02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.03.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070319029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907031902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907031902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-19
- Monat1907-03
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Aus das Huldigungstelegramm des Nationalliberalen Landcsvereins in Dresven traf beute folgende Antwort des Königs Friedrich August ein: »Ich danke den Mitgliedern des Nationalliberalen Landesvereins herzlich sür ehren treuen HulvigungSgruß und ihren freundlichen Wunsch. Friedrich August. Bufsaco, am 18. März 1907." Ter Stand des Hamburger HasenarbeitcrkampfeS. Einer Aufforderung des Hasenbetriebsvereins nachkommend entließen diejenigen Makler und Stauer, die noch zu den alten Bedingungen arbeiten ließen, nunmehr die von ihnen beschäftigten Schauerleute, etwa 500. Mit dem Dampfer „Viola" siod noch 200 Arbeitswillige eingetroffen. Dadurch ist die Zahl der verfügbaren Kräfte auf 1800 gestiegen, von denen ungefähr 170 zurückgesandt werden sollen. Heute wird wieder eine größere Anzahl Arbeiter erwartet. Die Lage ist im ganzen unverändert. Die Ruyter-Feier. Das Linienschiff „Lothringen" geht morgen von Kiel auf Befehl des Kaisers zur Teilnahme an der Ruyter-Feier nach Blisfingen ab. — Die Feier gilt der Erinnerung an den am 24. März 1607, also vor 300 Jahren geborenen berühmten niederländischen Seehelven Michiel Adriaanszoon de Ruyter, dessen siegreiche Taten gegen Engländer und Franzosen in den 70er Jahren des 17. Jahrhunderts im Gedächtris der Holländer fortleben. Einstellung der Persanenschfffahrt zwischen Riesa-Mühlberg. Durch die urplötzlich erschienene Verordnung deS Ober präsidenten der preußischen Provinz Sachsen vom 24. Fe bruar 1907 wird der wohlorganisierte Betrieb der Sächsisch- Böhmischen DampfschiffahrtS-Gesellschaft derart unnötigerweise erschwert, daß voraussichtlich diese Gesellschaft ihren Verkehr von Dresden aus nur noch dis Riesa talwärts aufrecht erhalten, dagegen von Riesa weiter talwärts bis nach Mühl berg auslassen wird. Man sollte meinen, daß im heiligen Deutschen Reiche die Elbuserstaaten sich über zu erlassende Vorschriften vor deren Erlaß derart verständigen könnten, daß nicht BetriebSerschwernifse verschiedenster und nicht unwesentlicher Art solch segensreiche Einrichtung, wie einen regelmäßigen Personenverkehr, hinfällig machen können. Unter solchen Umständen fühlt man sich eia halbes Jabrhundcrl zurückversetzt, wo die Kleinstaaterei noch ihre schönste Blüte rrieb, zum Nachteile ihrer eigenen und der Bevölkerung der Nachbarstaaten, die heute einheitlich für Kaiser und Reich gegebenenfalls auch mit Gut und Blut eintreten sollen. Hoffentlich führen die von der Sächsisch-Böhmischen Dampf- ichiffahrtS-Gesellsckast eingewendeteu Vorstellungen und die Intervention des Direktors Fischer der vorgenannten Schiff fahrts-Gesellschaft, der unseres Wissens persönlich sowohl bei rer Eldstrom-Bauverwaituug in Magdeburg, wie auch bei der Wasscrbauinfpektion in Torgau vorgesprochen und auch die sächsischen Ministerien für diest preußische Bedrückung interessiert hat, noch im letzten Augenblicke zu einer gütlichen Verständigung. Wozu gibt es aber schließlich auch Reichs tagsabgeordnete, als daß sie nicht mit lauter Stimme die Interessen ihrer Wähler vertreten sollten? Spionage-Prozeß Die Verhandlungen gegen den bei den vorjährigen Kaisermanövern