Kartell wieder zu beleben; vielmehr wird die Wieder anbahnung enger Beziehungen zu den Freisinnigen durch- aus im Auge behalten, allerdings nicht ohne das Ziel, später im Bedarfsfälle durch vereintes Schlagri der nroßen konser vativen Gruppe und der großen liberal-freisinnigen Gruppe der vereinten Klerikaldemokratie und Sozialdemokratie nicht wieder die Entscheidung über nationale Machtfraqen -ufallen zu lassen. In diesem Sinne werden die letzten kolonialpoli- tischen „Siege" des Zentrums fortwirken." Der Ausfall der NeichstagSwab'en hat in geradezu ver- 1 Küssender Weise bestätigt, daß die Zeit reif gewesen, das ver- I hängnisvolle Uebergewicht des Zentrums zu beseitigen und ein Gleichgewicht der großen bürgerlichen Parteien, bezw. Parteigruppen, herzustellen. Wenn man einen konservativen Block und einen liberalen Block -usammenfassen darf, so ist jeder dieser beiden Blocks im neuen Reichstag fast genau in derselben Stärke vertreten, wie da» Zentrum, und zwar in solcher Stärke, daß die Regierung in der glücklichen Lage ist. durch jede beliebige Kombination dieser drei Gruppen von Fall zu Fall ein« Mehrheit bilden zu können, während es in der Hand des Zentrums nicht mehr liegt, seinerseits durch daS Operieren mit verschiedenen Mehrheiten die Negierung im Schach zu halten und unter das kaudinische Joch zu zwingen. ES war einstweilen ganz unmöglich, und vom Standpunkt der Regierung auch gar nicht nötig, dem Wahl-! kämpf «in anderes Ziel zu setzen. Ihr konnte nicht daran lieg««, irgend eine andere Partei, welche es auch immer sei, so stark zu machen, baß sie an die ausschlaggebende Strlle d«S Zentrums rücken könnte; sie konnte nur danach streben, freie Hand bei der MehrheitsLiÜbung zu behalten und insbesondere für die nationalen Fragen eine solche Mehrheit zu schaffen, die ihr den Zwang zu fortwährendem Kuhhandel mit dem Zentrum nahm. Daß dieses Ziel erreicht ist, muß als großer Erfolg des Fürsten Bülow bezeichnet werden. Sache der Parteien selbst ist «s nun, die neu geschaffene Situation richtig zu verstehen und auszunutzen, Sache des Liberalismus insbesondere, sich mit Energie jene Gleichberechtigung im Parlament zu sichern, di« ihm wegen seiner Zersplitterung und geringen Stärke früher lange Zeit versagt war. Der liberale Block, so lange er nur als solcher zusammenhält, bat im neuen Reichstag gegenüber der Regierung nicht um einen Deut weniger Ein fluß, als der konservative Block oder das Zentrum. Er ist ein Faktor, der gemäß seiner ziffernmäßigen Stärke genau dieselbe Einwirkung auf den Gang der Regierungsgeschäfte beanspruchen darf, wie jede der beiden andern Gruppen. Es ist von wesentlichem Vorteil für ibn, daß die Beseitigung der Notwendigkeit, bei jeder Mehrheitsbildung mit dem Zentrum zu rechnen, die Regierung aus der Zwangslage befreit hat, die sogenannte „mittlere Linie" des Fürsten Bülow bisher immer weiter nach rechts abweichen zu lassen. Von dem Augenblick an, da die Verschiedenheit der Kom ponenten weggefallen ist, kann die Resultante eine Rich tung einnehmen, die begründeten liberalen Ansprüchen in er heblich stärkerem Maße gerecht wird. Die wichtigste Lehre aber, die der Ausgang Les Wahlkampfes den Liberalen deut lich demonstriert bat, ist die Mahnung zur Einigkeit; di« Mahnung, in nationalen Fragen geschlossen nicht zu versagen, in innerpolitischen Fragen geschlossen den liberalen Einfluß zur Geltung zu bringen. Ebenso deS I sich in den Wahlkampf noch mehr «inzmnischen gedenke. Er I 1 sparte sich aber die höchsten Töne für den R e ich sver- iband auf und posierte dann nicht übel als gekrankt« Un