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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.03.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070313026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907031302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907031302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-13
- Monat1907-03
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Nr. 72 moa«tttchi MemmSILl. «estellgevührrn, für Oeslerretch-llngarn b L 4Ü k vierteliährUch, di« übrige, Lio bei lo»1 fteirnngSpreiStift». M«s« Raaua«» kostM «t » Sk k all», Bahohvse» «d btt II» ^1 v«, Kettung». Verl-etter» KV f A«»aM»u »»» «Lpr-MH»: Jahaantsgaff« !L r,lerh«m R». ILS^ »a, R» U»L B«nlt»e» R»p»M»»»«V»r««»t V«Ua 7, Vein, ««« s«bvuo». Straß« 1. »ckpho, l, «r. «rr. fßr Leipzig »ad «»rotte: Ja ver Hany». Eipedttioa oder den» Ansgabestellen ab- gehoU monatlich: LaSaatz« Sl ll »al täglich) 70 Ps., «oSgabe S (/««> «glich) SO U. bei fiuftttlaa« t,ä Ha-S »«»«»b, K SO Alläaab« k > Mart. Durch „len ouä- wärttge» *>S«abift«lle» »ad darch di« Lost vezoae« (L »al tLalich)ta»«rhalb Dralschlaud» Abend-AnsFabe v. Wger. TiUeblaü Handelszeitung. Amtsblatt -es Nates und -es Volizeianrkes -er Lta-t Leipzig. Mittwoch 13. März 1907. Aazetgru-Laaadm«: AuioftnSPlaH 8, bei lämttich«, Filiale, a. alleuLaooace» Exprdtttoaea des I» and LuSlaaveS. Für da» Erichetarn ao beui»mtrn Lage, »- Mützen wird keine Garantie übernommen. A»stert«Ute Anstrüg« tännrn »ich» »nrück- g-zogea werd«. Haupl-FUtal« verllnr TVrlDn a cker,Herzg11vayr.Hofbachhandlg„ Lützownraße 10 (Tel. Vl, 4M8). AU lal«Er-»0tttou:rressen,Marien strL4. AnHeiqen»Prei- dl« -gespaltene Pttitzeit« für SeschM«. tnferatr an« Leipzig und Umgebnno Lü Ps» Familie,^ Mohan,«d» », Vtellea-Nazttaea, >«vi« A»- med VerUos« >0 Pf^ staaazml« «,ze'7r, SO Pf, für Inserate von auSwärt» SO Pf. Reklamen 75 Pf, auäwürt« 1 Mark. Vellage- «dühr 4 Matt p. Laufend exN. PostqedÜbr. »eschäfttaazeigea an bevorzugter Stellt t« Preise erhobt. Pabott nach Taris. Für Inserate vom Auslände besonderer Tarif. 1V1. Jahrgang. Vie kxplorio» ller „Ztss". Urber die furchtbare Katastrophe im Hasen von Toulon wird weiter gemeldet: Tie französische Republik hat «iurn schwarzen Tag zu verzeichnen. Kammer und Senat schlossen gestern nachmittag ihre Sitzungen zu Ehren de» verstorbenen Casimir-Perier, und während in der ganzen Kammer noch Erinnerungen an den Toren erzählt wurden, traf in Pari» trlephonisch au» Toulon die Meldung von einem furchtbaren Unglück ein, da» über die französische Mariae, die in letzter Zeit schon wiederholt ernste Prüfungen erlitten hat, hereingebrochen ist. Da» Panzerschiff „J«ua" ist im Hafen von Toulon ex plodiert: man gibt die Zahl der Toten auf vierhundert an. Im Marineministerium wird die Trauernachricht be stätigt, doch kann man über die Zahl der Toten noch keine offiziellen Erklärungen obgrben. Neber die Einzelheiten der Katastrophe wird berichtet: Beim Manövrieren deS Panzers LLna" auf der Reede von Toulon wurde gemeldet, daß im Schiff eia unbedeutender Braud auSgebrochen sei. Man kehrte sofort zurück, und eine Unter such» ngSkomuussion machte sich an die Arbeit, um die Ur- lach« de» Fruer» festzustellen. Da eine unmittelbare Gefahr nicht vorhanden schien, setzte sich die Mannschaft zum Essen nieder. In diesem Augenblick