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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.03.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070321017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907032101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907032101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-21
- Monat1907-03
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Bezuqs.Prei- fitr Leipzig »ud Borort«: Iu der HaupS- Lspedstioo »der drrea Ausgabestelle» ab geholt mouatitch: Ausgabe St (I mal täglich) 70 Pf., «»«gab. L 2 mal täglich) SO Pf, bei Iustrllu»g tu« Hau» Ausgabe 80 Pf., Ausgabe v l Mark. Durch »ufere aus- wärltgeu Ausgabestellen uad durch die Post bezogen (1 mal 1äglich)tnnrrdalb Deutschland« monatlich 1 Mark ausjchl. Bestellgebühren, für Oestrrreich-Uagaru d L sv d vierteljädrlich, di« übrigen Länder laut ZrituugSpreiSliste. Dies» Kummer kostet aus « sd tN 7 allen verhütSfea und bei I II ^1^1 deu sieitung«. Verkäufer» i AePaMan uad Eppe-Mo»»: Johauutägass« 8t Telephon Nr. 1Ü4 Nr. 222, Nr. 117L vrrltaer Aevakttous-Bureau: Berit» dilV. 7, lprtuz Louis Ferdinand« tötraß« i- Lelevbou I. Nr. SL7S. Morgen-Ausgabe v. "rWMr Nageblaü Handelszeitung. Amtsblatt des Nates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Aii;eiqeit-Prett Sgrfpalteu, Petttzetlr für GesäMß» tnseratr au« Leipzig u»d Umgrbuug 25 Pf, Famüteu-, Wohnuug«- ». Stellen^Uu-rtaen, sowie Äa- uud Verkäufe SO Pf, stuauzieü« Auzeigea 30 Pf, für Iuleratr ron au«wärt« SO Pf. ReNameu 7ü Pf, auswärts l Mark, veilaqo- aebüdr 4 Mart p. Tausend exkl. Postgebühr. Geschäslsauzetge» au bevorzugter Stelle i» Piets« rrdäht Rabatt nach Taris. fsür Inserate vom Ausland« besonderer Tarif. Lnjetgru-Anuadme: Auguftusplatt 8, bet sämttichra Filiale« ». alleuAanoacru- Lrveditionen des Ja« und Auslandes. zur das Erlcheiueu au bemannten Lagen m Plätze» wird kein« Garantie übernommen. Fejlertriltr Aufträge Ivanen nicht zurück gezogen werbe». Ha«pt»Ftltale Berit«: TarlD uucke r,tzerzgl-Bal,r.Hosbuchbandlg^ Lützowstratzr 10 (Tel. VI, 4Ät»S'. ^is!al-«rrveditt»n:Dre»»e«.Marieaitr.34. Nr. 8«. Donnerstag 2l. März 1907. 101. Jahrgang. Var ülichtigrte vsm Lage. * In Südwestafrika hat sich Simon Copper, der Kapitän der Franzmann-Hottentotten, unterworfen. (S. Dlsch. Kol.) * In der gestrige» Sitzung der Leipziger Stadt verordneten Murre Bürgermeister Hofmann in Altenburg zum besoldete» Stadtrat für Leipzig gewählt. (S. Bericht.) * Die Leipziger Stadtverordneten be ¬ willigten gestern 3000 ^l. zur Stiftung eines Ehrenpreises für die H erkom er w et t fa h r t. (Siehe Sitzungs bericht.) * Der Reichstag hielt gestern zwei Sitzungen ab, in denen mehrere dritte Leiungen von Borlagen er ledigt wurden und der Präsident ein; Erklärung LeS Reichskanzlers über daS Verhalten der Polizei zu der sozialdemokratischen Redakteurkonferenz ver las. Tann trat der ReichSiag in seine Osterferien ein, die bis zum 10. April dauern. (S. ParlameutSb. 