schuld, die sich den Ton des Reichskanzlers ihr gegenüber! ! verbitten müsse. Er erzielte «inen rechtlichen Erfolg in der Rolle eines AnstandSlehrers: „Singer spricht von ! schämen!" wurde ihm zugerufen. Das hinderte ihn aber nicht, di« Freunde deS Herrn v. Liebermann die Marv- > deure des Wahlkampfes zu nennen. Graf P ofa d o w s ky gab einige interessante Zahlen I über di« Zölle in Deutschland, England und Amerika und der I kon'ervative Abgeordnete Winkler sprach sich u. a. für l die Versicherung der Privatangestellten aus. Der Abgeorb- !n«te Eickhoff von! „ . _ . pro ckonao und wellte nicht «insehen, weshalb er sein Mandat I nicht auSüben solle, was noch zu persönlichen Bemerkungen zwischen ihm und dem Abgeordneten Spahn führte. Nnd , s schließlich sprach der Abgeordnete v. Liebert gegen Singer. Seine -um Teil recht geschickten Ausführungen zugunsten deS Neichsverbandes litten jedoch am Schluß durch eine gewisse Verstiegenheit im Ton und eine im Parlament nur selten angebrachten Pathetik Auch soll sich ein Politiker immer hüten, zu prophezeien, dieweil eS eben häufig anders kommt! Hur Oem Heictzrtag. (Telegraphischer Bericht.) Die Etatberatung deS Reichstages am Freitag, die bei erheblich verminderter Frequenz stattfand, gravitierte nach drei Punkten: die Stellung der Rechten in der neuen Mehr heit, die Semlersche Abwehr gegenüber dem Zentrum und die Verteidigung des Reichsverbandes durch General v. Liebert. Eröffnet wurd« die Sitzung mit einer Er klärung vom wenig besetzten BundeSrvtStisch aus. Konter admiral Capelle bestritt, daß Marinesoldatrn und Kanzleidiener vom Reichsmarineamt zum Flottenverein kom mandiert worden seien. Dann kam da- von unS amgekündigte DeSavouS des reichsparteilichen Abgeordneten v. Gamp durch dessen Fraktionsgenossen Fürsten v. Hatzfeld, den früheren Oberpräsidenten von Schlesien, der mit bemerkens wertem Freimut an die Dinge herantrat. Er hatte nichts gegen eine Börsenreform, die er sogar als nötig bezeichnete, bedauerte, daß Herr Gamp von einem Zusammengehen mit dem Zentrum gesprochen habe und fordert« zum Ausgleich der Gegensätze unter den nationalen Parteien auf. Di« Red« machte einen sehr guten Eindruck auf der Linken. Der natio- rralliberale Abgeordnete Seml«r wehrte darauf die An griffe GröeberS auf die Nationalliberalen ab. Hervorzuheben »st die Konstatierung, daß di« Nationalliberalen kein«n Kulturkampf bei den Wählen gewollt haben und daß die be kannte Interpellation Bassevmann wagen de» „persönlichen Regiment»" nicht mit dem Reichskanzler vereinbart ge wesen ist. Herr Singer, der folgende Redner, war mit den Er- l folgen der Wahl für die Sozialdemokvatie ganz zu- I frieden und erschrak in tiefster Seele, daß die Regierung veutsArs Kricv. Letpzt«. 2. Marz. * Der Kaiser empfing gestern eine Deputation seine russischen Regiment- Wyborg mit dem früheren Komman danten, Generalmajor SajoutschkowSki, und dem jetzigen Kommandeur, Oberst Pojerzowow, an der Spitze, um aus ibren Händen rin Gemälde entgegenzunehmen, auf dem da- Regiment während der Schlacht bei Sikwantung dargestelll ist. Der Deputation gehört auch Professor Roubeaux an. Offiziere de- Alexander-Regimentes sind den Russen zu Be gleitern beigegeben. * Der Arbeitsplan -es Reichstages hat sich abermals geändert. Der Seniorenkonvent beschloß, die Etatsberatung in erster Lesung erst am Montag oder Dienstag ru Ende zu führen, dann sollen die NachtragSetatS sür «üv- westasrika ohne KommisstonSberatung im Plettum erledigt werden, hierauf folgen die Interpellationen. Der Beginn der Sitzungen ist für beute, Sonnabend, auf 11 Uhr