erfolgte,die Explosion. Neber die Ursachen äußerte rin Marineoffizier folgende Ver mutungen: Bei den Manövern werde ein neues Pulver, da» Pulver „b" benutzt, das sehr ex plosibel sei und in einer niedrigen Tempe ratur aufbewahrt werden müsse. Es sei anzunehmen, bah durch den Brand, über dessen Ursache noch nichts be kannt ist, die Temperatur in der Nähe der Pulverkammer erhitzt und dadurch die Explosion veranlaßt worden sei. Dom Schauplatz des Unglücks selbst gehen uns folgende Mitteilungen zu: Die Leicheuteile der aus dem Panzerschiff „Jöna" verunglückten Seeleute bedeckten noch gestern abend die Zugänge zum Kvi, wo bei Fackelschein dir Frauen ihre Angehörigen rekognoszieren wollen. Aus dem gegenwärtig überschwemmten Bassin tauchen Beine und Arme auf, die in Wossereimern in die Totenkammer gebracht werden. Einige Matrosen fanden ihren Tod, indem sie von den Masten durch die Explosion binadgeschleudert wurden. Vernichtet wurden durch Bombensplitter «in Torordoatelier, «ine Maschinenwerk- stätre und ein Spritzenhaus. Admiral Manceron kommandiert« ehedem da» von Kaiser Wilhelm in den norwegischen Gewässern inspizierte Schulschiff „Io hi« qHnir". Die „Jena" selbst ist vollständig verloren. Man erzählt sich herzzerreißende Einzelheiten von der Katastrophe. Der Schiffsfähnrich Roux wollt« die Schleusen öffnen, um so das Dock oolllaufen zu lasten und so die Feuersbrunst zu ersticken: dabei wurde er in» Dock geschleudert und vor den Augen der entsetzten Mannschast in Stücke gerissen. Die Stadt bietet ein Bild tiefer Trauer: die Theater und CafL» sind geschlossen. Biele Familien harren vergeblich auf e,ne Nachricht aber die Vermißten, die man ihnen noch nicht geben kann. Ter Verirrter der ^Agence HaoaS" hatte eine Unter- redung mit dem Batterleofsiztrr der „JSna", dem Leut nant Thiercelin, der zahlreiche Verletzungen erlitten hat, aber bei vollem Bewußtsein ist. Thiercelin befürchtet, daß di« Katastrophe unter der Mannschaft viele Opfer ge fordert hat, und glaubt, daß durch das schnelle Verbrennen des Pulver» eine Atmosphäre erzeugt worden ist, in der niemand atmen konnte, io daß die meisten Opfer den Erstickungstod ge- starken sind. Die Zahl der Toten wird hier auf IVO, die der in den Krankenhäusern gepflegten Verwundeten auf ISO geschätzt. Man glaubt aber, daß sich in der Stadl noch mehr Verwundete in Pflege befinden. Das Feuer auf der „I L n a" i st bewältigt. Neber die Zahl ver Opfer gibt dec Korrespondent der „Petit« Rspublique" in Toulon weiter an, daß bei der Katastrophe der „Jena" VOO Offiziere »ad Mannschaften getötet, 100 der- wundet worden seien. Dem entgegen glauben die See- bshövden, daß SO Mann tot und 20 Mann schwer verletzt sind. Es bestätigt sich ferner, daß der Komman dant der „Jena", Kapitän Ädigare, sowie der Fregatten kapitän Vertier bei dem Schiffsunglück ihren Tod ge funden haben. Ter Letzgenannte wurde in seiner Kobm« von der Katastrophe überrascht und verbrannte Larin, da er die von außen durch ein großes Trümmerstück ver barrikadierte Tur nicht zu öffnen und die eisernen Wände der Kabine nicht einzuschlcMn vermochte. Bcileidskundgebungeu. Der Lordmayor von London übersandte dem französischen Botschafter angesichts der Katastrorche von Toulon ein herzlich gehaltenes Beileidstelegramm, Tittoni >hat den Pariser Botschafter Tornielli telegraphisch beauftragt, der