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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.04.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070403025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907040302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907040302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-03
- Monat1907-04
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Beznas-PreiS für Leipzia und Bororte durch unirre Träger und Spediteure Ins Hau- gebracht: Aus» gäbe (nur morgen-) vierteljährlich .1 M., monatlich l M.; Ausgabe 8 (morgens und abends) vierteljährlich 4 50 M., monatlich I 50 M. Durch die Poft bezogen (l mal täglich) innerhalb Deutschlands und der deutschen Kolonien vierteljährlich .8 M., monatlich l M. ausschl. Pollbestellgeld, für Oeslerrelch-Ungarn vierteljährlich 5 L 45 b. Abonnement-Annahme: Augustusplatz 8. bei unseren Trägern. Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Nummer kostet 10 Pfg. Redaktion und Expedtttoa: IohanntSgasfe 8. Telephon Sir. 153» Nr. 222, Nr. 1173. Abend-Ausgabe 8 WpPgcr.TagMatt Handelszeitung. Berliner Nedattions-Bureau: Barlin XIV. 7, Prinz Louis Ferdinand' Strafte l. Telephon Nr. 9275. Amtsblatt des Mates und des Nolizeiaintes der Stadt Leipzig. Anzeiqen-Preis für Inserate au» Leipzig u. Umgebung die 6gespaltene Petttzeile 25 Pft finanzielle Lu- zetge» 30 Pf., Reklamen 75Pf.; von auswärts 30 Pf., Reklamen 1 M.; vom Ausland 50 Ps., sinanz Anzeigen 75 Pf^ Reklamen 1.50 M Inserate ».Behörden im amtlichen Teil 4OPf. Beilagegebühr 4 M. p. Tausend exkl. Post- gebühr. GeschäftSanzergen an bevorzugter Stell« im Preise erhöht. Rabatt nach Tarif Festerteilte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen«Annahme: AaguftnStzlatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen» Expüntionen des In- und Auslandes. barrpt-Filtale Berlin. E arlD u n cker, HerzglAayr.hofbuchhaudlg^ Lützoeoftratze 10 (Tel. VI, 4003'. FtliLl-vrVe-ttto« Dresden,Marien'kr.Zl. Nr. 82. Mittwoch 3. April 1907. 101. Jahrgang. Vas Neueste vom Lage. (Die noch Schluß der Redaktion «ingrgangenen Depeschen sichen auf der 3. Sette de» Hauptblattes.) Ueber Rapallo Aus dem bereits erwähnten „TempS-Artikel" über die Begegnung sind noch folgende Stellen bemerkenswert: Der Optimismus des Fürsten Bütow sei durch die allgemeine Lage gerechtfertigt. Der durch die Verhältnisse innerlich um gewandelte Dreibund erfülle seine Aufgabe besser denn je, teiidem er sich dazu verstanden habe, Italien eine gewisse Aktionsfreiheit einzuräumen. Die noch bestehenden Meinungs verschiedenheiten wegen des Haager Programms seien nicht besonders wichtig. Alles in allem könne man vorbehaltlos zur Kenntnis nehmen, was über die Unterredung der beiden Staatsmänner bisher verlautete, und brauche beiden Ministern die frohe Stunde, in der sie schieden, nicht zu mißgönnen. — Daß der „Temps" zufrieden scheint, ist allerdings nicht be sonders erfreulich. — Der „Corriere della Sera" veröffent licht ein Interview seines Genueser Korrespondenten mit dem Fürsten Bülow. Letzterer habe danach erklärt, Deutsch land wolle von niemand isoliert oder paralysiert werden. Die guten Beziehungen zwilchen Deutschland und Rußland hätten keineswegs daS Verhältnis zwischen Frankreich und Rußland beeinträchtigt, wie auch die russisch-französische Freundschaft den guten Beziehungen zwischen Frankreich und England keinerlei Abbruch getan habe. Das Einvernehmen zwischen Frankreich und England sei eine Notwendigkeit, um trotz der großen Rivalität beider Nationen auf handels politischem