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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.04.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070405015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907040501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907040501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-05
- Monat1907-04
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'M Anheiqev-Prei- MorgenAusttabeL. WpMr. Ta-MM Handclszcitunff Ämtsblatt des Nates und -es Nolizeiamles -er LLa-1 Leipzig Nr. S4 Freitag S. April 1SV7. 1V1. Jahrgang Bttlk XV. 7. Prinz Loui» Ferdiumw- Straße L. Telepyou I, Sir. S27L. monaNich 1 M. ansfchl. Postbestellgeld, für Oesirrrrich-Uxgar» vierteljährlich bL 4üd. Abonnement-Anmihnie: Aagustatpla» 8, bet uvsrrea Träger«, Fstiale», Ep^iuürr» 'M- - - >".--^^-7 von vrtztti» über <lie ZSIachtteiaer Ser Maulrchulei. Reischriese eines deutschen Offiziers. Briefträger». Di» einzeln, Rnnuner koket IO Gstz. AeOsktt« «»» Gr»e»ttt<«r Iohmmitzaass« d. T^epho» Rn lü^ Är. ÄL^ «r. 117L. Die Großen rüsteten auf jene Zukünfte, die sie lieber fern als nah dachten, um bereit zu sein, wenn einmal ein Unge fähr das Aeußerste schnell zu tun fordern werde. Dadurch, daß jeder nach Maßgabe seiner Kräfte rüstete, war ein Gleichgewicht entstanden, ein Beharrungszustand, welcher ziemlich genau dem wirklichen Verhältnis der Machtmittel entsprach. Darin, daß dieses bestehende Verhältnis aufgehoben werden soll, liegt die schwere Erschütterung der internationalen Sicherheit begründet, welche der Abrüstungsantrag bringen wird. Die Politik hat nun einmal nicht mit mathematischen Größen zu rechnen, deren Proportionen durch Division aller Glieder unverändert bleiben, sondern mit benannten Zahlen, deren Elemente von Natur inkommensurabel sind. Es dürfte über das menschliche Wissen und Können hinaus geben. einen wirklich gerechten Reduktionsmodulus für die Abrüstung ausfindig zu machen, der die Machtverhältnisse des Augenblicks in keiner Weise altericrt. Es wird ledig, lich ein neuer Faktor der Unzufriedenheit zu den vorhan denen Reibungskoeffizienten hinzugefügt werden. In gleichem Schritte mit der Unzufriedenheit wird das Mißtrauen aller gegen alle wachsen. Die Ausführung der Abrüstungsbeschlüsse wird mit ArguSaugen bewacht wer- den. Wir wollen nicht so weit gehen, wie die Pessimisten, welch« aus der bloßen Diskussion der Abrüstungsfrage den Krieg entstehen sehen. Wir glauben noch nicht, daß man der selbstverständlichen Einstimmigkeit solcher Abmachungen in der Weise nachhelfen wird, wie es öfters im polnischen Reichstage geschah, wenn ein Mitglied von seinem verbrieften liberum veto Gebrauch machte: daß man den unbe quemen Opponenten einfach totschlagen wird. Ein Krieg, um den bestehenden Frieden ein wenig besser zu sichern: das wäre ein zu fadenscheiniger Vorwand für eigene Kriegs gelüste und überlieferte unsere Zeit dem Spott der Jahr- Hunderte. Die Diskussion der Abrüstungsfrage ist nicht unverfänglich, aber auch ihr wahrscheinliches negatives Ergebnis bedeutet schwerlich den sofortigen Krieg. Allein eine Verlangsamung des Tempos in der Aus führung der Konferenzbeschlüsse kann immerhin zum Fall strick gemacht werden. Wir. wollen dieses Mal nicht näher auf die Frage ein. gehen, oh eiwe Beseitigung oder Abänderung der festlän dischen Wehrordungeu denn wirklich «in sei, aufs innigste zu wünschen. Ob der mehrjährige Dienst aller Bürger im stehenden Heere nicht vielleicht ein so vorzügliches Mittel der Volkserziehung ist, daß er, ganz von aller Vorbereitung auf den Krieg abgesehen, um seiner selbst willen erhalten werden