französischen Reigerung im Namen der italienischen das Beileid wegen der Katastrophe der „Jena" auszudrücken. Ebenso richtete Tittoni ein Kon dolenzschreiben an den französischen Botschafter in Rom. In der deutschen Marine hat die Katastrophe auf „Jena" das lebhafteste und innigste Bedauern hervorgerufen; Staats sekretär von Tirpitz wird Gelegenheit nehmen, durch unsern Marineattache in Paris, Kontreadmiral Siegel, dem französischen Marineminister Thomson sein tiefstes Mitgefühl oussvrechen zu lassen. Der Hafen von Touloa, in dem sich die furchtbare Katastrophe ereignet hat, ist sehr sicher und wir) durch zahlreiche Forts mw Batterien, welche die umliegenden Höhen und Vorgebirge krönen, geschützt; meh. rere Leuchttürme sichern die Einfahrt. Er umfaßt die Durso vieilo und die Dars«- nouvo, die den Kriegs-Hafen bil den, und östlich davon den kleinen Handelshafen. Zum Kricgshasen gehört dasMarinearsenal, das, 1690 nach Vau- ban» Plänen erbaut, 270 Hektar Fläche bedeckt und 10 000 Arbeiter beschäftigt. Den Eingang bildet rin monumen tale» Tor s von 1738s mit Statuen von Mar» und Bellona. Den Hof de» Arsenal- umgeben da» große Magazin lfür die Materialien -um Bau und zur Ausrüstung d«r Schiffes, Li« 8Ä) Meter lange Seilerei, die Eisenguß- und Hammer werke, der Artilleriepark, baS Marinemu eum, der Waffen saal, die Feiler«! und Modellkammer. Auf dem Jnselkai, zwischen dem alten und neuen Hafenbassin des Kricgshaiens, befinden sich drei Docks und das chemalige Bagno, jetzt Depot für die nach Cayenne und Neukaledonien zu depor tierenden Verbrecher. An den Krieg-Hafen schließt sich west- lich, durch den Quai de la Garniturc von demselben ge trennt, das Bassin von Castignvau mit der Bäckerei, Flei scherei und Eisengießer«!, großen Biktualienmogazinen und Kohlendepots an. Noch weiter wostlich ist das neue Bassin von Mifsiessy (mit Magazinen) hinzuyekommen. In der südlichen Vorstadt Maurillon liegt ebenfalls eine Abteilung de» Arsenals mit großen Magazinen für.Schisfsbaubolz unv Metalle, einem Stahlwerk für Schiff-Panzer und der Marinekaserne. Zu Len MarineetablissvmentS gehört end lich das Matrofenhospital von St.-Mandrier auf der Halb insel Espe». * Zu der Katastrophe liegen noch folgende Draht meldungen vor: * Parts, 13 März. U«brr die Ursache der Katastrophe auf brr „JSna" gedrn die Annahmen noch auseinander. Neben der Vermutung riner Selbilrntzündung de« Pulvers wtrv di« Ansicht laut, Loh die Explosion vnrck Kurzschluß verurwcht wordrn ist. Die Erschütterung war so gewaltig, daß di« Bevölkerung von Tomon zunächst an rin Erdbeben dachie und entsetzt au» den Häusern flüchtete. Wenn auch noch die vorderen Munitionkkammern zerstört wordrn wären, so wäre das Unglück noch entsetzlicher gewesen, da Li« vorderen Kammrrn weit größere Mengen von Geschossen und Pulver enthielten. Dir in demselben Dock brfinolichen Panzerschiffe „Susscen" und „MassSna" wären dann der Katastrophe schwerlich entgangen. * Pari», 13. März. Tie gesamte Presse gibt drr Trauer über die Katastrophe auf dem Panzerschiffe „Jöna", Ausdruck, die eia nationales Unglück sei. Einzelne anii- repubUlauische und nationalistische Blätter erheben bei diesem An lasse Anklagen gegen da- radikale Regime und meinen, das Un glück werde di« unter der Bevölkerung herrschende Nkvosilät und Beunruhigung noch vermehren. Der „Eclair" schreibt, dir modernen Kricg-ichiffr mit ihren neuen komplizierten Maschinen erforderten unerschütterliche Disziplin und vollständige Hingabe keiten» der Mannschaft. In einer Marin« jedoch, an veren Sviye Prrsönlichkeiira wie PeUelan und dessen Nachahmer ständen, könne von riarr rinbeiili.lien strammen Leitung, von gegen seitigem Vertrauen und von Tiensteiler keine Rede sein. Das „Echo de Paris" meint, die durch Las Unglück hervorgerufene Erregung der öffentlichen Meinung werde sich zum Teil gegen das Ministerium wenden, drffen Stellung ohnehin schon start erschüttert sei. Weitere Mitteilungen befinden sich unter den letzten Depeschen. Var Neueste vom Tage. (Die nach Schluß d«r Retzaktka, ttngegaagenen Drpeschen flehe, auf der S. Selk« tz«» Hauptblatte-ä Reichstag uatz Schiffa-rl-abaa»«. Ter von uns veröffentlichte kurze Artikel »Keine Ver schleppung, bitte" bat in der Presse vielfach Abdruck und Zustimmung gefunden. Di« Natiooalliberale Korrespondenz ergänzt ihn gestern sachlich durch folgende Notiz: Die Interpellation über die SchiffabrlSabgabea konnte in voriger Woche nicht beantwortet werden. Weshalb nicht? Statt aller weiteren Vermutungen über di« Verzögerung mochten wir an die verbündeten Regierungen nur die Aufrage richten: Wie ist es mög lich, daß in einer Frage, welch« seit Jahr und Tag die Gemüter beschäftigt, und üb«r welche so viel« Pudlikatwnea vorltegen, er ft beut« das RrcchSjustizamt al» Gutachter Lb«r L« Rechts frag« gehört wird? Der vor kurzem verstorbene Gabor würde sag« »da» laßt tief blicken". Ter Arbeitskampf i« Hamburger Hase». Nack dem vorläufigen Ergebnis der Zahlungen in den Kontrollokalen der Schauerleute betragt Vie Zahl ver AuS- gesperrten 3650, von denen 2780 verheiratet sind. Die Zahl ver englischen Ai beiter ist auf über 1500 gestiegen. Zam Löschen der Salpeierschiffe find seiner Schauerleute aus Antwerpen ringrtrosfen. Von den Hamburger Schauer» leuten arbeiten in 7 Betrieben 500 zu den alten Bedingungen. Die regelmäßigen Wochendampfer bringen Vie doppelte Be» satzung mit, vie zum Lösche» verwenvet wird. Bis jetzt sind die in der Abfertigung eingetreteneu Berzögeruuge« rurr ge ring. Es herrscht überall Ruhe. Der vanktnspettar. Der Sultan von Marokko ließ der spanische« Regierung mitteilen, daß er beabsichtige, Mohamed el Eile zum Inspektor der marokkanischeu Bank zu ernennen. Petkaws Ermordung. Die Autopsie der Leiche Petkows ergab, daß die Kugel den linken Lungenflügel und die Luagenartcrie durchbohrt bat und im Herzbeutel stecken geblieben ,st. Die Ursache des Todes war innere Verblutung. — Sämtliche diplomattschea Ver irrter baden der bulgarischen Regieiung das Betteid ibrer Soa« veräne und Regierungen auSgevr ückt.Dre Führer derOppositlonS- parteien drückten in der Presse ihre Entrüstung über das Verbrechen aus und widmeten dem Ermordeten anerkenneuve Worte. — Ter Miuisterrat befaßte sich mit den E u^eihecten der Leichenfeier. — Einer Blättcrnachricht aus Pvil'ppopel zufolge kam rS dort au» Anlaß der Nachricht vou der Ermordung Petkows zu einem Zusammenstoß zwischen Anhängern der Regierung und Nationalisten, welche in der letzten Zeit gegen die Regierung schärfste Opposition gemacht hatten. Es solleu mehrer« Verwundungen Feuilleton. blut ckls E-schicht« fraiar VSltcar Ist nesrk, ckah MSN sie stucklmt. Vie Lef^icht« von V-Urara. ckw