und für Montag auf 2 Uhr festgesetzt. * Parlamentarische Nachrichten. Die Nationallibe ralen bringen einen Antrag Sieg-Dr. Stresemann-Wehlen auf Herabsetzung der InlandSverbrauchSabgabe auf Zucker von 14 auf 8 rin. — Die Abgg. Dr. Bail ermann und Dr. Stresem ann haben einen Antrag auf Abänverung deS tz 63 deS Handelsgesetzbuch- eingebracht. Es handelt sich um die Fortzahlung deS Gehalts an die Handlung-- streurren uncl Sie beicbrgesetrgebung. In einem „Wider di« Schiffahrtsabaaben" betitelten I Artikel ist vor einigen Wochen in unserer Zeitung auSaeführt I worden, wie die preußische Regierung damit umgeht, auf Grund des 3 19 des preußischen WasserstraßengesetzeS vom 1. April 1905 Schiffahrtsabaaben auf der Elbe und dem Rheine einzuführen, ohne Anstalten zu treffen, eine Aenderung des Art. 54 Äbs. 4 der Reichsverfassung, der der Einführung von Schifsirhrtsabgaben auf allen natürlichen Wasserstraßen entgegensteht, Herdeizuftrhren, und daß si« sich dadurch in Widerspruch mit der Reichsgesetzgebung setzt. Wenigstens geht die herrschende Meinung, die von den Staatsrechtslehrern, mit Laband in Straßburg und Mayer in Leipzig an der Spitze, vertreten wird, und der sich auch die Vertreter der sächsstchen Regierung, in einer am 18. Januar in Dresden abgcha-ltenen Verstümmlung vor? Inter essenten der Elbschiffahrt, angeschlossen haben, dahin, daß der I 8 19 des preußischen Wasseritraßengesetzes nur dann durch geführt werden kann, wenn Art. 54 Äbs. 4 der Reichsver- lassung aufgehoben oder geändert wird. Ein »weiter Fall, bei dem die preußische Regierung «ine Gesetzesbestimmung, die sich mit der Reichsgesetzgebung nicht vereinbaren läßt, sanktioniert hat und, gestützt auf sie, in Rechtsverhältnisse eingreift, di« ausdrücklich durch Reichs gesetze geregelt sind, ist durch 8 6 Nr. 2 des preußischen Kreis- und Provinzialaboadengesetzcs vom 23. April 1906 gegeben. Durch diese Bestimmung wird näm- lich den Kreistagen — und den ihnen verwaltungsrechtlich gleicbitehenden Städtgemeindcn — die Befugnis eingeräumr, mittels Erlasses von Stcuerordnungen indirekte Steuern auf die Erlangung der Erlaubnis -um ständigen Betriebe der Gastwirtschaft, Schankwirtschaft oder des Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus zu legen. Obwohl es zunächst den einzelnen Gewerbetreibenden, die durch eine auf Grund des 8 6 Nr. 2 des genannten Gesetzes von der zuständigen Kreisvertretung oder Stadtverwaltung eingeführte Steuerordnung zur Konzessionssteuer herange zogen werden, obliegt, die Steuerordnung im VerwaltungS- streitverfabren als rechtsungültig anzufechten, hat es der Zentralverband deutscher Kaufleute und Gewerbetreibender (mit dem Sitze in Leipzig) zu nächst im Interesse einer großen Anzahl ihm als Mitglieder angehöriger preußischer Spirituojenkleinhändler und ein Schankgowerbe betreibender Nahrungsmittelhändler für seine Pflicht gehalten, bei dem preußischen Ministerium des Innern «egen die Schankkonzessionssteuer vorstellig zu wer den. Er hat gebeten, „gesetzgeberische Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, die die Integrität eines Reichsgesetzes, wie insbesondere der Reichs-Gewerbeordnung, gegen überder An- wendungdes 8 6 Nr. 2des preußischen Kreis- undProvinzialabyabenaesetzesvom 23. April 1906 zu wahrenge eignet sind, und bis auf weiteres allen von Landkreisen und Stadtgemeinden beschlossenen Steuerordnungen, durch die ine Konzessionssteuer «ingeführt werden soll, die Genehmigung zu versagen." Um unseren Lesern darzutun, inwiefern die genannte I Bestimmung des preußischen Kreis- und Provinzialabgaben- l gesetzes