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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.03.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070330017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907033001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907033001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
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- Monat1907-03
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Letzte Dep.) - - - * Nach Meldung aus Nom wird Tittoni im Laufe des heutigen Tages von Santa Severa nach Rapt» llo abreisen. (S. Letzte Dep.) * Stolypin erhielt, wie uns aus Moskau mitgetcilt wird, ein Telegramm aus dem Petrolesmrevier, nach dem dort neue Unruhen gusgebrochen seien. Die Industriellen sehen sich gezwungen, 40 000 Arbeiter auszusperren, was zu politischen Zwischenfällen führen dürfte. „_— * Gestern nachmittag erfolgte in Potsdam die Be erdigung des verstorbeaen Professors von Berg mau«. Vorauf ging «ine Trauerfeier, der der Kronprinz als Vertreter des Kaisers beiwohnte. (S. Letzte Dep.) * Kardinal L.uigi Macht ist gestern früh iu Rom gestorben. * Die Artilleriemanöver der -Dread nought" sind nach einem Telegramm aus London günstig verlaufen. (S. Letzte Dep.) * Auf Driefontein-Grube (Transvaal) sind, wie unS aus Johannesburg mitgeteilt wird, durch dre Explosion zweier mit Dynamit gefüllter Kisten vier Weiße und fünfzig Eingeborene getötet, sowie drei Weiße und sechzehn Eingeborene schwer verletzt worden. * Der Südpacificzug von New Orleans nach San Francisco überfuhr bei Colton (Kalifornien) bei einer Geschwindigkeit von 40 Meilen in der Stunde eine Weiche und entgleiste. 26 Personen wurden getötet und 100 Personen verletzt, viele von diesen tödlich. Die meisten Getüteten sind Italiener. Vie maroiklranircbe ffmee. Wieder einmal glaubt Frankreich die Gelegenheit wahr nehmen zu müssen, gegen Marokko vorzugehen, um seine» Besitz iu Nordafrika durch neue Eroberungen zu vervollstän digen. Vor sechs Jahren etwa hat es zur Verbindung seiner übrigen afrikanischen Kolonien seinen Vormarsch in die Wüste begonnen und die TuniSoasen erobert. Damit hat Frankreich seinen Weg zur Senegalkolouie sich freigemacht, u«d es könnte, wenn es wollte, das kühne Werk einer Trans saharabahn ins Leben rufen. Daß es aber nicht der ärmliche Handel der Oasen war oder die hin und wieder Vorkommen dän Streitigkeiten der alten Berberstämme, die Frankreichs Vorstoß veranlaßten, ist ohne weiteres ersichtlich. Die Um klammerung Marokkos, die Eroberung des Tafilelt, der Durchbruch zum Atlantischen Ozean, die Okkupierung des mineureichen Sus ist das Ziel. Aber noch phantastischere Pläne beschäftigen, außer diesen rein politischen und wirt schaftlichen, das Gehirn der Franzosen: sie wollen Marokko und die nordafrikanischen Besitzungen in den Dienst der Revancheidce stellen. Ein hervorragender Gelehrter, der sich als Erforscher Marokkos bedeutende Verdienste erworben hat, hat dies erst kürzlich in einem sonst recht interessanten Buche ausgesprochen; denn wo wäre ein Deutscher, der nicht den Sinn der folgenden Worte verstände: „Wenn Algerien und Tunis vereint uns eines Tages dreimalhunderttausend muselmännische Schwerter wird geben können, was sollen wir von Marokko sagen, wenn es in den Anzlehungskreis von Frankreich endgiltig getreten ist? Wo