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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.04.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070406017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907040601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907040601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-06
- Monat1907-04
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Vas Aicktigm vom läge. * Eine konservative Versammlung in Dresden nahm gestern die vom Oberbürgermeister Beutler aufgestellten Leitsätze, die auf eine Revision des Parteiprogramms hmzielen, an. — In der Versammlung gab Legationsrat Nostitz eine erfreuliche Erklärung über die Haltung der sächsischen Regierung zur Frage der Schiffahrtsabgaben ab. lS. Art. 3. Seite.) * Für die Enthüllung des Nati onaldcnk- mals in Memel am 21. September d. I. hat der Kaiser seine sowie der Kaiserin persönliche Teilnahme zugesagt. * Der kaiserliche Botschafter Freiherr Mar- jchallv. Bieber st ein wurde nach dem gestrigen Selam- tik vom Sultan in Audienz empfangen. Er überreichte dabei dem Sultan im Namen des Königs von Sach- sen ein Handschreiben, sowie die von Professor Gurlitt aufg:nommenen künstlerischen Photographien von Kunst bauten der Stadt'Konstantinopel. * Das holländische Kabinett de Meester hat sein Putlassungsgesuch zurückgezogen; nur der Ak r i e g s m i n i st e r hat gewechselt. (S. Ausl.) * „Daily Graphic" würdigt in einem Artikel voll kommen die Berechtigung der deutschen Gegner- schäft gegen den A br ü st u n g s a n t r ag. (S. Ausl.) * Der holländische Gesandte hat in der Angelegen heit der Montagninipapiere im französischen "uslandsministerium einen Besuch gemacht. (S. Ausl.) Zchlvierlgireilen im englischen ftolonialreich. Aus Nordamerika waren Nachrichten gekommen, der neue englische Botschafter Mr. Dryce in Washington verhandle mit der Negierung der Vereinigten Staaten über die Herstellung einer Zollgemcinschaft Mischen dielen und Kanada: er sei nach Ouebeck gereist, um sich nach den Wünschen der Kanadier zu erkundigen. Im britischen Unter- Hause hat man die Nachricht für wichtig genug gehalten, um die Regierung zu befragen. Diese hat die selbstverständliche Antwort gegeben, daß ihr nichts davon bekannt sei und daß ste eine solche Sache nicht fördere. Wie konnte man auch anders denken? Wenn Kanada Zollgemeinschaft mit den Vereinigten Staaten erhielte, so bedeutete das ein vollständi- ges Anheimfallen des kanadischen Bedarfes an ausländischen Artikeln an die Industrie der Vereinigten Staaten, für Eng land aber den Verlust des kanadischen Marktes, denn gegen die Einfuhr aus England erhöben sich damit die hohen ameri kanischen Zollschranken. Eine solche Politik wäre das unbe dingte Gegenteil der Chamberlainschen; dies- sollte Kanada gegen das Ausland noch mehr absperren, gegen England noch mehr öffnen. Wenn nun auch die geaenwärtige britische Ne gierung die Ehamberlainsche Zollvereinspolitik stark ver urteilt, so wird sie sich doch nicht mit dem Vorwurf belasten, einen wichtigen Kolonialmarkt geradezu an das Ausland aus zuliefern, und Mar um so weniger, als damit der politische Anschluß Kanadas an die Vereinigten Staaten in bedroh liche Nähe gerückt wäre. Mit einer solchen unerfreulichen Möglichkeit hat man immer zu rechnen. Die Vereinigten Staaten können, wenn sie wollen, leicht eine Zollpolitik be- folgen, die ihnen sofort «ine starke Annexionspartei in Kanada schafft. Die Stimmung der Kanadier