gegen di« Reichsgesetzgebung verstößt, sei es uns ge- I stattet, auf den zweiten Teil der Begründung zu der «rwähn- I ten Eingabe des Zentralverbandes einzugehen, der sich auf l «in im Auftrage des Reichsverbandes deutscher GastwirtS- I verbände vom Syndikus des deutschen Gastwirtsverbandes I Justizrat Wreschner ausgearbeitetes, sehr eingehendes jurist»- I stheS Gutachten stützt. In diesem Gutachten kommt der I Justizrat zu der Ansicht, daß die Frage, ob gegen die Gültig- I reit der Konzessionssteuer «chtliche Bedenken geltend zu I machen sind, zu bejahen ist. In der Eingabe heißt es I sodann: „Wie Justizrat Wreschner zunächst auSführt, ergibt sich I daraus, daß den Kreisen bez. den Gemeinden gestattet ist, I eine Stauer «IS Gegenleistung für di« Erlangung einer Kon- I zession zu fordern, die Tatsache, daß-die Zahlung der Steuer I ,n Wechselbeziehungen zu der Erlangung der Konzession steht. I Es weide zwar — sagt «r — di« Erteilung der Konzession I nicht ausdrücklich von der Zahlung der Steuer abhängig ge- I macht, eSsei aber wirtschaftlich wie in bezug auf die Frage I nach den Wechselbeziehungen zwischen der KonzessionSerterlung l und der Steuer auch rechtlich gleichbedeutend, ob durch die ! theoretisch bedingungslose Erteilung der Konzession die ge- I setzliche Voraussetzung für das Recht der zwangsweisen Ein- I ziehuno einer Abgabe geschaffen, oder ob die Erteilung der I Konzession von der vorherigen freiwilligen, nicht erzwina- I baren Zahlung deS SteuerbetroaeS abhängig gemacht wirb. I In beiden Fällen sei der Tatbestand aeawen, daß mit der ! ErlamMng der Konzession di« Verpflichtung zur Zahlung ! einer Steuerabaebe gesetzlich verknüpft ist, daß also die Frei- ! heil deS KonzeffionSerwerbeS durch ein« auch bei der nach- I tragischen Erhebung vorhandene wirtschaftliche Belastung deS I Erwerbers beschränkt wird. Ein« solche Beschränkung ver- I stoß« aber zunächst — allgemein — gegen daS in 8 1 der * ReichS-Gaoerbeordn"ng zum Ausdrucke gerächte Prinzip der Gewerbefreiheit. Die Bestimmung dieses Paragraphen kennzeichne sich nach der von der Rechtsprechung wie ver Praxis anerkannten Ansicht Labands (Deutsches StaatSrecht, 2. Aufl., Bd. H, S. 201, Amu. 1) .als dve Negation gesetz licher Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit in bezug auf die gewerbliche Tätigkeit". Di« praktische Bedeu tung des 8 1 RGO. in Verbindung mit dem Inhalte des Artikels 2 der Verfassung des Deutschen Reiches (daß die Reichsgesetze den Landesgefetzen Vorgehen) liege darin, daß nicht nur alle bisher bestehenden landeSoefetzlichen und ae- wohnheitsrechklicken Beschränkungen der Zulassung zum Ge werbebetriebe ausgchoben worden sind, sondern daß auch den Einzelstoaten die Befugnis t-ogen worden ist, durch auto- .. nome Aenderungen solche Beschränkungen einzufuhren, soweit irivatangestellten aus. Der Abgeord- nicht die RGO. selbst dies ausdrücklich als zulässig erklärt, der Freisinnigen VolkSpartei sprach Durch 8.6 Nr. 2 des Kreis- und Provinzialabgabengesetzes ' sei aber in der Tat eme Beschränkung der allgemeinen Harch- lungsfreiheit in bezug aus die Betätigung de- Schankge werbes, nämlich eine Beschränkung der Zulassung zur schank gewerblichen Tätiockeit Mm Gesetz« erhoben worden. In erhöhtem Maße widerspricht, wie Justizrat Wreschner weiter darlegt, die Einführung einer Konzessionssteuer der ausdrücklichen Bestimmung ' es 8 7 Äbs. 1 Nr. 8 der Reichs- Gewerbeordnung. Dort heißt «8: „Vom 1. Januar 1873 ab sind austzehoben 6. vorbehaltlich der an den Staat und die Gemeinde zu entrichtenden Gewerbesteuern, albe Ab gaben, welche