ist die europäische Armee, die dem Ansturm von 2 Millionen Berber-Arabern, bewaffnet und diszipliniert auf französische Art. zu wider stehen vermöchte!" Das ist nun allerdings etwas, sagen wir einmal, kühn und hoffnungsfreudig von der Zukunft gedacht. Aber ganz abgesehen davon rechtfertigt doch auch die augen blickliche Lage eine kurze Schilderung der militärischen Ver hältnisse des Landes, das, obwohl an den Toren Europas selbst gelegen, doch noch in mancher Richtung unbekannt ge- blieben ist. Die früheren Sultane Marokkos mußten sich zu ihrem eigenen Schutze gegen die ewig aufständischen Untertanen und die großen einflußreichen Familien und Stämme mit einer Leibwache umgeben, die in besonders unruhigen Zeiten bis zur Größe eines Heeres von 50000 und mehr Mann er höht wurde, sich gewöhnlich aber auf durchschnittlich 10 000 Individuen belief. Dieses Gefolge, das meist aus Negern oder anderen der Landessprache möglichst wenig kundigen Elementen gebildet wurde, konnte nicht in Unkenntnis über seine eigene Bedeutung bleiben und strebte naturgemäß da hin. die Umstände zu seiner Bereicherung oder auch zur Er- langung von Einfluß auf die Herrschaft des Landes auszu nutzen. Die Sultane wurden daher allmählich vollständig abhängig von ihrer Leibwache, wenngleich diese anderseits stets bestrebt war. jeder Regung ihres despotischen Willens zu entsprechen, jeden ihrer Willkürakte zu unterstützen, jede ihrer Launen zu befriedigen. Diese Leibgarde eristiert zwar heute nur noch in der etwa 5000 Mann starken Truppe der Bocheri fort, doch hat sie unter den veränderten Verhältnissen ihre frühere Bedeutung und ihren gestaltenden Einfluß eingebüßt und bildet ge wissermaßen die Garde des stehenden Heeres. Die Bochari werden mit Ländereien belehnt, deren Bebauung ihnen und ihren Familien bis auf den heutigen Tag den völligen Unter halt gewährt, und die i» der Nachbarschaft vou Mequinez i« stzhr fruchtbarer Gegend belegen siud. Neben dieser KadallerietrMy» «Erd« 8«— »och «um aus Sachsen nach Süd -weit« geschaffen, die heute eigentlich den Hauptbestandteil des stehenden Heeres bildet und auch den Gendarmeriüsienst versieht. Es ist die der Machazniye, die sich zurzeit auf 12 000 bis 15 000 Mann beläuft, im Kriegsfall aber die doppelte Höhe erreicht. Die Glieder der Truppe werden aus der Dynastie treu ergebenen Stämmen genommen nud ebenfalls mit Ländereien belohnt, die so lauge im Besitz der betreffen den Familien bleiben, als männliche Erben vorhanden sind, die den Dienst der Väter in dieser Truppe weiter versehen. Diese Stämme haben dafür, daß sie die Truppe beständig mit neuen Mannnschaften versehen, keine Abgaben zu zahlen. Die Machazniye werden in kleinen Abteilungen auch den Provinzial- und Distriktsgouverneuren beigsgeben, ebenso den Vertretern des Auslandes, und dienen als Begleiter der Reisenden, die dc» Schutz des SultanL genießen. Die Artillerietruppe der Tobdschiye, die in den Städten den Dienst versieht, genießt ähnliche Privilegien, wie die beiden anderen Heeresabteilungen. Sie sind abgabenfrei, und ihre Söhne erben ihre Stellungen. Sie rekrutieren sich aus dem Handwerkerstand und betreiben ihre Gewerbe neben dem Dienst, der si« wenig in Anspruch nimmt. Die Feldartillerie wird durch eine Abteilung der durch ZwangS- auZhebung geschaffenen Truppe der ASkari bedient, die etwa 6000 Mann stark ist