wegen Verdachts der Spionage verhafteten früheren österreichischen Oberleutnants Bartmann finden vor dem Reichsgericht am lO. April statt. Enteignung in Marokko. Das diplomatische Korps in Tanger nahm gestern ein stimmig den Vorschlag über das Enteignungöversahren an. Neue Havarie eines französische» Panzers! Das Panzerschiff „Charles Mariell", welches gestern Toulon verlassen hatte, um Hebungen auf offener See vor- zunebmen, kehrte mit einem großen Leck zurück, welches durch Taucher provisorisch verstopft worden war. Der Unfall des Schiffes wird auf eine im Arsenal 'in Toulon vorgenommene, aber unzulänglich gewesene Reparatur zurückgeführt!!! — Diese Sache ist doch einfach himmelschreiend! Man sollte beinahe glauben, daß die Franzosen ihre Schiffsbauer von ihren russischen Freunden beziehen. Das Unglück, das die französische Flotte verfolgt, hört ja gar nicht auf. Amerikas parisische Flotte. Nach einer telegraphischen Meldung sagt „New Hork Sun" bei Besprechung des kürzlich ergangenen Befehls des amerikanischen Marinedepartements über die Zusammen ziehung der Seestreitkräfte im Stillen Ozean, Amerika werde in kurzer Zeit 25 Schlachtschiffe fertig stellen und zwei Schiffe der Dreadnought-Klasse in Aussicht haben. Dann dürfe an genommen werden, daß eine weitergehende Reorganisation der Streitkräfte in den Gewässern deS Stillen Ozeans vor genommen werde, als jetzt von Washington gemeldet wird. Die Siebenbürger Sachsen. Gegenüber verschiedenen unrichtigen Meldungen erklären die siebenbürgisch-sächsischen Abgeordneten, daß sie al« Mit glieder der VersafsuugSpartei dem Parteipräsidenten S)ell mitteilten, sie könnten dem Gesetzentwurf über die Gehalt«- regelung der VolkStchullehrer nicht zustrmmen, sie würden sich jedoch jeder oppositionellen Aktion enthalten und wünschten keinerlei Solidarität mit den rumänischen Mit gliedern des Abgeordnetenhauses. Die AusgleichSftage ist nach einer offiziösen Meldung gestern endlich einen Schritt vorgerückt Es wird mitgeteilt: D e Ausgleichsver handlungen der ungarischen und österreichischen Minister haben eine gewisse Annäherung ergeben. Gestern wurde die Frage der Verzehrungssteuern, heute werden die Kon version des ungarischen Anteils an der gemeinsamen Staats schuld sowie Eisenbahntarisfragen verhandelt werden Zur „-««»".Katastrophe. Das Panzerschiff „Jsna" ist nach einer Mitteilung auS Toulon von heute ab aus der Liste der Mittelmeerflotte gestrichen. Vizeadmiral Manceron hat seine Flagge auf das Panzerschiff „St. Louis" gesetzt. Großes Aufseheu erregt ein Telegramm des Marine- Ministers an den Marinepräfekten von Toulon, worin dieser ersucht wird, spezielle Mitteilung darüber zu machen, ob di- Ventiiationscinrichtungen in der Munitionskammer der „Jöna" den Verordnungen vom 4. September 1906 ent sprochen haben. Man sieht in dem Telegramm eine Be stätigung der Klage über mangelhafte Sicherheits einrichtungen an Bord de« Panzerschiffes „JSna". politisches. * Sächsische Landtagskandidaten. In Dresden stellen die Natiowallrbcralen in dem durch den Tod des Aba. Schulze erledigten 1. Wahlkreis den Landgerichtsdirektor Hettner aus und im 3. Wahlkreise den bisherigen Vertreter Stadtrat Vogel. In Dresden 2, das durch den gemäßigt Konserva tiven Abg. Behrens bisher vertreten war, wird dessen Kandidatur von nationallibcraler Seite nicht bekämpft werden. * Zur Weingcsetzsrage. Der Zentralverband der Wein- Händler Norddeutschlands hat in feiner gestern abgehaltenen Generalversammlung an den