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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.03.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070320022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907032002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907032002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-20
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Bezirqs-PreW für Leipzig und «ororte: I» der Haupd- clipeditioa oder der»» Au»gab«ftrll«a ub- a«hoU monatlich: Au-gabr a (1 mal täglich) 70 Ps.. «u-gab. v <2 mal täglich) 80 Pf, bet Zuilelluag in« tzaaS AuSgadi jt 80 Pf, AuSgad» 8 l Mart. Durch unsere aud- wärltgeu Au-gabeftellea and durch die Post bezogen (I mal iäglichltnarrdalb Deutichlaad« monatlich! Mark auSlchl. Bestellgebühren, für Oeslerretch-Ungarn b L 4Ü b vierteljährlich, die übrigen Länder laut fteituag-preidliste. Lief» Namm« kostet auf »st ttz»? allru Bahahotea »ud bet III kl^T deu stetttmgS-Berkäuftr» «edaMsn und Er-edUta«: Johauaftgasft Telephon Nr. IL3. Nr. W. «r. 1I7L. Berliner Redakttnns-Burea«: Berit» UV. 7. Prinz Laut« Ferdinand- Straße L. Lelephou I. Nr. 9L7V. N-end-Aussprbe L MMcr.TagMaü Handclszeitung. Ämtsölatt des Mates ««d des Noüzeiamtes der Ltadt Leipzig. dft SgefpaUen, PetilzeUe für «Leschäft«- tuserate au» Leipzig »ad llmgedung 2L Pf^ AamUtea^ Wohnuuq»-». Stellen-Än^iaeu. sowie »». «d ««läuft 20 Pf, finanzielle Anzeige» SO Pf, für Iuieraft von anSwätt« SO Pf. Reklame» 75 Pf, auswärts 1 Mark. Beilage gebühr 4 Mark p. Lausend exkl. Postgebühr. Geschäst-auzeigen an bevorzugt« Stelle im Preise rrbvht. Rabatt nach Tarif. FürJnftrote vom Ao-landrbeionderer Tarif. «»»eigen-Aanahme: AuguftnSplatz 8. bet säuetlichea Filiale» ». allenAaionkeu» Lxpedtttone» de» I»- »ad Ausland««. für bas Sricheia«, an bestimmten Lagen u. Mätzen wird keine Garantie übernommen. FesttrteMr Aufträge können nicht zurück- gezogen werd«». Varrpt-Ailiale verlt»: LarlDu u cke r.-erzgl-vayrHofbuchbastdl«., Lützowstrahr !0 (Tel. Vt, 4MS!. KUtstt-irrste »Morn DreSbe«.Mariellstr.3i. Mittwoch 20. März 1807. Nr. 70. »»»!»» L-SS Var Neuerte vom Lage. (Dft nach Schluß der Redaktion eiugrgangeneu Depeschen stehe» a»f d« L. Eetft de» HauptblaüM Der Kaiser und — Lippe. Nach hofamtlicheu Meldungen trifft der Kaiser zur silbernen Hochzeit deS FürsteupaareS am 1V. April in Bückeburg ein. Ein Besuch des benachbarten Detmolder Hofe» ist jedoch auch bei der uruea Anwesenheit in Bückeburg »ich 1 beabsichtigt. Die Mecklenburger Verfassung. Daß die beiden mecklenburgischen Grogherzöge auch bei etwaigem Widerstand der Ritterschaft gewillt sind die Ver- fassungSfrage zu lösen, scheint eine Nachricht zu bestätigen, die eia Berliner Lokalblatt in solgeuder Form au» Schwerin verbreitet: Boa einer der Regierung nahestehenden Seite erfahre ich soeben, daß beide Großberzöge fest entschlossen sind, die Frage der Berfaffungsreform auf einem außerordentlichen Landtage unbedingt zum Abschluß zu bringen. Sollte das Reformwerk jedoch an dem Widerstande der Ritterschaft tatsächlich scheitern, dann werden die Großberzöge selbst sich über die Köpfe der Ritterschaft hinweg an den BnndeSrat wenden, dort ibre