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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.04.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070413027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907041302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907041302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-13
- Monat1907-04
- Jahr1907
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Umgebung die bgespallene Petitzeile 25 Pf„ sinan^ielle An zeige» 30 Pf., Neklanien 75Pf.; von auswärts 30 Pf., Neklanien 1 M.; vom Ausland 50 Pt., finan z Anzeigen 75 Pf., Reklamen l.5O M. Inserate ».Behörden im amtlichen Teil 40Ps. Beilagegebühr 4 M. p. Taujead exkl. Post gebühr. Äeschäftsanteigen an beoorzugl^c Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tari' Fesierteilte Aufträge lönnen nicht zurück gezogen werden. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen«Annahme: Auguitusplat; X, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des In- und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin. CarlDuucker, Herzgl.Bayr.Hosbuchhandlg., Lützowstraße 10 (Tel. VI, 4603,. lagerte Stadt Amapala in Honduras sei übergeben worden, und der Krieg m Zentralamerika sei damit zu Ende. Nach einer zweiten Depesche hat sich der Präsident von Honduras bei der Einnahme von Amapala den nicaragua nischen Truppen ergeben. — Ob die Union die dauernde Streichung der Republik Honduras aus der Reihe der Staaten zulafsen wird? politisches. Der neue Reichssonds. Der neue Reichssonds, dessen Gelder zur Erleichterung der Durchführung der Arbeiter-, Witwen» und Waisenversorgung verwendet werden sollen, dürste errichtet werden, sobald nach dem Finalabschluß der Neichs- hauptkasse für das Finanzjahr 1906 seine erste größere Dotie rung vorgenommen werden kann. Bekanntlich sind in den Fonds die Mehrerträge aus gewissen, landwirtschaftlichen Zöllen abzujuhren. Der neue Zolltarif ist nun schon am 1. März 1906 in Kraft getreten, also noch während des Finanzjahres 1905, indessen ist die Summe, die während des Monats März vorigen Jahres angesammclt werden konnte, nicht bedeutend gewesen. Die Verwaltung des Fonds wird dem in der letzten Tagung des Reichstages angenommenen Gesetze gemäß mit derjenigen des Jnvalidenfonds verbunden werden. Wie die Wechselwirkung beider Verwaltungen ge dacht ist, ist bei der Erörterung des genannten Gesetzentwurfs im Reichstage von der Regierung zum Ausdruck gebracht. Neben dem neuen Reichsfonds wird es dann noch den Jnvalidenfonds, den Reichstagsgebäude fonds und den Reichskriegsschatz geben, die bekanntlich alle aus der französischen Krieflskosten- entschädigung dotiert waren. Von ihnen ist der Rcichstags- gebäudefonds auf eine winzige Summe zusammengeschmolzen, und der Jnvalidenfonds wird voraussichtlich nach fünf ^ih ren zu bestehen aufgehört halben. Nur der Neichskriegsschatz ist auf der erstmaligen Summe von 120 Millionen Mark er halten geblieben. Die Anlage des Bestandes des letzteren Fonds ist in Gold erfolgt und wird auch so weiter belasten werden. Was die Anlage der Bestände der anderen älteren Reichssonds betrifft, so darf man wohl «»nehmen, daß sie bei den neuen Fonds nicht wiederholt werden wird. Der Reichs tagsgebäudefonds war zuerst zum allergrößten Teile in amerikanischen Papieren angelegt, im Jnvalidenfonds befan den sich in erster Zeit holländische, englische und amerikanische Werte. Gegentoärtig ist der größte Teil des Jnvalidenfonds in