muß. Wir wollen ferner heute die Frage gar nicht an- schneiden, ob eine internationale Regelung der Wehr- ordnung und der Wehrstärke einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Völker darstellt, den wir unS verbitten dürfen. Für dieses Mal haben wir uns auf eine Skizzierung der wägbaren Wirkungen einer Abrüstung eingeschränkt, die einer sehr ernsthaften Prüfung bedürfen und nur von Sachverständigen entschieden werden dürfen. Wenn jetzt die Rede davon ist, die militärischen Fachmänner von der einzusetzenden Spezialkommission auS- -uschließen, so würde damit die sehr gewichtige, aber über alle Maßen schwierige Frage von vornherein zum Gegenstände eine- völlig unverbindlichen Meinungsaustausches gemacht, dessen B^eutung kaum über den Achtungserfolg hinaus- ginge, de» die Abrüstung-- und Friedensideen seit Jahren an den Höfen und in den Parlamenten Europas gewonnen haben. Denn entschieden werden darf in einer so zu sammengesetzten Kommission natürlich nichts: das ausschlag gebende Urteil über die Form der Abrüstung muß den Soldaten Vorbehalten bleiben. Ueber das Prinzip der Frage aber, über die Wertung jener dieses Mal von uns nur gestreifteu Imponderabilien der Volksseele, welche ganz und gar nicht kalten HerzeuS sich von unserer liebgewordenen Wehrverfassung trennen würde: darüber brauchen nicht bloß die militärischen Vertreter der Regierungen zu urteilen, sondern dieses Urteil ist jedes Mannes Recht, nicht natür lich Weibersache oder die feministisch veranlagter Männer. „Um den Krieg sollen die Männer sich kümmern", jagt der homerische Hektor. Berlin nicht scheut und die Sache SachsenS im Bundesrate selbst Wrt. Wir erwarten auch «ine Vertretung der sächsi schen Regierung im Reichstage, wenn die vorsichtig zurück- gestellte Beantwortung der Interpellation wegen der Ab- gaben endlich erfolgen wird. Mit Zaghaftigkeit ist dem Lande nicht gedient. Und der Einwand von den schonungs bedürftigen Beziehungen zu Preußen will uns wenig wirk sam erscheinen. Wenn das Gefüge des Deutschen Reiches so schwach wäre und es nicht vertrüge, daß ein Bundesstaat seine wichtigsten, auf die Verfassung gestützten Recht« wahr nimmt, so taugte der ganze Bismarckbau keinen Pfifferling. Und überdies: Nicht Sachsen, nicht die süddeutschen Bundes- staate», nicht die Verteidiger der Abgabenfreibeit können hier der Unfreundlichkeit bezichtigt werden. Sie sind in diesem Falle wahrhaft konservativ, sie wollen die Verfassung schützen und de« bestehenden, bewährten Staad der Dinge aufrecht erhÄteu. Preußen aber will sich rücksichtslos über die Verfassung, über die Interessen aller anderen an der Flußschiffahrt beteiligte« Bundesstaaten hinwegsetzen in partikularistischem Egoismus und verstockter agrarischer Liebedienerei. Die preußische Position war von Anfang an in der Frage so schlecht wie möglich. Mit seinen eigentlichen Tendenzen kann Preußen nicht herausrücken. Es kann nicht laut er klären: Wir wollen den preußischen Eisenbahnen «ine Kon kurrenz vom Halse schaffen und nebenbei den Import von Landesprodukten zugunsten der Agrarier verteuern. Also muß eS sich mit Vorwänden behelfen: Die Korrektions- arbeiten an den Flußläufev sollen mit den Abgaben bezahlt werden. Und wenn erst das Prinzip durchbrochen ist, dann kann die Schraube rchne Ende gedreht werden, bis der letzt« Frachtkahn von der Elbe in ein Handelsmuseum transpor tiert wird. Wir erklären ganz offen unser äußerstes Miß trauen allen Handels- und verkehrspolitischen Plänen Preu- ßenS gegenüber. Ein Kanzler und Ministerpräsident, der sich in dieser Beziehung so einseitig auf daS Agrariertum festgelegt hat, wird es den übrigen