Anträge eiubringen und einen Zusatz zu Artikel 3 der Reichsv-rsaffung beantragen, nm sich hierdurch freie Bahn zur Einjührung einer zeitgemäßen Bersafsuag zu schaffen. Hamburger Arbciterkämpse. Der Hasenbetriebsverein gibt bekannt, daß 2000 Arbeiter für die Arbeit auf den Schiffen im Hamburger Hafen gesucht werden. Die Arbeiter werden auf eia Jahr fest an genommen. Der Wochenlohu beträgt 30 Ueberstunven und Sonutagsarbeit werden mit einer Mark für die Arbeits stunde bezahlt. Diejenigen Arbeiter, die in Hamburg leine Wohnung Haden, können bi« aus weitere» Logis und Ver pflegung an Bord der Schiffe im Hafen unentgeltlich erhalten. Der Arbeitgeberverband im Schnerdergewcrbe, dem etwa 70 Betriebe angehörcn, Wendel sich in einer Bekanntmachung au die Kundschaft, iu der er wegen de« AuSslandeS der Gehilfen bei nicht prompten Lieferungen um Rücklicht bittet. Die Zahl der Ausständigen beträgt etwa !200. Diejenigen Betriebe, die dem Verbände nicht augehören und etwa 2000 Arbeiter beschäftigen, sind von dem Ansstanve nicht betroffen. viras Lambsdorff 4». Der frühere russische Minister de« Aeußern, Graf Lambsdorff, ist heute nacht kurz nach lUhr in San Remo verstorben. Graf Lambsdorff war 1845 geboren. Er entstammte einem ursprünglich westfälischen ÄdelSzeschleckt v. d. Wenge, da« seinen jetzigen gräflichen Namen seit 18l7 führt. Der Verstorbene war in der diplomatischen Laufbahn seit 1886 tätig und begleitete auch den Fürsten Gort schakow 1878 zum Berliner Kongreß. Seit 1897 war er Ministergehilfe uad wurde im Januar 1901 Minister der Auswärtigen Angelegenheiten als Nachfolger deS verstorbenen Murawieff. Der Tod seiae» Vorgänger» war mitten ia die Cdina-Wrrreu gefallen. Durch die geschickte Ausnutzung diese« Ereign ffeS, der freilich rin starkes Heer den nötigen Nachdruck verlieh, sch en der.Verweser" deS vakanten Anne» seinen BekähiguagS-Nachwei» erbracht zn haben. Dertelbe Lambsdorff aber, der damal« die Mandschurei für Rußland gewann, sollte sie auch wieder verlieren. Die Siege OyamaS und Togo« spräche« der amtlichen Wirksamkeit de» MaaucS ihr Todesurteil, der den Krieg nicht zu verhindern verstanden hatte. E- war schon bezeichnend genug gewesen, daß Witte und nicht Lambsdorff nach Ports mouth entsandt wurde. Freilich wäre e« unbillig, den unglücklichen Minister persönlich mit der vollen Verant wortung sür alle Fehlgriffe zu belasten, die Rußland» aus wärtige Politik wLhrenv seiner 5—vjabrigea Amtsdaaer ge macht hat. Denn auch da« Mürzsteger Programm und die deunchfeindliche Haltung Rußlands io Alaecira» waren keine Ruhmestaten der russischen Politik. Andererseits muß zu seinen Lasten gesagt werben, daß er rechtzeitig zu gehen hatte, wenn er nicht mit dem einverstanden war, was unter seinem Namcn geschah. Der Rücktritt de« Kabinett» Witte im Mai 1906 bot Gelegenheit, den gründlich auf der ganzen Linie gescheiterten Staatslenker auSzuschiffen. Der phyfi'che Tod ist jetzt dem politischen in kaum JabreSfrist uachgefolgt. Tie AnögleichSver-andlungeu. Offiziös wird bekannt gegeben: Die AuSgleichSoerhand- lungen zwischen den österreichischen und den ungarischen Ministern, die den ganzen Tag dauerten, werden heute fort gesetzt