ist vor noch nicht langer Zeit schon stark annexionistisch gewesen; jetzt ist sie es nicht, aber sie kann es wieder werden. In die kanadi schen Westprovinzen sind in den letzten Jahren hundert tausende Amerikaner eingewandert. Die Stimmung der Kanadier bleibt stets ein unsicherer Umstand und darauf mag wohl die ganze Zollgemeinschafts-Kombination zurückzufüh- ren sein. Auch die Australier machen Schwierigkeiten, weit größere sogar. Sie hassen und fürchten die Japaner. Japan ist zwar mit England im Bündnis, aber selbst England ist auf seiner Hut, das sieht man c s der Befestigung Singa- vores, die nur gegen Japan einen Sinn hat. Australien erblickt in Japan die einzig: pazifische Großmacht, so lange die Vereinigten Staaten sich dv'-t öcht ganz anders ent- wickeln als bisher, was wohl nur durch den Panama- Kanal geschehen kann. Der läßt noch 10 bis 12 Jahre auf sich warten. Wenn England in einer anderweitigen Ver wickelung engagiert ist, so erblickt Australien in J-pan eine uebenbuhlerlose Großmacht im Stillen Ozcan. Japan hat 461/4 Millionen Einwohner, Britisch-Australien nur 5*/,. Japan hat eine Kriegsflotte ersten Ranges, cS will und muß für seine zu dichte Bevölkerung u-rvc Ansiedelungsgebiete schaffen. Australien, obwohl nur 14/r Einwohner pro Qua dratkilometer beherbergend, gegen 111 Vs in Japan, ist noch viel abwehrender gegen die Japaner als selbst Kalifornien; es verbietet jedem farbigen Menschen rundweg di: Landung. Australien selbst erwartet daraus mit der Zeit einen Kon flikt und verlangt vom Mutterland: die vertragsmäßige An wesenheit einer viel stärkeren Flottenabteilung, als jetzt dort stationiert ist. England verweigert daS mit Hinweis auf seine Reichsslotte, die Australien schon schützen werde. Darüber ist Australien sehr verstimmt. In Indien kommen keine Schwierigkeiten von den Europäern. Auch der langgefürchtete Popanz im Norden, Rußland, ist jetzt gezähmt. Er droht nickt mehr mit Entfall von Kosakenregimentern über Kandafar und Kabul; die Pa mirs und vollends Tibet sind unbedingt sicher. Man arbeitet sogar an einer russisch-englischen Verständigung. Wachsende Schwierigkeiten kommen dagegen non den Indern selbst. Durch den Sieg der Japaner über die Nüssen ist ihnen der Kamm geschwollen. Japaner gibt es 46s/> Millionen, Inder unter britischer Herrschaft fast 300. Eine solche Armee wie Rußland gegen Japan, kann das weitabgelcgene England gegen Indien nicht aufstellen. In Indien stehen nur 66 480 Mann europäische Truppen, außerdem 131700 Mann Ein geborenen und endlich unter dem Befehl der Tributärsürsten 350 000 Mann. Eine wachsende Bewegung unter den Hindus verlangt »Indien für die Inder". Es soll ihnen Gleich, berechligung mit den Europäerkolonien gegeben werden. Darunter versteht man ein von den Indern gewähltes Parla ment, das über alle Gesetze, Ein rahmen und Ausgaben zu entscheiden hat; ferner sollen alle Aemter sowie alle militä- rrschen Kommandos in den Händen von Indern liegen. — Die Verwirklichung dieses in ollem Ernste vertretenen Pro gramms würde die Zugehörigkeit Indiens zum briti'chen Reiche in den guten Willen der Inder legen. Darauf läßt sich England natürlich nicht ein. lücklicherwerie kann sich Indien insofern gar nicht mit Japan vergleichen, als es keine einheitliche Nationalität, kein organisierter Staat ist. Die Bewegung ist auf die Hindus beschränkt, und diese bilden nur drei Viertel der Bevölkerung und — sie sind unbewaffnet. Nur das Eingreifen Japans könnte eine