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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.04.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070411017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907041101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907041101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-11
- Monat1907-04
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Umgebung d!e vgelpalteae Petltzeii« 25Pf^ finanzielle Aa- zeigen 30 Pf.» Reklamen ?üPf.; von au-wärt- 80 Pf., Reklamen 1 M.; vom Ausland KO Pf., finanz Anzeigen 75 Pf., Reklamen I.üO M. In «rate v.Behörden im amtlichen Teil lOPs. Beilagegebüdr 4 M. p. Toujead ezkl. Post- gr!>üt,r. tÄejchästsanzeigen an be wrzugler Stelle im Preite erhöht. Rabatt nach Tarif. Feuerteilte Aufträge können nicht zurück gezogen werten. Für Sa» Erscheinen an begimmteu Tagen und Plätzen wir- kein« Garantie übernommen. Anzeigen - Annabme: RuguttnSvlals 8, bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen de» Ja- uad Auslandes. Vaupt-Fillale Berlin: EarlDuncke r.Hrrzgl.Bayr.Hosbuchbandlg, Lützowslraße 10 (Tel. VI, 4603'. Nr. 100. Donner»Sta^ 11. April 1907. 101. IahMNß. va» ülicbtigtte vsm Lage. * König Friedrich August von Sachsen begab sich gtsterri, nachdem er der Weibe keS Leipziger Lehrer seminars beiglwohnt baue, nuch Borna, Geithain und Chemnitz. (S. b. des. AM.) * Die Nachricht, daß Württemberg und Baden in der Frage der SchitiahrlSabgaben Preußen Kon zessionen gemacht haben, wird dementiert. (S. Art.) * Der Reichstag trat gestern in die zweite Be ratung des E-als em. Es wurde über das ReichSamt des Innern zGehalk deS SlaalslekretäiS» in eingehenden Reden verhandelt. (S. Art. und Parlam.-Bcr. in 2. Bell.) * Die AuSländerfraae auf den preußischen Uni versitäten wurde gestern bei der Ku ltuSe tat S be ratung des Abgeordnetenhauses gestreist. l.S. Dtcks. R.) * Im Spionageprozeß gegen den ebemaligen öster reichischen Oberleutnant Bartmann ist gestern abend der Angeklagte srei gesprochen worden. (S. GerichtSsaal.) * Nach einer gestern abgebaltenen Arbeiterver sammlung ast der Frievenssckluß rwiscken Reedern und Hafenarbeitern im Hamburger Hasen so gui Wie gesichelt. (S. Lehre Dep.) » Die Monarchen haben sich von Cartagena gestern eilends heimbegeben, da die Entbindung der Königin von Spanien nahe bevorsteht. (S. AuSl.) * Heute droht ein großer AuSstand in Frankreich auszubrechea, besonderster Nahrungsmittel-Arbeiter. (S. Ausl.) * Der Sohn deS ebemaligen Ministers Eombes, seinerzeit sein Kadinetts-Sekrelär, ast gestorben. (S. AuSl.) * Ter Sekretär bei der Gesandtschaft der Vereinigten Staaten sür Guatemala und Honduras telegraphierte dem Staatsdepartement in Washington, daß Verhandlungen zurBeilegungdes Streites zwischen Nicaragua und Honduras im Gange sind. Vie preuzrirchen slu5§§cbittabrt5- MgLbenpsiille. Neber den gegenwärtigen Stand der preußischen Aktion zur Eibebung von Flurfckinahitsabaaben sind gerade in leyler Zeit so viel »riiüml che Angaben verbreitet worden, daß eS notwendig erscheint, das Taltächliche festzustcllen. WaS vor allem die Haltung der sächsischen Regierung anbetrisit, so ist alles Gerede von einem schoa er folgten oder bevorstebenden Umsall falsch. DaS hat die Regierung sa selbst offiziös ertlären lassen. Wir können aber noch binzufüzen, daß Preußen mit Sackten über haupt noch garnickt verhandelt bat. Vielmehr ist erst für die nächste Z it von Preußen eine Konferenz der Elbuserstaaten wegen der Ab.raben angeregt worden, auf der zum ersten Mal: Sackten offiziell zum Wort lomm.n wird. Man