werden. In der gestrigen Beratung wurde über die Verzehrungssteuern eine erhebliche Annäherung erziel«. — Dagegen meidet die «Neue Freie Presse" au» Pest, daß die Verhandlungen der Minister über einen lang fristigen Ausgleich ein negative« Ergebnis haben und al« gescheitert zu betrachten sind. Der Pogrom in Rumänien. In Iassv wurden alle jüdischen Geschäfte verwüstet und HeplündeN. In sieben umliegenden Ortschaften spielten sich ähnliche Szenen ab. In Delezestie und E.orna teilten die Bauern da« Land unter sich. Ja Targul und Frcuno a marfchierten 2000 Bauern ein und eröffneten ein Stein- bombarkement gegen die jüdischen Geschäfte. Die Schenken und Branntwcinlädkn öffneten den Baue»» ihre Hähne und ließen alle Geiränke auf die Gasse laufen. Da« Jassyer KorpSkommando hat die Reservisten eioberufen, um genügend Truppen «zur Verfügung zu haben. Bisher wurden vom Militär 16 Bauern gelötet und viele verletzt. Der Grenzort Bordlijenl worbe dem Boden gleichgemacht. Den die öster reichische Grenze überschreitenden Juden werden keine Schwierigkeiten bereitet. Die Regierung trifft energische Maßnahmen »ur Unterdrückung der Unruhen. Verwüstungen sanken noch statt m WaSlui, Butuschi Bndurjeui, LeSpeci uuv Negrrschti. Die Vorgänge i« Persien fährt die englische Presse fort, in möglichst schwarzen Warben zu schildern. «Daily Mail' meldet heute aus Teheran, es seien Anzeichen vorhanden, da» der Schah einen Staatsstreich gegen da» Parlament plane. Die Lage im Innern werde immer unhaltbarer. Die Plünderungen nehmen überhand. Die Zollbeamten sind in deu Au-stand getreten uad weigern sich, unter einem Belgier Dienste zu tun. — Die letzte Nachricht beweist schlagead die Unzuverläisigkeit dieser plötzlich mit solcher Gefliffentlichkeit berausgebrachten Alarm-Nachrichten au« Persien. Der Belgier Naus, der doch gemeint sein muß, ist längst „uauS'grflogeu. — Offiziös wird aber gegenüber den Alarm-Nachrichten abgewiokt: Wie da« Reutersche Bureau erfährt, sinv England und Rußland entschlossen, in Persien nicht zu intervenieren; denn eine In tervention würde deu fremdeufeindlichen Elementen io Persien nur den Anlaß zu Angriffen auf vie Fremden gebea. Sollte eine Intervention schließlich notwendig Werren, so werden England und Rußland, bevor sie eiuschreiteu, sich unter ein- anrer verständigen; bisher ist eine solch« Notwendigkeit nicht eiugetreten. England hat kein« Verstärkung seiner Konsulat»- wachen in Persien herdeigefübrt; di« Meldungen über Abreise indischer Trappen nach Persien beziehen sich aaf d»e regalärra ManaschaftSablösungeu. politisches. Jur Einigung ve» Liberalismus. Die Vorsitzenden des Jungliberalen Verein« (National liberale Jugend) Berlin, Rechtsanwalt Dr. Marwitz und Regierung»rat Dr. PoenSgea, hatten am Montag Abend die Mitglieder sämtlicher liberalen ReichSlagSsraktiooen zu einem Bierabend ringeladen. E« waren erschienen von der nationalliberalen Partei die Abgeordneten Beck, Detto, Fuhrmann, Dr. Heinze, Dr. Junck, Merkel, Dr. Strese- mann, Trautmanu, Dr. Weber, Wehl, Wetzel, Wilde, Wölzl, von der freisinnigen Volkspartei die Abgeordneien Ahlhorn, Goller, Hormann, Manz, Pfuodtner und Schmidt- Halle, von der freisinnigen