Gebiet den Frieden zwischen beiden Völkern zu erhallen. I« Hamburger Hofen. An Bord eines Kasernenschiffes kamen gestern zwischen den Arbeitern der verschiedenen Nationalitäten ernste Streitig keiten vor. Auf der „Schaumburg" gerieten Deutsche und Italiener aneinander, wobei zwei Mann schwer verletzt und inS Krankenhaus gebracht wurden. Auf der „Hungaria" wurden zwei Mann durch Messerstiche schwer verletzt. In Wilhelmsburg entstand zwischen englischen und polnischen Arbeitern eine große Schlägerei. Acht Arbeiter wurden so schwer verletzt, daß sie ins Krankenhaus gebracht werden mußten. Aus Marokko. In Tanger wurde für des ermordeten französischen Arzt Mauchamp eine imposante Trauerseier veranstaltet, die pro- arammäßlg verlief. Der französische Gesandte Reguault hielt eine Ansprache. Die Strandbatterie feuerte den Salut. — In Marrakesch wurde die Gründung eines Hospiials für Eingeborene beschlossen, da- den Namen „Mauchamp-Hoipilal" tragen soll. — Der Franzose Gentil, der auf der Rückreise von Marrakesch nach Mazagau sich befindet, wurde unter wegs von Angehörigen des Dukala-Srammes angehalten uns konnte erst nach Zahlung einer gewissen Geldsumme seine Reise fortsetzen. Gentil erklärt, die Lage in Marrakesch sei sehr ernst. ES seien Unruhen zu befürchten, wenn nicht un verzüglich energische Maßregeln getroffen würden. Filmischer Aufstand in Sicht? Aus Petersburg erhält der „Temps" eine Alarmnachricht über einen in Finnland vorbereiteten neuen Aufstand. Ein Armeekorps werde auf dem Seeweg, zwei Armeekorps sollen auf dem Landwege nach Finnland sofort mit Eintritt der besseren Jahreszeit abgesandt werden. Eine Epidemie. Der rumänische Pogrom scheint, wie eine Epidemie, jetzt auch Ungarn verseuchen zu wollen. Ein Budapester Abend blatt bringt die Meldung, daß die rumänische Bewegung auf ungarisches Gebiet übergegriffen habe und daß auf Ansuchen der Grenzbehörden die Gendarmerie verstärkt und das l2. Armeekorps mobilisiert werde. — Aus Rumänien selber liegen folgende neue Nachrichten vor: In Negoi fingen die Bauern den Gutspächter Pavier, kreuzigten ihn lebend und ichlugen ihm dann mit der Hacke den Kopf ab. Aus Turn - L-everin wird gemeldet, die Stadt sei stark mit Militär besetzt, da man Nachrichten erhielt, daß große Bauernbanden anrückeu. Die Bevölkerung flieht in Massen aus der Stadt. In Balcesti kam es zu einem heftigen Kampfe zwischen Militär und Bauern. 2 Offiziere, 2 Unteroffiziere und 20 Mann wurden schwer verwundet. — Aus Czernowitz, 3. April, wird berichtet: Nach den letzten Meldungen sind im Bezirke Turn-Severin mehrere Ortschaften bombardiert und zerstört worden Dabei wurden viele Personen getötet und verletzt. General Averetcu erstattete dem König iu einer Audienz einen sehr optimistischen Bericht über die Lage in den von den Bauern heimgesuchten Bezirken. Ministerpräsident Stourdza richtete ein Manifest an alle Klubs, in dem er ersucht, beruhigend auf die Bevöl kerung einzuwirken. Die Ursache der „Jsua"-Katasirophe. Die zur Untersuchung der Explosion auf der „Isna" ein gesetzte Iustizkommijsion veröffentlichte ihren Bericht. Diese kommt zu dem Ergebnis, daß die Explosion nicht durch Böswilligkeit, sondern durch Selbstentzündung des Pulvers verursacht worden ist. Ermordung eines Knaben aus Rache. Am g-strigi-n Nachm ttag hat sich daS in VorstakL Plauen beim Bäckermeister Großmann in Stellung befindliche 16 Jahre alte Dienstmädchen Zöllner aus BraunSdorf bei Tharandt, nachdem sie wegen Unredlichkeit mit ihrer Dienst- Herrschaft eine heftige Auseinandersetzung gehabt hatte, heimlich mit