wird sagen dürfen, daß diese Gelegenheit reichlich spät von Preußen beibeigefübrt worden ist. Die Erklärung hie>sür (nickt ;u veiw ckleln mit Enttckuldignng) liegt in der prcußi- scken Taktik, die einwlnen Staaten nacheinander mürbe zu machen und dabei auf das Beispiel der Umgesallenen binzuwe-sen. Preußen halte nach ter m t unglaublich lechiem Herzen in sein Kanalgetey aulgenommenen Abgabenbrstim- mung zunächst den Widerstand seiner eigenen Industrie einigermaßen abzusckwäcken, was ihm mit großer Mühe gelang. Dann gewann eS Bayern. Die Nackrichk, daß es Württemberg gewonnen habe, 'st falick. Der „Siaateanzeiger" er lärte gestern amtlrck, daß die Nachricht, hinsichtlich der SckiffahrtSabaaben au> dem Rbein sei in den letzten Tagen eine endgültige Einigung zwischen Württemberg und Preußen erfolgt, jeder Begrün dung entbehre. Auch die G.'riich'e von einem Nm'allBavenS durch Einwirkung aus den Gioßherzog wurden von badilchen Blättern dementiert. Durchaus fest steht Hessen. WaS lönnte Preußen Sachsen bei Verhandlungen bieten? Materiell gew ß manches. EiwaS ParagraphierbareS kaum. Man lönnie hieidel an ene Aencerung der heurigen preußischen Elsenbabniracktgebräucke zugunsten SachscnS, an eine Acnkerung d>r Umiüb>unasprax,s, renken. Aber ab gesehen davon, daß die Tatsache gern bestritten zu werden pflegt — wie will man so etwas verNagSmäßig sassen? Und dann kommt noch eine bewnvere Schwierigkeit hinru. Es läge di: abioluteNotwenkigkeit vor, wlckeKonzelsionen auch un mittelbar den durch d,c Einführung der Abgaben Geschädigten, also der Jndustiie u d rem Handel EachienS, zugute kommen zu lassen. Und wie lönnte da-gemacht werden? Wir tehen dazu levensalls vorläufig keine Möglichkeit. Und damit ist auch der Standpunkt der säcksiichen Regierung gegeben, wenn sie mit ihrem Landtage auStommen will. — Bis jetzt liegt es al'o nicht so, daß eine hinreichende Mehrheit >m Bundes rat sür die noiwendige Verfassungsänderung gesichert wäre. Im Gegenteil! Unv daß Sach'en standhaften wild, selbst wean Württemberg uad Badea aachgäbea, ist als sicher arrzasehea. Nach der paklamentsrirchen Vrlerpalise. Der zweite SessionSabscknikt deS ReichSta S beginnt in wesentlich ve>äi.teiter pol ii chcr Lage. Di« Gemütswirkung der Wahllämrfc ist so ziemlich verflo en. BeleS wird henir nüchterner betrachtet. U id manche Partner der Reg erung> malvri'ät sangen an, schwierig zu werd n. Nicht ohne Schule d»r Regierung. Es wäre ja unrecht unv törickt, die Schwierig'«! der Lage unv kamst die überaus heilte Aus gabe der Regierung des Fürsten Bülow zu verkennen. Emen gewag.eren Versuch der parlameniarischea Fundamen tierung der RcickSpolitst hat noch kein Kanzler gemacht. Und seltst wenn der Ber ück mißlingen sollte, bat er feine Be deutung als erzirberiicheS Moment sür die Parteien des NeichSpailamentS. Ec bat nach langen Jahren der Negation rum erstenmal die äußeiste bürgerliche Linke >n eine Regierungsuiaioliiät gebracht, er bat schon heute bei reu Parlameniarieia dieser Linien da» Veraniwortlichk.itsgesühl erheblich gestärkt. Er ist übeihaupt als ein vor läufiger Ausdruck der Notwendigkeit veS parlamentarischen Regimes auch Mt DkUl'cheu R.ickt zu betrachten. Ob eaS zugestanvea wird oder nchi, lut nicht» zur Sache. Aber die alten Majoritäten waren viet zu lelbstoerstänklich geworden, als dag ihre Bedeutung sür die Möglichkeit des Regieren» immer klar zum Bewußisein ge- kommen wäre. I.yt ist da» endlich anders geworden. Weebalb gibt sich Vena rer Kanzler die große Mübe, den Block zusammenzubalien? Doch nur, weil er ihn zur eigenen Ex st nz brauch'. Und