Vereinigung die Abgeord neten Dr. Delbrück, Dove, Dr. Heckscher, Hoffmeister und Dr. Neumann-Hoser, von der deutschen Volk-partei di« Abgeordnete» Sckweickbardt, Storz und Wieland. Dr. PoenSge« begrüßte die Gäste und wie» daraus hin, daß diele gemütliche Zusammenkunft der die weitesten Kreise de» Bürgertum« durchziehenden Stimmung Ausdruck geben solle, mit welcher Genugtuung der Liberalismus auf den gemeinsam geführten Wahlkampf zuri'ckbticken köune. Seine Worte klangen aus in eia Hoch auf den deutschen Liberalismus und seine Vertreter im Reichstage. Die folgenden Ansprachen der Abgeordneten Hormann und Heckscher, die auf das Einigende im Liberalismus toasteten, weckten lebhaften Beifall, der sich noch steigerte, als der Abgeordnete Dr. Junck auch vom Stanrpunkte seiner Parteifreunde aus seiner lebhaften Befrierignug Ausdruck gab, daß die Bestrebungen, da» Einigende in deu Vordergrund zu stellen, mehr und mehr an Boden gewonnen. Än ähnlicher Richtung bewegten sich die humorvollen Ausführungen de» Abgeortneten Manz. Dr. Pfundtner sprach auf die deutsche Jugend, der Abgeord nete Storz aus die Zukunft eine» starken Liberalismus, der unserem Vaterlande not tue. RechlSanwalt Dr. Marwitz Ivl. Jahrgang. dankte deu Erschienenen und gab der Hoffnung Ausdruck, die liberalen Abgeordneten noch häufig zu zwangloser Zu sammenkunft im Kreise der uatioualliberaleu Jugend ver einigt zu sehen. Die Leser de« „L. T." werden aus diesem uuS aus Berlin zugebendeu Bericht mit Freuden ersehen, daß gerade auch die sächsischen natioualliberalen R.ichStagsabgeordnelen Dr. Junck, Merkel, Dr.Heinze, Dr. Stresrmaun und Dr.Weber an dieser Zuiammenkuoft teilgeuommen haben und daß Dr. Junck eS war, der vou natioualliberaler Seite aus dem Wunsch AuSvruck gab, da« Einigende im Liberalismus unter den liberalen Parteien iu deu Bordergruuo zu stellen. Um so bedauernswerter ist e», daß die „Nationalliberalc Korrespondenz" in ihrer letzten Nummer die Gründung des „NationalvereiuS", der ebeosall» solche EinigungSbestrebungen verfolgt, mit dem ungerechtfertigten Mißtrauen betrachtet, al« handele e» sich hier um den Versuch einer „politischen Neubildnug", die eine weitere Absonderung unter den liberalen Elementen befürchten lasse. Gerade da« Gegenteil ist der Fall. Gegenüber der Schwierigkeit über die FraktionS- und Parteipolitik hinau» da« Einigende im Liberalismus zu stärken, ist der Nationalvereia, der keine neue selbst ständige liberale Parteigruppe darstellt, dazu berufen, und angetan, den Liberalismus vor Zersplitterung zu be wahren und, wo er „zersplittert" ist — zu einigen, ohae dabei doch die berechtigte Eigenart der einzelnen liberalen Parteirichtuugen vergewaltigen zu wollen. Die „Natlib. Korrelp." täte darum, wenn ihr au eiuem Zusammengehen aller liberalen Elemente im entscheidenden politischen Augen blick gelegen ist, besser, deu Nativoalvereiu nicht mit diesem Mißtrauen zu verfolgen, sich vielmehr freundlich za ihm zu stelle«. * Major Fischer. Wie bereit» gemeldet, fand gestern die ehrengerichtliche Verhandlung gegen de» vielgenannten Major Fischer statt, lieber das Urteil, welche» der Bestätigung durch den Kaiser unterliegt, wird Still,chweigen