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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.04.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070412019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907041201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907041201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-12
- Monat1907-04
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Umgebung di» Lgrspatlene Prti»zelte 25 Pf„ sinnnOelle Au« zeige« AO Pf., Reklamen 75Pf.; von auswärts .10 Ps.. Reklamen 1 M.; vom Auslaa v 50 Pk., finanz .'liizrlgrii75Pf., Reklamen I.öO M. In'erate v.BehürSeu im amtlichen Teil 40Pf. Leilagegebübr 4 M. p. Taulend exkl. Pojt- grdüdr. Wetchästsnnzeigen an beoorzuzler Stelle im Preise erhöht Rabatt nach Turii Zeüerterlte Nuslräge können nicht zurück- gezogen werben. Für da» Erlcheinen an veiiimmtrn Lagen und Plätzen wird leine Äaraalie übernommen. Anzeigen»Annahme: AuguituSVlaiz t», bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- iitpedUioaea de« In« und Auslandes. Haupt-Filiale Berit«: TarlDnncker.Herzgl.Bavr.Hosbuchhandlg, Lützowstraß« lO (Tel. Vl, 46032 Nr. 11N. Var lvicdligrle vsm Lage. * König Friedrich August besichtigte gestern in Chemnitz verschiedene Anstalten sowie düs Militär und begibt sich heute zunächst nach Mittweida. (2. Sachsen.j * Ter Wirtschaftlich: Ausschuß ist zum In eck der Beratung über die Gestaltung der Handels beziehungen Deutschlands zu den Vereinig- ten Staaten auf den 22. April in das Neichsamt des Innern einberusen worden. * Der Reichstag setzte gestern die Etat.beratung beim Reichsamt des Innern fort. Dabei hielt Friedrich Naumann seine Jungfernrede. l-'- Parlament-K.cric.'t 2. Beil.) * Im preußischen Abgeordnetenhaus wurde ein freisinniger Antrag, "die Lehrpläne der Volks schulen und der höheren Lehranstalten unter Ausmerzung der Vorschulen in organische Verbindung zu bringen, der U n t e r r i ch ts ko m m i s s i 0 n überwiejen. HI. TlschS. N.j * Die gestrige Depesche von einem Attentat auf zwei Großfürsten wird amtlich für „grundlos* erklärt. 'S. Ausl) * Au: dem Kriegsschiff „Cäiarewits ch" hat au? der Fahrt Kiel—Kronstadt eine schwere Meuterei statt gefunden. (2. Ausl.) * Der französische Aus stand hat begonnen, scheint aber nicht allgemein zu werden. (2. Ausl.l * Ter Arbeiter - Ausstand am Suezkanal ist be end e t. * Ter englische Generalkonsul in Kairo Lord Cromer hat fein Rücktrittsgesuch eingereicht. (2. Letzte Dep.j Wer esm'osA. Für die französischen Diplomaten ist Algier ungefähr das, was Straßburg für unsere Verwaltungsbeamten und Universitätslehrer bedeutet: ein Sprungbrett. Herr Etienne» der als Minister zwei Portefeuilles nacheinander besteidete, war gerade als algerischer Deputierter eine wichtige Per son. Pichon, der Schatten des großen Clemenceau, amtierte vordem in Tunis, der Dependance Algiers. Auch Herr Jules Cambon. der nach Monsieur Bihourds Abschied dem Palast am Pariser Platz einen neuen Herrn gibt, hat einst als Generalpouverneur in Algier seine ersten Lorbeeren ge sammelt, um freilich dann den großen Sprung über das Wasser nach Washington zu tun. Tie Stadt des Weißen Hauses gilt bei den Diplomaten der Alten Welt als erst klassiger Platz, an dem es nicht leicht ist, seine Position zu