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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.03.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070330023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907033002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907033002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-03
- Tag1907-03-30
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Anzetaen-PreiS Abend-Ausgabe 8. VeHuqS-Prei- einigerTageblatt Haudelszeitnng Amtsblatt des Nates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig 1VI. Jahrgang Nr. 89 Sonnabend 30. März 1907 nicht «gen die Einwohner von Udjda, sondern bezweck vom Sultan die schuldige Genugtuung zu erlangen. Amel erwiderte, ihm seien die Vorkommnisse unbekannt. Feuilleton. Großartig ist daS Getriebe in der Citv, alänzend ist Hvdepark. wenn die Reiterinnen und Reiter, ganze Fa milien zu Pferde, wie im ZirkuS in die Reitbahn von Rotten Row sprengen. Aber nicht» kann sich dem Eindruck vergleiche«, den nnr an Samstagabenden und Sonntagvor- Tel-vH«, A». »ÜL «r- LLT «r. »»?». Berliner RedaMonS^Burean: Bettln UV. ?, Prinz Laut» tzerdmaad» Straße I. L-l-vhon 1. Nr. 927S. ääSge jerie ääorgearüte gleichsam einen Anfang des ladens uncl jeder Sonnenuntergang gleichsam ein Locle derselben für auch bedeuten und müge jede dieser karren Letrensphnsen die Spur eines Liadeswertces, das fltr andere getan ward, und einer edlen lirSfte- aastrenguog an euch selbst hinter sich lassen! Zodn NurMn. Wer sein Leden io der geistigen Vervollkommnung sieh», kann nicht unzufrieden sein, weil da», was er wünscht, immer in seiner lkacht steht. 6üte Hervorrufen ist ein wichtiger Teil der Lebensaufgabe. Arueigen-Äunadme: Aa»«ft«S»lag 8. bet sämtlichen Filialen n. aiLaAaaoacea- Expeditionen des In- und Auslandes. hcch das Verdienst des langjährigen Vorsitzenden Herrn Hauptturulehrer Schütz warm kervor. Der stellvertretende Vorsitzende Herr Oberlehrer Lenk dankte und bedauerte, das; Herr Schlitz leider der Versammlung nicht beiwohnen konnte. Zur Verteilung kam eine statistische Aufstellung der Reichstag ^Wahlergebnisse ans den Vororten. Sie bestätigt die erfreuliche Beobachtung, das; namentlich in Gohln. Eutritzsch, Schleußig und Reudnitz die büvger6ch«ln Stimmen die sozialdemokratischen stark überflügelten. Im Lause der Verhandlungen kam auch die bevorstehend« Landtags- wähl zur Sprache, wobei mehrere Redner lebhaft kür di- Kandidatur des Herrn Otto M ül'ler eintraten und feiner seitherigen gewissenhaften Arbeit im Landtage volle Anerkennung zollten politisches. ' Generalarzt Dr. »vn Burckhartzt. Aus Stuttgart schreibt man uns: Wenige Tage nach dem Tsde Bergmanns bat die ärztlich- Wissen-,ckaft neuerdings erneu chrer besten Vertreter verloren: Am 38. März ist Obermedizinalrat Generalarzt Dr. von Burckbardt, ärztlicher Vorstand der chirurgischen Abteilung des Ludwigs- und des Kakha- rinenspitals, im 60. Lebensjahre gestorben. Er war ein ausgezeichneter Chirurg, und erfreute sich nicht nur in Würt temberg, sondern darüber hinaus eines bedeutenden Rufes. Von weit her kamen die Leidenden zu chm, und er hat in den mehr als 25 Jahren seiner chirurgischen Tätigkeit an den "beiden genannten großen Krankenhäusern viele tausend schwierige Operationen ausgeführt. J-m vorigen Jahre stand er an der Spitze des Komitees, das die