beobachtet. sft. Ta» Äentrm» iu Sachse« und seine Presse. Da» Zentrum hat bi« jetzt im Königreich Sachien, da» unter »einen 5 Millionen Einwohnern nur 200 000 Katholiken zählt, keinen Bode» gewinnen können. Deshalb ist auch dem vor kurzem begründeten Zentrumswahlverein, der hauptsächlich der Sozialdemokratie Abbruch tun will — so hieß eS wenigsten« auf der letzten Haupweisammluug — keine besondere politilch« Bedeutung berzumesfeu. Das ZentrumSorgan iu Sachsen, die „Sächsische Voltszeitung" in Dresden, fristet zurzeit im Genre uuv Umfang eines kleinen Provinzialblättchen ei» de- scheiveue« Dasem. Sie scheint sich aber zu etwa» Besserem be rufen zu füblen und kündigt jetzt, allerdings unter Erhöhung des Bezugspreises, eine Vergrößerung ihres Umfanges an. Gleichzeitig richtet sie einen flammenden Appell an die 200 000 Katholiken Sachsen«, sie energisch zu unterstützen, unter Hinweis auf die OpferwrUigkeit der Sozialdemokraten für ihre Parteipreffe. sü. Parteitag »er Teulsche» Refor««Partei. Der Sächsische Parteitag der Deutschen Resormpartei Feuilleton. War vir besiegen, ist ckas Klein«, Uack cker Lrfolg selbst macht uns klein. Das Lrvige unck Ungemeine IVUl nicht von uns dervungen sein. 8. M. lOM« ... Vie Lege locken ihn nicht «io. Sein Wachstum ist, cker Diefdeslegte Von immer lärösterem ru sein. k. m. nm«. Hinein, hinein mit dlincken biüackeo, l)u hast noch nie ckas Ziel gewustt; iLehntmiseack 8tero« aller Locken, 2ehntausenck Sonnen stehn unck seocken vir ihre Strahlen ia ckle Ürust. vewoel. Berliner Bilder. Menschen al» Reklame. Zwei Vorgänge wirken zusammen, um mir LiHee Ge sprächsthema zu geben. Der lokale Teil eines Berliner Blattes enthält die an sich unauffällige Mitteilung eines der mondainsteu hiesigen Kabaretts: „Fräulein ... ist von ihrer Krankheit genesen und tritt von morgen ab wieder regelmäßig auf." Diese Zeile sagt für den nicht Orientierten ebensowenig, wie die Inschrift eines quittgelben Plakat», »oelches vor wenigen Tagen, gleichfalls auf Veranlassung eine» Nachtbrettls, von den Litfaßsäulen herunter meldete: „Morgen Benefiz der Frau Professor???" Aber diese drei höchst diskret scheinenden Interpunktionszeichen sind dennoch »n Wahrheit die sehr indiskreten Hilfsmittel einer Bomben reklame. Schon jene Titulatur hätte ja genügt, um jedem Berliner Pflastertreter beizubringen, wer ihm da von der kleinen Saalbüchne auf Flügeln des Gesanges entgegen schweben wird. Nm ihm geläufig zu machen, daß das recht anmutige Persönchen der Benefiziantin auf Veranlassung ihre« Brotherrn da» Publikum bei dieser Gelegenheit be sonder» dadurch anlocken muß, daß eS ihm recht deut lich «nacht: „Vergeßt es nur ia nicht > Ich habe meinen Titel, den ich einem gescheiten, aber ebenso leichtsinnigen Manne verdanke, dazu benutzt, um hohe Stapel von Schulden' lasten aus-uhäufen und nur im Lauft der Zeiten dft An wartschaft aus ein« Ehrenwürde deS Gaunerharchwerk» zu verdienen. Ich habe dann geraume Zeit hinter schwedischen I Gardinen verlebt, wo «ir das Singen einigermaßen der- I WUigtt ist, Ich »ab» Mich später »nter dasch-idanem DeS> j namen von neuem dem Beruf« zugewanst, in welchem ich l gängig gemachte Torheit den