Erwerbsständen wohl selbst nicht verdenken, wenn sie ihre Existenzbedingungen lieber nicht von seine« agrarische» Wohlwollen abhängig machen. Ünd wir haben es ja auch all« erst vor wenigen Woche» erlebt, wie wenig empfindlich der Kanzler sein kann. Der Bund der Landwirte und sein Organ die „Deutsche Tageszeitung" sind vom Fürsten Bülow mit den schmeichel haftesten Lobpreisungen bedacht worden. Herr v. Oldenburg. Januschau, der rücksichtsloseste Draufgänger der Bundes- Parlamentarier, wurde „mein Freund v. Oldenburg" titu liert. Und haben «S etwa die Agrarier je an der heftigsten und immer persönlich zugespitzten Interessenvertretung fehlen lassen? Wie oft hat die „Deutsche Tageszeitung" mit „Entziehung de- Vertrauens" gedroht! Wie hat sie Herrn v. PodbielSki gegenüber dem Fürsten Bülow die Stange ge halten! Und doch diese Artigkeit d«S Kanzlers! Nun wohl, wenn daS ein Erfolg ist, auf den daS Agrariertum mit Recht stolz sein ktznu, so wollen wir wenigstens die Lehre daraus bei der Behandlung der preußischen Pläne ziehen und sie auch alle» anderen Instanzen zu erwägen geben. Niemand wird Handel und Industrie eS verdenken können, wenn sie bei diesen Handelsverträgen, dieser systematischen TeuerungS- und Absperrungspolitik die paar noch bestehenden günstigen Momente nicht autasten lassen wollen. Und die sächsische Regierung vor allem ist berufen, hier ihren Mann zu stehen. Dir glauben absolut nicht an de« sehr, sehr häß lichen Verdacht, die Mehrzahl der sächsischen Minister hätte ihren „Anschluß an Preußen" gefunden. Wir weisen im Gegenteil Liese Insinuation mit Entrüstung im Interesse des politischen Ansehens de- gesamten sächsischen Mi nisteriums zurück. Aber nun mag auch die Regierung ihrer seits dafür sorge», daß solchen Ausstreuungen der Boden entzogen wird. Vie rMrirche istgiermtg «»a Str ZchiMdttrabgsdrn. „Woher weißt du?" lautet eine bekannte Jargonfrage. Und die stereotype Antwort darauf ist: „Ich hab' «S geratet." Das „Berliner Tageblatt" will wissen, die sächsische Re- gierung sei in Sachen der preußischen Flußschiffahrts- abgabenpläne umgefallen. Die sächsischen Minister, Graf Hohenthal voran, hätten „rechtzeitig den Anschluß an Preußen gefunden". „Rur der Finanzminister Dr. Rüger soll noch mit einer für einen sächsischen Minister ungewohn ten Hartnäckigkeit an seinem ablehnenden Standpunkte fest- hcckte»." Aber auch „diese einzige Säule der Opposition" sei bereit- geborsten und könne über Nacht stürzen. Ja, wo her weiß daS „Berliner Tageblatt" daS alles? Sollte es daS geraten haben? Uns wenigstens ist nichts bekannt ge worden, das auf solchen Wandel der Gesinnung in Sachsen mit Sicherheit schließen ließe. Und nebenbei scheint es uns doch auch taktisch nicht sehr geschickt zu sein, einen Umfall alS vollzogen zu proklamieren, wenn dieser nur gemutmaßte Um- fall das Schicksal der Angelegenheit besiegeln würde. Jeden falls halten wir diese Art Konjekturalpolitik für überaus bedenklich, für um so bedenklicher, wenn sie im so wie so doch arg bedrohten Lager der Freunde der freien Flußschiffahrt betrieben wird. Es ist eine alte Erfahrung, daß die Scheu vor dem Umfall häufig genug die letzte und festeste Schanze einer bestürmten Position ist, und daß man diese Scheu durch Erörterung der Umfallmöglichkeiten nicht stärkt, be darf wohl keine- Beweise-. DaS Berliner Blatt hat der sächsischen Industrie, dem sächsischen Handel, wie überhaupt d«r FlüßschiffahrtSfreiheit mit seinem wohlgemeinten Artikel also keinen guten Dienst erwiesen. Doch dürfte diesmal noch die heraufbeschworene Gefahr nicht eintreten. Denn wie wir mit voller Zuversicht behaupten zu können