behaupten. Tenn die Rezepte, welche kür die Höre der Allen Welt gellen, wo in London selbst ein Gras Wolfs-Metternich zu Rande kommt, versagen nur zu leicht in der Residenz dcs großen Theodore, wo mit Bluff, Dollar und Unverfroren heit die unwahrscheinlichsten Kunststücke ezekutiert werden. Als daher Herr Jules Cambon 1903 sich nach Madrid verletzen ließ, schien das nickt gerade eine große Beförderung zu bedeuten. Spanien war nach dem Pariser Frieden end gültig aus dem Concern der curopäsicken Großmächte ausge- sckieden, wenn sein Vertreter bei uns auch noch den Titel Bot schafter führt, und nachdem.Kuba und die Philippinen verloren, die Karolinen verhökert waren, und die liberalen Anwand lungen Morets io schnell ihr finsteres Grab sanden, hatte anscheinend ein Diplomat erster Klasse kein großes Arbeits feld mehr in Madrid. Aber der Lrudcr Paul in London wußte, was er tat, als er Herrn Loubct ersuchte, Jules nach Madrid zu versetzen: cs galt, mit dem Reste dcs Wider standes, der sich in Spanien noch gegen das Franzosenium und die Cngländerei fand, und den seit Alfons" XII. Zeiten noch vegetierenden Sympathien sür Deutschland und den Dreibund gründlich aufzuräumcn. Und Jules Cambon hat das so glänzend getan, daß der Sohu dcs „Roi Ulan" heute völlig im Kielwasser der englisch-französischen Entente segelt, und in Cartagena heute der Schlußstein in das Bollwerk der Weltmächte gefügt ist. Nach diesem Befähigungsnachweis erschien Jules Cambon würdig, der Nachfolger Bihourds zu werden. Wir wollen nicht etwa den Schein auf uns laden, als gehörten wir zu den unhöflichen Leuten, die dem französischen Diplomaten, der die angenehmen Allüren und die diskrete Eleganz deS vollendeten Weltmannes, wie das offiziöse Lobgetön lagt, besitzt, lieber die Faust unter die Nase als die Hand zum Gruße strecken — di: Person dcs zweifellos fähigen und ele ganten französischen Botschafters kommt nach ihrer mensch- licken Seite hin sür uns gar nicht in Frage. Wohl aber ist es der T i p l 0 m a t Cambon, dem wir eine Minute widmen müssen. Ter Kaiser hat Herrn Jules Cambon als Vertreter der französischen Republik mit den üblichen Ehren empfangen. Herr Cambon hat bei Herrn von Tschirickkp Besuch gemach« — damit ist seine offizielle Wirksamkeil eröffnet. Herr von Tschirickky ist natürlich für einen Jules Cambon, der in Eduards Schule klug geworden ist, kein gefährlicher Gegner, aber Cambon weiß genau, wer bei uns die Auslandspolitik in den Grundlinien entwirft, und ferner, daß Herr von Tsckirschky tatsächlich nichts als ein Sekretär ist. Herr Bihourd war für die Politik dcs heutigen Frankreich nicht mehr der reckte Mann in Berlin, aus seinen Berichten klang noch immer die ehrliche Besorgnis, das Land der größten Armee möchte unnötig zum Treinschlagcn gereizt werden, er achtete noch sehr sorgsam aus die Launen des deutschen Reichs- kanzler» — beute ist die Situation eine andere. Tie Batte rie« sind heute bereit- gegen uns im Nau, es gilt nun für d«r französisch«» Botschafter, genau über di« Etimmuu- der Freitag 12. April 1L07. 