Staatssekretär Grasen v. Posa- dowsky-Wehner nachstehendes Telegramm geschickt: „Die heute tagende Mitgliederversammlung des „Zentralverdan- des der Weinhändler Nouddeutschlands" — vertreten durch 477 Weingroßfirmen — sagt Eycrer Exzellenz ihren der. kindlichsten Tank für die sachgemäße Zurückweisung der un- erhört gehässigen, ganz unbegründeten und ebenso unbe wiesenen Angriffe einzelner — durch ihre Immunität ge schützter — Neichstagsabaeordneter, die das allgemeine Ver trauen gegenüber dem Weinhandel erschüttern müssen, und zwar auf Kosten des Weinbaues, sowie des WernkonsumS." oä. Oldenburger Kanal. In Sachen des Olden- burger Kanals hat, wie uns ein Privattelegramm mel det, der Magistrat der Stadt Oldenburg eine Eingabe an das Grobherzogliche Verkehrsminisberium eingereicht, in welcher nach scharfer Stellungnahme gegen Emdens geg nerisches Auftreten um Durchführung deS Kanal projektes gebeten wird. * Konservative Partei. Her Gesamtvorstand der Konser vativen Partei (Fünfziger-Ausschuß) Hai in seiner Sitzung am 15. d. M. beschlossen, einen Organisationsausschuß ein zusetzen, der sich demnächst konstituieren und sein« Tätigkeit beginnen wird. Ferner ist vom Gesamtvorsdrube beschlossen worden, noch in diesem Jahr« einen Delegiertentao «inzu- berufen und für Anfang des Jahres 1906 die Einberüftrng eines allgemeinen Parteitages zu veranlassen. * Die moderne Folter. Aus Mannheim wird gemeldet: In der Affäre der Faschingszeitung „Schnupftabak" soll, wenn der Verfasser der inkriminierten Notiz des Witzblattes binnen drei Tagen nicht bekannt ist, der Redakteur O. Geck von der „Volksstimm«" in Zeugniszwangshaft genommen werden. H. Der Adventist. Kürzlich iand in Altona eine kriegS- gerichtliche Verhandlung gegen den beim 1. Thüringischen Infanterie-Regiment Nr. 31 lGras Bose) dienenden Mus ketier Mügge statt, weil dieser, ein Adventist, sich beharrlich weigerte, am Sonnabend irgendwelchen Dienst zu tun. Er wurde wegen Insubordination im wiederholten Falle zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilt, die er auch ruhig auf sich vahm. Seine Glaubensbrüder in Bremen Hoven nun an den Kaiser ein Gnadengesuch gerichtet, in welchem sie darum bitten, dem Musketier Mügge die Strafe zu er lassen und ihm zu gestatten, die Zeit vom Freitay abend bis Sonnabend abend zu feiern. Auf Befehl des Kaisers ist die Angelegenheit dem Generalkommando in Altona zur Prü fung übergeben, und dieses hat dahin entschieden, daß nach Lage der Gesetzgebung solche Ausnahmen nicht gemacht wer den könnten. — Dieses Gutachten ist dem preußischen Kriegs ministerium übersandt worden. — Es ist natürlich in einem Organismus wie dem Heer nicht möglich, Ausnahmen zu gunsten jeder religiösen Sekte zu machen, aber es ließe sich diesen Leuten gegenüber ebenso wie den Mennoniten ein Entgegenkommen denken in der Art der Beschäftigung, die man ihnen zuweist. * Die Zentralstelle für Bolkswohlsahrt. Das Bedürfnis nach einem Zusammenschluß aller Wohltätigkeits- und Wohl- sahrtsvereine ist seit langer Zeit empfunden worden. Eine Heilung der zahlreichen Schäden, an denen unsere Zeit krankt, eine Hebung der gesamten Volkskultur ist nur mög lich durch gemeinsame großzügige Arbeit. Der „Antrag Douglas", der seit Jahren das Preußische Abgeordnetenhaus und die gesamte deutsche Presse vielfach beschäftigt bat, Zährte zur Schaffung «iner Zentralstelle für Volkswoblsahrt, tue ihre Tätigkeit über das ganze Reich ausdehnen soll. Alle sür das Wohl des Volkes auf irgend