die Folgerung daraus ist mit absoluter Sickerung „ne Steigerung ver ParlameutSbeveuiuug. Die in der Mackt befindlichen Parteien haben nur nölig, d esr veränderte S tuaiion selbst in ih>em VeihästuiS zur Regie rung zum Ausdruck zu bringen, um die Entwickelung VeS ParlameniariSmus in Deutschland einen gewaltigen Sprung ooiwäiiS zu reißen. Ob diese Situation sieilich überall innerhalb der Parte eu erkannt w:ro, will UN- zwitjelhajt erfcheinen. Was bat nun die Regierung zur Konsolidierung deS Blockes getan und Worin liegt ,h,e erwähnte Sckuld? Sie bat rn dreier ganwn eir'.et>er.d.li, stimülitienden Periode ihre Liebenswürdigkeiten der Reckten zugewendel, sie bar der Rechten aber auch neue Liebesgaben in schwerer Menge dar gebracht. Und der Linien bat die Regierung nur mit den Augen zuge.w nkert: Versteht nur recht, vaS tue ich all s Euch zu Gefallen, damit ich die Rechte sür liberale Kon- zelsionen bei Laune erhalte. Eiue ganze Anzahl^ Pol l ker cer Linken nahm ries zunächst mit Humor aus, in Eiwa tung der nv'wendigen posiuvc» Ergänzung durch liberale Zuge ständnisse. Aber diese Ergänzung des Programms tam nicht, rit bis hcuie noch nickt gekommen. Man muß sich dabei die Hanplercignisie des verflossenen Ad- icknitt.s in» Gedächtnis zurückrufen. Da war die Parlamentär»«-- Iutrsculton der neuen A ra m t v m Aus- tieten des Kanzlers im Kostüm des Mäocken» aus der Fremde, das der Rechten Früchte, der Linken Blumen carbol. Nun, fcheutlappenlos, w e w r uns zu sein bemühen, möchten wir gern in dle'em Veibalten veS Kanzlerseintieser begründetes und in feiner Art grrechies System erblicken. Wir bab.n un- ge dacht: es gibt rattächlch einen gewissen Ausgleich der kouser- oanven und liberalen An'prüche. Wenn aus vereinen Seite cen konservativen Wünschen vurch unfcr weil auSgcdrbntes und hochgetpannics Schutzzollsystem, luich uniere geiamie W ri- ichastspoiltik Reckoun.i gen ageu w«rv, so kann rock, zum Teil mit dem Muie ver Inou equenz freilich, auf ver anderen Seile ven Liberalen euigcgengekommen werden vurch lckcrale, soziale Reiormca in der Geietzgeduag und Modernluerung rrr Verwaltung. Wir möckten bebaupien, daß sich so un gefähr die Regierung «ine- modernen Staate» im Kopse -ines Posarowsly auSaimmt. Aber die Realisierung diel« Idee vurck die -vanolungen des Fürilen Bülow läßt vieles, läßt beinahe alle» zu wünschen übrig — soweit die libeialen Forderungen in Betracht kommen. Bor allem mußte rab« die Voraus,etzung fein, daß die w rtschasilicheo Sckutzmaß- regeln für die Landwirttckait als abgeschlossen zu betrachten lein wüiden. Denn es gehört nickt eben viel Sckaisblick, eS gehörten nickt einmal die Börseukriwn dazu, um zu erkennen, daß ohne Gefährdung aller anderen ErwerbSstände in diesen Sckiitzbestrebuugen nickt Weiler gegangen Werren darf. Fürst Bülow aber »st ankeier Ansicht. Er will sich seinen agrarischen Leichenstein anichemenv noch einmal verdienen unv gelt aus Beseitigung der KlußschissahrlSiltibrit au». Was auch zur Begrüncuag dieser Anstrengungen vorarbracht werveu mag, daß sie preußisch - parttkularistifch, daß sie agrarisch unv aniiiiidustriell sind, wird man uu- nicht au-rrcen önnen. Und wie steht e» mit der Erfüllung de» Programms aus rein politischem Gebiet, befonber- in tuliureller Hmsicht? Di« losen Versprechungen uns den auien Willen de» Fürsten Bülow in Toren, aber diese Peispektiveu auf eine ferne, fckönere Zukunft, ia der wir eia verständiges Versammlungsrecht, eia verstänbige» KoalitionSrecht genieße« sollen, werden durch die Maß nahmen der Gegenwart aus geistigem Gehiet paralysiert. Wo bleckt