Schuldverschreibungen des Reiches und deutscher Bundes staaten angelegt, ausländische Werte befinden sich in ihm überhaupt nicht. * Preußische Nichtergehälter. Zur Neuordnung der Rich- tergchälter m Preußen schreiben die „Berl. N. Nachr.": Wenn man erfahren will, we sich nach der Ansicht der Re gierung künftig das Gehalt der Landrichter, Amtsrichter und Staatsanwälte gestalten soll, wird man schon auf die dem Entwurf eines Nickterbcsoldungsgesetzcs bcigegebenc Finanz denkschrift zurückgreifen müssen. Danach soll der Betrag des Mindstychalts beibehalten, das Höchstgehalt jedoch von 6600 auf 7200 F erhöht werden. Zwischen Mindest- und Höchst gehalt sollen sieben Zulagen van je 600 .K vorgenommen werden. Diese Erhöhung wird zur Folge haben, daß für die älteren Landrichter und Amtsrichter dieselben Gehaltssätze bestehen, wie für die Oberlanbesgerichtsräte und die Land- gerichtsdirektorcn. Um trotzdem die Beförderung zum Ober- landesgcrichtsrat oder Landgerichtsdirektor regelmäßig mit einem Vorteil im Gchaltsbezugc zu verbinden, soll das Min destgehalt dieser Beamtenklasse von 5100 auf 6000 .X erhöh, werden. Die für die Richter durch das Gesetz ausgestellten Grundsätze sollen wie bisher im Verwaltungswege auf d.e ihnen glcichstehendcn Beamten der Staatsanmalt'chaft aus gedehnt werden. Der bei der Durchführung dieses Gehalts planes entstehende Mehraufwand ivürde im ganzen unter Einrechnung der zunächst an einzelne Beamte zur Erreichung des bisher bereits bezogenen Gebalts vorübergehend zu ge währenden Mebrbczüge und der Wirkungen der Uebergangs- vorschriften des Gesetzes 1 271 400 .K, ohne Berücksichtigung dieser Mehraufwendungen 491400 F betragen. * Militärische Eiscnbahnabtcilung. Vom 1. Mai d. I. ab wird, wie alljähUich, ein Teil der Eisenbahnkammistare der Eisenbahnabteilung des Großen Generalstabes für drei Monate verschiedenen Eifenbahndirektivnen "zu Orientie- rungszwecken zugeteilt. An diesem Tage beginnen auch die Arbeiten der topographischen und trigonometrischen Abtei lung des Großen Generalftabes. Die Arbeiten der topographi schen Abteilung umfassen Teile des südlichen Harzes und der Gegend von Kristel, die der trigonometrischen Abteilung Teile der Provinz Ostpreußen. sü. Das sozialdemokratische Zeitungsnuternehmen sür die Oberlausitz. Für die Oberlausitz ist die Herausgabe einer sozialdemokratischen Parteizeitung beschlossen worden, die vorläufig aus den Ueberschüssen der ,,Sächsischen Arbeiter zeitung" erhalten werden soll. Wie sozialdemokratische Blätter mitteilcn, besteht das neue Unternehmen in der Er richtung einer eigenen Druckerei nebst Zeitungsverlag in Zittau und ist bestimmt für die ersten drei sächsischen Wahl kreise Zittau, Löbau und Bautzen. Die Zeitung soll schon im Frühjahr 1908 zur Ausgabe gelangen. * Sozialdemokratische Obstruktion. Die Offenbacher Stadtverordneten wählten den sozialdemokratiichen Stavt- verordneten Wei pert, den die Regierung nicht bestätigt hatte, abermals zum unbesoldeten Beigeordneten. * * König Eduards Reise. Aus Malta wird berichtet, daß das englische Geschwader aus Cartagena eingetroffen sei. Die Ankunft oes Königspaares erfolge heute vormittag. * Englische Kreuzfahrt. „Daily-Telegraph" meldet: In einigen Wochen wird die neue Heimatsflotte die erste größere Kreuzfahrt antreten. Obgleich noch keine bestimmten Be fehle ergangen sind, nimmt man an, die Flotte werde sich einschließlich der „Dreadnought" zunächst nach der Nvrdsee begaben und einige Zeit in den