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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.03.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070316018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907031601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907031601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-16
- Monat1907-03
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dezoge» (1 «M t»gttch)bm«ch«tbL«l1fchl«d» monalttchl Mart «L»Icht.Beftellg«bührri>, fitr Orsterreich-Uiaani 5 T 4üd viertrljahrtick^ )i» üsrtqe» Laad« »aal gettäagaprrttliyr. Ne*«M»n «»» 3«ha»»t»«asi» 8. TAephm, R». 15^ «r. L»T «r. U7L V aaHaaa Res«tttOOO«BUrmm: B«R» RA. T Ortaz L aai» Fsdtmoch- Straß, >. r^epho» 1. «k. «7L > Morgen-Ausgabe v. MiMgcr. TagMü Handelszeitung. Ämtsvkatt -es Nates «nd -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. AnzeigeR-Preis dl» »gespaltene PetNzeü« für Aeschästs- iuieratr aal Leipzig und Umgebuua Lü Pf, 8a»Ute»> LohaaaaS» u. Stelleu-La zeigen, sowt» Aa- «ad ««tauf« >0 U, stnnaziiüe Anzüge» 80 für Inserat« von autwLrt- SV Pf. Reklame» 7b Ps„ autwLrl- 1 Mark. Beilog»« aebühr 4 Mart p. Lausend rxkl. Postgebühr. akjchäftSaazrigru aa beoorzngter Stelle i» Preise erhöht. Rabatt nach Tarif. Für Inserate vom Antlaad« beioaderer Tarif. L»»»i-»»-»n«ck»«: AnenftuSPlatz 8, betiäättiich«» Ytttai« m nüenLnuoncr»- Erp^ttioa« d« J» »ad Aas lande». Kar da» «rxhetnu, an beUtnuute» Tagen u. Plätzen wird kein« Garantie übernommen. FefterteW» Aufträge Wan«, nicht zurkck- Aezoge» werd«. Oanpe-KMal« Verltn: TarkD», cker^erzalLayQHofbnchhandlg, Lützowstraß« 10 (Tel. vl, 4MS). Aili ai-Cervedttiam Dresden. Marieastr. 3t. Nr. 75 Syuuabeud 16. März 1907. 101. Jahrgang. Var Mchtigrtt vom Lagt. * 5könig Friedrich Au g »st von Sachsen ist nach Ver ¬ abschiedung von der königlichen Familie gestern vormittag nach Bata la abgereist. Der König wird noch Aico- baea, Oporto und Bussaco besuchen und am Mon tag von Entroncamento nach Madrid weiter- reise». * Der Trauerfeier in Toulon wohnt im Auf trage des deutschen Kaisers der Marineattachö bei der deutschen Botschaft in Paris, Kontreadmiral Siegel, bei. W. Neues a. a. W.) * Im Reichstage wurde die Beantwortung der so zialdemokratischen Interpellation über Wahlbeeinflus- fangen von der Regierung abgelehnt, aber dann leb- daft vom Haase selbst erörtert. (S. Art. «. 1. Beil.) * Im preußischen Abgeordnetenhaus« wurde gestern auch über den polnischen Schalstreik gesprochen und dann der liberale Antrag auf allgemeine Ein- führung der fachmännischen Schulaufsicht diskutiert. sS. DtschS. R.) * Der „Reichsauzeiger" berichtet über die letzte Sitzung deS Bundesrates noch, daß den Aus- fchußauträgen über Aenderung der Zucker st euer- ansführungsbestimmuugen Zustimmung er teilt worden ist. * Die Dumasitzuugen mußten bis aus weiteres vertagt werden wegen des Deckeueinsturzes. sS. Ausl.) * Die HaudelsvertragSvorhandlungen zwischen Oesterreich und Serbien sind wieder aus genommen worden. (S. Ausl.) „Meis frruitll v. Olckenburg." Es gibt nichts Bezeichnenderes für unser Agrariertum al- die Ueberschrift, die in der .Deutsche» Tageszeitung", dem Organ des Bunde» der Landwirts über der Kauzlerrede beim Festmahl de- deutschen LaadwirtschastSrateS prangt: Der .agrarische" Reichskanzler. Diese Gänsefüßchen, die das Wort .agrarisch" lieblich umrahme», sprechen Baude. Sie erzählen von der Unersättlichkeit unserer biedere» Getreide- uad Fleischpolitiker, do» ihrer Bauernschlauheit, die »ie, und wean eS