glauben, denkt die sächsische Regierung nicht daran, ihre Opposition gegen di« preußischen Pläne aufzugebeu. Ihr« Stimmen werde» im Bunde-rate unter keinen Umständen zu haben sein. Trotzdem muß gesagt werden, daß diese Haltung der sächsischen Regierung nicht immer den rechte« und deutlichen Ausdruck gefunden hat. So dankbar e-, in ganz Sachsen darf «an wohl sagen, anerkannt wird, daß in dieser Frage da- sächsische Ministerium den Schild über die sächsischen Interessen gehalten hat und weiter zu halten gesonnen ist, so. sehr vermißt man die unbedingt nötige Aktivität der Re gierung. Mit dem passiven Widerstand ist e- nicht getan. Der kann leicht den Eindruck erwecken und hat ihn bereit- erweckt, al- ich hier nur gewissermaßen der Form wegen, um sich vor nachträgliche» Borwürfen der schwer geschädig ten Interessenten zu saldieren, opponiert würde. ES ist kein Zweifel, daß diese Haltang der Regierung, die wir wohl mit Recht al- eine viel zu Veit getriebene Scheu vor Differen zen mit Preußen auSlegen, den Abgabepläuen in Berli» erst die Entwickelung-Möglichkeit gegeben hat. Wenn di« sächsische Regierung von vornherein mit allem Nachdruck und ohne alk diplomatische Bedenken erklärt hätte, daß sie in dem Ruttel» an der verfassung-mäßig garantierten Abgabefrei- heit der deutschen Flußschiffahrt «ine Bedrohung der wichtig sten wirtschaftlichen Grundlage» erblicke, daß dieser ver- fassung-bestimmung «in viel höherer Wert beizulegen sei, al- nur der einer formellen Schwierigkeit, wenn sie die von Preußen neuerdings nur allzuoft geforderte Berücksich tigung preußischer Interessen und Stimmungen bet dieser Gelegmcheit auch für sich gefordert hätte — dann hätte die Gefahr der FlußschiffahrtSabgabe» überhaupt nicht so nahe rücken können. Preuße» würde sich wohl gehütet habe», ei»er so ernstlich bekundeten sächsischen Gegnerschaft gegen über seine partikularistischea Plänchen aufrecht zu -alte». Aber da» ist nicht geschehen. Leider. Dafür muß wenig, steu- für die Zukunft eine absolut »nzweide»tige, energische Vertretung der durch di« verfass»»- geschützte» sächsischen Leben-interessen gefordert werde». Dir erwarte« von der sächsische» Skgierung eine Abkehr von ihrer bi-herigen Methode. Dir erwarte», daß Graf Hahenthal »ach Recht Pwd Pflicht bei einer so wichtigen Frajze di« Reife »ach * Bei der Rückkehr Hamburger „ArbeitSwil- l.i ger" nach London entstanden Tumulte, die ein Eia - greisender Polizei notwendig machten. sS. DtschS. R.j * Die ungarrschen Minister werden sich zu Beginn der nächsten Woche «ach Wien begeben, um die Aus gleichsverhandlungen mit den österreichischen Ministern fortzusetzen. * Nach einer amtlichen Erklärung der rumänischen Regierung ist die Ruhe im ganzen Lande wieder hergestellt. sS. A-Sl.) . * Die Southwest Africa Company hat sich ent schlossen, ein« Eisenbahn von Otavi nach Grootfon- t e i n z» baue«. lS. Letzte Dep.) abends) vierteljährlich LöO M, monatlich 1K0«. Dich di« Post bezog«, ft mal täglich) innerhalb Denlschlaad» und der deutschen lkolonie« vierteliädrtick 8 M., Var Wichtig«« v»m Lagt. * Gegenüber allen Mitteilungen über eine» für den Sommer bevorstehenden Besuch de- Kaiser- in England; wird offiziös festgestellt, daß zustän digen OrteS von einer solchen Reise nichts be- kannt ist und daß die angegebenen Einzelheiten, die den Anschein besonderer Genauigkeit erwecken wollen, glatt erfunden sind. für Anferow au« Leipzig «. Umgebung dl« , »^spalten« Petttzrtle LLPf„ finanziell« An- zeige» SO Pf^ Reklame« 7bPf.; Von auswärt- »0 Pf., Reklame« 1 M.; vom Au-land SO Pf-, knaoz Anzeigen 7bPf„ Reklamen l.bü M. Inserat« v.Behörden i« amtlichen