dem 2 Jahre alten Sohn Großmanns entfernt. Heute ist die Leiche des Knaben in dem Bieaerlschen Teiche unterhalb des Hohen Steines aufgefunden worden. Das Dienstmädchen hat den Knaben, um sich an ihrer Herr schaft zu rächen, ertränkt, wie die sofort angestellten Unter suchungen ergeben haben. Die flüchtige Mörderin ist c heute vormittag durch den Kriminalgeudarm in Tharandt fest genommen und dem dortigen Amtsgericht zugeführt worden. Sie hat die Tat bereits gestanden und wird heute in das Dresdener Gefängnis transportiert werden. Ausgehobener Strafbefehl. Das Schöffengericht hob heute einen gegen den Re- dakteur des Handelsteils des „Leipziger Tageblattes" in LotteriLjachen erlassenen polizeilichen Straf befehl wogen Rechtsirrtnms auf. fS. Gcrichtssaal.) Der Mörder des Gymnasiasten Wintert Der in Beutheu verhaftete Mörder Liberka ist, wie uns ein Privattelegramm aus Breslau meldet, nach oberschlesischen Berichten verdächtig, den Gymnasiasten Winter in Könitz ermordet zu haben. Liberka soll zur Zeit des Konitzer Mordes bei einem dortigen Fleischer meister beschäftigt gewesen sein. Die ManSsclvschc Kupferschiefer bauende Gewerkschaft iu EiSlcben, von der die Stadt Leipzig bekannllich eine größere Anzahl Kuxe besitzt, verteilt eine Osterausbeute von 100 ^k, also für 1906 eine Gesamtausbeute von 120 (Bgl. Hdlsztg.) politisches. Die Schisfahrtsabgaben. Aus Berlin wird uns von einer sonst gut unterrichteten Korrespondenz geschrieben: Wie der „Reichsanzeiger" mit- teilt, hat sich der Unterstaatssekretär im Ministerium der öffentlichen Arbeiten Dr. Holle in dienstlichen Angolegcn- hetten nach der Rheinprooinz begaben. Man wird schwer lich fehl-scheu in der Annahme, saß auch diese Dienstreise des Herrn Tr. Holle wiederum mit der Frage wegen Ein- führung von Ichiffcchrtsabgabcn auf den natürlichen Wasser straßen zusammenhängt. Der genannte Beamte ist der Leiter der Wafferbauabteilnug im Arbeitsministerinm und hat gerade in diaser Frage periönlich die Verimndlungen mit den deutschen Regierungen und Schiffahrts-Inter- essentcn geleitet — soweit solche Verhandlungen bis- her überhaupt geführt worden sind. Die preußische Staatsregierung gcht mit unvermindertem Eifer in dieser Angelegenheit vor, unbekümmert darum, ob sich eine Bcrsassunasänderung als notwendig erweisen wird oder nicht. Ergibt sich die Notwendigkeit, so wird die Aenderung auch beschlossen, an eine Majorisierung Preußens in dieser Frage :st weder im Bundesräte noch nn Reichstage zu denken. Im Reichstage würden die agrarisch gerüsteten Ele mente aller Parteien — und sie bilden bekanntlich noch immer eine erhebliche Mehrheit — für eine Verfassungs änderung stimmen, weil ja die SchiffahrtLabgabcn in ihrem Sinne zugleich den Zweck erfüllen sollen, die Einfuhr fremden Getreides auf den deutschen Strömen zu erschweren. Im Sinne der Regierung sollen die Schiffahrtsabgaben nur dazu dienen, die laufenden Betriebs- und Verwaltuingslasten zu decken und eine angemessene Verzinsung und Tilgung der An- lagokostcn zu ermöglichen. Im Bundesrat wird nur noch die Stellung von Sachsen, Baden und Hessen als zweifelhaft betrachtet — aber die,« drei Staaten könnten schlimmsten falls eine Verfassungsänderung nicht verhindern, weil sie nur über 10 Stimmen verfügen — eher ist anzunehmen, daß ein einstimmiger Beschluß im Bundesrat zustande kommen wird, nicht etwa, weil man nicht den Mut hätte, gsgen Preußen zu stimnen, sondern weil der Plan der Errichtung von Stromkassen, in die die Abgaben fließen sollen, um aus schließlich für Schiffahrtszwecke verwendet zu werden, mehr