2. Bell.) s Die Budgetkommission des Reichstages setzte die Beratungen über den MlUtäretat fort. (S. DlschS. R.) * Der Braunschweiger Landtag ist zum Zweck der Regentenwahl auf den 28. März eiuberufen. * DaS Dresdner Schwurgericht verurteilte gestern nach achtstündiger Verhandlung den Arbcit-r Hugo Artbur Schilling auS Cheurmtz wegen des im Oktober vorigen Jahre» begangenen Mordes an der 13jährigen Thiermann zum Tode. (S. Gerichtssaal.) * In den Stromgebieten des Rhein« und Mittel deutschlands ist Hochwasser gefahrdrohend im Steigen. (S. Neues a. a. Welt u. letzte Dep.) * Die marokkanische Regierung ist gegen die ver tragswidrige Anlage von Funken-Stationen durch die Franzosen eingeschritten. — D:e Verhandlungen mit den Beui AroS sind gescheitert. (S. AuS.) * Die schwedische Regierung hat sich zu der Ostsee frage zurückhaltend geäußert. (S. AuS.) Var rurrircbe Minirterprsgramm. „Rußland muß iu einen konstitutionellen Staat umge- wandelt werden!" Ein russischer Ministerpräsident hat sich zum Konstitu- tionalismus bekannt! Noch weniger als nach dem Oktober- Manifest von 1905 wird jetzt mit einer künftigen Wieder einführung der Selbstherrschaft gerechnet werden dürfen, die al« Erbstück der Vorzeit mit aller Kraft des konser vativen Prinzips verteidigt, nach ihrer Preisgabe aber als Prinzip niemals zurückgerufen werden kann. Als Zar Nikolaus II. am 1. November 1894 den Thron seiner Vorfahren bestieg, wagten zum ersten Male wieder seit der Katastrophe von 1881 sich schüchterne Anfragen her vor, nicht mehr, ob jetzt auf eine Verfassung gerechnet werden dürfe. Ein geharnischtes Dementi beeilte sich, allen Frühlingshoffnungen ein Ende zu machen. Eine Ver änderung schien ja auch das überflüssigste Ding von der Welt zu sein. Es war doch „gegangen" unter dem 13jährigen Drucke! Die „unruhigen Elemente" saßen sicher in Sibirien. Daheim herrschte di« Ruhe des Friedhofes. Die Toten klagten nicht mehr, forderten nicht, schrien nicht. Der junge Nachwuchs aber war noch kaum bis zur Universität vorgerückt und wurde also in der Oeffentlichkeit noch nicht vernommen. Der „Nihilismus" wurde als verschollen, als tot erklärt. Man durfte wieder ruhig sein, und Nikolaus II. wagte sich in den Flitterwochen seiner Kaiserschaft sogar ein paarmal auf die Straßen Petersburgs. Es war mit dem Unterdrückungssystem „gegangen". So recht freilich nicht. Daß ein Zar 13 lange Jahre eigentlich der Gefangene feines eigenen Volke» gewesen war, vertrug sich im Grunde recht schlecht mit dem Begriffe eines Selbstherrschers. Man wollte sogar seine Todeskrankbeit aus den physiologischen Wirkungen eine- permanenten Angstgefühls erklären! Nikolaus II. verließ Zarskoje Selo. Freilich kehrte er bald dorthin zurück. Die frische Lust bekam ihm nicht. Auch sein russisches Reich hatte er wieder an die frische Luft bringen wollen, nachdem es 13 Jahre im Schmollwinkel gemodert hatte. Darüber war die Balkan- Halbinsel unter österreichischen Einfluß geraten, und Japan setzte gerade seinen Fuß auf das asiatische Festland. Das sollte jetzt anders werden. Unter dem neuen Auklands- Minister Lobanow nahm die russische Politik eine sehr leb haft« aktive Färbung an und erhielt vom deutschen Alt reichskanzler das Lob der „bestinstradierten" Europa». Ja pan wurde auf seine Inseln zurückgewiesen, und der Fürst von Bulgarien zum Wiedertäufer seines Sohne» gemacht. Das Bündnis mit Frankreich wurde amtlich verkündet. Der neue Zar begnügte sich nicht mehr mit dem „einzigen Freunde" in Cettinje. Während der Herrscher selbst nach der entsetzlichen Katastrophe deS KrSnungSfestes in die Ab