101. JahMNst. allerhöchsten Stelle in Berlin informiert zu sein und diese nach den Bedürfnissen der englifch-sranzösisch-spanischen Allianz nach Kräften zu beeinflusse!.. Tas ist natürlich nicht leicht, denn in dem Augenblicke, in welchem der Kaiser den Versuch, seinem Willen eine gewisse Richtung zu geben, merkt, zerschlägt er mit einem zornigen Schlag das ganze feine Filigranbildwerk diplomatischer Kunst, und Herr Cambon würde zu seinem Schrecken merken, daß der chevalereske Sou verän sehr grob werden könnte. Tas wußte man aber in Paris, als man Jules Cambon nach Berlin schickte, um die Politik der Westmächte dort zu betreiben. Herr Cambon ist ein gewandter, in allen Sätteln gerechter Tiplomat, und im Bunde mit dem militärischen Vertreter der Republik, Herrn Lecomte, ist er eine Figur auf dem Schachbrett der Politik in Berlin, die unseren Zünftigen noch mancherlei Neber- raschungen bringen wird. Tie vorbereitenden Züge hat Herr Lecomte schon besorgt. Natürlich wußte er längst, daß der kürzeste und sicherste Weg zum Kaiser über Liebenberg gehe, und Philipp Eulenburg bot dem französischen Militär- attachö die Möglichkeit, in Liebenberg direkt mit dem deut schen Kaiser in Berührung zu treten, ohne daß einer unserer Minister oder Diplomaten Zeuge zu sein für nötig hielt. Was wohl Bismarck zu solcher kleinen Eulenburgerei gesagt hätte? Wahrscheinlich wäre der elegante französische Haupt mann auf dem schnellsten Wege von Berlin verschwunden, oder der verantwortliche Leiter der deutschen Neichspolitik gegen das Ausland hätte Wilhelm I. sein Portefeuille zur Verfügung gestellt. Herr Lecomte aber ist ohne Zweifel ein vorzüglicher Schrittmacher seines neuen Botschafters gewesen, der nun das große Nennen machen soll. Ein solches ganz großes Match müßte ja eigentlich unsere Staatskünstler reizen, wenn nur nicht die Gefahr bestünde, daß Cambon und Le comte mit Mitteln arbeiten können, die unter Umständen die normale, geschäftsmäßige Arbeit unserer eigenen Diplo matie lahmlegen und ihnen Wege offen lassen, die von Rechtswegen einem fremden Agenten mit undurchdring lichem Tornenwall verrammelt sein sollten. Wir befürchten, daß der Name Cambon mit einer Periode deutscher Geschichte verknüpft sein wird, die der Periode Benedetti in der preußischen Historie ,,er zweifelt ähnlich sicht. Tas wiro naiürlich niemand heftiger bestreiten als Herr Cambon selbst. Er ist ja gekommen mit dem ausdrücklich genehmigten Programm, die guten Beziehungen zwischen Frankreich und uns zu pflegen. Nur schade, daß neben seiner Friedensschalmei die abgerissenen Fanfaren der Herren Bailloud und Genossen tönen. König Eduard in Cartaaena eine neue Batterie geaen uns einbaut, und kein vernünftiger Mensch mehr im Zweifel ist, gegen wen die Haager Fußangeln gelegt sind. Einst sprach Fürst Bülow vom dorck ck'alümes; heute wandeln wir, wenn die Hoffnungen unserer westlichen Freunde sich er füllen, bereits am Rande des Abgrundes, und Herr Jules Cambon ist sicher nicht nach Berlin dirigiert, um uns recht zeitig von ihm zurückzureißen. Nach Ansicht Eduards und Clemenceaus kommt die Vorliebe des Kaisers für franzö sische Charme und sein Wille, die Pariser für sich einzu nehmen, Herrn Cambon zu Hilfe. Aber wir erinnern er- gebenst daran, daß auch der Hohenzoller. der in weit stärke rem Maße Sinn sür alles Französische besaß als Wil helm II., am heftigsten vom Leder zog, als er die gallischen Ränke spürte, und wir haben trotz Liebenberg, Lecomte und Eduard die Zuversicht, daß das nationale Bewußtsein des KaiferS der Stein sein wird, aus dem das hübichc Gefäß dcs Töpfers Eduard elend in Scherben springt. eine steraurksillrrung aes vebei!»rst5 Opitr. Aus nationalliberalen Kreisen Sachsens ist der „Rat.