Vorbereitungen für den Naturforscher- und Aerztctaa in Stuttgart zu treffen hatte, und wohl niemand Inn cs damals dem kraftvollen, un ermüdlich tätigen, von hei hem Lebensbrcmg erfüllten Manne angeschcn, daß eine schleichende Krankheit an seinem Marke zehre. Vor einigen Wochen unterzog er sich, mitten aus seiner Tätigkeit heraus, einer Darnroperation, und es zeigt« sich dabei, daß ein schon weit vorgeschrittenes Krebs-eiden vorliege. Barckhardt selbst machte kein Hehl daraus, daß er «in verlorener Mann sei. Hermann Burckwrdt war am 3. Juli 1847 in Cannstadt geboren, promovierte 1872 in Leipzig und war dort bis 1877 Assistenzarzt an der chirur gischen Klinik. Dann wurde er nach Stuttgart berufen, wo er zunächst die chirurgische Leitung des Ludwigsspitals, von * Ein Spion. In Stanislaw wurde ein gewisser Kuczpajewski, der unter dem falschen Namen Brodner auf- trat, verhaftet. In seinem Besitz fand man wichtige, Gali- zien betreffende Dokumente. * ClemenceauS Regiment. Wre die französischen Blätter mitteilen, sind bisher 9 Gemeindesteuerbeamte ihres Amtes entsetzt worden, weil sie sich weigerten, an der Inventar- aufnahme in den Kirchen teilzunehmen. * Pfarrbeiräte. Aus Paris wird gemeldet: Auf An regung des Kardinal Richard werden in den Pfarrsprenyelr von den Geistlichen Pfarrbeiräte ernannt werden, welchen teilweise die Aufgaben der früheren Kirchenvorsteher zuge wiesen werden sollen. * Periers Mutter gestorben. Die Mutter des kürzlich verstorbenen ehemaligen Präsidenten Casimir Perier ist gestern ebenfalls in Paris gestorben. * Stolypin vom schwarzen Hundert bedroht. Aus Peters burg berichtet man: Wie verlaute, hat der Ministerpräsident Stolypin in den letzten Tagen mehrere Drohbriefe erhalten, in welchen ihm mitgeteilt wird, daß er sicher das Opfer eines Attentats werden würde, wenn er den Forderungen der Opposition nachkommen sollte. Augenscheinlich gehen diese Drohungen von reaktio närer Seite aus, und wenn auch seitens des Ministerpräsi- deuten ihnen keine besondere Bedeutung beigemessen wird, so wurden doch Vorkehrungen getroffen, welche für den per sönlichen Schutz des Ministerpräsidenten notwendig erscheinen * Die Ermordung des Dr. Jollos. Di« Untersuchung über die Ermordung des Dr. Jollos wird energisch fortge führt. Der Arbeiter Lebedew, der angeblich Jollos zweimal gewarnt Kat ist gestern verhaftet worben. Lebedew der früher wegen der Agitation unter den Fabrikardenern a 'S Moskau ausgewiesen worden war, trat dann später als Agitator in Herr Dienst des Verbandes d«r wahrhaft rus sischen Leute. Er bezeichnet den gleichzeitig verhafteten Rechtspraktrkanten Alexandrow als den Anstifter des Mor des. Der Stadthaarptmann Hauptmann Keinbot hat der Familie des Ermordeten die tiefste Entmistung über das Ver brühen und das herzlichste Beileid ausgesprochen. * Revolutionäre Proklamationen. Dem „Nowofe Wremja" zirfolge wurden in Riga von dem sozialdemokra- ttschen Komitee ZOOM Proklamationen verteilt, die zur Er mordung aller Gutsbesitzer auffordern und praktische Anlei tungen zur Ausführung von lieberfällen erteilen. * Absetzungen türkischer Beamten. Der Mutessaris vor Koritza Fcizi Bei, gegen den infolge der gegenseitigen Be kämpfung von Rumänen uud Griechen und seit der Ermor dung des dortigen griechischen Metropoliten zahlreiche Be schwerden Vorlagen, ferner der Kaimakom von