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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.04.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070427025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907042702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907042702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-27
- Monat1907-04
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Ministerium des Kultus und öffentliche» Unterrichts Hal verordnet, daß dann, wenn der Geburtstag des Königs m Vie Pfingstserien fällt, eine Nachfeier in den schulen am Mittwoch oer auf die Pfiugffferleu folgenden Woche stattzufincen habe. vlfatz-lothringtfchc BerfasfnngsftreMgkeiteu. Aus Straßburg meldet uns ein Privattelegramm: Der bereits gemeldete Antrag der Lrberal-Demokraten, daß die Gesetzentwürfe des Laudesausschusses direkt dem Bundesrat vorgelegt werden müßten, ehe der Kaiser das Veto- rechl ausüben kann, welcher Antrag einstimmig vom Hause angenommen worden war, ist vom Elfaß- lolbringischen Laudesministerium dem Präsidenten des Landesausschusses zurückgeslellt worden, da der Beschluß in die Rechte des Landesherren cingreife und deshalb verfassungs gemäß nicht zulässig sei. Wie verlautet, wollen nunmehr die Liberal-Demokraten den gefaßten Beschluß in Form einer Petition oes Landesausschusses direkt dem Bundesrat ein reichen und eine gleiche Petition an den Reichstag und an een Reichskanzler richten. Vereinfachtes amtSgerichUiches Verfahren. Nach den Erklärungen, die der Staatssekretär Dr. Nieber- ding im Reichstage abgegeben hat, ist eine Vorlage über ein vereintacbtes amrsgerichtliches Verfahren nunmehr bestimmt im nächsten Winter zu erwarten. Wie die „Neue politische Korrespondenz" dazu hört, treten demnächst in Berlin Delegierte der Rechtsanwaltschaft zusammen, um dem preußischen Justiz minister die Stellung der Anwaltschaft zu den neuen Prozeßvor schriften darzulegen. In gleicher Weise sind gegenwärtig auch die AnwaltSkammern in den übrigen Bundesstaaten mit der Prüfung der Vorlage beschäftigt. Sobald diese Er örterungen abgeschlossen sein werden und im Reichsjustizamt der neue Entwurf sertiggestellt worden ist, soll, wie wir er fahren, sein Inhalt der Oeffentlichkeit zugängig gemacht werden, so daß auch weitere Kreise — namentlich der an der Reform des amtsgerichtlichen Prozesses besonders inter essierte Handels- und Gewerbestand — ihre Ansichten über den Entwurf geltend zu machen vermögen. Im Hamburger Hafen. Zn der Angelegenheit der Arbeitsverhältnisse der Schauer leute machen sich neue Schwierigkeiten geltend. Trotz der angenommenen Bedingungen werden die während des -Streiks beschäftigten arbeitswilligen Schanerleute durch die wievereingestellten Schauerleute arg belästigt und mit Steinen und anderen Gegenständen mißhandelt. Die Reeder haben die Polizeibehörde um verstärkten Sckutz gebeten. Deulsch-ItalienischeS. Die offiziöse „Süddeutsche Reicbskorrespondeoz" schreibt: Das „Giornale d'Italia" hat den Wunsch geäußert, die deutsch-italienische Zeilungspolemik möge je eher, je lieber ein Ende nehmen. Dazu tagen wir Za und Amen! Wir glauben, die beiderseitigen Preßvertreter in Berlin und Rom haben bessere Dinge zu tun, als jede Aeußerung der Empfindlichkeit aus deutschem oder italienischem Munde hin und der zu kabeln. Damit mag das Spiel eines k6rriu8 gLllilou8 besorgt werden: für deutsche wie italienische Interessen aber kommt nichts Ersprieß liches heraus. Die verantwortlichen Stellen beider Länder wissen, daß es zwischen ihnen in der Beurteilung der jüngsten Vorgänge an den Küsten des Mittelmeers keinen Gegen satz, keine Unklarheit gibt, daß es darüber einer pein lichen diplomatischen Auseinandersetzung nicht bedarf. Aber auch außerhalb der im engsten Sinne amtlichen Vertretung beider Länder können diesseits wie jenseits dec Alpen die weitverzweigten Kreise, welche Träger der literarischen, künstlerischen, wissenschaftlichen, ökono mischen und politischen Beziehungen zwischen dem deutschen und dem italienischen Nationalstaat sind, am Weiterspinnen eines unfruchtbaren PreßstreiteS keine Befriedigung haben. Sollten die Bewegungen des Königs Eduard im Mittel meer im Reichstag noch einen Nachhall finden, so ist wohl der Wunsch gerechtfertigt, es möge von keiner Seite und durch kein Wort der Welt abermals das Trugbild eines nervös beunruhigten Deutschland vorgeführt, und der englischen Presse neuer Stoff zu Leitartikeln mit der Ueberschrift „Deutsche Augst" geboten werden. Den Zeitungspolitikern, die in demselben Atem ein Recht auf Nervosität und Furchtlosigkeit gegen alles