norwegischen und schwedischen Gewässern aufhalten. Möglicherweise sollen auch einige bal tische Häfen anaelaufen werden. * Die Amerikaner nach dem Haag. Die amerikanische Delegation für die Haager Konferenz wird aus 7 Personen bestehen uno von Choate und General Porter, den ehe maligen Botschaftern in London und Paris, geführt werden. Die Delegation wird von einem Sekretär und zwei Sach verständigen begleitet sein. * Nach Casablanca. Der Panzer „Gloire" wird nach Casablanca abgehen und den Kreuzer „Lalande" ersetzen. — Der Kreuzer „Estremadura" ist nach Tanger in See ge gangen. lAngesichts der Unruhe in Casablanca geht der Spanier vielleicht auch dorthin weiter, nachdem er Tanger angelaufen hat.) * Begnadigt. Dem „Eclair" wird aus Madrid gemeldet, Bu Hamara habe den Franzosen Delbrel infolge der von den spanischen Behörden in Rlelilla unternommenen Schritte bc. I gnadigt. Sonnabend 13. April 1907. ' Nr. 102. ! Vas Neueste vom vage. "Die nach Schliß der Redaktion ekugegaugeueu Depeschen stehe» auf der L. Seit« de» Hauptblatte»^ Glue neue Auszeichnung Mar ftliugerS. König Friedrich August hat dem Maler, Radierer und Bildhauer Professor Dr. Max Klinger in Leipzig daS ; Osfizierkreuz des AlbrechtSordenS verliehe». Militärische Aernfprechabteilungen. < Mit Anfang April d. I. sind besondere Fernsprech abteilungen im deutschen Heere gebildet worden. Diese, von denen bei jedem Generalkommando und jeder Division eine ausgestellt werden soll, werden zusammengesetzt teils durch Abgabe von dazu geeigneten Mannschaften der Infanterie, leils durch Heranziehung von Mannschaften der Telegraphen truppen. vergär betterdetvegung. Da; internationale Komitee der Bergarbeiter in Brüssel beschloß auf Antrag der deutfche» Mitglieder Schröoer- Bochunr und RerchstagSabgeordueter Sachse-Bockum, den am l3. September zr^mmeutretendea internationalen Berg- ardeiterkongreß zu Salzburg zu einer gemeinsamen Stellung nahme sür den internationalen Völkerfrieden und für eine evenluelle allgemeine Verweigerung der Kohleulieferung im Falle eines Krieges aufzuforderu. Der Arbettskampf tu« Münchruer Lchneidergewcrbe. Der Schneiderarbeitgeberverband und der Arbeitnehmer verband hatten gestern mehrstündige Verhandlungen behufs Friedensschlusses. Die Arbeitnehmer hatten folgende Bedin gungen zu vertreten: 1) Zurücknahme der Behauptung der Arbeitgeber von einer Niederlage der Gehilfen. 2) Anweisung der Ortsgruppen, Tarife mit den örtlichen Organisationen abzuschließen. Die Verhandlungen scheiterte» daran, daß der Arbeitgeberverband von den Organisationen Wiederaufnahme der Arbeit zu dea zwischen beiden Zeatralvorständen ab geschlossene» FriedeuSverembaruogeu forderte. 22 Städte sind noch im Ausstand. Jastzektt« der Aftfteubesefti,mrgeil. Eine vom preußische» LriegSmiuistersinn, vom Marine ministerium «ud vom Große» Geueralstab eatfaudte, aas etwa 10 Herren bestehende Kommission ist gegenwärtig mit der eingehenden Inspizierung aller deutschen Küstenbefestigungen und aller für KriegSschiffdau und Reparatur in Betracht kommenden Werste» beschäftigt. Die Kommission trifft morgen in Kiel ein. Lord Cromers Rücktritt. auch außerhalb Englands und namentlichiu Deutsch, land wird mau Lord Cromer bereitwillig die Anerkennung zollen, daß sein Wirken in Aegypten in zivilisatorischer Be ziehung bleibende Zeugnisse fruchtbringen den Schaffens auf weiten Gebieten der Gesetzgebung und Verwaltung hinterlassen hat. An den Verbesserungen, die die Verwaltung, insbesondere