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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.03.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070311015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907031101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907031101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-11
- Monat1907-03
- Jahr1907
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3. Beilaar Routag, 11. «Sr, 1W7. Leipziger Tageblatt. Nr. 70. 101. Jahrgang. ver viiarcduitrer von Aeiwnrg. 30j Roma» vo» Trust Eckstein. Die-runddreißigsteS Kapitel. Elsbeth fand weder den Vater noch den Bruder da heim. Der Vater war in den großen Kellereien bescl-äf- trgt; der kleine Wolfgang handhabt« in der Nähe des Fallblocks den Stuhlschlitten. Elsbeth nahm die Abwesenheit der beiden für eine glückliche Vorbedeutung. So konnte niemand sie aus- svagen, wenn sie jetzt ihre Vorbereitungen traf, -bei dem gräflichen Herrn vorzusprechen. Sie war überhaupt seit ihrem Zwiegespräch mit dein Bildschnitzer von einer wun- derbareu Hoffnungsfreude beseelt. Je länger sie drüber nachdachte, -um so mehr wuchs ihre Zuversicht, daß Graf Urach sie gnädig empfangen würde. War sie nicht von klein auf sein Liebling gewesen? Hatte er sie nicht hundertmal auf den Knien geschaukelt, mit ihr gespielt und getollt und sie lesen und schreiben gelehrt? Später natürlich, als sie heranwuchs, schränkte sich dieser Ver kehr ein. Immer jedoch hatte der Graf ihr Gedeihen mit herzlicher Freude verfolgt und ihr bei jeder Gelegenheit ein gütiges Wort gesagt. Er hatte sogar erlaubt, daß ihr der Kantor der Burgkirche Musik- und Gesangs unterricht erteilte, was in den Augen der Unfreien eine Bevorzugung ersten Ranges war. Nein, Graf Urach würde nicht unhokd -dreinschauen, wenn sie — zum ersten Male in ihrem Leben — von dem hohen Herrn eine Gunst erbot. . . . Sie trat in ihr Kämmerlein, schob den Riegel vor und begann vor dem eirunden Spiegel ihr Haar zu strählen. Die goldblonde Fülle, die nur mühsam zu bändigen war, umwallte ihr die entblößten Schultern wie ein leuchtender Krönungsmantel. Sic flocht mit leise bebenden Fingern zwei üppige Zöpfe, die sie kunst voll mit einem hellblauen Band durchwob und dann breit um den Kopf legte. Diese eigenartige, damals noch seltene Haartracht verlieh ihr bei aller Kindlichkeit Vor nehmes, Reiches und überaus Kraftvolles. Hiernach holte sie ihr bestes Gewand aus der Truhe, ein zartes, lichtblaues Weilburger Wollgswebe, das ihr besonders gut zu Gesicht stand, und legte sich eine Gold kette mit glattem Kreuz um. Ihr Gesicht glühte vor Eifer und Freudigkeit, wäh rend die Arme, die sie bis an den Ellbogen freitrug, und der schöngerundete Hals in rosigem Weiß strahlten, so daß sie jetzt beim Heraustreten in den Burghof wirklich einer lebendigen Blume glich. Trotz der Novembcrkälte legte sie kein Tuch über die «schultern. Im gräflichen Vorgemach trcfl, sie den Leibdiener Dbeobald, durch den sie bei dem erlauchten Herrn um gnädigen Vorlaß bat. Nach zwei Minuten brachte der Leibdianer den Bescheid, Graf Urach von Schöffburg werde sich freuen, das liebe Braumeisterstöcherlein bei sich zu sahen. Elsbeth fühlte, wie ihr das Blut heiß in die Schläfe stieg. Ihr Herz klopfte. Wenn der Graf Mußestunden. das wirklich gesagt hatte, so bewies es eine vortreffliche, ihren Absichten ungemein günstige Laune. Also frisch auf! Theobald öffnete. Mutig, wenn auch gesenkten Blicks, überschritt sie die Schwelle. In dem Erkergemach mit den flamm rot getigerten Lehnstühlen traf sie außer dem Grafen noch drei Per sonen : Frau Irmgard, Fräulein Martina und den Pfar rer von Alten-Soldeck, dessen mildes, vornehmes Antlitz von einer seltsamen Glut überhaucht war. Elsbeth Neßmüller kam just in -dem Augenblick, da Pastor Reinmar seine beredeten Erörterungen über die Strömungen des Jahrhunderts beendigt hatte. Er war der ausführliche Dolmetscher alles dessen gewesen, was der Freifrau letzthin bei ihrem Frühbesuch vorgeschwebt hatte. Graf Urach von