Gold regnete, zugeben wird, daß sie befriedigt sei. Sie erzähle» auch vou künftige» Forderung»», die na- noch das Leben schwer mache» werde». Und diesen Leute», de» eiuseitigste» Interefsenpolitiker» iu deutschen Lande», hat sich Fürst Bülow am Donnerstag mit Haut uud Haare» verschriebe». Es wäre Frevel, von einem deutsche» Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten zu fordern, ei»em der wichtigste» Gewerbe, der Landwirt schaft, nicht sei»« eifrigste Fürsorge zu widmen. Aber dieses Frevel* ist uiemand schuldig, der die Festmahl-rede de» Fürstru Bülow, di« i» jedem Worte die Borbevachtsamkeit de» Programmreduer» zeigt, al» eine Provokativ» für alle Nichtagrarier empfindet. Den» da- ist da» Charakteristikum dieser Rede: Die Proklamierung der Büadlerpolitik als Kauzlerpolitik. Da- ist m unsere» Augen rin schwerer Borwurf, aber er kana auch bewiese» werde». Wenn ein Staats mann sich einen politischen Leichenstei» wünscht mit der 2a- schrijt: .Dieser ist eia agrarischer Reichskanzler gewesen", so hat er seiue Neigungen, seine politischen Ziele dadurch ge nügend offenbart. Seine Einseitigkeit steht damit fest. Er verzichtet damit aber auch freiwillig aus die Anerkennung aller Leut«, denen die Musik der Buade-trompete »icht lieb lich in dea Ohre» klingt. Roch weit deutlicher und rück sichtsloser ist aber da- Bekenntnis z» der politische» Freuud- schast mit Herrn v. Oldeuburg-Jauauschau. Wer ist denn dieser Herr v. Oldenburg aaderS als der Reaktionärste aller Ostelbier? Er ist es gewesea, der im Reichstage dea süvdeutschea BuadeSstaatra die Reich-exekutiv» androhte, wenn sie fortfahrea sollte», mit ihrer liberalen oder demokratischen Landespolitik in Preuße» AergeraiS za geben. Er ist eS gewcseu, der die Politik der Strangulation, der Bajouettspitzeu, der die Eiseubartkar gegea die sozial demokratisch« Gefahr empföhle» bat. Er ist es gewesea, der wegen der Sozialpolitik dea Staatssekretär des Reichsamts deS Inueru am heftigste» befehdet hat. Dieser Bündler- politiker ist es auch gewesea, der im Zirkus Busch da- jetzt vom Kanzler überaommeue Hohnwort vom .brave» Schwein" gesprochen hat. Ja, es ist blanker Hob», das Wort vom „brave» Schwein". Dieses Schwein hat über das deutsche Reick eine Zeit der schwerste» Sorge gebracht. Es hat Millionen Deutschen viele Monate la»g zur Unterernährung verdammt. Es hat die doch wahrhaitig nicht de» Radikalismus verdächtigen deatschen Kommunalverwaltunzen in einer Ein mütigkeit ans dea P!a» gerufen, die alle politischen Diffe renzen überbrückt hat. Diese- Schwein bar allerdings zu dem Prosit aus dea HaadelSverträgea de» Agrariern auch noch dea Schweiarprvfit gesellt. Und deshalb wird es von Herr» von Oldenburg brav geuannt und vom Fürsten Bülow besuugeu. Es soll ja auch wauche» Ab geordneten durch de» reißenden Wahlstrom getragen haben. Mag sem. Aber mancher Wahlsieg ist errungen worden gegen die Schweioepolitik. Was hat deua den Umschwung bei d«u Wahle» gebracht, die »atiouale Mehrheit gesichert? In erster Linie die Abschüttelnng de» sozialdemokratischen Hoche» d»«h die Städte. Und zum Dank dafür, daß das patriotische uud selbstlose Bolk der Nicht agrarier seine Teuerungssorgen hintaugestcllt und der Re gierung aus ihrer Patsche geholfen hat, wird eS jetzt mit dem „braven Schwein" verhöhnt. Es ist iu diese» Tagen kein treffenderes Wort gesprochen worden als das de- Abgeordneten Liebermanns v. Sonnen berg vom Kanzler al» dem Mädchen aus der Fremde, da» der« Rechten Früchte, der Linken Blumen darbriugt. Auch