Teil 40Pf. Betlagegrbühr 4 M. p. Lausend exkl. Post- gebühr. Grsäiüstsanieigen an bevorzugter Stell« lm Preis» erhöht. Rabatt nach Tarn Festerteilt« Aufträge können nicht zurück- gezogen werden. Für da» Erscheinen an bestimmte» Tage, und Plätzen wird keine Garantie übernommen. La zeigen - Annahme: Auguftu-Play 8, bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen de» I«- und Auslände«. vanpr-Ftliale Berlin: LarlL»ucker,H«rzgl.Bayr.tzofbuchhandlg- Lützowstrahe 10 (Tel. VI, 4603. FUtal-Ervetztttou:rreStzeu,Marienstr 31. Vie frieartulkoktktletzr. ES ist doch «i»e eigeatümliche Erscheinung, daß fast die einzige Äolke, welche den politischen Horizont r» diesen Früh- lingSmouaten beschattet, die bevorstehende Konferenz ist, welche -nr dauernden Sicherung des Weltfrieden- berafen scheint. Die marokkanischen Angelegenheiten find vor Jahresfrist, wenigstens vorläufig und auf dem Papier, ge kielt, mag die Ausführung auch noch ihr« Gefahren berge». Die Balkanfrage» find anscheinend nicht dringend, vielleicht auch durch Oesterreich- und Italien- Verständigung über die Aufrechterhaltung de» «tntu» quo vorderhand autzge- schiede». Die Mantschurei ist beinahe schneller geräumt, al pt Port-mouth ausgemacht war. Der amerikanisch-japa nisch« SriegSlär« war -mrächst verfrüht. So durfte man einem hübsch ruhigen Sommer entgegensehen, in de« die Seeschlange einmal recht behaglich ihre alten Glieder gedehnt haben würde. Leider mag der Beste »icht in Frieden leben, wen» «» de» Schwärmern de» ewigen Friedens nicht gefällt. De Welt hatte sich so nett an den bewaffneten Frieden gewöhnt. Die gegenseitige Furcht hielt die großen Mächte sicherer vo« niemals »»bedenklichen Abenteuern -»rück, al» alle Verträge vermöchte», die nach Ablauf einer gewissen Zeit deswegen wie abgeschaffte Scheidemünze» außer Kur» gesetzt werde», weil der Kausalster»- ihrer vora»-setz»ngeu m der Zeit be licht. Die eigentliche Gefahr de» Weltfrieden» lag vielmehr i» der L»r»h« »ad Unberechenbarkeit der kleinen Staaten, welche geneigter find, ihr gesamte» voll-t»« in di« Schanze z» schlage», »eil sie «in geringere» Besitztum z» versiere» I hche». Die Höge» mit täppischer Hand in die Pastdara- I Bßchse der Zuk»»ft hiueingreife», welche di« StaahRtznst I der Größeren mit dreifach« Schlössern verwahrt hat». werden bald schroff und zackig; tief ausgewaschene Rinnen, in denen der Fels zutage tritt, geben ihnen ein zerrissenes Aussehen. Kahl ohne Bewaldung stehen sie da, nur selten an einzelnen Stellen mit niedrigem Laudgebüsch bedeckt. Aber hier und da krönen Buddha- oder Lamatempel oder einsame Pagoden ihre Gipfel und schauen in das Land hinab, das von den Bewohnern noch heute in derselben Weise wie vor vielen Jahrhunderten, mit ebenso unzu reichenden Geräten aber mit größter Sorgfalt bebaut wird. Und der Boden dankt diese Arbeit. Dichte Kauliang- selber, die ihre Stauden bis zu 5 Meter Höhe emporstrecken, wechseln mit weiten Gemüsegärten, die mit unendlichem Fleiße angelegt und bewässert werden. Die Törier werden zahlreicher und liegen in dichten Obstgärten: ringsum scheint Wohlstand und Zufriedenheit zu herrschen. Plötzlich treten zur linken die zackigen Berge dicht an die Bahn heran, stürzen senkrecht hinab, und der Zug poltert über die eiserne Brücke des Lwanho. der sich hier sein Bett durch die Berge bricht. Ein herrlicher Blick öffnet sich fluß aufwärts durch das Lwanhotal in das sich dahinter aus« türmende Gebirge. Unten auf dem Flusse ziehen flache Fischer-Sampans und um den schroffen Absturz deS Hohen Felsens windet sich in halber Höhe ein eingehauener Weg: er führt zu einem Buddhatempelchen, das wie