und mehr autgeheißen wird. Am Niederrhein hat man sich mit dem Plan schon befreundet, in der Erwartung, daß end lich die lange gewünschte gründliche Verbesserung des Rheins von Köln bis zur holländischen Grenze in Angriff genommen wird, wofür nach einer Berechnung des Arbeitsministeriums 50 Millionen Mark erforderlich sind. Die Handelskammer von Köln hatte sich den Kundgebungen gegen Schiffahrts abgaben überhaupt nicht angeschlossen. Ebenso hoffen Hom- bürg imd Bremen aus den Schiffahrtsabgaben di« ge wünschten Mittel zu erhalten zu weiteren Verbesserungen der linierelbe und der Weser. Di« Zusomvmenschließmng ganzer Stromgebiete zu einer einzigen Kasse ist geeignet, die minder leistungsfähigen Gebiete zu entlasten. Auf diese Weise er klärt es sich, daß Württemberg seine anfänglich« Abneigung argen Schiffahrtsabgabcn aufgegcben hat. Den meisten Wider stand leistet zurzeit noch Baden, weil es für Mannheim als Zentrum des oberrheinischen Handels fürchtet. Der Erkennt nis von den Vorteilen solcher Stromkassen wird sich auf die Dauer auch Oesterreich und Holland nicht verschließen — das ist wenigstens die Meinung und Hoffnung der Berliner Freunde der Schiffahrtsabgaben. Diese Darlegungen zeigen, wie groß die Gefahr geworden ist, daß Deutschland und speziell Sachsen van Preußen mit dem Danaergeschenk der Schiffahrtsabgaben beglückt werden wird. Der vom agrarischen Ostelbiertum dirigierte preußisch« Pc.rnkularismus schickt sich wieder einmal an, das übrige Deutschland in die Bahnen seiner Verkehrs- und wirtschafts politisch rückschrittlichen Bahnen zu zwingen und leid^c leisten ihm dabei auch andere Bundesstaaten wegen scheinbarer Vorteile Gefolgschaft. * * Minister Breitenbach über die Berliner Stadtbabu. 'Der preußische Eisenbahnminister hat sich über die Notwen digkeit, aber auch über die Schwierigkeit weiterer Verbesserungen des Berliner Verkehrswesens ausge sprochen. Er kommt dabei zu dem Resultat, daß zweierlei notwendig sei, einmal die Herstellung eines neuen (drittelst Gleispaares auf der Stadtbahn, dann die Ein führung des elektrischen Betriebes mit Verwendung des hochgespannten einphasigen Wechselstromes. Die gesamten Kosten werden 180 Millionen Mark betragen, die Bauzeit 8 bis 10 Jahre. Von einer anderweitigen Regelung des Tarifwesens werde dabei kaum abgesehen werden können, so daß also wohl an eine Verteuerung des Massenverkehrs gedacht werden müsse. S. IV Der ausgelöste Auarchistenkougreß. Ueber die Vor gänge vor und nach der Auflösung des Anarchistenkongresses teilt uns ein Korrespondent noch folgendes mit: Die Ein- Feuilleton. Qrope fehler unck Verbrechen Deckt man ru mit golcknen Siechen. l^rieSricti von vogou. Buch ckss Ungeheure in cken Verbrechen parti zipiert von cken Smpfinckuageo, «reiche LrStze unck Kühnheit io uns erwecken. Uersin«. ääsa tut recht, ru Zweifeln, ob cks8 ein Ver brechen sei, was vollencket mit einer Uorbeerkrone, versucht mit einer Dornenkrone vergotten wircl. lruSvig SSrnc. UngeSruckte Briefe an schiller. Von Willi Widmann sStuttgarst. Ein neues „M arbachcr Schillerduch" gelangt als zweiter Band der „Veröffentlichungen des Schwäbischen Schillervereins" in nächster Woche in Stuttgart (Verlag der Cottafchen Buchhandlung Nachfolger) als Vereinsgabc für vie Mitglieder des Schwäbischen Schillervercins zur Aus gabe. Es enthält u. a. eine Abhandlung des Herausgebers Geh. Rats Prof. Otto Güntter über die ersten Darstellungen der „Räuber" mit den Bildnissen sämtlicher beteiligten Mannheimer Schauspieler, ferner über 70 noch ungedrucktc Briese a n S ch i l l e r, die Geheimrat