Schöffburg besaß ein grundehrliches Herz. So war er denn unter dem Ansturm des ehr würdigen Geistlichen mehr und mehr von seinem Stand punkt zurückg-ewichen, zumal seine Auffassung nicht so wohl in der reinen Erkenntnis -als im Instinkt wurzelte. Dinge, wie sic ihn, jetzt der freimütige Reinmar ent wickelte, hatte er sich in gewissen Momenten selbst schon gesagt, aber sie immer wieder auf Grund seiner adligen Traditionen zurückgewiesen. Besonders nachhaltig wirkte der Scharfsinn, mit dem ihn der Pfarrer von der Ztveck- inäßigkeit einer umfassenden Milde zu überzeugen ge wußt. Was nicht mit Feuer und Stahl zu vertilgen ist, das weicht oft wie im Spiel -einem versöhnlichen, Herz- bewegenden Wort. Strenge rind Grausamkeit würden die Kluft zwischen Bauer und Edelmann nur bis zur Unerträglichkeit aufwühlen. Schien vielleicht auch die vollständige Freigebung der Bauern noch etwas verfrüht, so lvar es doch sicher geboten, die Greuel des Kriegs durch eil, kluges Entgegenkommen so bald als möglich ver gessen zu machen. Kurz, Herr Reinmar hatte dem Grafen die Verkündung einer Generalamnestie -empfoh len, von der nur diejenigen auszuschließen wären, die sich einer gemeinen, über den Kriegsbrauch hinausragen den Missetat schuldig gemacht. Wie sie ihren getreuen Seelsorger und Lehrer so mahnen und ivarnen hörte, einem Ssher vergleichbar, der eine neue Welt des Empfindens und Denkens auf schließt, da ward auch Fräulein Martina vor, ihrer dumpf-lasteuden Starrheit erlöst. In ihrer Brust regte sich plötzlich die lang zurückgedrängte himmlische Güte, ein Hauch jener unendlichen Großherzigkeit, die den Heiland am Kreuz noch für seine Feinde beten ließ. Sie vergoß reichliche Tränen und schmiegte sich demütig au ihren künftigen Eheherrn, der ihr jetzt in seiner Abkehr von den eisernen Grundsätzen früherer Zeitläufte noch hehrer und glorreicher erschien, als im Lorbeer des Siegers. In diesem -erhebenden Augenblick also trat Elsbeth Neßmüller in das Gemach, glutüberströmt und gleich danach wieder leichenblaß vor tiefster Erregung. Sie blieb hart am Eingänge stehen, senkte den Blick unver wandt auf den Fußboden und bewegte die Lippsn wie sine, die vergeblich nach Worten ringt. Graf Urach jadoch und Fräulein Martina ahnte» schon, was sie wollte. Elsbeths Verhalten beim Eintreffen des gefangenen Michael Huinbrächt war den beide» nicht unbekannt. Auch über den ersten Besuch Idos Bild- schnitzers auf der Schöffburg hatte der Vater Elsbeths eingehend berichtet. Noch früher als ihr Verlobter hatte Martina mit der Feinfühligkeit des Frauenherzens alles durchschaut und sich die heimlich gesponnenen Fäden zurechtgelogt. Jetzt unter dem Lichtstrahl ihrer neuen Erkenntnis sah sie in Michael Humbracht weit mehr das Opfer des Heidenturms als den Besiger der Adels- truppen, weit mehr den Schutzgeist, der damals der blu tigen Tollheit Lips Jechners gewehrt hatte, als den schreckhaften Aufrührer. Schon war sie entschlossen, der zitternden Elsbeth Neßmüller zu Hilfe zu eflen und -en gräflichen Bräutigam so lang« zu bestürmen, bis er das liebenden Mädchen all ihrer Herzensbädrängnis end gültig übcrhöbe . . . Aber es zeigte sich jetzt, daß ihr Eingriff unnötig war. Graf Urach von Schöffburg empfing das goldblonde Braumeisterstöchterlein wie ein gütiger Vater, der den Wunsch seines Kindes erfüllt, noch ah' er gesprochen ist. „Herr!" stammelte Elsbeth nach langem Schweigen, „ich komme, weil es -mich drängt, für einen Unglück lichen . . ." Da fiel Graf Urach dem angstbeklommenen Mädchen rasch in die Rede und hieß sie freundlich herantreten. „Sei du getrost!" fuhr er dann mit ungewöhnlicher Weichheit fort. „Ich dürste nicht nach dem Blut der Be siegten. Ich weiß vielmehr, daß der Heiland kaum ein größeres Wort hinterlassen hat, als Las hehre Gebet: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schüldigern. Du kannst deinem Schützling verkünden, daß sein Laben nicht fürder bedroht ist. Was -aber mit ihm geschehen soll, darüber will ich noch ernstlich mit mir zu Rat gehen, — nicht