- Ztg." und dem „Leipziger Tageblatt" gleichzeitig ein Artikel zugegangen, der «ich mit neuerdings von feiten des Herrn Spitz gegen den linken Fiügct der Nationalliberalen er hobenen Angruscn beichästigl, den er mit dem Ausdruck „L i n k s l i b e r a I i s m u s" zu charakterisieren sucht. Er hat dielen Begriff in Reden, die er in Bubendorf und Kie ritzsch hielt, dahin zu kennzeichnen gejucht, daß der Links- Iiveralismus den dreifachen Schlachtruf ausgebe: Fort mit dem Kartell — fort mit oer agrarischen Herrschaft in Sachsen — fort mit dem ve il ehenden Landtagswahl.echt. Hierzu bemerkt die Zuschrift aus nationalliberalen Kreisen: Wir akzep tieren diesen Schlachtruf sehr gern für die n a t > o n a l l i b e r a l e Partei. Er kann und wird vielleicht die Parole sür die Lanötagswahlen im Herbst ab geben. Wir können Herrn Spitz nur zurufen: Dank, daß Tu uns dies Wort gelehrt. Tie Zuschrift, der wir durchaus zustimmen, lcgt dann zu nächst dar, Laß gerade die Reichstagswahlen dieicä Jahres, die den großen Erfolg hatten, nicht unier dem alten Kartell- gedankcn erfolgt sind Tenn unter ihm verstand man ein Zusammengehen der bürgerlichen Parteien bei der Hanpt- wahl, und ein «olches hat in 7 Wahlkreisen nicht stattge funden, dort einigte man sich erst bei der Stichwahl. Recht schwach ist es mit den Gründen bestellt, die Herr Spitz dafür anfühlt, die Anklagen gegen die agrariiche Vor herrschaft in Sachien hätten heute «eben Grund oerloren. Nack den „Dresdner Nachrichten" behauptet Herr Spitz, selbst der wirtschaftlich Blödeste müßte einiehen, daß cS ge radezu ein Verbrechen gewesen wäre, wenn die Reichs regierung ieincrzeit dem wüsten Geschrei nach Auihevung der Grenzsperre nachgegeben hätte. Man sieht, -aß auch ein Geh. Hoirat nicht umionst Studien in der Lektii^e der „Leipziger Volkszeitung" macht und sich gern der Super- lative bedient, um dadurch »n Bubendorf und Kierltzlch zu wirken. Tie weitesten Kreise des sächsischen^ Volkes sind auch heute noch der Meinung, daß bei einer Frage, wie dcr der Fleischteuerung, zwar nicht allein der Konsumentenstand- Punkt, aber auch nicht allein dcr Standpunkt der Produ zenten in Betracht komme, und daß es die Entwicklung dcs Deutschen Reiches nötig macht, aus jene nach Millionen zählenden Kreise Rücksicht zu nehmen, deren »tanlucck ok Ilka von der Höhe der Lebensmittelpreise mit abhängig ist. Wenn tatsächlich die Lebenshaltung der Einzelnen nicht teuerer geworden wäre, so würde man es gar nickt der- siebe«, daß erst vor kurzem der Reichstag eine allgemeine Zulage kür all« NeichSbeamten bewilligt hätte, die ae-cd« mit dieser Prrtruernrrz d«r L»d«»-»itt«l begründet und »s» allen Parteien angenommen wurde. Ebenso wenig kann Herr Spitz die segensreiche Wirkung der Handel.verrrage damit beweisen, daß gegenwärtig Handel und Industrie in Sachsen gu« beschäftigt lind. Wenn Herr Spitz sich unor- mieren will über den Zusammenhang der gegenwärtigen Hochkonjunktur mit der gleichzeitig in verschiedenen Ländern auftretenden Steigerung oer Kaufkraft der Bevölkrrung, d. h. mit