Güntter im Lause der letzten Jahre für das Schillermuseum in Marbach er worben hat, und Briefe aus dem Schillerkreise, ebenfalls von Otto Güntter mitgeteilt und erläutert. Unter den Briefen an Schiller befinden sich mehrere aus Leipzig. Durch Ent gegenkommen des Herausgebers sind wir in der Lage, noch vor Erscheinen des Buches die für Leipzig besonders interessanten Schriftstücke der wichtigen Sammlung chier wiederzugeben. Zum ersten Mal findet sich in dem Mar- bacher Schillerbuch der Brief vollständig mitgeteilt, den Regisseur Christian Wilhelm Opitz am 1. August 1801 an Schiller schrieb. Er lautet: „Würdiger, vortreflicher Manul Empfangen Sie zuförderst meinen innigsten und ver- kindlichsten Tank für die gütige Mitteilung Ihrer Jung frau von Orleans. Ich bin von diesem vortrefflichen Stück so hingerissen und entzückt, daß ich mich zu chwach an Worten suhle. Ihnen meine Empfindungen darüber in ihrer ganzen Große lebhaft vor Augen zu stellen. Sie er lauben mir also mein Gefühl und mein Entzüken mit wenigen Worten in diesem aufrichtigen Bekenntniß con- centmren zu dürfen, daß ich dieses vortrefliche Meisterstük Ihrer Jungfrau von Orleans, für Ihren bisherigen größ ten und höchsten Triumph halte, sowol von Seiten der Handlung als unfehlbar theatralischer Würkung! Um so mehr befinde ich mich in Rücksicht des Honorars gewisser maßen in Verlegenheit, indem Ihre Delicatesse nicht selbst bestimmen will, sondern mir es überläßt, sollten dem nach beyliegende 6 Louisd'ors Ihrer Erwartung nicht völlig entsprechen, so bitte ich ergebenst, mir Ihre Ge danken darüber ganz aufrichtig und unbefangen mitzuteilen. Unaussprechlich freue ich mich schon im voraus, auf das unschätzbare Vergnügen, in einigen Wochen Ihre persön liche Bekanntschaft zu machen, wonach ich mich schon seit vielen Jahren so innigst sehne; zugleich werde ich alles aus- biethen bis dahin Ihren geäußerten Wunsch: die Vor stellung Ihrer Jungfrau von Orleans auf der hiesigen Bühne zu sehen, in Erfüllung bringen zu können; nur >ey mir vergönnt, mit Ihrer Erlaubnis, in diesem Stück einige nothwendigc kleine Abänderungen in Rücksicht mancher Stellen und Ausdrücke, welche unmittelbare Beziehungen auf die katholische Religion haben, jedoch unbe schadet des Ganzen! machen und vornehmen zu dürfen, widrigenfalls mir die Vorstellung des Stücks von Seiten des Hofes und der jezt mehr als wachsamen Ccnsur er schwert werden dürste, indem meine Lage und meine In structionen von Dresden aus, mich äußerst behutsam ver fahren heißen. In dieser Rüksicht füge ich noch die An frage bcy: ob Sie es wol genehmigen würden, wenn der Erzbischof von Rheims nicht in dieser, sondern in einer etwas untergeordneteren Würde auf unserm Theater er schiene? Ich erbitte mir hierüber Ihre sehr baldige und aufrichtige Meynung aus, um alsdann danach handeln zu können. Auch wünschte ich, anstatt des mir zugetheilten Königs, lieber den Bastard darin zu übernehmen, weil mir sonst im ersteren Falle, vermöge des Personals unserer Bühne, kein Möglichkeit übrig bleibt, den wichtigen und äußerst schweren Charakter des letztem, gut und zweckmäßig besetzen zu können. Ich bitte nochmals um Ihre gütige baldig« Antwort und habe bis Kahm so wie immer die Ehre mit unbegränzter Achtung zu beharren Ihr ganz ergebenster Opitt." Die Leipziger Premiere der „Jungfrau von Orleans" fand bekanntlich am 11. September 1801 im Theater am Raifftädter Tor statt; der zweiten Wiederholung am 17. September wohnte Schiller bei; das Leipziger Publikum bereitete ihm stürmische Huldigungen. Dem oben ausge sprochenen