lm Vespotirwl» levaa, lst «in, AaeftckotmssmaUuog. Via krsuea srchainon «a, UiNlueinckuag weniger, atwr «in, tterreassas« mahr an hsdan »i, ckl« ÜÜLnoer. L, g«h-tt Ihr» desonckvre Organisation cksru, uw kiiack« ru ertragen, uu pflegen, ru Uab- lrosea. Vie schlimmste ääesalliancs lst ckie cke, Uerrenr. l.eute, ckle stch für «inen kürst en begeistern, cier sie geracke einmal gut dehanckelt hat, kommen mir ueie ckie Kiocker vor, ckie am Lage nach einer ein- ckrucir^vollen prouesflon Pfarrer unck nach einer parack« Loickaten verckea vollen. Nikol»» ekwatott. Riwiera-Stm-ken. m. Man glaubt in Nizza die Bank von Monte Carlo dadurch am erfolgreichsten zu bekämpfen, daß man ihr den alljähr lichen Reingewinn zum Vorwurf macht. Dieser geradezu lächerliche Vorwurf ließe sich auf sämtliche Spirlsäle in Nizza mit genau demselben Recht anwenden. Nur ändern sich vaun die Zahlen. Selbstverständlich. Denn den zwei oder drei Spieltischen in den Nizzaer Etablissement» entsprechen ja etwa zwanzig in Monte Carlo. Anderseits aber l«istet ia Monte Carlo auch bedeutend mehr al» irgend eine der maskierten Spieldirrktionen in Nizza. ES bietet den höchsten Komfort, die herrlichsten Parkanlagen, den am reichsten aus- gestatteten Lesesaal. Im allgemeinen nimmt man den Rein gewinn von Monte Carlo mit 22 Millionen im Jahr an. Aus diesen 22 Millionen werden im Handumdrehen 47» so bald es gilt, der Dank von Monte Carlo ein» zu versetzen. Man nimmt — es ist Kriegsfall — eine beliebig bohe, aber immerhin noch glaubhafte Summe an. Man wärmt auch bie und da noch das alberne Märchen auf. die Croupiers steckten mit der Verwaltung unter einer Decke. Wer nur je am Spieltisch von Mont« Carlo gesessen, weiß au» Er- iobrung, daß es nirgends ehrlicher zugrht, al» dort. Ich selbst habe mich «iuige Mal« am Roulettetisch versucht und bei dieser Grleaenbett fo getan, al- ob ich mir -ug«schob«ne Gewinne übersähe. Iw solchen Fällen wird der Croupier geradezu aufdringlich. Der Fall, daß ein Spieler zu wenig Geld auSgrzahlt erhält, ist äußerst selten und dürft« au-- nabm-los auf einem Versehen beruhen. E- ist also eine Insinuation besonder- infamer Natur, wenn Tausend« von Zettelchen, dir man an de» Häusern von Nizza anaekl^t nndtt, die Wort« «nthalten: „Mau stiehlt all« Tage in Monte Carlo" Dieser „man" soll niemand ander» al» die Bank sein. Denn wer in aller «KU dLtt« t» N t»» a «in Jstereff, Spiels hineingleiten. Wenn auch dem Buchstaben nach Offizieren, Beamten und Angestellten drr Eintritt in die Etzjelsäle verwehrt ist, so verpflichtet die Dank andrerseits doch niemanden zur Legitimation und in vielen Fällen ge nügen die Angaben auf Wort. Im übrigen kann man sich ja jederzeit Visitenkarten in und für Monte Carlo drucken lassen. Offiziere, auch deutsche Offiziere, sieht man am Spieltisch zu Monte Carlo genug. Nnd man siebt auch die- felbrn Gislchter öfters wieder. Sogar an denselben Plätzen vor dem grünen Tuch. Bedeutend größer aber ist die Zahl der sogenannten,kleinen Leute, die das Gesamtbild in wenig erfreulicher Weise beeinflussen. Man fragt sich bei manchem Besucher der Spirlsäle unwillkürlich: wie kommt der her ein? Man sieht viele Leute, Männer wie Frauen, die den Plebejer auf Schritt und Tritt erkennen lasten. ES treibt sich ein gut Teil wirklich ordinäres Volk in den Prunksälen herum, dessen Manieren auf jeden