einem Gebiete tätigen Ver eine, Körperschaften und Einzelpersonen, einerlei weicher Po- litischen oder religiösen Richtung, sollten sich im Interesse der Sache und in ihrem eigenen Interesse dieser .Zentral- stelle anschließen, die voraussichtlich Ende März unter Mit wirkung aller bis dahin beigetretenen Vereine oder Einzel personen in einer Generalversammlung ihre vorläufige Ausgestaltung erfahren soll. Warum dieser Anschluß wün- schenswert ist, darüber gibt ausführliche Auskunft ein treff liches Schriftchen, das soeben im Verlage der Schriftenoer- triebßanstalt, G. m. b. H. in Berlin 8V7. 13, erschienen und für 30 Psg. durch den Buchhandel zu beziehen ist: „Die Zentralstelle für VolkSwohlsahrt." (Antrag DouglaS.) * * Französische Manöver. Das Mittelmeergeschwader wird Mittwoch oder Donnerstag den Hafen von Toulon verlassen, um ein achttägiges Manöver vorzunehmen. * Pariser Diözesankongretz. Für Ende Mai wird nach Paris ein Diözesankongreß einberufen werden, der sich hauptsächlich mit der Frage des Vorgehens der Katholiken in der Pariser Diözese befassen wird. Den Vorsitz auf diesem Kongresse, dem mehrere Beschöfe beiwohnen werden, wird der Koadjutor des Erzbischofs. Monsignore Amette, führen. * Berthelot auf Staatskosten beerdigt. Im heutigen Ministerrat wurde beschlossen, im Parlament zu beantragen, das Begräbnis Berthelots aus Staatskosten zu veranstalten. Präsident Fallieres, Kabinettsches Clemenceau, sowie die Präsidenten der Kammer und des Senats haben sich in die Kondolenzlifte eingetragen. * Paris hat kapituliert! Der Pariser Gemeinderat hat allen Beschlußanträgen seiner Kommission in bezug auf das Personal der städtftchen Elektrizitätswerke, durch die dessen Forderungen sämtlich Berücksichtigung erfahren, zugestimmt. * Home rule. Der Parlamentssekretär des Lokalverwal tungsamts, Dr. Macnamara, ist Mitglied der vereinigten irischen Liga geworden. Es verlautet, daß dies der erste Fall ist, in dem ein Mitglied des englischen Feuilleton. ver Teufel Hst mehr Apostel ckenn rwSlf. Alter Spruw. Der Teufel ist nie so schvarr, als msn ihn malt. Lpricknoorl ver Teufel ist eia tätiger öischof iu seinem Lpreagel. LwoNilw. Lott schickt uns ckss ksseisch, aber cker Teufel ckie Küche. ZlsIienllM. Lchvrsrr ivirck stets gemalt cker Teufel; Käsig rvirck er stets gesehen. flnnllw. secker Teufel regiert einen ääons». stolltlngUW. Arinin VLmbHry. fZu seinem 75. Geburtstage: 1!). März.) Bon Leopold Kätscher (Wien). Bor etwa zwanzig Jahren erschien in Mittelasien eine otarische Broschüre, in der ehemalige tatarische Bekannte stämbörys diesen gegen die „Berdcichiinuug" verteidigten, ein .Giaur" zu sein; er sei in Wirklichkeit ein Moslem und -oppe die Europäer, indem er sich bei ihnen für einen Christen ausgebe: seine Gewandtheit fei io groß, daß er all gemein als solcher gelte, aber er könne es nicht sein. Keine Eigenschaft ist für VLmbery bezeichnender, als jene außer- ordentliche Willenskraft, die schließlich zu dieser Meinung der Tataren Anlaß gab. Ihr hat er cs zu verdanken, daß er es vom armen Damcnschnciderlehrling zu einem Iwchangeschenen . Gelehrten von Weltruf gebracht hat. der in manchen Dingen als eine der größten Autoritäten gilt. An der Wiege war dem späteren Selfmademan ein« solche Zukunft allerdings nicht gesunaen worden. Geboren wurde Hermann Bamberger — so hieß er ursprünglich — am 19. Mär; 1832 zu Duna-Szerdahely auf der Insel Schütt bei Prehburg als zehnter Sohn äußerst armer jüdischer Eltern. Neberdies war er von