und nach europäischer Art ausgebildet wird. An der Spitze steht «in ehemaliger englischer Offi zier, Oberst Maclean. Die verschiedenen Stämme und StAsse müssen nach Maßgabe 'hrer Größe Kontingente stellen, und der Dienst ist lebenslänglich. Die Marinetruppe der Bahariye bildet ebenfalls einen erblichen steuerfreien Stand, sie beläuft sich auf ungefähr 800 Mann, die iu den Seestädten den Hafendienst der Zoll boote versehen oder in ähnlicher Weise Verwendung finden, denn Marokko besitzt kein« Kriegsmarine. Für den Kriegsfall wird die Harka oder der Gum ein berufen, in den alle waffenfähigen Männer von 14 bis 60 Jahren eintreten müssen, und dessen Größe im ganzen auf 300 000 bis 400 000 Mann geschätzt wird. Bei de« Kriegs zügen, die der Scherif fast jährlich gegen unbotmäßige Stämme unternimmt, wird häufig die Harka der betreffeu- deu benachbarten Distrikte zur Dienstleistung einberufen. Die Verbilligung für Reisende deutschlanv ist die gleiche. DaS amtliche Schriftstück faßt dann sein Urteil über die Reform folgendermaßen zusammen: Nicht berührt durch die Reform werden die Preise der IV. Klaffe in Norvdeutschlano, die Preise jur Monats-, Schüler- und Arbeiterkarten, für Sonntagskarteu, für den Stadl- und den Vorortverkehr, ebenso bleiben die Preise für Sonderzüge und Feriensonderzüge fast ganz unverändert. Hieraus ergibt sich, daß ein sehr er heblicher Teil der Preise unverändert bleibt, einzelne Reisen verbilligt, andere verteuert werden. Es ist versucht, diese Aenderungcn für die preußisch-hessischen Bahnen in Prozenten zu schätzen, und dabei kommt heraus, daß etwa 80<>/<> aller Reisenden leine finanziellen Vorteile oder Nachteile haben, daß 12«,'» billiger, 8»/a teurer fahren werben. Durch die Reform werde« jedoch weiterhin Vorteile geboten, die allen Reisende«, auch denen, die finanziellen Nutzen nicht genießen, zugute kommen. Die Beseitigung der Rückfahrkarten hat die Folge, daß die Bewegungsfreiheit der Reisenden erhöht, der Verkehr vou lästigen Fesseln befreit wird. Um billig zu reisen, braucht man sich nicht mehr zu Beginn der Reise zu binden jür de» ganzen Reisrweg; man braucht nicht ängstlich besorgt zu sein, die Frist für die Rückfahrt eiuzubalte». Äe unbequemen Reklamationen bei Nichtaus nutzung der Fabrscheinheste oder der Rücksahrkahrten fallen weg, eme Schreibgebühr wird bei FahrpreiSeistattungen nicht mehr abgezogen. Die Notwendigkeit der Fahriuaterdrechuug wird nur selten «och vorliege», di« Bescheinig«»- der Fahri- Vie Neusrtlnung -er cleutrcben perronen- «nü gepSOriarike. DaS königlich preußisch- Mm slerium der öffentlichen Arbeite« versendet an die Presse ein längeres Schriftstück, das sich bemüht, die für die Neuordnung der deutsche« Personen- und Gepäcktarife am l. Mai besonders wichtigen Punkte hervorzudebeu und gegenüber der abfälligen Kritik a» der „Reform" ihre guten Seilen hervorzubeben. Soweit dasselbe gesagt wird wie in dem für Sachse» schon ver öffentlichte» uad von unS vor wenigen Tagen bekannt ge gebenen Artikel, lassen wir daS Schriftstück deS preußischen Ministeriums unberücksichtigt. Dagegen wollen wir gern de« Auslassungen Abdruck geben, die sich gegenüber der berechtigten Kritik an der Reform auch zugunsten dieser Reform ansühren lassen. Während man für die Bahnen iu Norddeutschland im Wegfall des Freigepäcks eine der Schattenseiten der Reform sieht, wird in dem Schrift stück auSgeführt, daß der neue Grpäcktarif für alle süd» deutschen Bahnen eine Verbilligung zugunsten der Reisende» bedeutet. Dafür werden folgende Beispiele gezeigt: ES beträgt die Fracht für 25 kx von Berlin »ach Müllchen jetzt vom 1. Maid.I. ab über Regensburg . . . 