di« Gerechtigkeit, wo bleckt übeihauvt da» System, w nn Minister Sluct unter bestauntem Schweinen deS Minist rpiäfidenlen rie fachmänuiich« Schatauffichk per- horreszreren und die gesamte Link« m t Ein chluß der Frei- lonseroativen b«S zum Aeußeisten re«zen darf? Wenu ein wirkliche» fest S System in Vie Regierung lommen »oll, so ist Preußen nicht vom Reich zu scheiden. Al>o müssen w r tu unserem Lcidwesea beteonea, daß wir die ernstesten Zweitel in ra» Wolle» oder ia VaS durch die realen Machk- verbältnisse begrenzt« Können de» Kanzler» sitzen, ein solche- einigeimaßra aerechie- System durchzufübrea. E» ist vielmehr zu befürchten, daß v>« üblich gewordene dilatorische Behandlung aller Vorkommnisse unv Fragen auch in der n-men Aera idie unbrilvolle Forttrtzung finden w>,d. Dabei mögen wir da- eine oder da« «neere liberale Kon- zetsiöncken erleben, aber keinen reellen Ausgleich der Inter essen. Und ohne einen solchen will un» freilich die koa'er- vario-liverale Parrnag nur eia zur Bequemlichkeit der Re gierung eriundeaes bau mot -rtcheiaen. E- giebr gut «nterricklete Politiker, di« eine ganz eigen artig« Lufsassuag der heutig«» Lag« hab«». Li« jagea, Fürst Bülow b«sinke sich in einer Zwangslage. Und seine jüngsten exlrem-agrariichtn Dokumentierungen seien ibm von ver Notwendigkeit diktiert, sich mit dem in Preußen mächtigen Agraradel zu rangieren, wobei es noch zweilelbast tei, ob ihm das nah der Affäre Podbielck« und anderen Bo.komm- Nissen gelinge. Eine folcke S tuarwn wülve freilich manches rik'ären. Sie würde aber auch von vornherein die Aussichts losigkeit wirklich liberale» R sormbcffnungen danun. Aber gleich viel, ob die Lage so ist oder anvci» — an eine Gemnrung un>ercr Verhältnisse ist n chr zu denken, solange nicht mit der Libe ralisierung ernst gemacht wird. Der Deiegiertentag der Freisinnigen Vereinigung bat da» recht deutlich gereigt. Nur mit Mübe vermochten Naumann und Sckraver ibr Verbleiben un Block :u verteidigen. Unv nur die Hoffnung auf Erfolge hält sie »elbst wie ibre Wählerschaft von dem Austritt zurück. Damit ist aber die Gelabr noch lange nicht erschöpft. Nachdem erst jüngst der preußische Landia.S-rbgeordnete Schiff r in so energsicker Weise da» Recht des Liberalismus aus Berücksichtigung gellend gemacht bat, wird sich d'e Regieiung auch auf eine Versckäisnng der Tonart von iiaiionalliberaler Seil« im Reichstage eiarichteu müssen. Es w.rv ibr w«rllich nicktS übrig bleiben, als das Bartlsiche Rezept zu befolgen unv einmal mit den Konservativen deuttck zu reden. Da» «sch int uns als die einzige Möglickkeit, aus ver prelären Situation herauSzukonun n. Ob Vie Regierung va:u gewillt und ia der Lage ist, wird sich bald Herausstellen müssen. V- Ueber die gestrige erste Sitzung des Reichstags wird uns telegraphiert: Der gestein zum erstenmal wieder vcriammette Reickstag .ebne ra» Andenken der v ritoibenen Mitglieder, kes Prinzen Arenber.S nno Ignaz Auers durch Erheben von den Siyen" — so lautet ja wobt die Formel, Mck Ver dieser Akt geichilcert werden pflegt. In diefcm Falle hatte vie nicht eben sehr weihevolle Handlung roch eine liefere Bcveutung. Beide Verstorbene waren sympathische Men cheu unv beide hatten die Speziakaatgabe, auf ihre Fraktionen rerarvierend «nzuwirken. Aus das Wirken des Priazea Arenberg ist schließlich noch ein dunkler Neben- ieegierung-ichait.u g fallen, dock kann damit die posiiive ürbert des piinzlickun fio'onialpolit'tLrs und Zeat"rmSsühr«S -cht auSgettlgt werden. Der alte- urr war der Revisionisten /gsten einer, der lange vor Erfindung diese- Typs, vor wanzig uns