feinem vierten Jahre an lahm: aber schon frühzeitig zeichnete er sich durch so große Energie aus, daß es ihm durch sie allein bereits im zehnten Jahre oelang, sein Gebrechen zu überwinden und die Krücken von "ch zu werfen. Das Gehen fiel ihm anfangs furchtbar i.hwer und verursachte ihm arge Schmerzen, aber schließlich siegte der feste Wille, so daß die Krücken nie mehr in Ge brauch kamen. Mit dieser charakteristischen Geistetzstärke ertrug der JaLenjmrge, um möglichst viel lernen und reffen zu können, in seiner Jugend und noch viel später alle Entbehrungen und Strapazen. Er zählte kaum zwölf Jahre, als er, obgleich einer der begabtesten Schüler, der Schule Valet sagen niußte und zu einem Damenschneider in die Lohre kam. Er fühlte sich dort aber nicht am Platze und hielt es denn auch nicht lange aus. Er zog es vor, sich seinen Weg in seiner Weise zu bahnen. Er wollte studieren, um Arzt oder Advokat zu nerden. Behufs Ermöglichung vieles Planes nahm er bei einem Dorfwirt seiner Heimatsinsel die Stelle eines Haus- lehrers an. Sein Zögling war um zwei Jahre älter als er selbst und machte ihm seine Aufgabe nicht leicht, da er ihm oft den Gehorsam versagte und ihn sogar mit Püffen rega- Uerte. Bamberger, der in den freien Stunden übrigens auch die Tätigkeit eines Hausknechtes zu versehen hatte, ertrug tapfer alle Erniedrigungen, bis er sich die ungeheure Summ« von ... acht Gulden erspart hatte — damals in seinen Augen ein fürstliches Vermögen. Dann schnürte er wieder sein Bündel und wanderte nach dem nahen Szentgyörgy lGeorgen), um das Gymnasium zu beziehen. Freilich reichte sein Geld gerade nur für die Einschreibegebühren und die notwendigsten Bücher aus; ober der lernlustige Knabe wußte sich zu helfen: er verschaffte sich Freitische und abgelegte Kleider, schlug sich so einige Jahre durch und legte die Prü fungen mit Auszeichnung ab. Dann begab er sich zwecks Weitersludiums ins nahe Preßburg. Dort war er trotz äußerst kärglicher Ernährung stets wohlaelaunt und zu tollen Streichen aufgelegt. Die Professoren des Obergymnasiums bewunderten seine leichte Auffassung, sein außergewöhnliches Gedächtnis und sein fabelhaftes Sprachtalent. Er verschlang u. a. die klassische Literatur und alle ihm zugänglichen Reise werke. Binnen einigen Jahren beherrschte er infolge seines erstaunlichen Fleißes zehn moderne und tote Sprachen! Seiner Wanderlust genügte er damals, indem er in der Ferienzeit sein mageres Ränzlein schnürte und ohne Geld die größeren Städte Oesterreich-Ungarns besuchte. Er er wies sich dabei als Finanzgenie und Reisemarschall ersten Ranges. Wollte nach langem Marsch sein lahmes Bein ver sagen, so zog er einen des Weges kommenden Fuhrmann ins Gespräch und verstand es, ihn durch sein lustiges Geplauder so gut zu unterhalten, daß er ihm einen Sitz auf dem Wagen anbot. Nachtquartier erbat er sich stets bei Dorfaeistlichen, denen er durch sein Latein derart imponierte, daß sie ihn nie ohne Wegzehrung und Empfehlungen ziehen ließen. Ueber- haupt waren sein guter Humor und seine Sprachkenntnisse neben seiner Dienstsertigkeit von jeher die Talismane, welche ihm alle Türen und Herzen öffneten. Allmählich hatte er sich's in den Kops gesetzt, das ge heimnisvolle Mittelasien kennen zu lernen. Er lernt« eifrig Türkisch und konnte mit 22 Jahren endlich nach Konstanti nopel reisen. Ein Zufall hatte ihn mit Baron Josef EötvöS, dem berühmten Dichter und späteren Unterrichttzminister, zusammengeführt, der ihm freie Fahrt und 15 Gulden