aa der Tafel der Landwirte hat der Kanzler der Linke» gedacht und ihr ein Sträußchen ver sprochen. Die Börsennovelle soll endlich kommen. Uud die Agrarier werden deshalb um Entschuldigung gebeten mit der Versicherung, die Interessen der Landwirtschaft sollten nicht dabei geschädigt werden. Diese Börseunovelle aber muß kommen, weil sie eine absolute wirtschaftliche Not wendigkeit ist, weil der hohe Diskont der deutsche» Industrie den Atem raubt. Und auch der anderen Blumen wegen wird das nichtagrarische deutsche Volk nicht geneigt sei», diese Bündlerpolitik de» deutsch«« Kanzlers gutzuheißen und zu unterstützen. Wir sprechen e» offen aus, daß wir kaum je so schwer euttäuscht worden sind al» durch diese Kauzlerrede mit ihrer bis zur Seldstentäußerung getriebenen Umwerbung des Bundes der Landwirte. Auf diesen Bund der Landwirte mit seinem Antrag Kanitz war da» Kaiserwort gemünzt: „Brotwucher treibe ich nicht". In diesem Bund der Landwirte ist das Wort gefalle» vo» de» Ministern, die ibm .sonst was" könne». Uud die Führer desselben Bundes der Land wirte waren es, die seinerzeit mit dem Abmarsch iuS sozialdemokratische Lager drohten. Weun der Kanzler da» alles vergessen hat, weun er jetzt mit dem Bundesstrategen von Oldenburg Blutsfreundschaft schließt und dem Bunde das höchst« Lob spendet, das je ein Staats mann für eine Kampforgauisation übrig gebabt hat, so soll eS der Linken wenigsten» dazu diesen, zu lerne», wie man einem Kanzler imponiert. Die „Deutsche Tageszeitung" bat bi- in die jüngste Vergangenheit die ärgste politische Schul meisterei im ärgste» Sinne des Wortes am Kanzler grübt. Weun an die Grenzsperre auch nur mit dem Fmger gerührt werden sollte, so drohte da» Blatt mit dem Einzieheu seine« Vertrauens. Und noch im Kampfe um den Landwirtschaslsminister und TippelS- kirchgenoffen v. Podbielski, der beute auch schon wieder zum „vortrefflichen Vorgänger" avanciert ist; hat man nichts von ter Kanzlersreundschast der „Deutschen Tageszeitung" ge merkt. Nun weiß die Linke wenigstens, was ihr bevorsteht. Das Lob der Bündler, das dem Kanzler vom Bundesvrgan feierlich dargebracht wird, ist wohlverdient und mag dem Fürsten Bülow gegönnt sein wie die gewünschte Inschrift auf seinem politischen Leichenstein: „Dieser ist ein agrarischer Reichskanzler gewesen". Wir hatten freilich bisher gedacht, daß ein deutscher Reichskanzler seinen Pflichtenkrei» weiter fassen und darum auch nach höherem Urteil über seiue Politik strebe» solle. csmrreneu im sseichrtage. Die Sozialdemokraten haben am Freitag zum ersten Male in dicsem Reichstage gezeigt, daß sie ernstlich gesounea sind, den Vorwurf der unfruchtbaren Negation zu ent kräften. Sie haben dem iuteruationalen Ueberrinkommen über de» Frachtverkebr zugeftimmt. Wahrscheinlich hat sie der internationale Titel bestochen; aber sie wer den e» Wohl sobald nicht wieder tu». Außer diesem wich tigen Ereignis ist der Beginn der Wablsündendebatte zu vermelden, die am Sonnabend fortgesetzt werden soll. Die Sache nahm bisher den erwarteten Verlauf. Der Kanzler war noch nicht erschienen und ließ durch seinen Stellvertreter Graf PosavowSly kühl er klären, er gedenke nicht, die Interpellation Albrecht wegen Wahlbeemflussungen durch Reichsämter und dea Klottenverein zu beantworten uud verweste im übrigen auf seiue früheren Erklärungen. Bekanntlich bot der Kanzler gleich »ach der Eröffnung de- Parla ments im Reich»tage gesagt, er gedenke in Zukunft noch gauz anders in den Wahlkampf einzugreifen. Man kaun über die Ablehnung