Kastoria, gegen dessen Amtsführung das bekannte englische Memoirc Klage führte, sind obgeseht worden Die Depesche des Patriarchats an den Kaiser von Rußland wurde dem russi schen Botschafter zur Absendung überreicht. In der Depesche wird nur um Hilfe gegen die Verfolgung der Griechen in Dies« Rmmu« loit-r «t » äk tN? all« B«tz«h»sm »v da« III /I(H Leu HttvmqS-Bettäch«» Zweien oder Dreien. Häufig schlagen deutsche Laulc au mein Ohr, noch häufiger russische. Es wohnen 70 russische Juden in London. Eine Weile gehen ein paar Männer, mit rotem Fez vor mir her: dann drei Neger. Sic glänzen, wie mit Fett eingerieben. Sie setzen sich nebenein ander auf eine Treppenstufe und versuchen M schlafen. Irgendwo fahren zwei ruppige Köter mit wütendem Gckläi' auseinander los. Es bildet sich ein Kreis von Zuschauern, die mit roher Freude zusehcn, wie sich die Tiere ineinander verbeißen. Es ist ein Stimmengeiöse, daß kaum einer den anderen versteht. Uud dies« wogenden Proletariermassen berühren wie eine drohende Gefahr; sie sind imponierend und be rauschend. Es steckt ein so starker epischer Zug in der Siiua- tion, daß ein kleinliches Gefühl wie das der Aengitliwke-i nicht auskomml. Auch ist es wunderlich, allein und 'n schlechten Kleidern hier zu gehen, von vielen angesehen, von keinem erkannt, wandelnd als ob ich zu diesen gehörte, und doch ihnen fremd. Es ist ein köstlich wildes Gefühl der Freiheit, eil? Gclöstscin von allen Banden: ein Untergeben und Versinken in einem dunklen Element, ähnlich, wie ivenn man von Meereswogen geworfen wird Und mir scheint, als ob viele derer um mich her, wenn auch weniger bewußt, die gleiche Lust^ fühlten. Mir kommt eine Erkenntnis, daß cs wohl eine Stufe der Armut geben mag, wo die Armut aul- hört, drückend zu sein. Sie sangt da an. wo feder Anivruck! auf Ordnung aufgegeben und jeden Morgen eine offene Frage ist. auf die der Zufall Antwort geben wird Das, was wir beim Künstler Boheme nennen, mag. über olle Noi, auch manchem Weltstadtproletarier das Leben noch hcrrliw machen. Man blickt in Seitenstraßen, die verödet liegen, in Höfe, in denen man jeden Kriminalroman glaubt. Aus den Trottoirs sitzen Männer, den Rücken an die Hauswand ge lehnt, und schlafen. Unbeschreiblich zerlumote Frauen wanken nach dem Uudli« Llou^, aus dessen Fensterscheiben in goldenen Lettern Gin, Whisky und Rum angczcigt sind. Dadrinnen hantiert der Wirt an den blanken Messing- bähnen, während die Kunden vor der mit Zink bekleideten Bor stehen und die Kundinnen au? der mit Leder bezogenen Bank sitzen, die wie im Warteiaal einer Babnsiotion steil gegen die Wand gestellt ist. Viele junge Frauen siebt man da, Mütter, die ihren Säugling auf dem Schoß, die Flasche neben sich haben. Mitten in dieser Verkommenheit erhebt sich, von Blumen beeten umgeben, ein großmächtiges Gebäude mit Pilastern und Säulen und hohen Spiegelscheiben und mit einer gc- wölbten gläsernen Halle an der Langseite: Dbo kalaee. der Palast des Volkes. Da werden den Bewohnern von Ost-London Konzerte geboten. Bader und Spiele, Be lehrung in Büchern uud in viele« Borträgen. Zuweilen fährt auch ein Gatawag« da» Hofe» vor «ad eine Prft» Ich weiß ein Haus, in das allabendlich, Ruhe suchend, drei hundert Frauen treten. Niemand weiß, von wo sie kamen, und sie selbst wissen kaum, wohin sie gehen werden. In schmalen, roten Holzkästcn, die