auch die Finanzverhältniste Aegyptens seit zwei Jahrzehnten erfahren haben, hat Lord Cromer den wesentlichsten Anteil gehabt. Nicht zu vergessen sind ferner die Hebung des Verkehrswesens und die groß artigen Arbeiten für Regulierung der Bewässerung des Nil tales, durch die dessen Produktivität außerordentlich ge steigert wird. Wie aus seinem letzten Jahresbericht hervor ging, trug sich Lord Cromer noch mit umfassenden Reform plänen, deren Durchführung der im 67. Lebensjahre stehende Staatsmann nunmehr seinen Nachfolgern zu überlassen sich entschlossen hat." Merry degradiert! DaS „Giornale d'Italia" meldet, daß der Kardinalstaats- sekretär Merry drl Bal die Stelle eines SetretärS der Breven an Stelle deS verstorbenen Kardinals Macchi übernommen habe. Man glaubt, daß Merry del Bal diesen Posten defi- nitiv bebalten werde. — Die Bestäliguug dieser Nachricht bleibt abzuwarten. —Nach einer uns weben zugebenden Depesche unseres römischen ^.-Korrespondenten behält indessen Merry sein bisheriges Amt neben dem neuen, und ist die Ver leihung des hochbesoldeten Postens vielmehr als eine Auszeichnung aazusehen. MerryS Position sei derzeit stärker als je, und die Abdankungsgerüchte unbegründet. Mau darf immerhin auch dieser Auffassung gegenüber an der Möglichkeit festhalten, daß mit der Berufung in das neue Amt die allmähliche Entfernung des wenig glücklichen Staatsmannes aus seiner veraulwortuugSreicherrn jetzigen Stellung eingelritet werden soll. Der Ausgleich. Wie die „Neue Freie Presse" meldet, sind die Minister- koufereazen über den österreichisch-ungarischen Ausgleich gestern abgeschlossen worden und haben in einzelnen Detail- fragen eine wesentliche Annäherung erzielt. Ueber di« grundlegenden politischen Fragen sei jedoch keine Entscheidung getroffen worden. Im Mai würden die Verhandlungen in Budapest fortgesetzt werden. — D.nach waren die letzte» Nachrichten viel zu optinnstrsch. Es ist noch gar nichts erreicht. Stolypin lenkt ein! Ministerpräsident Stolypin richtete an den Dumapräsi denten Golowin einen Privatbrief, in dem er erklärt, eS liege kein Grund vor für eineZwpitzungderBeziehungen zwischen dem Ministerpräsidenten, dem Kabinett und dem Dumap» äsidenten. Es sei durchaus möglich, die anfrreienden Fragen sachlich zu besprechen und sich über sie sino ira <rt 8tuäio zu ver ständigen. Er hege auch keine Bedenken, wenn die Kommissionen Sachverständige privaiim um Rat fragten, nur lönne er die offizielle Hinzuziehung von Sachverständigen und ihre Teilnahme an den Kommiisionssitzungen nicht zulassen. — Diese Worte klingen wesentlich besser als der scharfe erste Brief. Die „Pall Mall Gaz." veröffentlicht ein Telegramm aus Kairo, in dem es heißt, daß das Bedauern über die Demis sion Lord Cromers allgemein sei, besonders infolge der Um stände, unter denen der Rücktritt erfolge. — Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt über den scheidenden Staatsmann: „Aus den Worten, mit denen Sir Edward Grey die Mitteilung von dem Rücktritt Lord Cromers begleitete, ist zu erkennen, welche hohe Wertschätzung der hervorragende Staatsmann in seinem Lande genießt. Ohne Zweifel hat Lord Cromer sich sehr große Verdienste um die Festigung der Stellung Großbritanniens in Aegypten erworben. Aber I Honduras -P. DaS amerikanische Staatsdepartement erhielt von dem amerikanischen Konsul in Managua eine Depesche, die be 101. Jahrgang. Feuilleton. Gemüt hat jedermann: Naturell manche; Kunst begriffe sind selten. * Warum man