der Antwort auf die Interpellation verschiedener Meinung kein. UnS will sie nickt gerechtfertigt erscheine». Doch muß zu gestanden werden, daß sie taktisch jedenfalls richtig war, den» es wäre doch sicher zu unerhörten Szeue» und Vorgängen »ad wahrscheinlich zu argen Beschimpfungen de» Kanzlers gekommen, wen» die Wnt der Sozialdemokraten durch die Anwesenheit deS Fürste» Bülow eia persönliches Ziel bekommen hätte. Es war auch so schlimm geuug. Der Genosse Fischer spielte de» wilde» Mau» auf der Rednertribüne und seine politische» Freunde late» desgleichea. Zu nächst wurde der Austritt possierlich genommen u»d belacht, allmählick aber kam anch bei den Gegner» die Leidenschaft zum Durchbruch und «S gab zur Hellen Genug tuung der Tribünenbesucher eine» stellenweise ohrenbetäuben den Lärm und OrdaungSrufe, Fäusteballeu und Nervenzucken. Iu letzterem übte sich besonders der Genosse Ullrich, der nur mühsam vou seine» Freunde» besänftigt werde» kvuute. Wahlfälschung, Lühe,' Unverschämtheit Ware» die bessere« Kraftworte, dre Herr» Fischer ein paar Ord»anasr»fe, übrigens auch de« Abg. von Liebert einen em trüge». Nach seine» mit Stentor stimme i» de« Saal grr»se»e» Schlußwort verläßt der Redner i» Hast die Tribüne, wie auf der Flucht vor dem dritten folae»schwereu Ordnungsruf. Später wurde die Atmosphäre ei» weuig ruhiger. Schadler sprach für das Zentrum, Kreth für die Ko»scrvativ«u »nd General von Liebert für di« Rerck-partei, dea Reichsverbaud n»d sich selbst. Herr vou Liebert ist kei» schlechter Sprecher. Nur dürst« «ran ihm inweis darauf, daß weder «lbeu liegt die Eingeborenenwerft und hinter I lefangeneusraal, letzterer eingezäunt durch hohen I h durch welche« wieder Dornen geflochten find. I eia wenig mehr Absckeu vor Platituden wünschen. „Bis früh um fünfe, kltine Maus" und ähnliche Scherze dürsieu doch leicht deplaziert sein und siud jereujalls mit größter Vorsicht zu verwenden. Wie verlautet, werden am Sonnadeud noch Bebel und der Evan>relische BnnteSdirektor Everliug, der säcksische Hospilant der Nationalliberalen, sprechen. Mau kann sich al,o aus einen gelinden Kau pj mit dem Zeutrum gefaßt machen. Orrlruerung arr LortorStre uns ferurpkecbgevübre» in vertmeick. Die Einführung der famosen Verkehrssteuer, wie wir sie seit einem Jahre in Deutschland haben (Erhöhung des Orts portos usw.j hat in unserem Nachbarstaat? Oesterreich Nachahmung gesunden. Die Porto- und Fernsprech gebühren Haden auch dort eine empfindliche Verteuerung er- lahren. Diese Maßnahmen haben in weiten Kreisen der Be völkerung, namentlich unter den Industriellen und Kauf leuten, gewerblichen Genosjenjchasten ujw., eine tiefgehende Erbitterung ausgelöst. Vielfach haben stark besuchte Pro- testverjammlungen stattgefunöen. U. a. wird vou verschie denen Seiten die Rechtsgültigkeit der neuen Posilaxordnuug im Klagewege angefochten mit der Begründung, daß die Er höhung der Gebührensätze auf dem Verordnungsweae ohne Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften erfolgt sei und demnach nicht zu Recht bestände. Man darf aus die richterliche Entscheidung gespannt sein. Es haben sich verschiedene Vereine gebildet, 10 in Wien der „Verein der Telephon- uno Postinteressenteu", der schon über 2000 Mitglieder umfaßt, um die Rechte des Publikums gegenüber der Postoerwaltung zu wahren. Zur Selbsthilfe wird dadurch gegriffen, daß viele große Firmen und Ge schäftsleute ihre Ortsjendungen, um das teure Ortspvrto zu sparen, durch besondere Boten den Adressaten zuslellen lassen. In den großen