wohlerzogenen Menschen einfach ckkvoutant wirken müssen. Arbeiterbande greisen im gleichen Moment nach dem Gewinn, in dem die wohlgepslegte Aristokratenhand den Gewinn einstreicht. Tas kosmopoli tische Prinzip hat sich hier nicht nur in bie Breite^sonderm auch in die Tiefe entwickelt. Und ein tragikomischer Witz will es, daß gerade der Plebejer hier öfters sein Glück findet. Diese Leute, di« sehr oft von den Spielregeln der Roulette gar nichts oder ehr wenig wissen, setzen blind draus los mit kleinen Betragen, und sie gewinnen meist mebr als der Systemspieler, der jede folgende Drehung der Roulette genau ^berechnet" und alle sechs oder sieben Umdrehungen ein Fünffrancsstück riskiert und verliert. Man kann die Popularisierung deS Spiels in Monte Carlo an dem Wert der riskierten Einsätze ermessen. ES ist nicht mehr, wir in früheren Jahren, da Gold und Papier überwogen. Die meisten Spieler setzen Silber. Tic Fünffrancsstücke dominieren, und es erregt schon einiges Aufsehen, wenn irgend eine Hand plötzlich einen Tausend- srancsschein lässig auf den Tisch wirft. Ganz anders nimmt sich das Bild auS, das ein privater Spielcercle in Nizza ge währt. Privat sind diese Cercle ja auch nur insofern, als zur Erlangung einer Saisonkarte zwei Bürgen erforderlich sind. Ich weiß nicht, ob diese beiden Zeugen, die sich jeder zeit leicht finden lassen, für den Leumund oder für die finan- zielle Lage deS neuen Mitgliedes zu bürgen haben. Daß aber nur Leute dnn Cercle angehören, die einen gehörigen Batzen riskieren, scheint darauf hinzudeuten, daß der Geldpunkt auch hier nsrvun eerum ist. Im Cerel« de» Casino Municival zu Nizza kann man Tauiende allabendlich verlieren und gewinnen sehen. Das Spiel währt bi- zum frühen Morgen, und die am Baccarat sich erhitzenden Kopse arbeiten am fieberhaftesten, wenn drr Tag zu grauen beginnt. Mitten unter den Spielenden sitzt die beN» OtLro. Die Otero, die einmal schön gewesen sein soll, deren ungewöhnlich große und mit künstlichem Raffi- nement zur äußersten Wirkung gebrachten Äugen die Um- hersitzenden mit überlegen sein sollendem Interesse mustern. Sie verliert und gewinnt Hunderte, vielleicht auch Tausende von Franc», ohne sich zu erregen, und sie spielt, vielleicht nicht ohne aus manchen Eindruck »» machen, die Gelang weilte, der da» Leben alle Güter in den Schoß geschüttet. Sie braucht sich auch nicht zu erhitzen, wenn ne verliert, denn sie ffnbet noch immer gute Freunde, di« für sie ein treten. Die schöne Otero, dir sich an Perlen und Diamanten allabendlich ein« halbe Million anhängt, vermag auch durch die strahlendsten Toiletten nicht über ihre gewohnte Wir kungssphäre binmtMttäusche«: sie ist und bleibt die Bari-t-- Dam«, di« sich weber bt^errfcheu, noch in ihren Gesten »nL daran, vor Taschendieben inMonteCarlo zu warnen? Der witzige Doppelsinn bezweckt nichts anderes, als die Kur gäste Nizzas von dem Besuch von Monte Carlo und vor dem Spiel im dortigen Kasino abzuhalten. Sie sollen ihr Gelv in Nizza lassen. In diesem Winter ist der Bank von Monte Carlo zum ersten Mole eine (möglicherweise ernsthaftes Konkurrenz er wachsen durch die Gründung dr» Kasinos „Lsau soleil im oberen Teil ovn Monte Carlo. Tie GrenzverhältNisse sind tn dtesem Fürstentümlriu so merkwürdig, daß dieses neue ttasino, obwohl «S mitten im Häusrrrevier von Monte Carlo teht, doch