Katastrophe herbei- führen. Gegen ein solches ist England sehr auf seiner Hut. In Südafrika kommt das Burenelement wieder zu sich. England ist großherzig genug, ihm sofort eine aus gedehnte parlamentarische Macht z>« übertragen, wovon die Buren auch Gebrauch machen. Sie besitzen die Mehrheit .m Transvaal-Parlament. Doch sind sie unbewaffnet und über- dies durch eine schmerzliche Vergangenheit belehrt. Schlim mer ist es um die wirtschaftlichen Verhältnisse beste!... Mir den Ehineien hat man kein Glück gehabt, sie werden wieder fortgeschafft. Andere Arbeiter für die Goldminen sind schwer zu erhalten. Wachsende Verdrießlichkeiten macht Aegypten. Ge rade der förmliche Uebergang der Herrschaft in England- Hände, der sie beseitigen sollte, hat sie vermehrt. Bis dahin glaubten die Aegypter noch an ein Gegengewicht gegen Eng land, das Frankreich in die Wagchale wer'e. Diesen Glau ben haben sie jetzt aufgeben müssen. Sie sehen sich der Tat sache gegenüber, daß ihr Land eine englische Kolonie gewor den ist und daß sie zu einfachem Gehorsam verurteilt sind. Das lockt wieder Leidenschaften aller Art hervor und einigt alle Richtungen. Im vorigen Jahre wurde ein englischer Offizier beim Taubenschießen ermordet, w-il Eingeborene die Tauben als die ihrigen ansahen. Dieserhalb sind drei oder vier Eingeborene hingerichtet und andere ausgepeitscht. Tas hat die Bevölkerung sehr erregt. Auch sie ist militärisch unbewaffnet.« An eine Erhebung ist nicht zu denken. Nur wenn das britische Reich anderweitigen Verwickelungen aus gesetzt ist, muß es auch auf Aegypten mit Sorge blicken. Die bloße Erwähnung dieser Schwierigkeiten pflegt in England schon als Uebelwollen .mfge^aßt zu werden. Sehr mit Unrecht! Wir verkennen gar nickt, daß England in In- dien und Aegypten der große Kulturbringer ist und daß es dort eine sehr liberale Handelspolitik befolgt. Wir haben an einer Aenderung kein Interesse. Nur nehmen wir mit oder ohne Erlaubnis das Recht in Anspruch, die Dinge zu betrachten wie sie sind. Gibt es loch auch Engländer genug, die sie ohne Schönfärberei zu schildern wissen! kill Kapitel über Sie kben. Im Deutschen Reiche sind, soweit Veröffentlichungen vor liegen, niemals so viel Ehen geschlossen worden, als im Jahre 1905. Nicht weniger als 485 906 Eheschließungen haben stattgefunden, das sind 8084 mehr als 1904 und 22 756 mehr als 1903. Danach zu urteilen, kann also das Jahr 1905 wirtschaftlich kein ungünstiges gewesen sein. Die erste Frage, die sich bei einem Kapitel über Ehen aufdrängt, ist die nach dem Alter der Eheschließenden. Tas ist allerdings bei Männern und Frauen sehr verschieden. Während z. B. von den eheschließenden Männern nur 690 unter 20 Jahre alt waren, waren es von den Frauen 40 834. Ein gewaltiger Unterschied in der Zahl. Von den 690 „jugendlichen" Ehe männern kamen 204 allein auf das Rheinland; dort ist man überhaupt sehr ehelustig. Die meisten dieser Jünglinge schienen übrigens das Bedürfnis zu haben, einen Ausgleich dadurch herbeizuführen, daß sie — in 403 Fällen — Frauen nahmen, die älter waren als sie selbst. Einer heiratete sogar eine Frau im Alter von über 40 Jahren. Das ist aber noch gar nichts gegen jenen wagehalsigen 21jährigen jungen Mann, der sich eine Frau im Alter von über 60 Jahren als Ehehälfte erkor. Dieser Fall ist in der Provinz Posen tatsächlich im Jahre 1905 vorgekommcn! Man wagt dabei nicht, an den schönen Ausdruck „Flitterwochen" auch nur zu denken. Das Gegenteil, nämlich, daß über 60 Jahre