Orten der Provinz, Wien, Prag, Brünn usw. haben gleichfalls Protestversammlungen statt gefunden, wo in überaus scharfer Weise gegen die als un- geietzlich und verkehrsfeindlich bezeichneten Erhöhungen der Porto- und Fernsprechgebühren Einspruch erhoben und be schlossen wurde, mit allen zulässigen Mitteln auf eine Auf hebung oder wenigstens Herabminderung der neuen Ge- lvihrensätze hinzuwirken. Einen' Berichte her «'Neuen Freien Presse" entnehmen wir folgende in einer in Prag abgehalteiten Versammlung gcfaßle Resolut'on: „Die in der Versammlung anwesenden Telephonabonncn- teu halten die Erhöhung der Telephongebühren für die schwerste Belastung, welche seit Jahren den Handel und die Industrie dieser Reichshälste getroffen bat und besonders in einer Zeit, in welcher die erhöhten Gehalte und Löhne und die erhöhten Preise der Lebensmittel und der notwendigsten Bedarfsartikel dieselben ohnedies ungeheuer drücken. Sie geben ihrer Nechtsüberzeuguna Ausdruck, daß die betreffende Ministerialverordnung dem Geseke widerspricht, indem nach den gültigen Gesetzen das Post-, Telegraphen- und Telephon wesen in die Kompetenz der Rcichsvertretung fällt und über dies nur auf Grund einheitlicher Rechtsprinzipien in den beiden Neichshälften geregelt werden kann. Aus diesen Gründen protestiert die Versammlung gegen die unberech tigte Erhöhung der Telephongebühren und verweigert dem zufolge, für die weitere Benutzung der Telephonstellen die erhöhte Gebühr zu zahlen, unter Hinweis darauf, daß weder das k. k. Staatsarar noch der dlbonnent zu einer einseitige» Aenderung des vereinbarten Gebührensatzes berechtigt er scheint. Für den Fall, daß dieser Protest seitens deS Han delsministeriums nicht berücksichtigt, und für die weitere Be nutzung der Tekephonstellen die erhöhte Telephvngebühr ge fordert werden sollt«, möge eine Agitation eingeleitet werden, daß mit 1. Juli die Telephonstationen soweit als möglich ge kündigt werden." Ob das was helfen wird!? Es ist anzunehmen, daß der neuzuwählende Reichsrat, wenn das Handelsministerium, zu dessen Reffort die Post und Telegraphie gehört, seine Kom petenz überschritten und die Erhöhung der Portosähe aus illegalem Wege eingeführt hat, sein Veto einlegen wird. Bei uns in Deutschland ist die Erhöhung der Portosätze erfolgt auf Grund einer Reichstagsresolution. Leider werden auch bei uns schon wieder Stimmen laut, welche auf eine abermalige Erhöhung der Gebühren dringen, nm der ewigen Kalamität des Neichssäckels abzuhelsen und Gelder für die so nötige durchgreifende Aufbesserung der Be- amtengehälter flüssig zu macken. Nach unserem Dafürhalten handelt es sich allerdings um eine rückschrittliche und verkehrsseindliche Auffassung schlimmster Art. Es 'st eine alte Erfahrung, daß Handel und Verkehr nicht durch eine Verteuerung der Verkehrs mittel gehoben und entwickelt wird, svnderu durck Ver billigung. Nicht eine Vermehrung der Einnahmen wäre die Folge, sondern das Gegenteil. , Zur auskömmlichen Besoldung der Beamten, der auch wir energisch das Wort reden, sieben andere Mittel und Wege zur Verfügung als Verkehrssteuern. Silan aar OlradaitOia «na reiner Umgebung. Aus Okahandja, Mitte Februar, wird unS ge schrieben: Wie hat sich Okahandja in den letzten Jahren verändert! Früher der Hauptsitz der Hereros, vou dem auch im Anfang des OrlogS die HauptoperaNonen gegen den Feind unter nommen wurde», zetzt ein ausblühender Ort deutscher Kultur und Arbeit. An größere» Baulichkeiten fällt uns unweit des lchö» gebaute» Bahnhofes die stolze Feste