mehreren Jahren, sich über rie „Klavderadatsch- tdeon " mir seinem talistiickea Humor lustig mackte. — Nach dem die Abgeordneten sich wi der gesetzt batten, wurde iuiiächst ü^er reu G bübrenta if sür den Kaiier Wilhelm- Kanal in erster Lesung beraten, worüber ein Stimmungsbild zu geben die Leier m r freundlichst erlassen wollen — in ihrem eigenen Interesse. Dann aber kam man zur rweiren Beraiung veö Erais und begann beim Kap tel „Re>cksaml deS Innern", wobei die Debatte sich das moderne Epitheton uferlos zu verdienen pflegt. Zunächst sprach Trimborn a'S Redner ver stärlstcn Partei und entrollte unter starker Farbenauf- trszing mit der Schilderung des für die So.ia'polltil glühenden Zentrums einen Ian;en Wunschzettel. Daran' tprack Basiermann Uno bedauerte gleichfalls t-n in fozia- politiich.r Hii sicht eingetretenen St llstand der Regierung, wobei allerdings nicht vergessen Werren dart, daß ein sehr wichtiges, wenn auch nicht einwandfrei abgefaßteS Geietz, vaS über die Beru'soereine, durch die Äuslömng re» Parlaments unter den Tnch gefallen ist. Sehr nachdrück ich und sckr zur rechien Zeit forderte Bassermanu, daß dies mal die Regierung die Rcichs:agssesfion nickt wieder im Sommer schließen unv damit eine Menge Arbeit vernichten möchte. Seine Worte waren reckt fchars, er sprach von einem „tleinlichen Siandpuull" der Regierung, ter nicht zu empfebleu sei. Heroorzubeben ist noch sein Ein treten sür eia Gesetz zur Sicherung de» Wahlgeheimnisses, VaS duick automatiicke Vorrichtungen gewährleistet Werren lönne. Auch das Reichsarb itsanit W irde von ihm von neuem geiorvert. Basse,mann fck'oß mit e nein Appell an vl« verbündet-» Regierungen, in ker Sozialpolitit fortzu fahren. — Nach dieser Rer« wurde bald Schluß gemacht. Graf von Posadcwsiy wirs wohl eist am DoanerStag ant worten. An cheinend auf Verabredung befleißigten sich alle Redner großer Kürze und Sachlichkeit, so daß einige Hoff nung auf schnelle Erledigung des Eiar» besteht. Wie wir hören, wird Iuitizra» Dr. Innck demnächst über den un lauteren Wettbewerb unv Syndikus Dr. Streftlnanu über Heimarbeilerfchutz uad HandelSoerlräge spreche». Vie flekorm der ssrialpolMckeit Srsetrgebung. Der Dresdner Nervenarzt Dr. med. Ritter, den Be ruf und Neigung dazu geführt haben, sich mit unsrer fozial- politiichen Gesetzgebung zu beschäftigen, Hal am Dienstag in der Versammlung des hiesigen Naitonalliberalen Vereins, wie wir bereits kurz erwähnt haben, einen fesselnden Bor trag gehalten und etwa folgendes ausgesührt: Die Krankenversicherung erstreckt sich auf die Arbeiter, die Betriedsbeamten und die Handlungsgehilfen mit einem Einkommen unter 2000 Mark. Hieran hatten nach der letzten Zufammenstellung Hk Millionen Personen >n 23 000 Krankenkassen teil. Bei der U n f a! l v e r f r ch e - rung ist die Ernkvmmensgrenze auf 3000 ^tll sestgelegr. Tiefer Versicherung unterliegen bekanntlich alle Arbeiter der Industrie, deS Baugewerbes, der Seeschiffahrt, der Land- und Jorstwirischost und die Betriebsbeamten, in Deutschland heute rund 18k Millionen Menschen in 114 Berussgenoisen- schaften, den Landesversicherungsanstalten und besonderen Kassen. Während die kleine Schweiz eine Unsallversiche- rungszentrale «„richten will, haben wir das Prinzip der Berufe angenommen also, daß die Angehörigen einer großen Berussgruppe gewissermaßen eine für einander hastende Familie bilden. Ungleich den uns umgebenden Kulturvölkern lassen wir die Kosten der Unfallversicherung den Unter- nehmer allein tragen. Tieie Kosten werden in der Form von Umlagen erhoben und nach der Gefahrenklasse deS Be