geschlossenheit orientalischer Grvßkönige zurücksloh, ließ er die Aktivität seiner Auslandsminister weitergehrn und bei Gelegenheit der Boxerunruhen die Mandschurei besehen. Das war die Peripetie. Eine starke AuSlandSpolitik ist nur möglich, wenn sie durch ein starkes Heer gedeckt wird. Ein solche» glaubte man ja zu besitzen, und die Welt glaubte es auch. Daher Rußlands Erfolge! Aber man hatte nicht bedacht, daß der Schlendrian der inneren Verwaltung auch an der HeereSorganüation wie ein Wurm nagte, daß daS Heer durch seine Zahl, aber nicht durch seine Güte «iu« Macht darstellte. Al» der steche Japaner, auf den tönernen Koloß loszuschlagcn wagte, wurde dessen innere Hohlheit! offenbar. Man batte auch die Hohlheit des inneren Systems unter schätzt. Man hatte den scheinbaren Schlaf der Revolutions- Partei mit dem Tode verwechselt. Man wiegte sich in dem bequemen Wahn, die Symptome der Unzufriedenheit aus den Verhetzungen unruhiger Köpfe abzuleiten, und glaubte die Unzufriedenheit zu beseitigen, wenn man fortfuhr, alle solche Köpfe abzuschlagen. Man dachte auch nicht daran, daß die neu heroortretende „Bewegung" darum gefährlicher sei als die unter Alexander II., weil jetzt nicht mehr bloß die „Söhne" in der Bewegung standen, sondern die Söhne der früheren Bewegung, wie sie Tnrgenjeff geschildert hat, inzwischen Väter geworden waren, ihren Söhnen den Rücken deckten. Man dachte eben an nichts, am wenigsten au die große Hauptsache, daß die „unruhigen Köpfe" im Grunde alles Recht für sich hatten, daß die Anarchie der Revolution zum mindesten kaum schlimmer war-als die Anarchie der Be amtenwirtschaft, daß die Exzesse des Idealismus auf alle Fälle sittlich höher stehen als die Ausschreitungen eines im Sumpfe der Korruption versunkenen Materialismus. Aus dem gärenden Most der Revolution kann ein Wein werden: der Schlamm wird immer Schlamm bleiben. Wird ein Wein sich herausarbeiten? Wird Stolypin der Winzer sein? Vielleicht. Ten guten Willen hat er. Auch Einsicht und Kenntnisse. Sein Programm greift mit fester Hand in alle die schwärenden Wunden am Körper des russischen Staatstums hinein: Justizreform, Selbstver waltung, Agrarreform, Sanierung oer Finanzen sollen in Angriff genommen werden. Er tritt nicht mit leeren Händen vor die neue Duma, wie es der im Ausland über schätzte Witte getan haben würde, wäre er nicht zum Eröff nungstage der ersten Rcichsversammlung seines Amtes ent hoben. Er prahlt nicht mit einer künftigen Resormgesetz- gebung, deren schwierigster Teil, die Ausarbeitung, erst ge schehen soll. Er hat ein halbes Jahr fleißig gearbeitet und legt seine Arbeit fertig auf den Tisch des Hauses. Wie sie geraten ist, da 8 muß natürlich geprüft werden. Aber die Duma von 1907 ist auch nicht, was die Duma von 1906 war. Sie will prüfen, will arbeiten. Das bietet günstige Aus sichten für Rußlands Genesung. Aber: Die Hauptsache hat er vergessen» wie jener Zwerg der alten Dichtung, der über alle Dinge im Himmel und auf Erden Bescheid weiß und am Ende Wodans Hauptfrage oi-'läßt: Vom Volksunterricht kein Wort! Für das Wohlerge^n des Leibes soll gesorgt werden, vom Geiste ist keine Rede! Wir sind weit entfernt, eine Lösung der russischen Bauernfrage zu verachten, wenn dieses verzweifelt schwierige Werk wirklich gelingen sollte. Wir