3,40 1,— über Probstzella .... „ 3,75 1- von Berlin nach Kufstien über Regensburg.... „ 4,40 „ 1 über Probstzella .... v 4,80 „ I vou Berlin nach Stuttgart über Ritichenhausen . . „ 3,15 „ 1,— von Lölu nach Basel . . . „ 2,95 „ 1.- Unterbrechung kann daher Wegfällen. Die Gepäckabfertigung auch für schwerere Gepäckstücke wird veremfacht und beschleunigt. Jeder Reisend« findet auf der Fahrkarte die EntferuungSzone und kann danach die Gepäckfracht selbst berechnen. Der Abfertigung-- beamte liest die Fracht von der einfache» und kurz gefaßte» Gepäcktabelle ab, soweit nicht der Preis auf den Gepäckschein aufgedruckt ist. Er braucht nicht mehr iu dicken Tarifheftea nachzuschlageu und schwierige Rechenexeaiprl z» lösen. Für die Benutzung der Feriensonderzüge, für die Sonntagskarteu, die Zeitkarten konnte» Erleichterungen gefchaffen werde«, die zur Erböhuog der Bequemlichkeit der Reisenden beitragen. Die BorauSdestellung von Plätzen bei Zügen mit numme rierten Sitzen bleibt, wie bisher, gestaltet. Eine Gebühr wird dafür nicht erhoben. Wenn sich diese Erleichterungen auch nicht iu Geld schätzen lassen, so werden sie doch ohne Zweifel von allen Reisende« gern begrüßt werde» und auch zur Hebung des Verkehrs beitragen. fffrilkanircher Lorbeer. Er mußte kommen, weil er i» der Lust lag. Und «na ist er da — der Kolonialroman. Eia Kind unserer Zeit mit ihren lebhaften kolonialpolitischen Erörterungen, wie so mancher andere Zeitroman, der seine Entstehung der öffent lichen Diskussion brennender Zeitfragen verdankt. Wir haben deren in den letzten Jahren ja genug gehabt. Von dem an Kunst baren Sensationsroman Bisses an bis zu Beycrleins „Jena oder Sedan" mit seinem künstlerischen Charakter. Von den „Erstklassigen Menschen" des Grafen Baudissin bis zu deu Romanen hin, die, mehr rber weniger künstlerisch gestaltet, Probleme der Weltpolitik in der Form der Kriegs- und Scylachtenschilderunaen einer nahen Zu kunft erörterten. Und auch die koloniales Verhältnisse gaben schon einem deutschen Dichter Stoff zu feinsinniger Dichtung, die in schlichter und darum um so tiefer er greifender Art die Kampfe und schier unerträglichen Strapazen unserer Tapferen in Afrika schilderten. Gustav Frenssen schenkt« uns „Peter Moors Fahrt nach Südwest". Aber es war nicht der Kolonialromau, so hoch auch die Er zählung Frcnff>?nS als dichterisches Derk steht. Ihr Inhalt blieb auf die harten Kämpfe in Südwestasrika beschränkt. Das Milieu kolonialen Lebens und Treibens aber, dessen Wiedergabe im Mittelpunkt des eigentlichen Kolonialrvmans sichen muß, kam weniger zu seinem Recht. Die alteren Ko lonialromane Frieda von Bülows aber lassen wiederum die Probleme zurucktreten, die vor allem seit Jahresfrist die koloniale» Erörterungen in Deutschland beschäftige», so lebenswahr sie auch sonst auS den Verhältnissen Ostafrikas geschöpft sind. Das aber ist nun di« Stärke des eben erschienenen Kvlo- nialromans „Afrikanischer Lorbeer" von Alfred Funke (Vita, Deutsches Verlagshaus, Berlin. 