triebe-, der Lohnsummen und der Arbeiterzabl berechnet. Die Alters- und Invalid, tätSversicherung sichert Mit 70 Jahren die gesetzliche Altersrente zu, während di- Jnvalideav-rsrchtrung all« üb«r IS tzahr« alt«» Arb«u«r, Dienstboten, Seeleute und Betriebsbeamte bis zu 2000 Marl Einkommen, sowie die Heimarbeiter der Tabak- und Teitil- rndustrie umfaßt, im ganzen rund 13dL Millionen Menschen. Auf Grund der Wochcndeiträge, die Arbeitgeber und Arbeit nehmer zu gleichen Teilen zahlen; während das Deutsche Reich zu jeder Rente 50 Mark beiträgt, erhält der invalide Arbeiter eine Invalidenrente, die nach der Höhe der ge- zahlten Beiträge zwischen 116 und 500 schwankt, während die Altersrenten zwischen 110 und 230 Mark liegen. In England kennt man die Alters- und Jnvaliditätsversicherung noch nicht, in Frankreich hat man es praktisch auch noch zu nichts gebrockt. Bon 1891 bis 1904 leistete die Jnvaliditäts- versickernng in Deutschland rund 1 Milliarde Renten mit 552 Millionen Invalidenrenten, 336 Millionen Altersrenten und 55 Millionen Krankenauswendungen. Tie Invaliden renten haben, das ist ganz zweifellos, die Tendenz, zu steigen. Es gebt hier nicht normal zu: Tausende drängen vor der Zeit nack Invalidenrente, die es bequemer finden, die Fürsorge für sie aus die Schultern der Allgemeinheit abzuwälzen. Hier sind oftmals Mangel an Lebensenergie, an Pslichtbewußtseia der Grund, der die Sckaren der Rentenbewerber treibt. In der durch die bekannte Botschaft Kaiser Wilhelms I. inaugurierten Versicherungsgesehgebung liegt etwas voll kommen Neues: Hundert Pflichten, die der einzelne früher selbst batte, werden methodisch auf die Allgemeinheit gewälzt. Ter Individualmensch wird ein Sozial- und Staatsmensch. Tie Umformung des alten Agrarstaates und die rasche Schaffung einer gewaltigen Ansammlung von industrielle» Arbeitern bracl ten die Notwendigkeit mit sich, diese Massen zu sichern, die sich einstweilen noch nicht selbst zu helfen ver mochten. Niemand möchte heute, auch im Kreise der Arbeit geber nicht, die Opfer missen, die man gebracht hat. Kein Einsichtiger wird verkennen, daß weitaus der größte Teil der großen sozialvolitiscken Leiftunaen der geistigen und körver-. licken Gesundheit unserer 20 Millionen starken arbeitende» Bevölkerung und damit unserer ganzen Nation zugute kommt. Ta man mit der sozialpolitischen Gesetzgebung an ganz neue Probleme herantrat, waren Fehler unausbleiblich, und cs gehörte schon ein sozialpolitischer Herkules dazu, hier da- Nichtige zu finden. Eine sofortige Verschmelzung aller drei Versickerungen erscheint fast unmöglich, da sie nickt ohne lckwere Störung des Gleichgewichts ain dem Boden des sozia len Friedens vorgenommen werden könnt«,. Wohl aber ist cS möglich, die Schäden, die sich in der ursprünglichen poli tischen, verwaltungstechnischen und rein materiellen Berech nung ergeben haben, klarzulegen und darnach die Reformen mit Ruhe und Ueberlegung vorzunehmen. Gott bewahre uns vor den staatlichen Bureaukratcn, in deren Hände die Versicherungen etwa ausgeantwortet werden sollten. Frei heit und Selbstverwaltung allein sind die Bürgschaften einer gesunden Konkurrenz. Aber die Selbstverwaltung »oll auch nicht etwa aus politischem Haß oder aus Kurzsichtigkeit ver kümmert werden. Ein großes freies Volk soll keine Augen- blickspolitik treiben, cs muß seine Einrichtungen aus großen, bleibenden Gesichtspunkten heraus regeln. Was nun zunächst die Krankenversicherung betrifft, so ist unumwunden anzuerkennen, daß viele Arbeilervertreter sich als tüchtige Bcrwallungsbeamte erwiesen haben. Aber die