würden noch weit höher die Erschaffung des Rechtes in Rußland schätzen, die Unverletzlichkeit der Person usw., wenn Ernst mit der Absicht gemacht wird, dieses Kleinod dem russischen Volke zu schenken, diese unentbehrliche Grundlage jedes ge- sunden Staatswesens. Wre sich aber aus dem papierncn Wust der schönsten Gesetze ein wahres Leben hervorrinzen soll, so lange dem Volke selber nicht eine Seele ringe- haucht wird — das vermögen wir nicht zu begreifen! So wenig, wie die Ide« der Revolution überwunden werden soll, wenn nicht eine bessere Idee an ihre Stelle gesetzt wird; wenn daS bißchen Unterricht, das jetzt die ungelenken Köpfe der Muschiks empfangen, durch die unklare Beredsamkeit der revolutionären Studenten in der Schenke hineinge- pflanzt wird und nicht an dem gegebenen Orte und durch die berufenen Volkserzicher: in einer tüchtigen Schule und durch einen tüchtigen Lehrerstand! Vom Geist sei nicht die Rede in Stolypins programma tischer Erklärung? Ja freilich: Die orthodoxe Kirche soll die Grundsäule des russischen Staates bleiben, ihre pri vilegierte Stellung soll erhalten werden. Die ortho doxe Kirche, die der niedrigste Bauer in dem Augenblicke verläßt, wo die dürftigsten Anfänge des selbständigen Denkens, das Ferment der individuellen Kultur sich in ihm emporarbeitet! Die allverhaßte, tief verachtete Anstalt der Schablone, der Gcistesknechtschaft, des nur formell christia nisierten Heidentums: die soll die Grundlage des zu er neuernden russischen Staates bleiben! Mit dieser Wendung hat Stolypin sich und seinem in manchen Sätzen so lobens werten RegieruugSprogramm das Todesurteil gesprochen! * Unser Petersburger 2. 8.-Korrespondent telegraphiert: Eine Stolypin nahestehende Persönlichkeit teilte mir mit, die Regierung sähe in den kadettischen Bestrebungen einer Annähe rung an die konstitutionellen Oktobristen zur Bildung einer gemeinsamen Ordnungspartei, die Garantie, daß die Kadet ten ihre revolutionären Tendenzen anfgäben. Realisiere sich die Fusion, so sei die Legalisierung der Kadetten sicher. Var Hpotdelrengerrlr. Der vom ReichSamt de» Innern jetzt auSycarbeitele Ent wurf eine- ApochekengesetzeS bat von neuem eine Angelegen heit in Len Vordergrund geruckt, deren Lösung schon in den Jahren 1877 und 1896 vergebens in Angriff genommen wurde. Die Fragen, um die es sich bei dieser verwickelten Materie handelt, lind vom Oberlandesgerichtsrat Neu kamp in der neuesten Auflage de» „Wörterbuches der Volkswirtscha't" (Jena, Gustav Fischer) übersichtlich behan delt. WaS zunächst die Dringlichkeiteiner Reform des geltenden Rechtes anöelangt, so kommen dafür eine Reib« schwerwiegender Erwägungen >n Betracht. Die Grundlagen des Apothekeawesen» beruhen großenteils auf veralteten Vorschriften; lrtztrr« sind ferner sehr verschieden und teil weise äußerst verworren; die Apothekenpreisr, ungeheuer hoch und stets steigend, hängen mit einem zuweilen recht häßlichen „Apothekenschöcher" zusammen, der mittelbar eine Verteue rung der Arzneimittel hrrbevführt: das jetzige Kon-essionS- sostem bedeutet für einzeln« wenig« Glückliche, denen eine Konzession verliehen wird, Mitunter ein Beschenk von vielen Taulenden, während «in« groß« Zahl geeigneter Bewerber niemals die gewünschte Eel-bsteindi-keit erlangt. Di« schon erwähnt« Buntschrckigkeit