Zeitungen reichen Plauderstoff mich vor dem Eintritt in dft Salons d«S Abenteurertum» zugetragen batte. Und 'die Exfreundin des Mr. Iacque» schr wohl fühlte. Aber solche Zurückhaltung füllt nicht dir z Lebauüy? Wer hätte sie dem Großstadtpublikum öffentlich alle, i» denen tiertigung für obn« wertere» sehr wohl fühlte. Aber solche Zurückhaltung füllt nicht dir Kassen der Lohngeber. Und nun demaskiere ich mich. Also kommt nur recht zahlreich. Vielleicht ist an mir al» extra pikanter Duft auch noch ein wenig Kerkerodeur haften ge- dlftden." E» ist bemerkenswert, daß jene erste kleine Zeitungsnotiz noch einen tiel tieferen, ernsteren Sinn hinter ihrer schlichten Fassung birgt. Denn die „Krankheit" der hübschen Ekanteuse, die nun gesund gemeldet wird, ist seinerzeit in aller Oenentlichkeit viel kommentiert worden. Man wußte, daß das Siechtum von einer Pistolenkugel kam, welche sich das schöne Mädchen in erhitzter Stimmung in di« Brust schoß, als ein Herzallerliebster sie plötzlich verlassen wollte. Trotzdem diese Affäre, wie gesagt, öffentliches Haupt- ftadtgehelmnis war, wäre es doch möglich gewesen, auch diesem Fräulein den Rückweg -u ihrem Metier möglichst schonung-voll zu öffnen, indem man einfach — ohne weitere Randbemerkung — ihr Wftderauftreten dem Repertoire einfügte, da sie es nicht oorzog, unter einem Decknamen ein anderer Milieu für ihre Tätigkeit zu suchen. Das wäre möglich gewesen! Aber auch hier wird die düstere Episode -u einer widerwärtigen Propaganda benutzt. Maa weist mit diesem Tamtam der Reklame auf die Genesung der Selbstmordkandidatin hin. Und es wird die Nerven der „goldenen Jugend" an den Saaltischen einigermaßen kitzeln, wenn sie wissen: diese Hand im Schwedenhandschuh hat vor einem Dutzend Wochen die Waffe gegen ein verzweifeltes Herz gerichtet, und «» vor nicht ganz sicher, ob diese Lippen, die setzt von einem -vangvoll koketten Lächeln umspielt werden, sich je wieder zu einem hörbaren Laute öffnen würben Die Sitte, daß sich gewisse Darfttöunternehmungen dazu heraeben, effektiv dft Ünkunst, den krassen Dilettantismus zu beschirmen, wenn daS Wappen der in Frage kommenden Persönlichkeit nur einen — in gutem oder üblem Sinn« — sensationellen Namen aufzeigt; diese Sitte ist eine Schmach, aegen welche alle die tausend ehrlichen, tapferen, allein auf den Wert ihrer Leistung gestellten Brettlmenschen mit mir Front machen ' " eine aktuelle „Bei da» Auftreten so herzählen. Wa» trieb Berta Nother, dft Jr«rndin des Maler» Gräf, auf dft Bori<st«bühne: warum »eigt« sie ihren Körper wieder »nb wieder in der heiklen Stellung jene» BildeS, daS seinen kompromittierten Schöpfer, chren Anbeter, so berühmt gemacht ^ttte? Auch Grünenthal, der Banknotensälscher, an dessen Vergeben der eben erschienen, Reichsbankbericht von neuem mahnt, hatte ein« Liebste, deren Namen ,m Verlauf jener Vorgänge häufig genannt wurde. Auch sie rettete bann ihren seltsamen Rahm auf bas Brettl und preßte aus dem traurig«, Renommee ihres Protektors hohe Gagen. Ich denk« auch noch au die blonde Wioaerin, dft im nämlichen Augenblick ihr Soubvetten- talertt entdeckte, da ihr« Schwester einen österreichischen Erzherzog veranlaßt halft, für