Licht aneinander gerückt sind, unten auf dem Boden des Saales, oben auf der ringsum laufenden Galerie schlafen sie auf schwarzen Ledermatratzcn, wie rn Särgen. Einer Halle mit Verunglückten, die in zer fetzten Kleidern aus ihr Begräbnis warten, gleicht der Raum. Und wenn mitten in der Nacht ein Teil der Drei hundert sich erhebt, um in den Markthallen Arbeit zu suchen, dann hocken vor der Türe neue Scharen, die seit dem frühen Abend auf die frei werdenden Lagerstätten harren. Wie schwer ernst ist London, wenn du an der Towerbrückc stehst. Da scheint alle Bewegung verlangsamt wie von trüben Gedanken. Das bleifarbene Wasser säumen auf dem rechten Ufer hohe, braungraue Bauten, während auf dem linken Ufer über einem Saum von schlammbcdecktcn Kieseln sich eine Promenade mit Bänken erhebt. Tie Bauten haben statt der Fenster viele rote, eiserne Türen, aus denen sich eiserne Arme, Krane recken. Hart an dem Mauerwerk liegen hohe, schwarze Schiffe mit gelben oder weißen oder auch ichwarzen Kaminen: rotgelbc Masten und die schwarzen Striche der Taue ragen in die Luft. Auch in der Mitte des Flusses liegen einig« Schiffe. Sie sind von Scharen großer, flacher Boote umgeben, in die sie ihre Ladung ausschütten. Bisweilen löst ein volles Boot sich los und fährt träge ans Ufer. Kleinere Kähne, von Ruderern getrieben, schwim men und kreuzen, Dampferchen schießen daher. Das Ohr vernimmt ein verworrenes Getöse. Rasseln von Eisenketten, Klirren von Eisenstangen, Rattern von Wagen, Puffen und Stöhnen von Dampf. Aus allen Kaminen steigt Dampf auf und verteilt sich als Dunst in die Luft. Ueber die Tower- brücke zwischen den beiden hohen massigen Türmen kommen und gehen Menschen und Wagen. Nun ertönt eine Schelle. Der Zug über die Brücke stockt. Sie teilt sich in der Mitte, Nappt als zwei starre Hälften hoch und läßt einen dunklen Schiffskoloß durch. Dann senken sich die Teile wieder, schließen aneinander und die Brücke ist abermals voll von Wagen und Pferden. Das Publikum aus den Bänken — Arbeiter aus den nahen Dvckvierteln, die mit dem Interesse Müßiger dem Vorgänge zugesehen — setzen den unter brochenen Schlaf fort. Hinter ihnen schreitet ein Soldat der Towerwache auf und nieder. Sein hellroter Rock ist der einzige heitere Punkt in dem Bilde, aus das der kaltgrauc, düstere Bau des Tower Erinnerungen an gemordete Fürsten und enthauptete Königinnen legt. . . . 1883 ad auch diejenige des Kachariuerffpitals erhielt. Asußerc Ehren sind ihm cu reichem Maße zuteil geworden. Er wurde Medrzrnalrat. Obermedüinalrat, erhielt den persönlichen Ade! und eine Menge Orden. Im Militär-Verhältnis war er Generalarzt. * Juuagesellenstcuer. Die zweite hessische Kammer hat, wie wir schon mitteilten, Zn Gesetz über den Woihnuugsgcld- zusdnrß der Staatsbeamten veraL,chieücl, in dem bestimmt wird, daß der Wohrwngsgeldzuschuß in den .6 größten Ställe len bei einem Maximaleinkommen von 2000 <l. 12 Hundert teile dieses Einkommens, bei einem höheren Einkommen 8 Hundertteilc, mindestens öder 240 E, in den übrigen Orten 8 bzw. 6 Hundertteile, im letzteren Fall ober mindestens 160 Mark beträgt. Der Wöhnungsgeldzuschuß ist nicht pensions fähig. Das Gesetz tritt mit dem 1. April dieses Jahres in Kraft. Die der der Debatte am meisten bekämpft« Bestim mung des Gesetzentwurfes ist die sogen. Junggesellensteuer. Der 8 3 bestimmt nämlich: „Staatsbeamte, welche weder verheiratet sind noch verheiratet waren, erhalten nur di« Hälfte des sich nach vorstehenden Bestimmungen berechnenden Wohnungsgeldzuschusses." Die Kammer nahm schließlich einen Antrag an; denjenigen ledigen Beamten, die einen eigenen Hausstand hoben, b. h. Eltevn, nähe Anverwandte oder Pflegekinder in ihrer Haushaltung ausgenommen haben, das volle Vohnungsgeld zu gewähren. Staats-Minister Ewald erklärte hierzu, der Regierung sei dieser Antrag nickt chmpathisch, weil sie gezwungen werde, sich fortwährend in einer für beide Teile unangenehmen Weise um die Prrvctt- lverhältnisse der Beamten zu kümmern. Die Regierung möchte also eine bindende Erklärung nicht abgeben, dock würde sie, falls auch die erste Kammer einen entsprechenden Wunsch äußere, die Vorlage daran nicht scheitern lassen. Die Bevorzugung der verheirateten vor den unverheirateten Beamten ist zedenfalls um so berechtigter, als die Ehelosigkeit gerade in Len oberen Beamtenkreilsen immer mehr zuninrmt. * Kampf im Schneidcrgewcrde. Obwohl in der Lohn bewegung der Darmstädter Schneider ciuc Einigung erzielt wurde, wird, wie uns ein Privattelcgramm meldet, auf Antrag des Verbandsvorstandes allen Gehilfen, die in dem Verband angcfchlosscnen Ge- schäften arbeiten — das aber sind mit wenigen Ausnah men alle — heute für 14 Tage gekündigt werden. * Der Verein reichstreuer Wähler in Volksmarsdors hielt dieser Tage eine Mitgliederversammlung ab, in der Generalsekretär Dr. Westenberger über Ziele und Weseu dcrSozialdcwokratie sprach- Er legte insbesondere die Gründe Lar, die dem undettreikdare« Zwie spalt zwischen den Programmpolitikern und den Gewerk schaften hcrvorriefen. Zweifellos habe die Reichstagswahl Liefen inneren Kampf nicht gemindert, sondern verstärkt. Die Einsätze zu einer Uebcrleitung der revolutioirären So zialdemokratie in eine radikale Arbeiterpartei seien unver kennbar, doch komme es sebr darauf an, ob die allgemeine politische Entwicklung der nächsten Zeit diese Ueberleitung erleichtern oder erschweren werde. Hoffentlich fei die Zeit vorüber, die der Sozialdemokratie durch eine fehlerhafte Po litik einen stetigen Znlauf sicherte. Eine vernünftige So zialpolitik, eine rastlose Aufklärungsarbeit, aber auch Festig keit, wo es sich um Machtproben handle, seien jetzt die Mittel, um den innerhalb der Sozialdemokratie sich ab- ipielendcn Prozeß in einem günstigen Sinne zu fördern. — An den Vortrag schloß sich ein lebhafter Meinungsaus tausch, an dem sich die Herren Schiffmonn, Sepdemann, Rcißiger und Wendig beteiligten. Mehrfach wurde der Wunsch geäußert, daß der Redner deu gleichen Gegenstand in einer bald zu veranstaltenden öffentlichen Versammlung behandeln möge. — Aus dem zu Beginn der Sitzung von Herrn Kriestcr verlesenen Protokoll ging hervor, datz der Verein reichstreuer Wähler jetzt äuf ein zwanzig jähriges Bestehen zurückblickcn kann. Herr Land- tagsabgeordneter Müller beglückwünschte den Verein und btt. W AoSaatz« 8 1 Aart. Durch «»f« <nM- wärtigr« Ausgabestelle» and durch di» -oft bezog« (1 »al tüglichjtimerhalL Deutschland» monatlich L Mark a usjchl. Bestellgebühren, für Oestrrrrtch-Lugaru bL 4Üd viertrljLhruch, di« übrige» Laub« laut steituugsvreislist«. Delta Zilcken -f (Köln). Ehe ich London kannte, fragte ich mich oft, woher es wohl komme, daß so viel Feines über Paris gesagt wird