Bar geld verschaffte. Der Glückliche dünkte sich ei» Krösps; besaß er doch eine» guten Anzug und etwas Wäsche! Er sorgte so gut für die Unterhaltung der Passagiere, daß einiae ihn während der SchifsSreise freibielten. In Stambul kam er durch eine Verkettung interessanter Erlebnisse als Lehrer in daS Haus eine« angesehenen Paschas — er, der „Giaur"! Dort eignete er sich bald muselmanische Sitte und Lebens weise an. Ein Hausgenosse, der hochgelehrte Ahmed Efendi aus Bagdad, eröffnete ihm eine ganz neue Welt, und stei gerte dadurch seine Sehnsucht nach Asien immer mehr und unterwies ihn auch in der persischen Sprache. So und anders bereitete der junge Ungar sich auf seine große Reise vor. Schließlich glaubte er, das Wagnis unternehmen zu können, als Derwftch verkleidet, in Geiellschast anderer Der wische nicht nur Persien, sondern auch Zentralasien zu be- reisen, wo damals — vor fünfundzwanzig Jahren etwa — der Besitz eines Bleistiftes als todeswürdiges Verbrechen galt und ein „ungläubiger" Eindringling, wenn man ihn erwischt hätte, unfehlbar dem Tode verfallen gewesen wäre. Und trotz aller Vorsicht, mit der Vnmbery sein Inkognito wahrte wäre er beinahe ertappt worden, doch lief die Sache glimpflich ab und er kam mit dem bloßen Schrecken davon. Als er eines Tages mit seinen Genossen dem offiziellen Hofempfan« tDurbar) beiwohnte, zeigte plötzlich der präsi- dierende Prinz Jakub Cban mit den Fingern auf ihn und sagte: „Ich ichwöre, daß du ein Ferghani (-Engländer", eigentlich Europäer) bist!" Allgemeiner Schrecken, allein der kühne Reisende leugnete beharrlich und es geschah ihm nichts. Er wußte sich nie zu erklären', was den Prinzen auf jenen Verdacht gebracht haben konnte. Erst vor 6 *'is 8 Jahren wurde ihm die Aufklärung, und sie ist ungemein interessant. Damals erschien nämlich Sir Robert War- burtons wichtiges Buch „18 Jahre in Chiber" (London, Murray) und in diesem erzählte her Versasi-r, ein bekannter Diplomat, auf Seite S9—90, er Hobe Jakub Chan nach der Ursache jener seiner Worte gefragt und die Antwort er- halten: „Sehr einfach — ich hatte lenen Derwisch tags vor- her beim Spiel der Ho^musik den Takt mit den Füßen schlagen gesehen, und derlei tut kein Muselman." In Zentralasien lauerten üus Schritt und Tritt aben teuerliche Gefahren, aber mit List und Schlauheit entging Vsmbery ihnen — mehrmals auch einem fast sicheren Tode — und schwindelte sich dauernd als türkischer Derwisch durch. Wie muh er Türkisch gesprochen und das Derwischl^ben ge kannt haben! Näheres findet sich in seiner vor 18^-A) Jahren er>'<dienen«n englischen Srlbstbiographie s^rminim VLnaber^s Tick« »n<I ^ckventure«, tolck l>> stimsvlk"), welche viel« Auf lagen erlebt hat, und in dem deutschen Buche „Virmbörys Leben und Reisen, sür die Jugend erzählt von Berta Kätscher" (Tetschen, Prochaska, 1892). Wenn in Ungarn („nemo propsiotL in Mtrial") viele behauptet haben, V«wböry sei nie in Zentralasien gewesen, sondern habe seine Abenteuer erfunden, so beweist das Gespräch WarburtonS mit Jakub Chan das Gegenteil. Wäre er aber, meinen anderseits manche, wirklich nie dort gewesen, so würde es nur noch be wundernswerter sein, wenn es ibm trotzdem gelungen sei, die Zustände und Sitten jener Landstr,che so getreu und vorzüglich zu schildern. Nach seiner Rückkehr in di« Heimat wußte er nicht, was er nun onstingen sollte. Sein alter Gönner Baron Josts Eötvös riet ihm, irach England zu gehen. Er befolgte, nach- dem er die erforderlichen Mittel mit schwerer