einer Wclthochkonjunktur, io cmpsehlen wir ihm, den Bericht über die Hauptversammlung des unter dem Protektorat des Königs von Sachsen bestehenden Ervort- vereins für das Königreich nackzulejcn. Er würde da finden, weshalb derzeit die neuen Handelsverträge in ihrer Wirkung vielfach applaniert worden sind. Die Herrschaft der neuen Handelsverträge dauert bekanntlich 12 Jahre, und man wird ein abschließendes Urteil über ihre Wirkung erst fällen können, wenn ein größerer Zeitraum vergangen ist. Im übrigen zeigt die noch immer nicht durchgesehte Reform der Ersten Ständekammer, wie sehr der agrarische Einsliß noch in Sachsen lebendig ist, uno Herr Opitz wird bei den nächsten Landtagswahlen vielle.cht dieselbe Erfahr: nz machen wie bei den letzten Wahlen: daß wefte Kreise der nationalen Bevölkerung einen Ersatz der konservativ-agrarischen Ver treter durch solche Männer fordern, die der wirtschaftlichen Struktur des Königreichs und den sich daraus ergebende» Forderungen mehr Verständnis entgegenbringen. Geradezu unverständlich ist aber d e Haltung des Herrn Geheimrat Opitz, die er gegenüber dem Landtägswahlrecht einnimmt. Er deduziert, das sächsische Volk könne nut diesem Wahlrecht nicht so unzufrieden sein, weil ja trotzd.m die Reichstagswahlen so aut ausgefallen seien. Tics r Satz liest sich geradezu wie eine Verhöhnung des sächsischen Volkes! Weil die naiionale Begeisterung io groß war, daß man ein zelnen bürgerlichen Parteien selbst ihre Siind.u bei der Wahlrechlsverschlechtcrung vergab, so soll daraus hervor gehen, daß der Linkslibera'ismus im Unrecht war, wenn er die Abschaffung des jetzt geltenden Landtaaswahlrehtcs geor dert hat! Herr Opitz scl-ent sich auch nickt, den Satz auszu- sprechen, der „Liukslibcralisnins" habe erst der Sozia,dcmo- kratie neuen Mut dazu gegeben, die Arbeiter g.g.n die es Wahlrecht scharf zn machen, und die Folge davon seien die blutigen Vorgänge in Dresden bei dem sogenannten Dezemberputsch gewesen. Es lohnt sich nicht, cnst eine der artige — man muß es einmal heraus'agen — dreiste Tenun- ziation ernsthaft einzugehen, es genügt, sie einfach niedriger zu hängen. Einen geradezu grotesken Seiten'prung macht dann Herr Opitz weiter, ind-'.n er —der di: Forderungen pik Li'', st'll er-lismus nach Bcstitigung des jetzig.n Landtagc- wahirechtes durch die tatsächlichen Ereignisse als üb.rwund n ausiebt — nun seinerseits ausführt: auch seiner Auffassrng nach könne dieses Wahlrecht sich nicht langer halten, uns die konservative Partei sei bereit, ohne Rückhalt in die Frage der Wahlrcsorm einzutretcn! Bezeichnend ist übrigens bei der Neformtreiidigkeit des Herrn Opitz, daß er die Scheidung zwisck)en städtischen und ländlichen Wab kreisen beibcha'ten will; denn ohne diele würde die Landwirtschaft ohne ent sprechende Vertretung in der Kammer se:u. In die Sprache des Linksliberalismus übersetzt heißt das, daß die B.tzbe- lialtung dcr Scheidung ebcn die unnütze Vorherrschaft d'S Agrarkoniervativismus in Säckchen stabiliert hat, und daß Herr Opitz sie auch weiterhin zu erhalten wünscht. Herr Opitz bemerkte nach dem Bericht der „Dresdner Nachrichten" ferner, er wünsche nicht, den Kampf mit dem Linksliberalisinns neu aichznnehmen. Herr Opitz wird aber wohl selbst nickt erwarten, daß es ibm gestattet sei, mit g-- radezu unglaublichen Sophistereien die von ihm unttr dem Namen dcs Linksliberalisinns bekämpfte natianallibera e Ricktnnci arnm'reifen ohne daß diele sich ihrer H'ut weirl. Tie Zuschrift schließt darum: Wahrscheinlich sollen diese Angriffe bas Präludium kür die im Herbst statttindcitten Landtaatzwahsen in Sachleu sein. UuS kann das nur reckt lein: Will dcr Herr Geheimrat den Tauz wagen, wir sind bereit, ihm aufzuspicleu. prnstonrvrrrickerung ürr privat- angttlelllet«. 