556 S. 4 ^(, eleg. gab. 5 ^l), daß in ihm ein in der koloniaivolitische» Debatte der Gegenwart außerordentlich gut orientierter Schriftsteller mit reicher dichterischer Begabung zum Darsteller ostafrikanischer Verhältnisse und Kämpfe wird, die die Kern stage unserer Kolonialpoutik berühren und die der Verfasser zugleich in künstlerischer Kraft mit den Erlebnissen der Helse» seines Romans so em; verbindet, daß in diesem Werk Kolo nialpolitiker und Dichter in einer nur hie und da gestörte» Harmonie zusammenwirken. Alfred Funke hat bereits früher in Skizzen und Novellen, die südamerikanische Stoffe behandeln, gezeigt, über welche farbenreiche Palette er in der Natu"schilderung verfügt. Diese Kraft farbenfrischer Darstellung hat sich in dem vorliegende» Roman noch gesteigert. Die bunt« Natur Ostafrikas er wacht unter seine« kräftigen Pinselstrichen vor uns zu vollem Leben. Die drückende Sonnenhitze, die dem frischen Morgen folgt, legt sich mit bleierner Schwer« auf uns, wenn er sie i» ihrer Wirkung auf Mensch und Tier wiedergibt; und dann ist es wieder, als umgäbe uns unter seiner dichterischen Malerei die von tausendfältigem Leben durchzitterte Nacht, vor der der Europäer hinter sein Moskitonetz flieht. Genau so scharf und sicher, wie er hier die Natur farbenreich malt, zeichnet Funke aber auch die Charaktere der Menschen und das Milieu, in dem si« leben. Es wird bis in die kleinsten Kleinigkeiten hinein und doch nicht in ermüdender Kleinigkeitskrämerei ge schildert. Immer bleibt Norm, das zu geben, was charakteri sierend wirst. So auch bei den Menschen. Die verschiedensten Typen begegnen uns. Der kraftvolle, »och in der Schul« Miffmanns erprobte, umsichtige Hauptmann auf der Station Uleia, und als scharfes Gegenbild zu ihm der am Spieltisch und Alkohol gescheiterte Abenteurer im Offiziersrock, der nur mit der Nilpferdpeitsche seine Autorität zu wahren meint, aber sich auf guten Fuß mit den Missionaren zu stellen weiß. Dann dlese selbst in verschiedener Charakterfärbung, der nach dem Märtyrerruhm geizende Priester und der fanatische Zelot, die in Sehnsucht nach dem Himmelreich sich verzehrende Missionsschwester und der weltkluge Ordcnsmann, der sich selbst dann seines Sieges durch die Macht des Zentrums im Reichstag bewußt ist, wen» er durch fein zelotisches Verhalten gegenüber den heidnischen Tänzen die Neger aufrührerisch ge macht hat. Und der Kreis weitert sich. Er umfaßt die ver- chiebenen Typen der Eingeborenen, den diebischen, unzuver. ässigen Diener, der durch eine Reise nach Europa völlig ver- >orben ist, die tapferen Askari, die schlauen arabischen Händler, die braunen Mifsionsschüler mit ihrer unzuläng lichen christlichen Durchbildung, die in Grausamkeit gierigen Neger mit ihren in Sinnlichkeit nach dem VerkÄhr mit de» weißen Männern lüsternen Weibern. Sie alle wirken jedes in seinem Teil mit zu dem drama tischen Verlauf, den die Entwicklung des Romans nimmt. Sie beginnt mit de» Gegensätzen zwischen Mission und mili tärischer Station und geht durch die blutigen Kämpfe deS Eingeborenenaufstandes, die prächtig geschildert werden, bis zur Rückkchr des eigentlichen Romanbelden nach Europa. Seine tadellose militärische Führung, seine umsichtig« Ver waltung haben ihn nicht davor geschützt, daß er als unbe quemer Untergebener gilt, weil er nicht in das Stuebelsche System der Konzessionen an die klerikale Macht paßt. Und seine Neigung zu einem