und so wenig über London. Das bunte Mosaik der Sechsmillionen stadt, sagte ich mir, muß doch feine großen Linien und selt samen Farben haben. Heute weiß ich, weshalb London als tmrülerlsches Problem bloß einer Minderheit fruchtbar wirb. Paris «st ein reifes Kunstwerk. London aber ist spröde; e- ist unharmonisch und verwirrend; unschön, unfroh, kerb und düster. London kann den, der sich müht, ihm künst lerisch beijukommen. durch Verzweiflungen treiben, denn es ist als Gegenstand künstlerischer Betrachtung ungemein schwer zu fassen. Man muß den besonderen Ton finden, ehe man sich erfolgreich mit ihm auseinandersetzt. Hat man ihn, so wächst es freilich zu einem Erlebni», dos weit, weit großartiger ist als Paris. Es wird dann ein Abenteuer, so unsagbar abenteuerlich, daß es ist, als ob man in einer Traumwelt lebe. . Wie Geschöpfe fremder Welten, die dir begegnen und dock immer fern bleibe», wandern Tausende an dir vorüber, und elt. In der ft der Di- vilder Reiz. tcherate «l» Leipzig mw Umgebung Lb Pf„ Familien^ Wohnung»-». btellen-Aazeinen, sowie L»- und B-ttäuse 20 Pf, finanzielle Anzeigen 30 Pf, für Inserate von an-wätt- 30 Pf. Reklamen 7K Pf, auswärts 1 Mark. Beilage- gebühr 4 Matt p. Taufend «xkl. Postgebühr. GefcdüftSaszeigen au bevorzugter Stelle uv Preise erhöht. Rabatt nach Tatti. FiirJnferate vom AuSlande besonderer Tarif. Mittagen Whitechapel gemacht hat. Der lange Straßen zug Whitechapel Highway, Whitechapel Road, Mile's End ist zu beiden Seite» mit Läden besetzt, von vielen Motor- und Pferdeomnibussen- belebt. An den Rändern der Trottoirs stehen Verkausstrsche mit Kokosnüssen, Ananas- scheiben, gebackenen Fischen, Schalentieren, Speckschciben, Limonaden und Milch. Hin und wieder ist die Rciye der Kaufhäuser unterbrochen von Kirchen, Lesehallen, Hospi tälern, Bahnhöfen, Versammlunashallcn, Theatern und auch einem Kunstausstellungsgebäuoe. Auf den Trottoirs gehen die Menschen in dichten Scharen. Niemand scheint eilig. An jeder Straßenecke stehen Dutzende, die auf etwas zu warten scheinen. Viel, viel mehr Männer als Frauen. Sie haben schmutzige Kappen auf den borstigen Köpfen und magere Gesichter. Manche sind pockennarbig oder hoben Haulausschläq« oder entzündete Augen oder Geschwülste. Tie mustern mich sob- wohl idi gekleidet bin wie eine ärmliche Frau aus dem Volke) mit mißtrauischen, forschenden, lauernden Blicken. Es sind die geschärften Augen der Biclerfahrencn und die wachsamen Blicke derer, die stets auf der Hut sind. Die Frauen tragen trotz der Hitze dicke, halblange Mäntel, die offen stehend sehr schmutzige Blusen sehen lassen. Sie haben dirnenhast auf gepuffte. bestaubte Frisuren unter runden, schwarzlackierten Strobhüten. . Aber allmählich entdeckt man, daß neben den Schweifen den, die vielleicht einen Tag arbeiten und tagelang von Gott weiß was leben, eine andere Gattung ebenso bäusig ist. diese anderen sind auch ichmutzig goklcidet. Aber sie blicken lebhafter, energischer, wie Bürger, deren Tun einen Zweck hat. Es sind jüdische Händler und Kaufleute. Am Samstac, ist dies« Scheidung schärfer. Dann kommen manche, die sonst im verschlissenen Kittel gehen, im langen schwarzen Rock und Zylinder, und die Frauen spazieren die lange Promenade aus und ab, ihre neuen Kleider zu zeigen- Fast jede hat über dem Sommerkleid« einen Pelzkragen aus braunem Nerz. Die ganz jungen