11. Tie öffentlichen und privaten Fürsorgeeinrichtungen, die zurzeit den Prioatanaestellren für eine Peniions- und Hinterbüebcnenoeriichernna zu Gebote stehen und teils aut freiwilliger Selbstoersicheruna, teils au« vertragsmäßiger und obrigkeitlicher Verpflichtung und Zwang beruht, lassen sick in vier Gruppen einteilcn. Es.lind 2. die allgemeinen Lebens- und Rentenoeriichcrunasanstalten aus Aktien oder Gegenseitigkeit, d d-e Peniions-, Wirwen» uno Waiienkasscn der Hgiidlungsachilsen- und Privalbeamkenoerbnnde und -vereine c. die Peniionska^en und Pcnsions- uns llntcr- stützungsionds der die Angestellten be'chälüaenden Betriebe und schließlich <1. die staatliche Invaliden- und Altersver sicherung. Jeder dieser vier Einrichtungen oder Gruppen von Eiurichlungen kosten in bezug auf die Pennonsoer- sickeruna der Prioatangcstellten neben manchen be anderen Vorzügen auch besondere Manael an^ die sie. trotz ihres hoben Wertes und großen Segens an «ich. für de» gedachten Zweck im ganzen doch nur als wcnia ausreichend und un vollkommen erscheinen lassen. Tie allgemeinen Vorteile der Lebens- und Renten- veriicheruna sind bekannt, die Versicherung e ner sür Pension und Hinterbliebene guck nur einioermaßen binläng- licken Kapital- oder Renten'umme setzt jedock bei den dem großen Personal- und Aaentenavvarat entipringenden be trächtlichen Verwaltunaskosten Prämienzahlungen voraus. Pie nickt der Masse, sondern nur den obersten Schickten der Prioatanaestelften er'ckwinalick sind. Bei der großen V^r- 'ckiedenartigkeit Ker Tarife und Bedingungen würde die An- sührung von Prämiensätzen hier zu weit rühren und nur be- sckränkten Wert haben: daß aber die Lebens- und Renten versicherung von Prioatanaestellten tatsächlich nur in ge ringem Umfange benutzt wird und nur sür einen kleinen Kreis unrer ihnen in Betracht kommt, lehren ickon die Zahlen der Statistik. Bei den unter Reichsaussicht stehenden Akticn- gesell'ckaften und Geaenseitigkeitsoereinen. einschließlich der darunter fallenden Angestelltenvereine betrugen Ende 1903: het der Saditalvnsichernn«, UN» zwar «) bet den Akttengrsellschaftrn itav wt» g-odk»'ait» Lrdrnsrall- B»l'«. »crNib. vcrtzgi. etntchl. »crfllv. oerstcher. Überbaus» Lrrrbet. A»«sellsch. LSSctrlll». 2S»etrlls». SSeselltch. LerPolleenbekand 1 in 1000Pollern f 5375 4128 243 4003 TiePetsitzrrunq-'umm' la Milllonen Mart 4Slt »777 42S ?0Ü Drr Durä fchailltvettaq der PerstchiznaL«» trn-tls > »Ul »S« 17« 17g d) bei Se» Geaeusettigtritsvcrcinen: Kapiml- rode«t»ll- Leden» all- v^sii» ver>>». einlchl. veeiich. überiiaupr -Urorl. LI Beretne LP Berg«« 18 Vereine Ter Polleeubcsiand 1 ,, g, in N OO Policen / 7tü 341 Tie PernckrrunaSsniiimrl in Aiill 10 nen Marts 3580 453 Der Tmchschniitebttia s berVetjicheruttgeutn^ 5L00 4457 Bo kS- verftcher