Mühe aus gebracht hatte, diesen Rat, hielt in England und Frankreich »ablreiche Vorträge über Mittelasien und wurde überall mit hohen Ehren ausgenommen. Dann ging er wieder nach Pest zurück, wo er —-obgleich «r nicht den Doktorgrad besaß und nie eine Universität besucht hatte — an die Universität als ordentlicher Professor der orientalischen Sprachen be- rufen wurde, in welcher Eigenschaft er eine ganze Reih« tüchtiger Orientalisten herangebildet hat. — Allmählich wurde er Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Ehrenpräsident der von ihm gegründeten Ungarischen Geo graphischen Gesellschaft, Ehrendoktor, Ehrenmitglied vieler ausländischer Gelehrtengesellschaften ufw. Die britische Re gierung betraute ihn häufig mit wichtigen politischen Missio nen, den Orient betreffend. Er ist bescheiden geblieben; stolz ist er zwar auch, aber nur auf seine armseligen Anfänge. Seine Bescheidenheit geht so weit, daß er sich vor fünf Jahren jede öffentliche Feier seines 70. Geburtstages verbat, insbesondere auch die rn Ungarn so vielfach mißbrauchte Bankettierluft. Er ochört zu den denkbar interessantesten Plauderern. Zu seinen Freunden zählte, bzw. zählt er den jetzigen Sultan, Königin Viktoria, König Eduard, Leopold II. von Belgien, die beiden vorigen Schahs von Persien, Lord Beaconssield-Disraeli, Lord Salisbury und zahlreiche andere hervorragende Per sönlichkeiten. Manche seiner historischen, ethnographischen und philologischen Schriften find in viele Sprachen übersetzt, insbesondere fein Hauptwerk über Zen tralasien und seine zuerst englisch erschienene „Geschichte Ungarns". Er hat auch schon seine Memoiren geschrieben, aber noch nicht dem Druck übergeben, und nach allem, was ich weiß, bezweifle ich sehr, daß er sie zu seinen Lebzeiten veröffentlichen wird, denn sie ent halten viel Heikles und Scharfes. Für die Vorzüglichkeit seiner asiatischen Beziehungen spricht ein interessanter Zwischenfall, der sich zur Zeit der historisch gewordenen russischen Abordnung nach Kaschgar im britischen Parlament abspielte. Ein Mitglied des Hauses der Gemeinen interpellierte den Premierminister wogen einer einschlägigen Nachricht, welche die „Times", deren ständiger Mitarbeiter VLmböry seit langer Zeit war, an demselben Morgen gebracht hatte und die von Vümböry unter zeichnet war. Die Antwort lautete ungefähr: „Vielleicht Hot Vämbory bessere Informationsquellen als di« Regierung; wir haben di« Nachricht noch nicht erhalten." Und die Sa-H« hatte tatsächlich ihre Richtigkeit. UebrigenS liest Vämbörp nach heute täglich alle wichtigeren Blätter des europäischen, asiatischen und afrikanischen Orients. Versteht Bumböry die Feder in vielen Sprachen meister haft zu führen, so ist eS ein noch größeres Vergnügen, seinen mündlichen Erzählungen zu lauschen. Er ist unerschöpf lich, seine Gespräche mit Witz und Humor zu würzen: ost kommt man aus dem Lachen nicht heraus. Sein Geist ist heute so frisch und lebhaft wie je — daS merkte ich an dem köstlichen Gespräch, welches er Ende Januar d. I. mit seinem alten Freunde Stead führte, den ich zu ihm brachte. Ich habe in den dreißig Jahren meiner Bekanntschaft mit ibm zahllose anregende, belehrende und heitere Stunden in seiner Ge'ell'chaft verbrach». Ich wünsche ibm zum 75. Gob"rtStag, daß «S mir noch 25 Jahre lang vergönnt sein möge, mich recht oft mit ihm zu unterhalten. . . . Seit längerer Zeit ist er Ehrendoktor der Universitäten Oxford und Pest.
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