d«» Rech- Ite» in den einzelnen Bundesstaaten verdient «in« nähere I Beleuchtung. Einheitlich gilt für all« Bundesstaaten, nach» I dem 1877 «« in Elsaß-Lvchriwg«, bestehende NiederlassungS- sreiheit beseitigt war, die Bestimmuno, daß es zur Errich tung einer Apotheke einer besonderen Konzession bedarf. Diese ist entweder eine R ea l konzession, d. h. «ine in der Regel mit dem Besitz eines bestimmten Grundstücks ver bundene, 'rei veräußerliche und vererbliche Gerechtigkeit, oder eine P e r s o n a l konzession, d. h. eine nur einer be stimmten Person verliehene und in der Regel mit deren Ver- zieht oder Tod erlöschende, unveräußerliche und unvererbliche Berechtigung zum Betrieb einer bestimmten Apotheke. Die Personalkonzession besteht in Preußen. Banern, Württem- berg, Baden, Hessen, Braunschweig, Oldenburg, Anhalt und Elsaß-Lothringen; die Nealkonzession, zum Teil verbunden mit einem Verbietungsrecht gegen die Errichtung neuer Apotheken, gilt in Weimar, SchwarzLurg-Sondcrshausen und Altenburg. Wenn auch in den übrigen deutschen Staaten neuerdings di« Personalkonzession überwiegt, so sind trotzdem in fast allen Bundesstaaten die Rechtsverhältnisse der ein- zelnen Apotheken deswegen ungemein verworren, weil die Privilegien für die älteren Apotheken nicht be- seitigt sind und nur die in der Neuzeit errichteten auf Grund der Personalkonzession betrieben werden. L0 be stehen z. B. gegenwärtig in Preußen 3 Gattungen von Apotheken nebeneinander! In statistischer Beziehung sind nachstehende Angaben von Wert. Im Jahre 1905 gab es lm Reiche snach dem „Statistischen Jahrbuch") 5706 Apotheken, so daß aus 1 Apo theke 10 627 Einwohner kamen. Am 1. Juli 1905 waren im Reiche 5161 Apotheken vorhanden, so daß durchschnittlich auf rund 10 000 Einwohner 1 Apotheke entfiel. Von diesen waren 1820 priviliqiert, 3116 konzessioniert. 37 im Besitz der Krone usw., 185 Filialapotheken, 3 sonstige: von den kon zessionierten waren 2351 veräußerlich, 765 mit unveräußer licher Konzession: von letzteren entfielen nur 34 auf Preußen, wo außerdem 337 erst nach 10 Jahren frei veräußerliche Apotheken vorhanden waren. Von jenen 5161 Apotheken wurden 25,6 Prozent ohne pharmazeutisches Hilfspersonal betrieben, 38L Prozent mit einer Hil-sperson, 21,2 Prozent mit zwei Hilfspersonen, 7,7 Prozent mit drei Hilsspersonen, 4H Prozent mit vier und 1,3 Proz. mit fünf Hilsspersonen. An Betriebsleitern wurden loci der Berufszählung von 1895) 5487 Perspnen, an Hilfspersonal 7627 Personen ermittelt, wobei auch das nur kaufmännisch geschulte Personal mitgezählt ist. Der Entwurf will, daß für eine reichsgesekliche Regelung des Apothekenwesens allein die unübertragbare Personal konzession die Grundlage abgeben könne. Neben der Durch führung dieses Prinzips der Entwurf aurl die gewerb liche Seite des Apothekenwesens einheitlich zu regeln, ins besondere schafft «r die Grundlage für den reichsrechtlichen Erlab einer Reihe von Aussührungsoorschriften. Der wich tigste Abschnitt des neuen Gesetzes bleibt aber der erste, der sich mit der Detriebserlaubnis beschäftigt. Hier wird im 8 1 der Grundsatz sestgelegt, daß, wer eine Apotheke be- treiben will, dazu außer der in der Gewerbeordnung vor geschriebenen Approbation der Erlaubnis bh^r Vor Er teilung der Erlaubnis