ein Schwalben nest an den Felsen angeklebt ist. In der Ferne schlängelt sich das silberne Band des Lwanho in die Berge hinein. Der Zug ist über die Brücke hinüber gewettert, und wogende Kauliangf-lder, Obst- und Gemüsegärten fliegen wieder an dem Äuge vorüber. Tie Landeseinwohner ar beiten an der Ernte, die in dieser Gegend sehr gut geraten zu sein scheint und stellen den geschnittenen Kauliang in Puppen zusammen. Sähe man nicht die gelben Leiber der Chinesen, die ihre Feldarbeit meist ohne Bekleidung verrichten, man könnte meinen, in der Heimat in einer ertragreichen Gegend den geschäftigen Erntearbeitern zuzusehen. Man wundert sich im Stillen, daß eine so fleißige Ackerbevölkerung auf so günstigem Boden nicht vorwärts kommen sollte, und be ginnt tchon unter dem Eindruck dieses Wohlstandes zu glauben, daß die Armut der chinesischen Bevölkerung und Mißwirtschaft der Beamten gar nicht so groß sein könne, wie sie immer dargestellt werden. Da hält der Zug. Station Anshan! — v-,b Inuse. Dost laufe, tsebau tsebau, müvvla. (Großer Herr, großer Herr, ich habe nichts zu essen.>, so tönt es kreischend den Zug ent lang: alle Gedanken über Wohlstand sind mit einem Schlage verflogen. Da winseln Scharen von Bettlern, Männer, Weibe'- und Kinder, >n ekelhafte Lumpen gehüllt, die Weiber mit sk.vpbnlosen Kindern an den nackten Brüsten, um eine» Käsch, — den 5. Teil eines Pfennigs. — Einige werfen sich an dem Zuge auf die Nebengleise, machen Kotau und schlagen mit dem Vorderkopf hörbar auf den Erdboden. Dann zeigen sie auf die Beule an der Stirn, die vom vielen Aufschlagen blutrünstig geworden ist. Nur selten jagt einmal ein chine sischer Äahnpolizist das aufdringliche Volk zur Seite. Denn man derartige Bilder des Elends mitten in einer Gegend sieht, deren Wohlstand augenfällig zu sein scheint, und die unter dem strengen Regiment des Vizekönigs Auan-schi- kai als die bestverwaltete gilt, wie mag es dann manchmal in den ärmeren Provinzen oder gar in den Hungernot distrikten aussehen. Kommt dann noch hinzu, daß das ver rottete Beamtentum mit seinem System des Stellenkaufes und der Bestechung das Volk aussaugt, anstatt ihm zu Helsen, daß unverständliche Neuerungen plötzlich auf die ungebildete Masse einstürmen, die seit vielen Jahrhunderten gewohnt ist. in alten, ausgetretenen Gleisen -u wandeln, dann wird es erklärlich, daß sich eine Menge Unzufriedenheit al- gefähr- licher Zündstoff ansammeln kann, der ganz plötzlich zu Explosionen drängt: ein trauriges Beispiel hierfür sind die Ereignisse des Jahre- 1900. Die nächste Station Tschangli-Hsien bietet dem Reisen den eine angenehme Erfrischung. Es sind dies köstliche Wein trauben, die für wenige Cents in sauber geflochtenen Stroh körbchen in den Zug gereicht werden. Der Unternehmer des Speisewagens ist darauf schon eingerichtet und läßt den Reisenden sofort die kleinen Wasserschalen zum Abspülen der Trauben, sowie die notwendigen Tellerchen servieren. Der Ort selbst liegt etwa 10 Minuten von der Bahn entfernt zur Linken am Fuße der Berge. Zwischen den Obstgärten hindurch schimmert — daS Wahrzeichen jeder größeren chine sischen Stadt — die hohe Stadtmauer mit ihrer Krene- lierung und den ragenden Türmen über den Stadttoren. Weiter nach Schanhaikwan zu nähert sich die Bohn immer mehr der Küste, so daß man in der Höbe von Tsinwangtau zur Rechten die Schiffe auf der Reede diese« Hafen» liegen sehen kann. Die Berge zur Linken weisen immer schroffere und eigenartigere Formen auf. bi- sie schließlich bei Schon- baikwan die Höhe von 1200 Meter erreichen und in langen Gebirgsketten mit scharfen Graten und Zacken den Horizont begrenzen. Ueber