mit ihren vier Türme» auf Man steht derselben au, daß sie schon schwere Zeiten Überstande» hat. Gegenüber der Feste liegt da» Etapveulazarett mit freundlich auss«h«nden, weißgestrlchenen Wellblrchbaracke», auch eine Erinnerung au» der schweren Typhuszelt zu Anfang des Krieges. In der Mitte deS Ortes liegt die alte Kirche, umgeben von einem Friedhof, auf dem di? ersten Opfer des Krieges ihre letzte Ruh« gefunden haben. Die Gräber stutz zur Erinnerung mit frischem Grün ge- schmückt. Aus der anderen Seite der Bahu ist im ver gangenen Jahre das neue Distriktsamt erbaut. Ein Hau» »m modernen Stil, umgeben vo» kleinen Gartenanlagen, llnweit desselben liegt die Eing«borenenw«rft und hinter dieser der Aesangenemkraal, letzterer eingezäunt durch hohen Stach« ldraht, veulrcher Keich. Leipzig, 16. März. * In -er Budgelkomwissi»« drS Reichstages erklärt Staatssekretär Krätke bei der Beratung des Postetals auf die Frage des Abg. Erzberger, ob es wabr sei, daß der Firma TippelSkirch für die von ihr aemieteten Post- geschästsräume in Kiautschou eine unverbältuiSmäßig lobe Miete gezahlt werde, das sei nicht wahr. Die Be schaffung eines geeignete» Geschäftshauses biete aroße Schwierigkeiten; die Miete betrage 20 WO Der Titel, betr. Miete» von Geschäfts- und Bureauräumeu wird ge nehmigt. Ferner wurden genehmigt die einmaligen Aus gaben und sodann der Rest des außerordentlichen Etats. Dann entwickelt sich eine Gehaltsdebatte. Sie dreht sick darum, ob entsprechend dem ZentrumSautrage die Aus- beffrrunHen sofort in deu Etat gesetzt werden oder ob die Form emer Resolution gewählt unv die Erklärungen der Regierung abgewartet werde» solle». Das letztere wurde beschlossen. * Berufs- nn» Betriebszählung im Iabre 1907. Die Reichstagskommission, der der Gesetzentwurf über die Vornahme einer Berufs- und Betriebszählung im Jahre 1907 zur Vorberatung überwiesen war, bat über ihre Beratungen Bericht erstattet. Sie schlägt nur eine Ver änderung deS Entwurfes vor, nämlich die, daß die Fragen sich auch auf die Religion beziehen sollen. Ferner ersucht die Kommission da- Plenum, solgeude Resolution anzu- urhmeo: ». den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, Vorkehrungen zu treffen, daß für die Folge die Berufs- und Betriebs zahlung nack Ablauf vou höchsten» zehn Jahren vor genommen werde, b. den Herr» Reichskanzler zu ersuchen, in dem Ge- werbesoimular und Gcwerdebogen bei Angabe de» Lebens alter» zu uoterscheide» zwischen solchen, welche weniger al» 14 Iabre »ad solche», welche 14 bi» 1k Jahre alt sind, c. deu Herrn Reichskanzler zu ersuchen, Erhebungen über die Eigentumsverteilung der land- und forstwirtschaftlich benutzten Bodenfläche im Deuffckeo Reiche »vier Berück sichtigung der Art der Bewirtschaftung, der Zahl uad Größe der Betriebe utp. zu veranstalten. * Die kommrntzeil Netuu««» tz«s Beurlaubte»,stanbes. Die kommeudeu Hebungen de» Beurlaubteostaade» werden uo» manche- Neue uuv Interessante brioaeu. E« werde» insgesamt 242 844 Mannschaften übe». E» sollen bei der Infanterie 1L4 150 Mann eingezogen werden, bei den Jäger» 5970, hei den Maschioeagrwehrtruppru 570, bei der Feld- ! artillerie (au» ihrem Beurlaubteustand« beziehungsweise au» dem ter Kavallerie) 28 770 Mann, bei der Fußartillerie geflochten fiad.1 27 K40 Mau» und bei b«, Piouier«» 11S90 Mana. All« Etwa 1000 gefangene HereroS sind hier «nteraebracht, die am Tage zu nützlichen Arbeiten aus dem Platze herougezoaen werden. Voraussichtlich wird aber bald die Aufhebung des Gesangenenkraals ersolaen. Zwischen