Mädchen schlendern zu Zweien untergesaßt. Hier zwei in fliederfarbener Seide, dort zwei in weißem, freilich nicht sehr sauberem Atlas. Tann zwei in grellem Gelb, alle mit großen, wippenden Hüten. Sie sehen aus wie Statistinnen oder Ballcttmädchen, die kür die Bühne berausgeputzt sind. Sie haben alle den gleichen Typus: sehr entwickelt mit zusammcngepreßten Taillen und starken Hüsten, das starke buschige Haar viel fach frei über den Rücken hängend. Man denkt bei ihnen entschieden an das Wort Orientalin. Die keine schönen Kleider haben, halten sich in den Seitenstraßen. Da ouirlt Kopf an Kovf «in Gewühl frag würdiger Gestalten, staut sich, schiebt sich vorwärts, wogt ohne erkennbares Ziel hin und wieder. Harte Gesichter, scheue Gesichter, abenteuerliche Gesichter durch viele Gassen und Gäßchen. Schutzleute sind dazwischen verteilt, stet» zu Italienische ZeitnngSrevuc. Die „Tribuna" veröffentlicht ein mit allen bis herigen, offiziellen Meldungen im Widerspruch stehen des Telegramm, demzufolge Tittoni bei seiner Kon- ferenz mit dem Fürsten Bülow den Standpunkt ver treten werde, daß es für den italienischen Delegierten auf der Haager Konferenz eine Notwendigkeit sei, den Ab rüst ungsantragEnglandszuunter st ützens?). Der italienische Deputierte, Fermini, ein intimer Bekannter des deutschen Reichskanzlers, berichtet telegraphisch in der „Stampa" über eine Unterredung, die er mit einer Persön lichkeit aus der Umgebung des Reichskanzlers hatte. Danach erkenne Fürst Bülow das Recht Frankreichs an, Udjda zu be setzen, um Genugtuung zu erhalten, unter der Voraus setzung, daß lediglich dieser Zweck verfolgt werde. Die französische Regierung überschreite keineswegs damit ihre Rechte uud setze sich weder direkt noch indirekt in Widerspruch mit den Bestimmungen des Algecirasvertrags. Weiter erkenne der Reichskanzler Frankreich das Recht zu, sein Möglichstes zu tun, um zu bewirken, daß seine Haltung keinerlei Mißtrauen unter den übrigen Mächten Hervorrufe. Pichnn sei seinerseits bemüht, durch sein Verhalten den Mächten Vertrauen einznflößcu. Besorgnisse um Makedonien. Es sino an das Wiener Auswärtige Amt ernstere Nach richten über die Verhältnisse in Makedonien gelangt, und es wird befürchtet, daß nach den orthodoxen Osterfeiertagen eine lebhaftere Bandenbewegung sich äußern würde, die Licht zu bedeutenderen Unruhen führen könne. Man hält es für wahrscheinlich, daß Oesterreich-Ungarn und Rußland bei der Pforte gemeinsame Schritte unternehmen würden, um ihre Aufmerksamkeit aus die Bewegung in Makedonien zu lenken und die nötigen Vorkehrungen zu veranlassen. Parlament der Philippinen. Da auf allen von Christen bewohnte» Gebietsteilen der Philippinen der Frieden so gut wie völlig wiederhergestellt ist, hat Präsident Roosevelt angevrdnet, daß die Wahlen zur ersten gesetzgebenden Versammlung am 30. Juli stattfinden sollen. Für da» Eriche»« au dtttnumten Tagen u Plätzen wird keine Laraati« übernommen. Achertttlte Aufträge ktzanen nicht zurück- gezogen werde». Vaupk-Ftltale Berit« . LarlDuu cker,HerzgllBayr.Hc>fbuchhandlg., Lützowstraße 10 (Tel. Vl, 4M8 . gMal-Grpe»tttoa:Dre»»en.Vkatteustr^. Vas Neueste vom Lage. (Die «ach Schluß de« Redakt!»