ihr« Liebe de» Glan- sei«» Na»««» herzageLe«, and da dfts« i«»wisch« wieder rück- zätte sie dem Großstadtpublikum öffentlich vorgrstellt, wenn ihr ehemaliger Bewunderer nicht zugleich der Held jener grotesken Kaiftrposse gewesen wäre, über welche sich selbst di« Beduinen der Sahara königlich amü siert haben? Ich bin nicht so sehr hinter meiner Zeit zurückgeblieben, um den geschäftlichen Wert einer raffinierten Reklame zu unterschätzen. Ich bewundere zumal ihre geschickten Be- triebsagenten, die auch bei den harmloseren Hier antiästbe- tischen Tricks noch oft genug tüchtige Humoristen find und ihre Nachbarmenschen in höchst ergötzlicher Werse -um Narren halten. So etwa, wenn Herr Ferdinand Bonn jetzt aus Geschäftsrücksichten den Weltphilosopken, den An hänger des DeiSmus und aller anderen idealen Tugenden mimt, und ibm selbst die gescheitesten Leute in höchst expo nierten Stellungen unziemlich schnell auf den Leim gehen. Aber ebenso, wie es eine taktwidrige Indezenz ist, wenn die Entkleidungskünstlerinnen unserer modernen Literatur di« Wildheiten ihrer LiebeKnöte ÄS Geheimnis der ganzen Welt ins Ohr flüstern, so häßlich muß es empfunden werden, wenn das persönliche Erlebnis, das Verslochftnsein in ein ungewöhnliches Geschick düsterer Färbung dazu benutzt uird, daS Jahreseinkommen des Beteiligten auf dft Stu^e einer höheren Ziffer zu hoben. Das natürliche Zurück- haltunaSgefühl «s Publikums sträubt sich auch im Grunoc gegen solch« Angriffe. Aber die Leute, welche daraus ihren materiellen Nutzen ziehen: dft dunkelsten Truppen des Unternehmertums gewinnen die Obren der Künd'maft ge waltsam mit den dröhnenden Tönen wilder Rcflame- sinfonien. Sie schleppen den verwundeten Dresseur wilder Bestien, halb genesen, wieder in die Arena, daß er seine kaum verharrschten Narben zeige. Und sie machen die Heldinnen ein«» Monstreprozesses und einer Liebestragödie zu den Objekten eine» widerwärtigen AnschauunaSunter- richte», der vielleicht dem Bettachter einen Nervenkitzel be reitet, aber von den Zurschauaestellten den Rest ihrer Scham abfall«» läßt, wie eine morsche, holtlos« Hülle * Ioan «n» -l» Vr»»K»n«r. Peter Roseggers -Heimgarten" veröffentlicht folgende ^durch aufgesuadene alte Korrespondenz vvm Dresde«, End« Juny 1822. Zuerst noch einig« Worte über die Zeit, welche der nnS io berzlich willkommene Jean Paul hier b«tz uns -»brachte. Fast noch ui, wurde ein Schriftsteller hier mit so all gemeinem «uh warmen Interesse ausgenommen. E» war erfreulich, »« beobachten, mit welchem Enthusiasmus sich Unzählia« ass d«, Mittlern uud selbst den nieder« Ständen an ihn drängten, denn dieß zei, hier wahr« Bildung ist, und selbst rührend sevn, wie Viele ftr -« ftgöüsvoLe» Eisflsß l auf ihren Sinn und ihre ganze Bildung gehabt hatten. Wel chen schöner» Lohn könnte sich der Genius wohl wünschen! Oft mußte aber wohl auch das Andrängen so vieler fremden Menschen dem bescheidenen Manne lästig werden, zumal da man es vielen anmerkte, wie sie nur auf feine Worte lauschten, um sich witzige Einfälle daran zu erobern, welche sie nachher eitel wiederholen könnten. Gegen solche wußte nun der Hurnorisiiker auch trefflich feine Laune zu gebrauchen und