Negermädchen muß er mit einem schweren Konflikt zwischen Liebe und Pflicht bezahlen. Beides Zusammen, gemischt m der Hexenküche afrikanischen Klat- sches, verdichtet sich zn Anklagen gegen den Hauptmann, die an di, gegen PeterS erhobenen erinnern — und der letzte Teil des Romaus spielt sich dann in der Reichshauptstodt ab als Kampf zwischen dem Angeklagte« u»d der Kolonial- KehSrde. Das alles »st so unnrittelbar aus dem Leben geschöpft uns so lebenswahr wiedergegoben, daß es der dem Kolonialpoli tiker freilich nahe liegenden Hiuweise auf die kRonialen Vor gänge von Stuobel bas Dernbuvg unter teilweiser Nenunug der handelnde» politischen Personen gar nicht bedurft hätte, um unS davon zu übei^eugen, daß hier Wirklichkeit in dichte rischem Gewanb uns entgegen trist. Denn dadurch verminberi sich für unser Empfinden der rein dichterische Wert des Romans in etwas, zumal hier durch Wiedergabe lang atmiger, wenn auch recht frisch geschriebener Briefe ans der Heimat und durch allzu ausführliche Verhandlungen in Berlin der Gang de« Handlung gehemmt wird. Aber diese Ausstellung an der nicht immer glücklich bewahrten Harmonie deS Kolon ialpolitikers uad Dichters soll das durchaus günstige Urteil über den Gesamtwert deS Romans nicht ernstlich trüben. Mfred Funke bat uns in ihm ein kulturhistorisches Werk geschaffen, daS allen Freunden einer gesunden Kolonialreform Freude bereiten wich und das kraft seines dichterischen Wertes auch vor dem Urteil deS LiterarästbetikerS bestehen kann. Möge es den große« Lafuckras find«, auf de« «s Anspruch erhebe» darf. Deutsches Keich. Lechzt«, so. MLrz. * Fürst Vülo» «md JMlie«. Die Turiner „Stampa" bringt au« der Feder ihre« Spezialberichterstatters, de» Ab geordneten Cirmeni, iuteressaute Enthüllungen, die angeblich oom Fürste« Bülow selbst herrühre». Als Fürst Bülow seine« „Schlaganfall" erlitt, sei er eben im Begriff gewesen, iu energischer Wesse die lovale Haltung Italiens i« Algeciras sestzustclle« und die deutsche Presse zur Einstellung ihrer Polemik gegen Italien auszuforderu. Die Krankheit deS Reichskanzlers und sei« zeitweise- Fernsei» von deu Geschäfte» wurden indessen von gewissen diplomatischen Intriganten unter Führung einer alten Kauzleiratte (!) b«»«tzt, um Bülow- Politik ein Bein zu stelle», besonder- aber m» Italien als Ucber- läsfer zu Fraskreich und als Feind Deutschland« zn verdächtigen. Die Folge davo» war die bekannte Entfremdung zwilchen Italien und Deutschland, da- Ausbleiben eine- Saisertelr grammS bei der Vefuv-Katastrophe, die Kaiferdepesche an de» Grase« Goluckow-ki, endlich der deutsche Preffefeldzug gegen Italien. Glücklicherweise geaaS Fürst Bülow, uod sein erste« war, die Intriganten zu züchtige» und den Kaiser Wilhelm wie den österreichische» Kaiser zu jenem Telegramm an den König Viktor Emanoel zu veranlasseu, da« alle Wolken zerstreute. Alsdamr hielt er im Reichstag die be- lannte italieafreuudliche Rede nud schickte obendrein den Staatssekretär des Aeußere» v. Tschirschky nach Nom. Dies alles sei ein Beweis dafür, daß Fürst Bülow ei» wahrer Freuud Italiens sei, der selbst i» der Freundschaft Italiens zu Frankreich eine» Vorteil für den Weltfrieden erblicke. * Ter polnische Lchulftretk und sciue Folgen. Die Ab weisung relegierter polnischer Gymnasiasten in München, welche dort, wie gemeldet, «m die Ausnahme in bayerisch« Gymnasien