die höchsten Punkte, über steile Felswände nnd durch tiefe Einschnitte, durch Täler und um Hügel win det sich hier wie eine riesige Schlange die „große Mauer" mit ihren Zinnen und Wachttürmen: verschwindet hier hinter einem Felsenvorsprung und taucht dort auf eine« anderen von neuem auf. Sie steigt herunter von den Bergen, kreuzt die Bahn und setzt sich zur Rechten auf einem Höhenrücken fort, bis ste über klippige Felsen im Meere untertaucht. Dan-li-tschang-tschöng, die 10 000 Meilen lange Feste, nennen sie die Chinesen. Man stelle sich die gelbe Lehmtenne einer Scheuer vor, lege quer durch im verkleinerten Maßstabe ein Eisenbahn- aeleiS, ziehe ein Stückchen davon entfernt eine Rinne, die den Peiho iFlußl vorstellen soll und man hat ein naturgetreue» Abbild der Ebene der Provinz Petschili. Kurze Ruyepunkte für- Auae in der Wirklichkeit bilden die am Zuge vorbei schwebenden Telegrapdenstangen, hier und da er» verein samte» Stückchen Feld, da» mit Ka»liana bestellt ist, am Horizont einige gelbe Lehmhütten, die von dürftigem Baum- wuch» umstanden sind und sich kaum vo» der Umgebung abheben und schließlich noch zahlreiche Maulwurfshügel von KO Zentimeter bi» 8 Meter Höhe. Sie sind teilweise »»- sammengestmkea, bilden Schlupfwinkel kür die Tiere ve< Felde» und au» vielen schauen die dicken Planken zerfallener oder auch »euer Lhinesensärge an» Tageslicht. Manchmal stehen die letzteren auch vollkommeu frei auf dem Erdboden. Diese Maulwurfshügel sind die Gräberfelder der Chinesen. Da- ist die trostlose Gegend Zwischen Tientsin und Tanaku san der Mündung des Peihoj und weiter nach Nor den hinauf läng» der Küste an deu gelben Lehmbaufen der zerstörten Pettanafort» vorbei bi» ungefähr nach Tang-Han. Hier erinnern plötzlich rauchende Essen und große Schuppen, Kohlenhaufen neben der Bahnlinie und Kohlenruß in der Luft daran, daß der weiße Mann in China an der Arbeit ist, dem Boden seine Schätze abzugewinne«.. Hier find die Gru ben der Minin^Kovlpagnie, die vorläufig in der Hauptsache den Bedarf an Sohlen i» der Provinz Petschili deckt. ,. Kurz vor Tangtzhan wird da» Gelände wellig, geht jen» Orte» allmäblich >n Hügeland und schließlich ins über, da» o«!.1>«r st-ken Seite der Fahrtrichtung I am Alsensund ist in dreijähriger Tätigkeit soweit gefördert in größter Nähe begleitet. Die Formen der Berae I worden, daß die Station am 8. April durch da» Wohn- und vrulrches Keich. Leipzig, Ü. April. b. Neue Berufskoosulate. Infolge Zunahme unserer Inter essen in Mesopotamien, die bekanntlich auch vor kurzem zur Er- richtunaeiner direkten Tampferverbinduna nach dem per sischen Meerbusen geführt hat, soll unser bisheriges Wahl konsulat in Bagdad in ein Berufskonsulat umgeändcrt wer den. AuS wirtschaftlichen und politischen Rücknchten hält es die Regierung für angebracht, in Fez, der Residenz des Sul tan- von Marokko, ein Berusskonsulat zu errichten. Eng land und Frankreich sind bereits berufsmäßig vertreten. DaS Berufskonsulat soll mit einem Konsul und einem Dra- ooman besetzt werden. In dem Freistaat Ecuador ist das Deutsch« Reich bisher ausschließlich durch Wahlkonsulate vertreten. Tie wirtschaftlichen Interessen Deutschlands in Ecuador lassen es erforderlich erscheinen, ihnen durch die Errichtung eine- Berufskonsulats in Quito, der Hauptstadt deS Freistaates, einen Stützpunkt zu verleihen. Das Kon- sulat wird einen Konsul und einen Sekretär erhalten. mH. Mariaeorttllerieftatio» Zonderburg. Der Bau eines Stützpunktes für die Ärtillerieschulschiffc bei Sonüerhurg am Alsensund ist^in dreijähriger Tätigkeit soweit gefördert
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