ö BeiNne IL8 L7 471 v. bei der Rentenversicherung, und zwirr «) bei deu Akttru- b) bei de» vtegenscitiL- gcielstckaftcu,2 t: te.tsuereinrn,42): der Po'tcenbrstand 27 705 Policen di, verüLert, Javresieisie «3^öö O O^l Durct schinttorenle auf t Polier 47ü « 22411 Pol cea, 4 32« <00 IVL - Betrachte« man die Zahl der Policen und die Summen und DurchschnitlsbelräHe und b-denkl man, daß für alle Be rufsstände: Großindustrielle, Lanünnne Kaufleute, Hand werker, Gewerbetreibende, Aerzle, Rechtsanwälte, Künstler, Schriftsteller, Lehrer usw. (189ä zusammen 5 934120 Selbst- ständige bezw. in lcirender Stellung befindliche, davon 5 474 046 ,11 Landwirtschaft, Industrie und Handel und 460 074 in freien Berufens uno össentliche und Privat» beamie und Arbeiter insgesamt nur 1838 000 Todesfall- und 559000 Lebenssall-Versicherungen über 7357 bezw. Ä1 Mil lionen Mark »eben kaum 50000 Renten-Versicher-ngen über rund 18 Millionen Mark Jabresrenke besland.m, io wird man die au' Privatangestellte enlsallenden Policenzahlen und Versicherungssummen jedenfalls sehr niedr-.a annehmen müssen. Wie groß sie in Wirklick'eit lind, werden die Ergebnisse der im Gange befindlichen oder "chan zu Eingaben uns Vor lagen verdichteten Erhebungen wohl zeigen; daß nber nament lich auch die Mitglicderzahl der Peniions-und Wirwenkassen der Handlungsgehilfen- und Vrioaldeamten- Vereine im Vergleich u der großen Masse der Privat- angestellten nur eine bescheidene Höhe zu erreichen vermocht hat, trotz der qroßen Vorteile, Src dieie Institute an sich wie durch ihren die Vcrwaltunaskoittn verbilligenden Aufoau auf vorhandene Vereinsorganisationen bieten, erhellt aus ihren Berichten und Statistiken. So weist die Pensionskasse des Deutschen Privatbeamlen-Vereins in Magdeburg sür Ende 1905 einen Bestand 0, n 5987 Mitglieder, mit 14 947 Ver sicherungen 'ind '5 814 "lnteiten - nd ar mv'äng.er» 313 Mitglieder mit 403 Versicherung:!! und 1:188 Anteilen auf, während sich die im Jahre 1905 gezahlten Pensionen auf 99'>06 .K, also im Durckichnitt reichlich aut 300 ^l. für 1 Empfänger und die in der Bilanz er'cheincnden Fonds auf etwas über 6lH Millionen Mark belaufen. Die Witwenkaffe desselben Vereins zeigt Ende 1905 2523 Mitglieder mit 3756 Versickerungen und IN78 Anteilen, 47 664 im Jahre 1905 gezahlte Pensionen, und Fonds in Hö e von 1,8 Mil lionen Mark. Aabttlichc -nerkennenswerte Einrichtungen besitzen der Verein für Handlltngskommis von 1858 in Ham burg, der Verband deutscher Handlungsgehilfen in Leivz g und manche andere Angestell^en-Vereine. Ti. Pennonskasse des Hamburger Vereins zählt nach den Veröffentlichungen sür l9O5 über 8200 Versickerungen bei einem Kassenvermögen von über 9 Millionen Mark. Pe.ttsionsüerccktigt sind nach demselben Ausweis 136 Witwen. 56 Invaliden, 72 Alters rentner und 1 Waise: sie -rUten insgesamt eine jährliche Pension von über 126 000 .K., im Durchschnitt ain den Kovf eines Empfängers also über 400 -A. Daneben b.isiehl als Ergänzung der Renteuversichcrung der Pennonskasse noch eine besondere Hinterblieben m- und Altersverlorgung-kasse mit einem V er sich er» nqs bestand von 4 Millionen Mark. Beim Verband deutscher Handlungsgehilfen endlich betrug am 31. Oktober 1^06 das Vermögen seiner Wftwen- uns Waisenkasse 927 372 das semer