Wunsche entsprechend war auf dem Theaterzettel lener ersten Aufführungen der Erzbischof in den „Seneschal von Rheims" verwandelt. Opitz spielte doch den König und Schirmer den Dubois. Als Johanna wurde Mad. Hartwig sehr gefeiert. Die Urteile über die Qualität der Äesamtausführuna gehen weit auseinander. Ein anderer Bries aus Leipzig stammt von dem Berliner Verleger Johann Friedrich Unger, der gelegentlich feines Besuches der Moimesse aus „Leipzig den 13. Mai" an Schiller schrieb: „Verohrungswürdiger Herr Hofrath! Die vielen Meßarbeiten und andere Geschäfte haben mich gehindert, auf Ihren Brief vom 1. April sogleich zu antworten. Wenn derselbe zwar meinen Wunsch nicht er füllt, einen Kalender für das nächste Jahr zu erhalten, so ist mir doch die Hoffnung nicht benommen, einen zu be kommen. Ich will es ganz Ihrer Zeit und Neigung über lassen u. will gern bis O.ftern 1803 oder einige Monate länger noch damit warten. Da ältere Verbindungen mit Cotta Sie hindern, dramausche Arbeiten mir zu geben, so muß ich mich denselben unterwerfen. Sollten «sie aber einmahl einen Roman oder andere Erzählungen, die einen Band füllen können, schreiben wollen, darf ich wohl darauf rechnen, unter jeder von Ihnen zu machenden Bedingung, mir in Verlag zu geben? Jeden Aufwand des Aeutzeren, der mir in meinen Kräften steht, werde ich darauf ver wenden, sowie aus^ alles, was Sie mir in Verlag auver- trauen werden. So wünschte ich, daß ich für den Damen- kalender 1803 eine kleine Erzählung von Ihnen erhielte, die mit guter Gesellschaft begleitet sein sollte. Wegen der „Irene trete ich nun ganz Ihrer Meinung bei, und werde Sie nie wieder mit einer solchen Bitte be helligen. So werde ich Ihnen aber von ganzem Herzen für die kleine Schrift danken, die Sie mir über dasTheater zu verlegen geben wollen. Bei Uebersendung des Mspts erbitte ich mir die Bedingungen, u. Art vorzuschreiben, wie Sie solche gedrukt zu sehen wünschen, u. mit was für Lettern. Seit einigen Wochen ist Ihre Jungfr. v. Orleans im neuen Schaupielhause sin Berlins gegeben worden, wo ich so sehnlichst gewünscht habe, Sie möchten dieser Vor stellung doch beiwohnen. Wenn gleich viele Schauspieler darin noch vieles besser zu spielen zu wünschen übrig lassen, so glaube ich, ohne Ihrem schönen Thearer in Weimar nahe zu treten, daß in ganz Deutschland nicht so viele Pracht darauf verwendet ist, wie hier. Das Gefolge be steht aus mehr denn 200 Personen, auf das prächtigste ge kleidet, u. die schöne Music von Weber dazu macht einen gcrr herrlichen Effect. Darf Weber wohl mit einem Brief Ihnen beschwerlich fallen? Ich habe ihm die Stelle Ihres Briefs, die ihn be traf, vorgelesen, die ihn sehr glücklich gemacht hat. Näch stens werde ich Ihnen seinen Marsch u. den Monolog der I. v. O. mit meinen neu erfundenen Noten gedruckt, zu übersenden die Ehre haben; hoffentlich werden Ihnen beide Stük« sebr gefallen. Ich bleibe nur bis zum 23. Mai in Leipzig, wo ich wohl keine Antwort von Ihnen hoffen darf. In Berlin aber fteue ich mich, von Ihrer Gute bald eine zu erwarten. Ich empfehle mich Ihrer Freundschaft u. Gewogenheit gehorsamst, und bin mit der größten Verehrung Ihr gehorsamst ergebenster l7uxeir." Mehrere der im Morbacher Schillerbuch erstmals ge druckten Briefe an Schiller stammen von Wilhelm Gott lieb Becker, Inspektor des Antikenkabinetts in Dres- den. Sie betreffen hauptsächlich Beckers Ersuchen an Schiller um Beitrage für sein „Taschenbuch zum geselligen Vergnügen . Schiller sandte ihm durch Vermittlung Kor- ners „einige Kleinigkeiten, die Ihnen bloß meinen guten Willen