alte Männer Frauen nehmen, die noch nicht 20 Jahre alt sind, ist häufiger. Das war 1905 in 8 Fällen zu verzeichnen. Außerdem heirateten 222 Männer im Alter von über 60 Jahren Frauen, die 30 bis 40 Jahre jünger waren, und 561 nahmen Frauen, die 20 bis 30 Jahre jünger waren. Be trachten wir nun das durchschnittliche HeiratS- alter, so stellt es sich bei den männlichen Personen nur um 3 Jahre höher als bei den weiblichen (25 bis 26 gegen über 22 bis 23 Jahren). Immerhin führt diese anscheinend geringe Abweichung im Heiratsalter das Ergebnis herbei, daß von den Männern 72,5 Prozent, von den Frauen ober 84Z Prozent bis zum 30. Jahre geheiratet hatten. Di« Regel, daß der Mann älter ist als die Frau, ist übrigens keine so allgemeine, als gewöhnlich angenommen wird. Bei 97 643 Eheschließungen oder 20 Prozent der Gesamtzahl war die Frau älter als der Mann; somit kommt auf je 5 Ehen eine, bei der die Frau der ältere Teil ist. Nehmen wir nur die jüngeren eheschließenden Männer im Alter bis zu 25 Jahren, so gestaltet sich sogar das Verhält- nis noch anders; von 138 787 Eheschließenden in diesem Alter nahmen 45 262 oder 32,6 Prozent, also fast genau der dritte Teil, ältere Frauen. Daß auch im höheren Älter noch viel geheiratet wird, war schon aus einigen vorstehenden Mitteilungen zu entnehmen; im ganzen gingen 3788 Männer und 831 Frauen im Alter von über 60 Jahren die Ehe ein. Was schließlich die Häufigkeit der Ehen anbetrifft, so bietet Berlin die meiste Chance für die Verehelichung. Auf je 1000 Einwohner kamen dort 11 Eheschließungen: am geringsten war die Ziffer mit 6,7 Eheschließungen in Ost preußen. Der Neichsdurchschnitt betrug 8,1; Sachsen mit 8,4 Eheschließungen stand also etwas über dem Durch, schnitt. Die Kehrseite der Eheschließungen sind die — Ehe scheidungen. Die Zahl derselben ist in steter Zunahme begriffen. Im Jahre 1900 waren es 7928, im Jahre 1905 dagegen 11147. Tos ist eine Zunahme von 40 Prozent in wenigen Jahren. Am größten ist die Zahl der Eheschei dungen in Berlin (1424) und Hamburg (607) mit 7 auf je 10 000 Einwohner. Es sind das zwei Großstädte mit einer so verschiedenartig zusammengeströmten Bevölkerung, daß ein solchesErgebnisnickt gerade verwunderlich ist. Bringt man die Zahl der Ehescheidungen in ein Verhältnis zu der der Eheschließungen, so steht sogar Hamburg noch ungün stiger da als Berlin, denn in Hamburg kam 1905 eine Ehe scheidung auf je 12,7 Eheschließungen, in Berlin auf je 15,6 Eheschließungen. Dann folgen Bremen und Lübeck mit dem Verhältnis von 1 zu 18,7 und 1 zu 20,0. Daß die See- städtein dieser Statistik obenan stehen, ist sicher kein bloßer Zufall. Von den größeren Bundesstaaten hat unser Sach - s e n mit 1323 Ehescheidungen so ziemlich die Führung. In Bayern z. B. betrug die Zahl der Ehescheidungen nur 689, im Nheinlande 858 usw. Tie V e r h ä l t n i s z i f f e r n zu den Eheschließungen stellen sich wie folgt: Neuß jüngere Linie 1 :24,5, Sachsen-Altenburg 1 :26Z und Königreich Sachsen 1:31,7. Von preußischen Pr.vinzcn folgen dann Schlesien mit 1 :32,1, Schleswig-Holstein mit 1 :34,8 und Sachsen mit 1 :40,3. Tie wenigsten Ehescheidungen kamen in den Staaten ohne eigentliche Großstädte und stärkere Industrie vor; das Verhältnis der Ehescheidungen zu den Eheschließungen betrug 1905 in Oldenburg 1:110, in Sckaumburg-Lippe 1:182, in Lippe 1 :408 und in Waldeck 1: 428. von Lientrin über Sie Zchlachttrlürr üer Maimcbllrei. Reisebricfe eines deutschen Offiziers. Hl. Da die Züge