schickte sie ost mit io kurzen, tyeils so absichtlich platten Antworten nach Hause, oaß sie vergeblich strebten, eine tiefere Bedeutsamkeit hineinzulegen, deren sie sich prahlend halten rühmen können. Ueoerhaupt war er sür Männer, welche ihn nicht besonders interessierten, viel schwerer zugänglich, als für Frauen, mit denen er im Allgemeinen sich weit Uebrr unterhält. Er zog auch unter ihnen die recht einfach naiürlichen, die sich nur durch zartes Gefühl und lebendige Phantasie auszeichnen, am meisten vor. Gibt es doch keinen Lchritt- steller, welcher alle verborgensten Falten und leisesten »nnern Klänge des weiblichen Herzens so studier, hülle, w^e Jean Paul. Kein Wunder also, wenn auch hier die Frauen es waren, welche diesem ihren Liebling a ' lebhaftesten hul digten, und wenn manche Männer mürrisch wurden über dir Auszeichnung, welche er dem zarten Geschlecht schenkte. Tie sinnigsten Blumcngaben wurden ihm dafür gespendet die zartesten kleinen Gedichte, die lieblichsten Dhaniasießcoilde, leise hingezeichnet von lauster Frauenband, urngaukeilen gleich bunten, glänzenden Coiibris den Rosengarten seine» hiesigen LebenS, ernstere Kunstgenüsse ertönten dazwischen durch, wie binzicbcnde Echoklänge aus frühen Jugendlrönmen und Dichtervisioncn. Die sonnenklarste, herrlichste Witte rung begünstigte zugleich seinen Aufenthalt. Sein Licblings- spazlergang früh war unser in Blumemülle prangender Palaisgarten: abends verweilte er sehr gern auf unserer schönen Terrasse und betrachtete von da aus den Untergang der Sonne mit dem goldenen Widerschein auf den Fluten der Elbe und den Wölbungen der Brücke, und den Purpur glanz der Gebirge. Sonntags war er an, liebsten an denen Orten, wo sich die Menge scharenweise bindrängt, die Volks- Gruppen da zu beobachten, freute ihn. In seinen Gesprächen herrscht fetzt neben der Warme des Gefühles, der herzlichsten Gutmüthigkeit und einer süddeutschcn traulichen Naivetät, am meisten der Hang zum Humoristischen, der auch in allen seinen neuern Werken vorwaltet, er ist überhaupt völlig Ein» mit seinen Werken, und wer ihn kennt, der fühlt, wie auch in diefcn alles natürlich ist und unaesucht, ost aber auch un- aewähtt, aus der Fülle seines reichen Geistes bervorsttomt. Nur selten ist jetzt noch in seinen Gesprächen ein Anklang jener erhabenen, sehergleichen Begeisterung, welche uns in seinen früheren Werken so sehr entzückt, man kann wodl be. merken, daß sein Inneres noch bisweilen davon durchalüht ist. aber dann versinkt er in sinnendes Schweigen. Gern spricht er über wissenschaftliche Gegenstände, am meisten über Heilkunde, die er gründlich versteht, Magnetismus und Physiognomik. Höchst interessant ist cs, ihn über bildende .... - . Kunst sprechen zu Horen; fern von allem Schulaeschwätz ttigt, wft allgemein verbreitet spricht er hier einzig nach angebornem Genibl. welche» aber d e» mußte dem edle» Mann I so richtig, so feinsinnig und durchdringend ist, daß eS andern le ihm so ber-lich und glühend I zrnn Gesetz werden könnte, indem er immer bescheiden hinzu- dar««, »«Ich« sei»» Schrift« > fügt: « »usrch« »jchtß da»«. St«» d« beitusü« Fssti,
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