an den Tag legen sollen , vier Gedichte, nach deren Emptang Becker in einem Schreiben, datiert „Dresden, den 28. Marz 1802", in folgenden Worten dankt: „Die Freude, mein verehrungswiirdiger Freund, welche Sie mir mit Ihren schönen Gedichten gemacht haben, war groß der nur, und ist es noch immer. Ich betrachte sie nicht bloß als Rosen meines kleinen Blüthenkranzes, un geachtet sie mir als solche von der größten Wichtigkeit sind, sondern zugleich als Beweise Ihrer Gewogenheit; und als lolche sind sie mir ebenfalls überaus werth. Die Gunst des Augenblicks konnte nur von Ihnen kommen; Ihr hoher Genius scheint sich gleichsam darin zu wiegen. Sehnsucht, das schöne Lied, dessen dritte Strophe zu mal wunderschön ist, muß eine gute musicalische Be gleitung erhalten. In dem, dem Erbprinzen ge sungenen Liede macken die drei letzten Strophe!', ungeachtet es eine gelegentliche Entstehung hat, cs für alle Zeiten zum bleibenden Gedicht. Di« Antiken iu Paris enthalten einen Gedanken der eben so wahr alS? vortreflich ausgchrückt ist . . ." An Stelle eines Honorars schickte Bccker dem Dichter am 24. September 1802 die Kopie einer antiken Figur: „Es ist die schöne interessante Herkulanischc Matrone in Biscuit, die ich Ihnen hiemit sende. Nehmen Sic dieselbe als einen kleinen Beweis meiner großen Hochachtung auf. Ich weiß, daß Sie den Werth dieses vortreflichcn Kunstwerks zu schätzen wissen, und die artige Copie, die ich Ihnen davon sende, wird L>ie noch lebhafter daran erinnern. Es weht darin der Geist, der aus Raphaels Madonna und aus Ihrer Johanna spricht." Eine interessante Schilderung des bedeuten den Eindrucks Schillers im persönlichen Umgang enthält der umfangreiche Brief des Berliner Schriftstellers Friedrich v. Gcntz, datiert „Berlin, den 31. Januar 1802". Es heißt darin: „Das Bild der ewig unvergeßlichen Stunden, die ich mit Ihnen und in Ihrer Nähe verlebte, drängt sich, indem ich jetzt schreiben will, so frisch und so bezauocrnd vor meine Seele, daß ich kaum begreife, wie ich mich dem kal ten, nüchternen, beschränkten Werkzeuge eines Briefes überlassen kann, da ich selbst durch die gegenwärtigsten und lebendsten Worte nur immer sehr schlecht aussprechen würde, was ick eigentlich sagen mögte! Sie haben höchst wunderbar auf mich gewirkt. Wenn mir noch vor zwei Monaten einer gesagt batte, daß Sie größer wären als Ihre Werke, so würde er mich ungläubig gefunden haben. Ich hielt diese, in meiner tiefen, in meiner gerechten Be wunderung, fast durchgängig sür Produkt einer hohen In- spiration, die den Menschen allemal über sich selbst erhebt: und ob ich gleich wohl wußte, daß der, welchen die Götter einer solchen Gunst würdigen, immer schon ein außer ordentlicher Mensch seyn muß, so konnte ich mich doch nie gaoz von dem Gedanken los machen, daß es eyer etwas peinliches als etwas erfreuliches seyn müßte, den Günst ling der Götter, aus den Stunden der Weihe heraus- gerlsseu, im alltäglichen Leben herumwandcln zu sehen, und gewöhnliche Gespräche, gleichviel ob philosophische oder nichtphilosopbische führen zu hören. Der Umgang mit Ihnen hat diesen Wahn zerstört. Mit Erstaunen sah und begriff ich, datz es ein Gemüt geben kann, das selbst solche Werke, wie die Ihrigen sind, mit vollkommenster Freiheit hcrvorbringt. Sobald ich dies gefaßt hatte, er- blickte ich Sie notwendig über allen Ihren Produktionen; und die unendliche Tiefe und Füsse, die sich nachher, in jedem Momente unserer Unterredung mächtiger, vor mir entwickelte, überzeugte mich immer «ehr von der "nbe-
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