der Nordchinesischen Eisenbahn nur am Tage oertehrien, mugten wir in SchauhaUwan im Railway- Hotel übernachten. Man tonnte sich hier noch einmal in den breiten Lchanghaibetten die Glieder dehnen, denn in den bevorstehenden Lagen war voraussichtlich von Betten Leine Reoe mehr. Es winkte uns oielmeyr das Vergnügen, auf einem Chlnesenkang (gemauerte, heizbare Schlafstätte) das Bündel aufzurollen und in Decken oder einen Schlaf jack gehüllt, »ich der Ruhe hinzugcben, falls etwa die Dringenden oder lautenden Bewohner dieser Lagerstätte es bezüglich der Ruhe Nicht anders beschlossen hätten. Wir versammelten uns am anderen Morgen 125. 9. 06) frisch gestärkt zur Weiterfahrt auf dem Badnhof; auch unsere Ponys sahen ganz vergnügt darein und ließen sich willig verladen. Ter Morgen war frisch, und der Nebel hob sich von den Bergen. Schanhaikwan liegt in einer herrlichen Gegend. Dicht westlich des von hohen Mauern umgebenen Ortes steigen die schroffen Gebirgszüge mit ihren zerrissenen Abhängen auf. Im Osten branden die ruhelosen Wogen des Meeres an den Strand und an die zerklüfteten Fellen des Höhen rückens, über die die große Mauer mit ihren zerfallenen Türmen zu den Fluten hinobsteigt. Es ist ein eigenartiger Kontrast, dieses riesige Bauwerk einer längst vergangenen Dynastie, das da oben in den Bergen verschwindet, um Hunderte von Meilen durch das Land zu ziehen, und die moderne Eisenbahn, die in diesen alten Grenzwall, das Symbol der Abgeschlossenheit, eine Bresche gelegt hat. Ebensowenig wie diese Mauer vor Jahrhunderten gegen die Heerscharen der erobernden Mantschus standgehalten hat, ebensowenig hat sie das chinesische Reich, in seinem ver knöcherten Dünkel, vor dem Siegeslauf der westlichen Kul tur bewahren können. Ein breites Stück der Mauer ist sür die Eisenbahn niedergelegt worden. Mit dem Augenblick, wo der Zug diese Lücke passiert hat, hat man den Boden der Provinz Petschili verlassen und befindet sich in der Mantschurei, dem Stammlande des jetzigen Herrscherhauses. Ich weiß nicht, woher es kommt, daß ich in früheren Jahren mit dem Worte Mantschurei die Vorstellung eines öden, steinigen und unwirtlichen Landes verbunden habe. Ich habe aber festgestellt, daß es vielen anderen ebenso er gangen ist, und daß erst der Krieg diese Ansichten geändert hat. Denn ein Land, das so große Heeresmassen ernährt hat, die nicht lediglich von dem Nachschub an Lebensmitteln gelebt haben können, muß, wenn nicht ein wohlhabendes, so doch ertragreiches Land sein. Und wahrlich, wohin das Auge sieht, da steht der Kau- liang in dichter Fülle, da liegen Dörfer unter grünen Obst bäumen, und die Gemüsegärten tragen große Blumen saftigen Kohles. Von den Bergen, die hie Babn immer noch zur Linken begleiten, rieseln Bäche und Flüsse hinab zum Meere, und rings macht alles den Eindruck eines gesunden Wohlstandes. Nur auf den Stationen wird man wieder daran er innert, daß man in China reist. Die Bahnpolizei ist überall verstärkt, und wenn der Zug einfäbrt. präsentieren die Wachen, di« auf dem Bahnsteige Ausstellung genommen haben. Ihre Stärke ist je nach der Größe der Station ver schieden. Auf Fragen nach dem Grunde ihrer Anwesenheit erhält man immer nur dieselbe Antwort „Hunchutzen" (eigentlich Rotbärte — ..Räuber" —). Also auch hier, wo der Krieg mit seinen Begleiterscheinungen nickt unmittel bar gehaust hat, macht sich das Räuberunwesea breit. *) Aus einem Bericht der Weltkorrespondeuz „Shanghai". Nun hätten sich aber wahrscheinlich die