Krankenkassen sollen nicht zum politischen Kampfplatz ge macht werden. Jede Politik, auch die des Staates und der Bureaukratie. muß aus der Krankenkassenverwaltung hinaus. Ter bisherige Zustand, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu ungleichen Teilen beitragen, empfiehlt sich nicht mehr. Collen die Krankenkassen in der gegenwärtigen Form be stehen bleiben, so müssen beide Teile die gleichen Lasten tragen und die gleiche Vertretung im Vorstand haben, so zwar, daß der Vorsitz alljährlich zwilchen Arbeitnebern und Arbeitnehmern wechselt, oder daß man in einem Maaisirats- beamten im unbe'o'dcten Ehrenamt übergibt. Die Beamten der Ortskrankenkassen »ollen die Bezahlung und Pensionie rung der Gemeindebeamten bekommen auch die festangestellten Aerzte sollen volle Beamtencigenschast erhalten. Die setzt be stehende, geradezu verwirrende Vielseitigkeit der Stellen bei den Krankenkassen ist durch Errichtung bestimmter Verwal- tungsbezirkc zu beseitigen. Auch die Freizügigkeit mit Auf hebung der Karenzzeit wäre zu garantieren. Die Unfallversicherung kann man im allaemcincn lallen, wie sie ist. Ter Gedanke der beruflichen Zusammenleann war gut. nur empfiehlt cs sich, die kleinen Berussaenollcu- »chasten den verwandten größeren anz'ieli'dern. Aber es muß darnach gestrebt werden, daß die Unfallversicherung den Verletzten so'ort, und nicht erst nach 13 Wecken übernimmt. Auch eine materielle Hcranziching der Arbeiter zu den Kosten der Unfallversicherung wird in jüngster Zeit befür wortet, um der Simulation zu steuern. Tas Schmerzenskind unserer scz alvoliliichcn Versicke rung ist die Alters- und Invaliditä svcrsickerung. Tie Grenze bei der Altersrente ist mit 70 Jahren zu hoch be messen; sic muß auf 65 Jahre herabgesetzt werden. Tie In validenrente ist in mancken Fällen gegenüber den hoben Un- scllrentcn recht klein. Lieber seltener geben, aber reichlicher. Leider tritt es klar zutage, daß viele kleine Gemeinden ihr- Armen ans die Landesversicherung abwälzen, während andererseits das vorzeitige Erstreben einer Invalidenrente zu gefahrvoll auf die Lebensene'-aie unserer Nation einwirkt. Tie Kontrolle der Landesverfichcrungsanstalten über ibre Jnvalideureutner muß auf ein anderes Organ, auf die Be- riifsncuosscnschastcn übertragen werden. Hier liegt der Schlüssel zum psvcholvaischen Verständms der sozialen Ver sicherung. Tcm Individuum soll geholfen werden, ober aus dem Wege der gemeinschaftlichen Hilfe. Wir bedürfen Straf bestimmungen für die zu Um echt bezogenen Renten, Heran- ziebunq zu den Kosten für leichtfertige Berufungen, vielleicht auch die Heranziehung der Gemeinden — bis etwa zu einem Drittel — zu den Invalidenrenten. Seine Wünsche und Vorschläge faßte Dr. Ritter, wie schon kurz erwähnt, in folgende Leitsätze zusammen- ll Oberster Grundsatz für jede soziale Hilfe ist die sittliche Erziehung des Volkes. 2> Tie Freiheit und Selbstverwaltung muß gewahrt werden. 3> Die Krankenkassen werden zu leistungsfähigen Verbänden vereinigt. 4l Bei der Unfallver sicherung wird die Kapitalabsinduüg erleichtert. Tie Alters rente wird nach Vollendung des 65. Lebensiahres gezahlt. 5> Sobald als möglich wird die Witwen, und Waiseuversiche- rung und die Versicherung der Privatbeamlen eingeführt. An den Vortrag schloß sich eine lebhafte Besprechung. Direktor Bernhard lprach seine Freude aus über die eririschende Art, womit Redner eines der schwierigsten Kapitel der Sozialpolitik behandelte. Besonder- angenehm dab« ihn da» Eingeh«» auf di« Wünsch« d«r Prioatangestellt««
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