« «ugegaigenen Depeschen flehe» auf der S. Seite de» tzouptblatte«.) Der Kaiser und die Robaritkatastrophe. Der Kaiser hat, wie uns ein Privatteloaramm aus Dortmund meldet, in Sachen der Wittener Roburit- katastrophe amtlichen Bericht von dem Oberpräsidenlcn über die schweren Anschuldigungen in der Presse wegen der verspäteten Auszahlung der unterstützuugsgelder des Kaisers eingefordert. Bekanntlich batte der Kotier 26 000 .ll. Hilfs- irlder gespendet, aber bisher war au die Hinterbliebenen kein Pfennig der Kaiserspende gekommen. Jetzt endlich rach vier Monaten ist das Geld auf dem großen Umwege über die oerschiedensten Jnstanzenstellen in Witten eingctrossen. Frankreichs Marokkvaktion. Der fvanzösische Kreuzer „Lcchrnde" ist noch Mazagom abgegongen. — Ueber die Besetzung von Udjda werden noch iolyeude Einzelheiten gemeldet: Ws di« Truppen vor Udjda in Sicht kamen, fovderte der Kait» Bau Haanidi den Amel aus, sich bei dem Obersten Reidel zu meld«». Dieser erklärte dem Aurel, Franfreich käme, um Udjda mit einer imposanten, aber friedfertigen Truppeum-acht zu defetzen. Es richt« sich nichä gegen die Einwohner von Udjda, sondern bezwecke nur, vom Sultan die schuldige Genugtuung zu erlangen. Der Amel erwiderte, ihm seien die Vorkommnisse unbekannt. Die Franzosen könnten ohne Furcht «inziehen: es sei ober un nötig, in io großer Zahl zu erscheinen. Oberst Reibe! ent gegnet«, dies geschehe, um zu -eigen, daß Frankreich gut und geduldig, aber auch mächtig sm. und dies M beweisen wissen würde. — General Liautey erttärte, er wisse nicht, wie lange di« Besetzung dauern werde. Das werde sich ganz darnach richte», wie sich die Genugtuung gestalte. Es scheint aber sicher zu sein, daß nach und wach 3000 Mann -urückg«ogcn werden, und daß man nur einige hundert in Udjda lassen wird, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Oberst Rerbel versickert«, daß di« Wirkung der Besetzung ganz Marokko zum Segen gereichen werde. Er übernahm die Verwaltung der Stadt, ohne jedoch den Am«! abzusetzen, der nominell tn seiwem Amte bleibt. Di« Strahen von Udjda gewahren einen schmutzigen und widerlichen Anblick. Die Uuruhev i» Rumäuie«. Alle heute vorliegenden Nachrichten aus dem Aufstands gebiet konstatieren, daß in der Moldau vollständige Ruhe eiugetreten sei, und in der Walachei der Aufstand rapid zuruckgehe. Di« in der Moldau überflüssig gewordenen Truppen wurden noch der Walachei dirigiert. Bon einer Korrespondenz erhalten wir demgegen über folgende Mitteilung: Im Gegensatz zu den von der offiziellen Telegraph« nagentur verbreiteten bcruhi- «ndan Mitteilungen muß berichtet werden, daß die Bane r n u » ruhe n noch lange nicht unter drückt sind. Zwar besteht für di« Hauptstadt, in folge der großen Truppenzusammenziehungen, die die Regierung vovgenoinmcn hat, keine Gefahr mehr, doch tauten die ans der Provinz kommenden Nachrichten noch immer trostlos genug. Die Regierung geht zwar mit der denkbarsten Strenge vor und hat in der Umgebung von Olt drei Dörfer durch Artillerie dem Erdboden aleichmachen lassen, um die auführerischen Bauern, die sich verschanzt hatte», zu bestrafen. Die wirtschaftliche Krise, die durch die Unruhen geschaffen worden ist, akzentuiert sich jetzt immer schärfer. Zahlreiche Bankrotte und Zahlungseinstellungen werden im ganzen Lande gemeldet. An der Börse sind die Kurs« der rumänischen Bankaktien uud auch der StaatS- papiere auf einen Tiefstand gesunken, den sie vorher nie ge habt haben.
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