Alter-Versorgungs» und Jnvalidi'ätskasse 942^16 .4.. Die Mirgliederzabl war 5'^60 einschließlich der versicherten Frauen und Kinder, die dcr Nentenemvsänger 133, nämiich 73 Witwen mit zusammen 12 083 .K. JahreKrente, darunter als höchste 746 39 Watten mit zusammen 17:38 .L -ähnliche Renten, darunter als höchste 183 und 21 Mitglieder mit 528 Alters- und Invaliden renten, darunter als höchste Rente 1061 .kh. So dank-nswert »nd nützlich io'-cke Einrichtungen und so groß ihre Segnungen sind, w klein ist dock tzer Kreis, dem sie zugute kommen, im Verlwltni? zu den 70COO Mitgliedern des Hamburger, den 75 000 scs Leipziaer Vereins, oder den 463 527 Mitgliedern der 30 knttmänniich.'n und Vrivatange» stellten-Vcrbände überhaupt, 'ie sich.der Belegung nir eine allgemeine, staatlicke Pensionsversicherung anueschlosien baden. Umsomehr ist es aus öcr anderen Teste anzuerkennen, daß sick unerwartet einer solchen vielrgch auch s,c Prinzipale ibrersests, nickt allein durch Unterstützungen, Stiftungen und Zuwendungen an die Gehiftenkassen, iondcrr daneben und neben ihren Opfern für die staatliche Jnva'idikäts- nnd Altersversicherung auch öurck Gründung von Pcnsionskgss.'n und Pcnsions- und Unter'O'itzuna?sonds siir die Angestellten ihrer Betriebe, eine Fürsorge für d'eie haben angelegen sein lassen. Namentlich ist stes ieit 'äugerer Zeit schon und neuerdings i» znncdmendem Matze eilend vieler Großbanken und ind-utzricller Großbetriebe, eb nlo aber auch seitens mancher Warenhäuser und ond.rer Großunternehmungen der Fall gewesen. Zu dem Vorteil der au- der Organisation des Betriebs beruhenden, b lligen Verwaltung gesellt sick hier der weitere Vorteil der Einbe-ieiuing sämtlicher Angestellten des betres'enden Betriebes ui Grund mäßiger oder über haupt keiner t^n d>'n Angestellten zu leistenden Beiträge; dag.gcn wird, dcr Nutz-m dieser Einrichtungen andererseits wieder dadurch eingeschränkt ,.nd in^Fraae gestellt, daß der Angestellte bei Weggang aus einer Stellung seines Versickc- rune?gi,soruckn:s in der Regel verlustig gebt und vielfach einen solchen auch bei jahrelanger Tätigkeit.in dem Betriebe gar nicht erwirbt, zumal wenn die betreffende Kalle oder der betreffende Fonds, wie cs 'ast durchweg bis sei der Fall ist, keine ausgcschiedene Vermögensmalle eines selbständigen Recktssubjekts, sond rn einen nur in der Bilanz nir sich er scheinenden, jederzeit von der Gestaltung und Leitung des Betriebes and Gesickäftes abbängwen, im Konkurssalle dem Zuariss der Gläubw -r osten'»ebenden Bestandteil der Ge- sckäftsaktiva bildet. In gcrcchtcr Würdigung dieser Mängel will die im Entsteh n begriffene Vereins-Ver'ickerungsbgnk in Düsseldorf den Inhabern 'olchcr Betriebe und anderen Vrinz-palen einen Weg eröffnen, sick zur Errichtung und Förderung eines die Trgcinisgtt.on und Verwaltung dcr ein zelnen Bctr-cbe zwar benutzenden, sinanziell und verüch- runastechnisch aber selbständigen, einheitlich'N und gemein samen V^rsicherungZirillituts -.»sammenzuschließen, für da einige Millionen Mark Betriebskapital bereit- gezeichnet sind. Tie näheren Einzelheiten -der auch nur die Grund züge der in Aussicht genommenen Einrichtungen und Beding» uno«» sind indessen nsch nicht genücend fest-estell» «aL -4»
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