Hunchutzen, die durchweg gut bewaffnet sein sollen, wenig vor den Bahn- bofswachen gefürchtet, wenn sie wirklich die Verwegenheit besessen hätten, einen Uebersall gegen die Bahnstrecke zu unternehmen. Denn abgesehen davon, daß die Polizei soldaten nur zum allergeringsten Teil durch militärisches Wesen auffielen, hatten sie eine Bewaffnung, die aus einem Museum für Heereskund« entnommen zu lein schien. In ein und derselben Abteilung von ca. 30 Mann konnte man 3—4 verschiedene Gewehrmodelle entdecken. Neben unserem Gewehr 88 und den japanischen Murata-Gewehren, als den Glanzstücken der Bewaffnung, fanden sich sowohl die Ge wehre 71 und 71/84 als auch andere fremdländische Modelle vor. lieber das Aussehen der Gewehre hätte ein Schieß- Unteroffizier von deutschem Schrot und Korn in Ohnmacht fallen können. Reinigungszustand war entweder gar nicht vorhanden oder auf intensivste Art mit Schmirgclpapier und Eisenfeilspänen erzielt worden. Bor ollem schien die Brünierung der Läuse dem glücklichen Besitzer der Waffe Aergernis bereitet zu haben, denn sie war vielfach mit Mühe weggeputzt worden, um augenscheinlich den mili tärischen Glanz zu erhöhen. Im allgemeinen schienen sich die gelben Burschen recht unglücklich mit ihren Mordinstru menten vorzukommen. Dieses kriegerische Bild vervoll ständigte bei dem einzelnen ein wehmütig auf dem Haupt des edlen Dulders balancierendes Strohhütchen mit dunk lem Bande. Auf einer Station hatten die Recken sogar alte Radsahrgürtel aus schwarzem Gummizugstvff, die aus einem Galanteriewarenqeschäst 3. Sorte stammen mußten, um ihre Lenden geschnürt. Vorn rechts und links war je ein kleines gelbes Portemonnaie aufgenäht, das, augenschein lich an Stelle einer Devise au? dem mangelnden Koppel- sckloß, die beaeisterunasvollen Worte „peoae- pla^v" (Friede und Reichtum) „(Llucks in (-orinunz-)" trug. Nur ein „Offizier", der im Zuge mitfuhr, um die Stationen zu revidieren, hatte eine Mauserpistole im Holzfutteral an der Seite hängen, über deren Wert er sich sichtlich klar war, da er mit ihr vor uns kokettierte. In Kaopontze teilt sich die Bahnstrecke. Eine Linie geht in der alten nordöstlichen Richtung Weiler nach Hsinmintun, die andere Strecke biegt scharf rechtwinklig nach Südasten um, nach Vingkou, unserem Reiseziel, wo, wie anfangs er wähnt, die eigenartigen Verkehrsverhältnisse über den Liaoho bestehen. Die Gegend von Kaopontze bis Ninflkou ist eine glatte Ebene, die von vielen Jlußläufen durchschnitten wird. Ungefähr 15 Kilometer vor Vingkou berührt die Bahn den Liaoho, der sie bis zu ihrer Endstation begleitet. Er ist ein mächtiger Wasserlauf, der seine trüben Fluten, gelb wie Erbsensuppe, zum Meere führt, und dessen Ufer den zähen, breiartigen Lehm aller chinesischen Flüsse zeigen. Er ist bei Vingkou ca. 1000 Meter breit und so tief, daß Seeschiffe bis zu 7 Meter Tiefgang ankern können. Als nur ankamen, lagen eine beträchtliche Zahl japanischer Handelsdampser, sowie eine sehr große Menge chinesischer vochseedschmrken teils im Flusse, teils auf der Reede vor Anker. Dazwischen ruderten unzählige Sampans hin und her, und Schlepper dampften vorüber, so daß man den Eindruck eines regen Bcrkehrs bekam. Nach dem Urteile von Kaufleuten, die lange Jahre in China ansässig sind, soll Vingkou als Einfuhrplatz für die Mantschurei einer guten Zukunft entgcgengehen. Die deutsche Regierung zeigte daher ein offenes Auge, als sie kurz naw dem Kriege ein deutsches Konsulat nach Vingkou (jetzt in