nachsuchte«, ist, nach der „T. R.", auf Grund rer bestehende« StaatSvertraze erfolgt. Zwischen deu Uaterrichtsverwaltungea der deutsche« Bundesstaaten besteht ein Uebereinkommen, wonach die Aufnahme eine- Schülers der drei obersten Gymnasialklaffeo in die Lebranstalt er»«- anderen Bunde-staate- nur mit dem Ein verständnis der Schulbehörde seines Heimatstaates erfolgen kann; in vorliegendem Falle also Preußen-. * Die Reform der Mädchenschulen io Preußen. Zu de« wunderschöne» Meldungen über die Reform der Mädchen schulen erfährt die „Voss. Ztg.', daß e- mit dem vier- klassigen wissenschaftlichen Oberbau, als Oberrealfchule, Realgymnasium oder Gymnasium, nicht genug sein soll. Mau will noch er» Lyzeum aussetzeu, i» dem ein Lehreriunensemiuar uod eine HauSbaltuugSschole vereinigt werden sollen. Der erfolgreiche Besuch dieses drei- bis vierklassige» LyzeumS würde einmal die Ableguog des Lehrer,anenexameoS ermöglichen, und feruer würde e« zur Ausbildung als Kindergärtnerin uod zur Unter- wcisuag m alle« praktische« Fächer« de- Haushaltes diene«. Das erwähnte Blatt muß allerdings selbst hiuzufügen, daß die „Erwägungen noch nicht abgeschlosseo" seien. * Enttaffeue «efan-eoe. Die Behandlung der entlasseneu Strafgefangenen ist in deu letzte» Zeile», iu Anknüpfung a» den Fall des „Hauptmanns vou Köpenick", der Gegenstand zahlreicher ernster Kritiken gewesen. Daß die PrapiS auf diesem Gebiete eiuer Aeuderung dringend bedarf, das fchenrt nun auch die Regierung eiuzusehea. Die Münster v. Beth- mauo-Hollweg, Beseler uod Stadt habe« eme» gemeinsamen Erlaß vollzogen, in dem den Vereise» für daS Fürsorgewese» eiu hohes Lob gespendet wird and in dem eS dann weiter heißt: „Solange der Verurteilte einer geordnete» Fürsorge unter steht, fmd alle Maßregel«, welche geeignet sind, ,hm eiue geordnete Tätigkeit zu erfc^oeren, wie z. B. Erkundigungen nach ihm durch Polizeibeamte, unbediogt zu vermeid»». Die Polizeibehörden haben von Zeit zu Zeit bei den Fürsorge organen aozufrage», ob der Verurteilte der Fürsorge noch untersteht. Iu dem Erlasse vom 4. Februar d. I. über di« AnfenthaltSbetchräakunge» bestrafter Personen ist vorgesehen, daß vor Anordnung der Ausweisung eine- Bestraften auch fest- gestellt werve» soll, ob er sich unter die Aufsicht ei»«S Fürsorge- vereinS gestellt habe, event. soll er hierzu direkt oder durch Ver mittelung eines Fürsorgevereins angeregt werde». Personen, welcke sich einer solche« Aufsicht unterstellt haben, stad i« der Regel nicht auSzuweise«. T)amit ist deu Fürsorgevrganen eine weitere Handhab« gegeben, entlassene Gefangene zur Annahme der Fürsorge geneigt zu machen uod sie ao sich zu sesselu. AuS diesen Bestimmungen ergibt sich aber für die Fürsorgeverrioe weiter die Notwendigkeit, iu vollstem Ein- veruehmeu mit den Polizeibehörden ihre Tätigkeit au-zuübeu und auf diesem schwierigen Gebiete der Wrederaewmuuog d«S Rechtsbrechers sür daS geordnete soziale Leben sich gegen seitig zu unterstützen." * Tie Au-fStzruntt de- Schuluntertz«ltt>«nch,efetze». Von dem preußischen Kultusministerium sind jetzt, wie wir der „Kreuzzeitung" entnehmen, die ersten Anwesiungen an di? Provinzialbchördrn und Regierungen zur AuSiühruug de» Volk-schuluntrrhaltuugSgefrtze- vom 28. Juni v. 3. erga»ge», «d du Reg»««»-» «d Luedräte »erd« »« mit d«
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