doch ewige Mlßreden hört? Sie glauben sich alle etwas zu vergeben, wenn sie das kleinste Verdienst anerkennen. » Wenn die Jugend ein Fehler ist, so legt man ihn sehr bald ab. » Wer hätte mit mir Geduld haben sollen, wenn ich « nicht gehabt hätte. Wer in sich recht ernstlich hinabsteigt, wird sich immer nur als Hälfte finden; er fasse nachher ein Mädchen oder eine Welt, um sich zum Ganzen zu konstituieren, das ist einerlei. Eine nachgesprochene Wahrheit versiert schon ihre Grazie, aber ein nachgespcvchener Irrtum ist ganz ekelhaft. Ungedruckte Sprüche Goethes aus dem soeben erschienenen 21. Band der „Schriften der Deutschen Goethe-Gesellschaft". Wilhelm B«fch. Zum 7b. Geburtstag am 15. April. Von Dr. Paul Fechter (Dresden). „Näher betrachtet beruht der Humor auf einer subjektiven aber ernsten und erhabenen Stimmung, welche unwillkürlich in Konflikt gerät mit einer ihr sehr heterogenen gemeinen Außenwelt, der sie weder auSwelchen, noch sich selbst auf geben kann; daher sie versucht, ihre eigene Ansicht und jene Außenwelt durch die selben Begriffe zu decken, welche hier durch eine doppelte bald auf dieser, bald auf jener Seite lie gende Inkongruenz zu dem dadurch gedachten Realen er halten, wodnrch der Eindruck des absichtlich lächerlichen, also des Scherzes entsteht, hinter welchen jedoch der tiefste Ernst versteckt ist und durchschaut." Es will auf d«n ersten Blick nicht recht paffen, einen Glückwunsch kür d« Mann, der heute wett« von alle«, wat «i. von dieser Welt ist, in der Stille seines Heimatdorfes seinen 75. Geburtstag begeht, mit einem Schopenhauerzitat zu be ginnen — und doch kommt man vielleicht grade von hier aus dem eigentlichen Kern des Bienenzüchters von Wiedensahl am nächsten. Nicht nur, weil Schopenhauer seine Lieblings lektüre war und vielleicht immer noch ist, sondern weil, so seltsam es klingen mag, beide, der Malerdichter und der Einsiedler von der schönen Aussicht, von dem gleichen Punkte, der gleichen Grundstimmung ausgegangcn sind. „Der Schmerz ist Herr und Sklavin ist die Lust" — den Vers Wilhelm Buschs könnte man mit gleichem Recht über sein, wie über Schopenhauers Lebenswerk setzen, weil er die Grund lage für beide gibt. Auch der Dichter des „Pater Filucius" geriet in Konflikt mit einer „ihm sehr heterogenen und ge meinen Außenwelt, der er weder ausweichen noch sich selbst aufgeben konnte" — und es erging ihm, wie dem von ihm besungenen Vogel, der auf den Leim geraten, den schwarzen Kater heranschleichen sieht und nicht entfliehen kann und denkt: „Weil das so ist. Und weil mich doch der Kater frißt, So will ich keine Zeit verlieren, Will noch ein wenig quinquilieren Und lustig pfeifen wie zuvor. (Der Vogel scheint mir, hat Humor.) Auch er trat mit allerhand „eigenen Ansichten" und Forderungen an die Außenwelt heran und suchte beide „durch dieselben Begriffe zu decken"; wie dem Sohne Johanna Schopenhauers aber ward auch ihm ein bitterer Pessimis mus die Folge und zugleich die Grundlage, von der aus er nun versuchen mußte, des Daseins Herr zu werden. Die Art freilich, wie er dieses tat, und das Ziel zu dem er schließ- sich kam, haben mit denen Schopenhauers nicht mehr viel gemeinsam, der eine landete bei der Berneinuna und dem Nichts, der andere bei einem Lache», das schließlich doch nicht nur „ein Lachen der Verzweiflung" war, sondern mit das freieste, überlegenste, daS man zu lener Zeit in Deutschland vernommen hat. Der Anfang war jene Katerstimmung, die von weitem an die Lieder