zum Betriebe einer Apotheke erläßt di« zu^ändige Behörde eine Ausschreibung. Unter mehreren Bewerbern wird die Konzession im allgemeinen demjenigen erteilt, der nach erlangter Apvrobation länaer als alle übri gen Bewerber im Jn.ande als Apotheker tätig gewesen ist. Nach dem Tode des Berechtigten darf eine zeitweilige Fort führung des Apothekenbetriebes durch einen approbierten Apotheker stattsinden, wenn eine Witwe, eine Ehefrau oder minderjährige Kinder oder sonstige Erben vorhanden sind, deren Bedürftigkeit sestgestellt ist. Die in dem Entwurf aufgenommenen Vorschriften sind so allgemein wie möglich gehalten, um den Bundes regierungen den Weg, den sie znr weiteren Sanierung des Apothekenwesens einzuschlagen sür angezeigt halten, nicht zu beschränken. Tie preußische Staatsregiernng beabsichtigt nach der „Tägl. Nund'chau", durch Landcsgcsetz eine Rege lung nach folgenden Gesichtspunkten zu treffen: Den In habern von Äpothckenbctricben wird eine angemessene und in billiger Weise abgcstnste Betriebsabgabe auferleyt. Diese fließt einem mit juristischer Persönlichkeit ouSgestattcten besonderen Fonds zu, der ausschließlich den Zwecken des Apothekcnwciens und des Apotbckerstandes zu dienen be stimmt ist. Es ist beabsichtigt, die Mittel des Apotheken fonds insbesondere auch zum allmählichen Ankäufe der be- stehenden übertragbaren Apotbekenberechtigungcn oder wenigstens eines großen Teile? derselben ^n verwenden. Zur Durchführung dieser Aufgabe soll dem Ltaat ein gesttz- liches Vorkaufsrecht kür alle auf Grund übertragbarer Be- rechtigung betriebenen Apotheken einaeräumt werden. Einer Steigerung der bestehenden Jdealwerte bei Avotheken soll dadurch entgeaengetreten werden, daß die Verwaltungs behörde das Reckst erhält, bei jedem Besitzwechsel hinsichtlich des von dem Besitznachfolaer zu zahlenden Preise? eine Kontrolle mit der Befugnis ausrnüben. denselben erforder lichenfalls aus Rücksichten de? öffentlichen Interesses auf die dem wirklichen Werte der Apotheke entsprechende, durch Sachverständige festzustellende Höhe herabzusetzen. Vie bremirchen Lehrer vor »er vkriplinarirammer. Bremen, 20. März. Ein aufsehenerregender DiSziplinarprozeß gegen «ine Anzahl liberaler bremischer Lehrer nahm heute vor der Disziplinarkammer der freien Hansestadt Bremen seinen Anfang. lieber di« Vorgeschichte schreibt man unS: ^Ganz Deutschland sieht auf Bremen", so hieß eS vor etw" zwei Jahren in den ZeitunaSberichten, die mitteilten, daß die entschlossen« heimische Lehrerschaft dem System, unter dem sie seufzte, offen den Krieg erklärt hätte, und dem Träger diese» System», dem Schulinspektor Köppe, die ganze Verantwortung zuichriebe. Die Feindschaft zwischen den Lehrern und dem Aufsichtsbeamten datierte von seinem Amtsantritt der; denn alles, WaS bei den Bürgerschaft«- beratungen über di« Einrichtung eines Schulinspektorats an Befürchtungen ausgesprochen war, daS glaubten die Lehrer in Koppe verwirklicht zu sehen. Sie waren gewöhnt ge- wHen, in Freiheit zu schaffen, und mit Lust und Liebe zu arbeiten. Und nun batte der Senat sich einen Schulinipek- tor au« Preußen verschrieben, der selbstredend orthodox war, und der noch und nach der Lehrerschaft immer mehr bureau- kratisch« Lasten auflegte, di« jed« persönliche Bewegung hemmen mußten, al» sind: Listen, Eintragungen, eine Uniformierung der Methode, da» strenge Verlangen, daß der Lernstoff immer und bei jedem Schüler sitzen müsse usw. Von siebenjühriaen Torfkindern, die gewöhnt sind, nur platt- deutsch zu sprechen, wurde gefordert, daß sie jeden Augen blick imstande seien, die durchzenommenen biblischen Ge schichten zu disponieren, daraus Lehren zu ziehen und einen Ge>angbuchvers und einen Bibelspruch aufzusagen. Versagte ein gewisser Prozentsatz der Kinder, so wurde dem Lehrer Faulheit vorgeworfen. Wiederholt wurde der Lehrer bei Inspektionen vor den Kindern geschulme stert, und so seine Autorität untergraben. Und nur, wer im Sinne des In spektors ein tüchtiger Lehrer war, konnte auf Beförderung rechnen. Auf Reformen hinzielende Eingaben der Lehrer blieben unbeantwortet. Dazu kam, daß mit dem Eintritt des Inspektors in die Lehrerprüfungskommission auch in die Lehrerexamen eia ganz neuer ungewohnter Geist einzog. Bon den Lehrern wurde z. B gefordert, daß sie hundert biblische Geschichten im Wortlaute der Bibel Herfagen, disponieren und behandeln könnten^ auch die Bibelsprüche und Gesangbuchverse durfte» dabei nicht fehlen. Es war nicht selten, daß von vier Prüf lingen einer Gruppe drei das Examen nicht bestanden, während doch die Vorbildung gegen früher nicht schlechter geworden war. So fühlte sich die Lehrerschaft von allen Seiten zu einem toten Wortwissen verpflichtet und in eine quälende Uniform gepreßt, die den Einzelnen zum maschinen artigen Werkzeug machte. Eine große Erbitterung war mit den Jahren aus den Lehrerkreisen heraus auch auf die Be völkerung nbergegangen. Und als im Frühjahr 1905 gegen den Lehrer W. Scharrelmann wegen seines Buches „Blatter aus unseres Herrgotts Tagebuch" eine behördliche Unter» suchung eingeleitet wurde, wobei sich der Schulin'pektor Eingriffe in die religiöse Auffassung des Vernommenen er laubt-, da brach der Unwille los, und in einer Sitzung der Bürgerschaft wurde von mehreren Herren gegen das Ver halten des Schulinspektors Einspruch erhoben. Kurz darauf nahm eine allgemeine Lehrerverfammluna, die von etwa 500 Personen besucht war, folgende Resolution an: ,,Die allgemeine bremische Lehrer- und Lehrerinnen- veriammlung spricht den Herren, welche in der letzten Sitzung der Bürgerschaft für die Freiheit der Volksschule und des Lehrerstandes eingetreten sind, den lebhaftesten Dank aus. Die Lehrerschaft protestiert dagegen, daß In spektionen dazu benutzt werden, der Autorität und Be wegungsfreiheit des Lehrers und damit der Lehierarbeit überhaupt zu schaden; sie protestiert dagegen, daß schr.fr- stel!eri''che Arbeiten, die mit der Lehrtätigkeit nichts z-n tun haben, dazu benutzt werden, die Verfasser einem Ver hör bezüglich ihrer GlaubenSgrundsätze zu unterwerfen, ja sogar sie dieserhalb zu maßregeln, und behält sich vor, in Form grundsätzlicher Erörterungen die Sache weiter zu verfolgen." Tas ist dann auch geschehen. Es wurden Kommissionen gebildet, die sich sowohl mit dem Religionsunterricht wie mit den Klagen gegen den Inspektor befaßten, und die von deu Kommissionen ausgearbeiteten beiden Denkschriften wurden dem Senate eingereicht. Tie Forderung auf Beseitigung des Religionsunterrichts wurde abgelehnt und in bezug auf die zweite Eingabe den Unterzeichnern mitgeteilt, daß