unter Beihilfe eines Richters oder gar eines Krisgsmannes, sondern hier des ehrwürdigen Priesters." Martina von Soldeck leate ihrem Verlobten die Han aus die Schulter und küßte ihm fast ehrerbietig die Stirn. Frau Irmgard, -deren krankhafte Aufregung noch immer nicht ganz verschwunden war, murmelte un ausgesetzt halblaute Gebete. Doch malte sich in ihrem hohläugigen Blick, der bis dahin so unstet und wirr ge wesen, ein leises Vorgefühl innerer Abwiegelung. Elsbeth Neßmüller stand vor dem Lehnstuhl des Grafen wie in Purpur getaucht. Zuerst war sie über die Maßen erstaunt. Woher wußte der Graf, noch oh' sie den Adamen genannt, daß sie für Michael Humbracht zu bitten kam? Dann aber begriff sie, daß ihr Geheim nis geoffenbart war. Einen Moment laug regte sich in ihr der Wunsch, vor der erlauchten Gesellschaft hier stracks in den Boden zu sinken. Aber das unbeschreibliche Glück ließ sie bald über die kleine Mißstimmung hinauskom men. Tas war jetzt alles so gleichgültig neben der großen, herrlichen Wahrheit, daß Michael Humbracht gerettet war. Und plötzlich stürzte sie in die Knie, haschte die Hand Les Grafen und bedeckte sie im Heber- schwang ihrer unendlichen Dankbarkeit mit glühenden Küssen. Fünfunddreißig st es Kapitel. Der Urteilsspruch des Grafen von Schöffburg über den Bildschnitzer lautete auf zwei Jahre Verbau nun-. Während Lieser zwei Jahre sollte es dem Manne ver wehrt sein, das Gebiet der Stadt Weilburg, sowie das Territorium des Grafen auch nur stundenlang zu bc- treten — bei Gefahr alsbaldiger Festnahme. Hingegen wurde ihnr nachdrücklich aufgegsben, bis zum Ablauf gedachter Frist bei dem hochberühmten Meister Tholc- nius, dem Hofbildschnitzer Joachims des Ersten von Brandenburg, seine Berufstätigkeit fortzusetzen und sich jegliche Kunstfertigkeit anzueignen, die er dort füglich ablauschen könne. Auch mit den übrigen Anführern und Hauptstützen des Bauernaufftandes verfuhr Graf Urach außerordent lich glmipflich. Er hielt sie mit Rücksicht auf die leicht verletzte Empfindlichkeit seiner Standesgenossen -etwa ein Jahr lang in erträglicher Hajt unid entließ sie dann, ohne sie in der Wahl ihres Aufenthalts zu beschränken. Dio überwiegende Mehrzahl der Bauern gab er schon nach Verlauf etlicher Wochen, frei, nachdem er ihnen Lurch den beredten Mund des Pfarrers Reinmar dring lich in -das Gewissen geredet. Der geistliche Herr, der jetzt nach >dom plötzlichen Tod des alten Buvgpnodigers von Graf Urach in aller Form angestellt war, übte einen merkwürdigen Einfluß auf die Rebellen. Aus ihren Ge mütern schwand die Bitternis und die Trostlosigkeit. Viele von ihnen baten um die Erlaubnis, sich auf Schaff- burgischem Gebiet ansiedeln zu dürfen, was Grat Uracb wenn auch zögernd, erlaubte. Andere wandten sich nach Pommern und Dänemark. Nur fünf oder sechs der bös artigsten Missetäter wurden vom Schöffburg-Richter zum Tode verurteilt, aber sofort zu mehrjährigem Kerker be gnadigt. Ruhe und Ordnung waren inzwischen überall im Ge- biete Les Deutschen Reichs wiederhergestellt. Weitaus in den meisten Territorien hatte der Bauer mehr ein gebüßt als gewonnen. Nur soweit sich der Einfluß Les Grafen Urach und seiner vier oder fünf Gssinnungs- genossen erstreckte, war etwas von dem Ausdämmiern einer Epoche zu spüren, deren volles Licht erst noch Jahrhunderten anbrechen sollte. Kurz vor Weihnachten fand auf der Schöffburg tn aller Stille die Vermählung Les Grafen Urach mit dem Freifräulein Martina von Soldcck statt. Herr Reinmar hielt bei der Trauung Les glücklichen Paares eine her- vorragendc Predigt. Er verstand cs, gar hinreißende Worte über den Geist der Zukunft uckL die nieder geworfene Rebellion in seine Rede miteinznflechten. Be sonders nachdrücklich hob er hervor, daß der wahrhafte Christ in der Beurteilung andrer zwiefach der Vorsicht ÄMrllaM, ÄMLZ Ä-. UMKen- u. N1-8M, VeiMlleli-Aolke, lleelre» u. «riiietl. Vorkanx 8toLkv. IntmsANte iWieb-lieubeiteli. IWeMk Ül>e»8- u. I.invlellm-flui'- u. 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