auf französischem Boden gelegen ist. Diese Zweigstelle de» Nizzaer,Konkurrenzbetriebes, die somit di» sicht an den Feind vorge)choden ist, untersteht den Gebrüdern Jsola, die dem Gebäude rin sehr vornehmes Interieur aegeben haben und durch Vergnügungen aller Art die Fremden anzulocken suchen. Es ist heute natürlich noch nicht abzusehen, in welchem Grade diese Gründung eine wirklich ernsthafte Konkurrenz für die Bank von Monte Carlo wer den wird. Aber ich fürchte, es wird hier gehen, wie überall ,m geschäftlichen Leben: der Große erdrückt den Kleinen. Was Monte Carlo über Nizza und über alle Konkurrenz versuche hinaushebt, ist seine ganz vorzügliche Oper. Die Gebrüder Jsola arbeiten, wenigstens jetzt am Anfang, gegen über dieser durchaus erstklassigen Bühne, an der die Gesangs größen aller Lander gastieren, mit kleinen Mitteln. Und schließlich: es liegt auf der Hand, daß Millionen eben nur mit Millionen bekriegt werden können, daß jeder mühsam aufgebrachten Million ver Gebrüder Jsola eine der Direktion von Monte Carlo kaum pürbare Reiervemillion geaenüber- - - wer wei z? Sollte es im „Nsau solsil" noch igel geben nlS in Monte Carlo, sollte also das "nute unL steht. IWWWWW mehr Pechvögel geben ass in Monte Carlo, sollte also Glück den Gebrüdern Jsola besonder- hold fein, so kö ihr Unternehmen fick zu einer Konkurrenz über Jahr Tag vielleicht einmal auSwachsen. ES gab und gibt Leute, die Tausende und Hunderttausend« von Francs in Monte Carlo gewonnen haben. E» ist jammerschade, daß kein« Statistik darüber Auskunft gibt, wie viele verkrachte Existenzen auf «ine solche Geldkarriere kommen. Die wahrhaft großen Gewinner sind jedenfalls ebenso dünn gesät, wie die Genie» im Leben. Wenn man ferner bedenkt, daß diese enormen Gewinn« — da di« Bank ja einen jährlichen Reingewinn von etwa 22 Millionen er zielt — nicht vom Geld der Bank, sondern von den Ver lusten der Spieler bezahlt werden, so kann mau sich eia un gefähres Bild der wahren Chancen machen. Ick sprach schon vou den glänzenden Toiletten, di« man in Monte Carlo sieht. E» war« voreilig anzunrhmeu, daß damit der Gesamtanstrich einheitlich vornehm sei. Er ,st es durchaus nicht. Mit jedem Jahre wächst die Zahl derer in Monte Carlo, die es sich eigentlich in keiner Weis« leisten können, zu spielen. Ein reicher oder wohlhabender Mann, der sein Vermögen aut angelegt hat, mag tausend und mehr Franc- au einem Abend verlieren. ES mag ihn persöulich schmerzen, er wird in Wahrheit dadurch nicht ärmer. Es »pielen aber in Monte Carlo sehr viele Leute, die durchaus nicht- zuzusetzen haben. Ich meine nicht die aewerbsmäßigen Gllick-fLgcr, auch nicht di« kleinen Nimrode, die sich mit ttuem täglichen Gewinn von 30 bi- 60 Franc» begnügen und im günstigen Fall« von ihren Gewinnen ihre Aufenthaltskosteu bestreiten, im ungünstigen riusach wieder abreisrn, Be deutend «wachsen ist vielmehr oi« Zahl jener Spieler, die dem ehrbaren Bürgrrstande angehoren, de» Vergnügen» halber hier und da ein Spielchen riskieren und stmft in die Vahr» Le» regelmäßigen und immer höher« Einsätze vageuden Bewegungen die Dame von Welt durchführen kaun. Sie kaut nervös ihre Heiserkeitspastillen und schmatzt dabei, daß man einen italienischen Hafenarbeiter in seiner Nähe glaubt. Aber sie ist nach wie vor die „xraucks Ltteavliou". Auch m diesem „Prioatkreis", wo sie