des „GaudeamuS" gemahnt, ein Versuch, wie ihn ähnlich Wilhelm Raabe im „Christoph Pechlin" unternahm, durch Lachen Herr über den Ekel au seiner Zeit zu werden. DaS Resultat aber wurde ein sozu sagen metaphysischer Humor, der soweit über di« Dinge sich cmporhob, daß letzten Endes von der Ausgangsstimmnng nichts mehr übrig blieb und lediglich ein souveränes, frei gewordenes Lachen die Oberhand behielt. Jene Inkongruenz zwischen der Wirklichkeit und irgend welchen Forderungen des Menschen in pnnoto eines vernünftigen sinngemäßen Weltlaufs steigerte sich für Busch bei näherem Zusehen der art ins Groteske, daß er vor Lachen über die allen idealen Forderungen zuletzt das Leiden völlig vergaß und lachend einen Grad von Freiheit gegenüber den Dingen dieser Welt errang, der ihn befähigte, nun mit allem -n spielen, Unsinn und Tiefsinn, Erhobenes und Lächerliche», Klei«» und Große» kunterbunt durcheinander zv würfel» und mit souveräner Ueberlegcnheit in seinen Künstlerverjen aneinander zu reihen. Lediglich von hier aus läßt sich meines Erachtens die unfehlbare Wirkung dieser Sentenzen voll „umgekehrten Tiefsinns" verstehen: Sie geben mit tiefstem Ernst etwas vollkommen Widersinniges, hinter dem doch wieder ein Sinnvolles, ost sogar Selbstverständliches siegt, bringen Begriffsverbindungen, deren einzelne Teile niemals in dieser Form unter sich in Zusammenhang ge bracht werden können, und geben damit nicht weniger als eine ganze Weltanschauung — allein schon in ihrer Form, ganz abgesehen vom Inhalt. Ein Musterbeispiel dieser Art sind die berühmten Verse: „Allein man nimmt sich nicht in acht, Und schlupp ist man zur Welt gebracht", — wie überhaupt das ganze schöne Gedicht, dem sie ent nommen sind. Der ganze Unsinn des Weltgeschehens lebt in ihnen und die ganze Komik dieses Unsinns dazu, in die knappste, kürzeste Fassung gebracht und in dieser Fassung direkt erschütternd. Man versteht es vollkommen, wenn Karl von den Steinen, der bekannte Geograph, erzählt, daß ihn auf langen, staubigen, Seele und Körper obwaltenden Wanderungen in der Wildnis Amerikas nichts so belebt habe, wie das Zitieren dieser Sprüche: „Es ist bekannt von alters her. Wer Sorgen hat, hat auch Likör", oder des tiefsinnigen: „Denn hinderlich, wie überall. Ist hier der eigene Todesfall." Das überlegene Weltgefühl, das mit den Dingen Spielen, das aus diesen Versen spricht, überträgt sich unwillkürlich und wirkt erlösend, befreiend, weil es jeden Anspruch auf Sinn und sinnvolles Geschehen völlig spontan in ein Helles Lachen über die Unsinnigkeit des Weltgeschehens sowohl, wie derartiger Forderungen verwandelt. In diesen tiefsinnig geformten Zweizeilern hat Wilhelm Busch sein Stärkstes, sicherlich sein Persönlichstes gegeben. Hier hat er eine Höhe des Grotesken erreicht, auf der er in seinen Zeichnungen viel seltener steht, schon aus dem Grunde, weil sie gemeinbin mit dem zu ihnen gehörigen Bcgleitvcrs zu einer Art Gesamtkunstwerk verschmolzen sind, sich selten völlig von dem geschilderten Geschehen loslösen lassen. Nicht daß sie lediglich Illustrationen eines Textes wären — darüber erhebt sie bereits die oft unsagbare Komik der Linie, in der sie zuweilen hart an die heutigen Zeichner des „Simplizissi- mus" erinnern; sie haben aber selten derart rein cpigramma- tlschen, lediglich für sich bestehenden Wert, wie jene trivialen Tlefsrnnigkeiten, die in ihrer Art direkt klassisch geworden find. Sie lasten sich meistenteils nur im Rahmen des Ge- samtwerkeS