dte Senatskommission die gegen den Schulinspektor erhobenen Angriffe weder nach dem Inhalt der einzelnen noch nach den dazu beigebrachten Materialien für gerechtfertigt erachten könne: den Unterzeichnern wurde darum sür ihr Verhalten die ernste Mißbilligung der Behörde ausgesprochen. Die» gab dann den Lehrern Veranlassung, die folgende Erklärung zu beschließen und in den Blättern veröffentlichen zu lassen: „Die bremische Lehrerschaft nimmt mit Bedauern Kenntnis von dem Bescheid, den die hochlöbliche SenatS- kommission für daS Unterrichtswesen auf die Eingabe der bremischen Lehrerschaft betreffend den Herrn Schülinspek- tor hat erfolgen lassen. In betreff des Verweises, der den Unterzeichneten der Beschwerde, ihren Beauftragten, zuteil geworden ist, erklärt sie sich solidarisch mit diesen Beauf tragten und übernimmt sür deren Vorgehen die Mitver antwortung. Die Lehrerschaft erklärt ferner, daß sie ihr Vorgehen für gerechtfertigt hält. Sie bat sich in erster Linie dadurch zu ihrem Vorgehen veranlaßt gesehen, baß sie den Herrn Schulinspektor für den Träger eines un fruchtbaren bureaukratischen Schematismus im Unter- richtsbctriebe und einer orthodox dogmatischen Beein flussung der Sckule hält." In dieser Resolution und ihrer Veröffentlichung hat der Senat eine Aufreizung und Aufforderung zahlreicher Be amter zum Widerstand gegen die vorgesetzte Behörde und den Inspektor Köppe erblickt und in der kundgegebenen Miß achtung der Behörde und des SchulinipeftorS sowie in der öffentlichen Verbreitung der als unbegründet erklärten Vor würfe gegen den Inspektor grobe Verletzungen ihrer Be- amtenpflicht erblickt. Auf Grund des Beamtengesetzes ist darauf gegen dte Lehrer Gamberg, Cartelmann, Holzmeyer und Lüdeking das Disziplinarverfahren eingeleitet wor den; zugleich wurde H o l z m e y e r , den man als den Hauptschuldigen ansah, vom Dienste suspendiert. Das war im Mai vorigen Jahres; die Voruntersuchung hat 10 Mo- nate gewährt. Heute früh begann unter dem Vorsitz deS Herrn Senator Dr. Buff dte Verhandlung, die mehrere Lage in Anspruch nehmen soll. Deutsches Deich. Leipzig, 2l. März. * tvjne osssjiSse Stimme gegen das Scharfmacherin«. Di« ,Lamb. Nachr." batte» wiever einmal argen den Fürsten Bülow mobil gemacht, weil er ibnea mcht scharf genug gegen vie Sozialdemokratie vorgebt. Ja — sie leistete sich den jetzt nach dem Wahlkampf gew ß höchst deplazierten Vorwurf, der Kanzler habe da« Bedürfnis, Kämpfe und Konflikte zu ver meiden. Diese Vorwürfe beantwortet jetzt die offiziöse „Süddeutsche ReichSkorresp." mit erfreulicher Schärfe, in dem sie u. a. schreibt: „Tie Taten, die di« „Hamburger Nachrichten" vom Fürsten Bülow gegen die Sozialdemokratie verlangen, können neben energischer Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nur tn gründlicher, unablässiger sozialpolitischer Arbeit bestehen für di« Abstellnug wirtschaftlicher Mißstände, wie für die Aufklärung der werktätigen Klassen über ikre wirtlichen Bedürfnisse und »der di« Unfruchtbarkeit deS sozialvemokratischra Porleitreibeu«. Di«s« Arbeit ist freilich ichwirrigrr, ol« Revressivgefetz« zu ersinnen, uad au Kampf fehlt e« dabei krinetwra«; er muß nicht uur gegen dir sozialdemokratisch» Berhetzuog geführt w«rd«^
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