manchmal von Neugierigen umlagert wird wie eine prächtige Tigerkatz«, die soeben an» dem Innersten Afrika» angelangt ist. Es ist wiederholt darüber geklagt worden, daß die Lust an der Riviera, die an sich dem Lungenkanken und Rekon valeszenten sehr zuträglich ist, durch di« Staubentwicklung zu einer hohen Gefahr werde. In der Tat: schon ein Spa ziergänger mit gefunden Atmungsorganen kann auf Leu schönen Landstraßen am Meer entlang nicht promenieren, ohne staubbedeckt heimzukomme». Die Menge der Auto mobile ist für die Fußgänger zu einer unbeschreiblichen Plage geworden. Was hilft die schönste Sonne und die stärkste Meerluft, wenn sie von dicken Staubwolken unauf hörlich durchzogen wird, wenn sie ihre Frische einbüßt, bevor sie in die Lunge der Atmenden tritt, wenn sie den Atem be nimmt, anstatt ihn zu beleben? Alle Sprengversuche, da» lehrt die tägliche Erfahrung, sind so aut wie nutzlos. Auch die Natur leidet unter der Automobilplage. Man bracht nur einen Blick zu werfen auf die Bäume und Straucher, die am Rande der Straßen stehen. Auch die schönsten und stolzesten Bänme sind mit einer dichten Staub- oecke belegt. Bei planmäßiger Anlage und Ausbeutung der großartigen Natur und der hervorragend günstigen Witte rungsverhältnisse Kälte aus der Riviera leicht ein Paradies für Erholungsbedürftige gemacht werden können. Heute ist das nicht mehr möglich. Solang« Nizza und Monte Carlo die Hauptanziehungspunkte bilden — und daran wird sich in absehbarer Zeit nicht andern —, wird nicht der Friede und die Ruhe an der Riviera Kerrschen, sondern die Hast, die gesellschaftliche Konvention. Vie nervöse Sucht, sich zu vergnügen. In San Nemo und Bordighera lebt eS sich rin weniy ruhiger. Wenigstens heute noch. Aber wie lange wird das noch dauern? Auch hier drängt alle» -u jener sonderbaren Selbsttäuschung, die man als Entwick- tung bezeichnet, und die doch gerade hier als völlig unlogisch erscheinen muß, wo jeder -fort schritt an äußerem Komfort einen Schritt von jenem Wege bedeutet, den die Natur selbst vorgezeichnet hat. Ueberall da, wo der Komfort künstlich gesteigert wird, erleben wir, daß dieser Fortschritt, der im Interesse der Natur ge dacht ist. in Wahrheit auf Kosten der Natur erfolgt. Tas ist in den Alpen so und es ist an der Riviera nicht anders. Tort, wo die Automobile dutzendweise hintereinander her rattern, erscheint die Natur besiegt und geknebelt, die herr liche Natur, deren Rätsel dem Auge doch nur so lange al» Wunder erscheinen, bis sie nicht menschlicher Vorwitz ent schleiert Kat. Tie Riviera vor hundert Jahren und die Riviera von heute, das sind zwei gan^ verschiedene Land schaften. Damals war es die Natur, die alle Menschen in ihren Zouberbann zog. Heute sind es die Menschen, welche der Natur gleichsam einen Maulkorb angelegt haben und ihr nur dann zu sprechen aestattcn, wenn die materiellsten Inter essen in Sicherheit sind. Die Roulettekugel aber, dir in Monte Carlo rollt, zickt ihre Kreise bis weit gen Osten und. Vesten. DaS Rau'chen der Wogen verbindet sich mit dem Rauschen seidener Juvon», und ein neuer Ton ist in dieser fo harmonischen Natur zur Herrschaft gelanot: der Klang her Goldstücke. Man konnte ibn als den Angelpunkt der Riviera bezeichnen, wenn n nicht hoch üb «»allen andere» Stimmen vomiuiert«, 2. Laak.
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