werten, hier freilich ans einer Höhe stehend, die chnen, namentlich im Vergleich mit dem aleichzeitia in Deutschland produzierten, für immer ihre Stellung sichern A. dRa„ braucht ja lediglich an Namen wie Kaulbach, Makart, Pilot, ,» denken, mn -» versteh«, wa» e» hieß, in einer Zeit geschminkter Pose derart Lebendiges in ein paar Linien einzufangen, derart naturalistisch im stärksten Sinne vorzugehen. Und gerade im Rahmen des Geiamtwerkes kommt ihnen noch eine weitere Bedeutung zu: als Faktoren des Buchschmuckes. Man hat Wilhelm Busch den ersten Virtuosen des Momentbildcs genannt: mit vollem Recht. Wie kaum jemand in Deutschland vor ihm, hat er Momente beginnender und ausklingender Bewegung festzubalten ver- mocht, in ganz wenig Linien, ein Virtuos des Zeichnens im Sinne der großen Zkunst des Fortlassens, ein ganzes Ge schehen in lapidarer Knappheit zu gestalten gewußt. Man hat auf die Geschlossenheit und Ganzheit seiner Zeichnungen hingewiesen; worauf man meines Wissens noch kaum geachtet hat, ist ihre Stellung in der großen Kunst der Buchausstattung, die Wilhelm Busch bereits zu üben wußte. Man betrachte einmal daraufhin sein vielleicht berühmtestes Werk „Die fromme Helene" — und man wird erstaunen ob der Feinheit, mit der da Forde rungen schon erfüllt, die lange Jahre später erst von neuem erhoben und wenigstens in der Hauptsache durchgcsetzt worden sind. Wie sein sind beispielsweise die Zeichnungen in den Rahmen des Textes hineingestellt, wie vorsichtig gegeneinander und gegen die Anzahl der Verse über oder unter dem Bilde abgewogen, wie klug oft eine Seite epi grammatisch schlagend abgeschlossen, Einschnitte, Pausen, Nuhepunkte an die richtigen Stellen gelegt, um Wirkungen zu unterstützen, voll und ungestört ausklingen zu lassen. Gerade von hier aus verdient er vielleicht noch mehr Beach tung, als nur um seiner Zeichnungen willen, in denen doch da und dort so manches lediglich auf das Konto der Situa tionskomik kommt, und weniger auf ein rein Künstlerisches: denn hier ist er tatsächlich ein Vorläufer und Ausblick auf später gewesen. — Wilhelm Busch wird heute 75 Jahre alt. Sein Werk ge hört bereits der Geschichte an — was die letzten Jahre noch gebracht haben, ist mehr oder weniger Selbstkopie gewesen. Selten aber hat wohl einer, dessen Hauptwirksamkcit jcsit bald 30 Jahre zurückliegt, noch so lebendig und allgegenwärtig an solchem Jubiläumstage im Volke gelebt, wie er. Gewiß hat es nicht an Stimmen gegen ihn gefehlt, und der alte Friedrich Theodor Vischer hat sich weidlich über seine Un sittlichkeit aufgeregt: die große Mehrzahl aber siebt ibn, wie kaum einen zweiten unter den Lebenden, von denen (Wilbelm Raabe vielleicht ausgenommen) kaum einer noch an Popu larität mit ibm wetteifern kann. Sie tut cs mit Recht. Denn Wilhelm Busch hat den Deutschen vielleicht da-5 Veste gegeben, was er ibncn geben konnte: er hat sie lachen gemacht und lachend das Dasein leichter ncbmen — eine Gabe, die man gerade in diesem Lande nicht boch genug anschlagcn kann. Und wenn er heute auch wrstummt und die Zeit des Schaffens sür ihn vorüber ist: das bleibt bestehen; denn von hier aus gesehen, ist er nicht nur ein Schmücker und Versckwnerer des Daseins gewesen, sondern auch ein Tröster I und Erlcichtcrer — und einer, der redlicb daran mitgebvlsen i bat, die germanische Ernsthaftigkeit wenigstens ein ganz klein I bißchen weniger ernsthaft -ec machen — und da» ist etwa»,
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