Mukden) legte, das di« Entwickelung des Handels nach der Mantschurei verfolgen und dem deutschen Kaufmann in Ostasien eine wirksame Stütze sein kann, wenn er mit seinem anerkannten, emsigen Fleiße dem deutschen Handel auch in der Mantschurei ein Plätzchen an der Sonne erobern will. Denn wenn auch in erster Linie Japan und dann Amerika und England an dem Handel in der Mantschurei beteiligt sind, so folgt doch Deutschland mit seinen Interessen unmittelbar nach diesen Mächten. Nach einer Zusammen- stellung der deutschen Kaufmannschaft in Schanghai beträgt der Wert der aus Schanghai und Tientsin in die Mantschurei eingesührten Waren deutschen Fabrikates ca. 35 Millionen Mark, während noch einmal ca. 70 Millionen Mark an übrigen Waren, hauptsächlich amerikanischen, die von deut schen Kaufleuten in Ostasien gehandelt werden, für die Ein fuhr in Betracht kommen.*) Diese Zahlen stammen aus dem Juni vorigen Jahres. Sie werden wohl also mit Zurück ziehung der japanischen Truppen aus der Mantschurei und der Uebernahme der Verwaltung der letzteren durch das chinesische Reich noch einen weiteren Aufschwung erfahren. Um so mehr ist es notwendig, daß auf diesem weiten Absatz gebiet keine Meistbegünstigung einer anderen Handelsflagge eintritt und daß die deutsche Negierung, wie sie es bisher mit der Errichtung des Konsulats gezeigt hat, ihr wachsames Auge weiterhin auf die Aufrechterhaltung des Standpunktes der „offenen Tür" richtet. — Wir wurden auf dem Bahnhof vom deutschen Konsul, Herrn Mezger, sowie von einigen japanischen Offizieren empfangen. Wir überzeugten uns bald, daß ohne die liebenswürdige Hilfe des ersteren Herren unsere Reise hier zunächst eine un- angenehme Unterbrechung erfahren hätte. Die Dunkelheit stand dicht bevor und an ein Uebersetzcn der Pferde nach dem Orte Vingkou wäre nicht mehr zu denken gewesen, da außer den kleinen Sampans, welche sür das Uebersetzcn nicht in Betracht kommen, keine öffentliche Fähre vorhanden war. So aber war alles in Verbindung mit der japanischen Mili tärverwaltung vorbereitet worden, Schlepper und Fähre waren bereitgcstcllt und das Uebersetzcn konnte ohne länge ren Aufenthalt beginnen. Vom Orte selbst bekamen wir wegen der bald herein- Lrechenden Dunkelheit wenig zu sehen. Das Hotel „Mantsckuria", in dem wir untergebracht waren, das einzige europäische Hotel, machte einen verhältnismäßig primitiven Eindruck. Es lag au der Straße, die am Flusse entlang führt, — am „Bund", wie diese Uferstraße hier im Osten durchweg in den größeren Städten heißt —. Eine weitere, breit angelegte Straße, führt vom Bund nach dem ca. 5 Kilometer oberhalb Vingkou befindlichen Bahnhof der Strecke Dingkou-Tasckikiao-Liaoyang-Mukdcn, wohin unser Hauptgcpäck und die Ponys alsbald nach der Ankunft zum Verladen abaegangen waren, da die Abfahrt am anderen Morgen in aller Frühe erfolgen sollte. Diese Straße ist von der japanischen Militärverwaltung angelegt worden und dient augenscheinlich rein militärischen Zwecken. Denn wie die meisten Verkehrsanlagen, die die Japaner in der Mansscknrei während der Okkupation getroffen haben, von dem Gesichtspunkte eines nochmaligen kriegerischen Zu sammenstoßes mit Rußland geleitet sind, so kann auch die Anlage dieser breiten Straße nur den Zweck hoben, bei Lan dungen von Truvven und Heeresbcdürsnissen im Hafen von Vinakou, die Weiterbeförderung nock der Babn Taschikrao- Mukden ohne Verkehrsstörungen im Fluß zu halten.
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