diesen staatlichen und öffentlichen Gebäuden stehen viele Geschäftshäuser, kleinere und größere Warenhäuser, in welchen der Reisende alles zu aufen bekommt. Auch eine Kompagnie ist rn Okahandsa rationiert, die noch ab und zu durch Patrouillen die im Eande umherlungernden wenigen Hereros aufgreifen läßt. Im Nordostende des Ortes gelangt der Reisende in die Forststation; sie hat den Zweck, außer forst- und laudwirt- chaftlichen Versuchen, die daselbst angestellt werden, Bäume beranzuziehen zur Massenabaabe au die Forst station Osona, sowie zur Abgabe an Private. Am besten haben sich von den immergrünen Bäumen australische Easuarinen bewährt, auch Eukalipten usw. werden dort ge- zogen. Im vergangenen Jahre wurde der erste Versuch mit Seidenraupenzucht unternommen. Zur Fütterung der Raupen dienen größere, schon vor dem Kriege gemachte An- fflanzungen von weißer Maulbeere, die hier sehr aut gedeiht. Der Betrieb der Station mußte deS Krieges halber vom Januar 1904 bis Mitte des Jahres 1906 unterbrochen werden, doch werden jetzt wieder jährlich 30 000 bis 50 000 Pflänzlinge gezoaen. In der Mitte des Ortes befindet sich noch der Distriktsaarten. Alle heimischen Gemüsesorten werden dort sowohl, wie in dem Misstonsgarten angebaut; letzterer hat besonders vorzüglichen Wein. In unmittelbarer Nähe von Okahandja liegt die Farm Okarango. Dem neuen Ankömmling bietet sich hier Ge legenheit, einen Musterfarmbetrieb kennen zu lernen. Rind vieh-, Ziegen- «nd Schweinezucht wird dort betrieben und durch die Nähe der Farm an der Bahu ist dem Besitzer ein guter Absatz gesichert. Der Garten, in welchem sich ein mächtiger Windmotor befindet, besteht durchweg auS schwerem Boden und bietet die Möglichkeit zum Anbau von allen deutschen Garten- und Feldfrüchten, besonder» ist der Boden für Tabaksbau sehr geeignet. Außerdem sind acht Hektar der Farm mit Mais, Kafferkorn uud Luzerns be pflanzt. Letztere kann nur dort gezogen werden, wo reich licher Wasservorrat ein dauernde» Bewässern ermöglicht. Durch Dornenwald gelangt am nächsten Tage der Reisende den Fluß abwärts nach Osona. Osona, eine Be siedelung von vorläufig 14 Kleinsiedlern, macht auf den Reisenden durch seine Lage einen äußerst freundlichen Eiu- druck. Nach und nach haben sich die, wenn auch wenig be mittelten, Leute durch ihrer Hände Arbeit Häuser gebaut, umgeben mit kleineren und größeren Gärten. Die Garten früchte, bestehend aus Gemüse (Kartoffeln, Gurken usw.) setzen die Kleinsiedler hauptsächlich nach Okahandja und Windhuk ab, teils an Private, teils an die Truppe. Durch Zuwenden von Ansiedelungsbeihilfen seitens der Regierung wird hier dem wenig bemittelten Mann Gelegenheit geboten, sich für sick und seine Familie eine dauernde Eristenz zu gründen. Wenn auch ,n der Anfangszeit die Kleinsiedler noch keine Verdienste aufzuweisen haben, so sehen sie doch sämtlich guten MuteS in die Zukunft, denn der zu er wartende wirtschaftliche Aufschwung deS ganzen Schutzge bietes (Minenbetrieb usw.) wird den Kleinsiedlern einen vor züglichen Absatz ihrer Erzeugnisse sichern. Iu erwähnen ist noch, daß zu Osona etwa 30 000 Hektar Weideland gehören, es bietet sich dem Kleinsiedler also auch Gelegenheit, auf dem Gebiete der Viehzucht etwas zu leisten. Dieses aus Okahandja und seiner näheren Umgebung; doch auch weiter ab sind die Farmen schon wieder bezogen und überall ist man bestrebt, die schweren Schäden und Ver luste, die der Krieg mit sich gebracht hat, auszubesser».
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