für den Betrieb eine- Gewerbes entrichtet wer den, sowie dl« Berechtigung, dergleichen Abgaben aus^u- erlegen." Di« KonzessionSstauer gehöre nicht zu den von der angezogenen Bestimmung uSgeuommenen Gewerbesteuern, deren charakteristische Merkmale im Sinne deS Gewerbe- steuergesetzeS 1. die regelmäßig zeitliche Wiederkehr der Ab gabe bis zur Beendigung der Gewerbetätigkeit und 2. die Abhängigkeit der Steuer von dem Ertrage eines Gewerbes seien, sondern sie stelle eine einmalige Abgabe dar und fei auch ganz unabhängig sowohl von der Ausübung und der Dauer der schankgewerblichen Tätigkeit al» auch von deren Ertrage. Dieses juristische Gutachten gewinnt durch einige Erkennt- nisse des Reichsgerichts an Wert und Bedeutung. Bei der Entscheidung eines Streitfalles ist der oberste Gerichtshof zu folgender Feststellung gelangt: AuS dem durchgebildeten Prinzips der Gewerbefreiheit geht hervor, daß, abgesehen von den staatlichen und kommunalen Gewerbesteuern, keine andere Abgabe für daS Gewerbe bestehen bleiben soll. In einem anderen Erkenntnisse führt daS Reichsgericht auS, daß durch 8 7. Äbs. 1 Nr. 6 R. G. O. diejenigen AÄaben <ms- geboben seien, die für die Gestattung eines Gewerbebetriebes gefordert werden." ES dürfte gewiß unsere Leser interessieren, daß «in dem genannten Zentralverband angeschlossener Landesverband, der vor ginem werden." Es dürste gewiß unsere Leser interessieren, daß ei» dem ^Verband Sächsischer . . ... Jahre in einer Eingabe die sächsische StaatSroaierung ge beten hat, sie möge im Bundesrate für die Erhaltung der bestehenden, durch Reichsverfassung und Staatsverträge ge währleistete Abgab e n fr« i h« i t des Elbstromes eintreten. In der Begründung der Eingabe wurden di« Rücksichten auf die sächsische Volkswirtschaft, die in ihren wichtigsten Zweigen durch Erhebung von Schlfftchrtsabgaiben geschädigt würde, ins Treffen geführt. Wenn schließlich der Verband auf die politische Seite der von dem preußischen Nachbarstaate geplanten Einführung von Schiffahrtsabgaoen hinwies, „mit deren Hilfe die preußischen Staatsbahnen im Wettbewerbe mit der Binnenschiffahrt möglichst gestärkt und gleichzeitig die Einfuhr ausländischer Erzeugnisse auf den Wasserstraßen erschwert werden soll, so machte er damit lediglich von einem Rechte seiner Mitglieder als Staats bürger Gebrauch, denen es nicht gleichgültig sein dürfte, daß die von dem Altreichskanz- lerFürsten Bismarck mitweiserUmsichtallc- zeit gehütete Reichsverfassung ohne zwin gende Gründe geändert werden soll«.", „Der Verband befürchtet zwar nicht ernstlich," so schloß die Ein gabe, „daß die Königl. sächs. Staatsregieruna ihre Herren Bundesratsbevollinächtigten im Sinne einer Zustimmung zu einem auf Einführung von Schiffahrtsabgaben gerichteten Anträge der König!, preuß. Regierung im Bundesrat an weisen werde, er glaubt aber,, es werde der Landesregierung nicht unwillkommen sein, bei der Begründung ihrer ablehnen den Haltung im Bundesrate hinter sich auch das ansehnliche Kontingent oes kaufmännischen Mittelstandes M wissen." Nachdem die zunächst interessierten Kreise in beiden Fällen das ihrige getan haben, um «egen Bestrebungen und gesetzgeberische Maßnahmen der preußischen Regierung, die mit ver Reichsgesetzgebung .icht vereinbar und, zu pro- testieren, verlangt es auch das politische Interesse aller beut- schen Staatsbürger, daß di« gesetzgebenden Faktoren des Reiches, Bundesrat und Reichstag, sich mit diesem Verhalten ! Preußens beschäftigen. „Viäennt covsulss, ns guiä reo publica äetrimentl cspiut!"
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