in der Welt proklamieren, wird es ohnehin niemand zu Dank machen. Für unser Ansehen im AuSlande aber kann es nur förder lich sein, wenn auch durch das Verhalten unserer Volksver treter die so notwendige Unterscheidung bekräftigt wird zwischen der ruhig bleibenden Bemannung des Reichsschiffes und manchen leicht seekrank werdenden Passagieren. Siinig vöuarv kommt nach Paris. Der König von England trifft auf seiner Rückreise am 1. Mai in Paris ein und wird 1 oder 2 Tage verbleiben. Der König wird in der englischen Botschaft abstcigen. Drohender Lchnlstreik in Ungarn. Die 'Führer der Nationalitäten haben die Weisung aus gegeben, für den Fall, daß die Schulvorlagen vom Kaiser doch bestätigt werden sollten, ähnlich wie in Posen den all gemeinen Schulstreik durchzusühreu. — Gemeint sind natür lich die Rumänen, Slooaken :c. Die Siebenbürger Sachsen machen selbstverständlich eine Form des Widerstandes nickt mit, welche von ihren Stammesgenofsen als verwerflich erklärt wird, wo sie von Gegnern ausgeht, um so weniger, als das neue ungarische Gesetz, wenn es sie auch nicht befriedigen darf, doch in das Recht der ungar- ländischen Nationalitäten auf selbständige Bestimmung ihrer Unterrichtssprache nicht eingreift, sondern bloß auf der obligatorischen Durchführung des magyarischen Sprach unterrichtes aufgebaut ist. Hoffentlich schließen sich auch die Banater „Schwaben" :c. dem gereiften Urteile der seit Jahrzehnten klug und zäh auf einem exponierten Posten Wache haltenden „Sachsen" an und kompromittieren nicht Leu deutschen Namen durch Nachäffung der ungeschulten Taktik inferiorer Völkerschaften. Tie Hoffnungen auf cnwu liberalen Kurs. Dem „N. W. Tgbl." wird aus Petersburg telegraphiert, daß allen Meldungen zum Trotz die Spaltung des Ministe riums, wie seine Ergänzung in liberaler Richtung sicher erscheint, doch werde mit der Durchführung noch ge zögert. - Das Fest i« Btrgiuieu. Die Ankunft des Präsidenten Roosevelt auf dem Aus stellungsgelände erfolgte um IN/» Uhr, nachdem er mit seiner Zackt „Mayflower" durch die Reihen der amerikanischen und sremben Kriegsschiffe, welche Salut Ichoffen, hindurchgefahren war. Während der Eröffnungsansprache des Präsidenten drängte die Menge unaufhörlich vorwärts. Präsident Roosevelt forderte die Menge auf, zurückzutreken, waS für kurze Zeit Erfolg hatte; doch sah man sich ipäter genötigt, eine Abteilung Kavallerie unter di« Menge zu schicken. — — Als Präsident Roosevelt seine Ansprache beendet hatte, drückte er auf einen goldenen Knops, wodurch die Maschinerie der ganzen Ausstellung in Tätigkeit gesetzt wurde. Die Kriegsschiffe feuerten hierauf von neuem Salut. Der Eröffnung wohnte eine Anzahl hervorragender Persönlichkeiten bei, unter ihnen die Mitglieder des diplomatischen Korps und hohe amerikanische Beamte. Später hielt Präsident Roosevelt eine Truppenschau ab. Bei dem Empfang der fremden Admirale und Komman danten an Bord der Jacht „Mayflower" seitens des Präsidenten Roosevelt erklärte der Kommodore Kalau vom Hofe dem Präsidenten, er habe vom Kaiser den Auftrag, ihm dessen herzlichste Glückwünsche zur Feier von Jamestown auSzusprecheu. Er stellte dann die Offiziere der deutschen Schiffe dem Präsidenten vor, der sich in liebenswürdiger Weise Uber die Entsendung der deutschen Schiffe äußerte und erklärte, die Entsendung des Flügel adjutanten des Kaisers, Fregattenkapitän v. Rebeur-Paschwitz, sei eine besondere Auszeichnung für ihn. Der Präsident äußerte sich in schmeichelhafter Weise über das schmucke Aus sehen der deutschen Schiffe. Unter einem Felsblock begraben. In der Nähe der Stadt Gera stürzte ein Felsblock ab und begrub mehrere Arbeiter. 4 sind tot, 3 schwer verletzt. Jur Affäre Mottl Wie uns unser Münchner Korrespondent telegraphiert, wurde dem Chefredakteur des „Bahrisch en Kuriers", Herrn Siebertz, wegen der Mottl-Affäre gekündigt. Er geht an daS Wiener „Vaterland". politisches. Glauchau-Mecrane. So ist es der Sozialdemokratie doch gelungen, sich ihren alten Besitzstand im Wahlkreise Glauchau-Meerane zu sichern. An Stelle des langjährigen Eiertreters dieses Waal- kreiscs, Ignaz Auer, zieht letzt silftsikenibuhr in den Reichs tag ein. Und die Sozialdemokratie kann sich sogar besten vülnnen, daß sie seit dem 35. Januar an Sturunen gewonnen haben, währens der notionaliiberale Gegenkandidat Dr. Clauß Stimmen einbußt«. Zählte man damals für den Sozialdemokraten 16 682 Stimmen, so find cs jetzt 17165, also 483 Stimmen me.hr geworden, un-d Dr. Elauß, der da mals 13 153 Stimmen erhielt, wies gestern 12710, also 743 Stimmen weniger aus. Die Differenzen sind nicht be deutend, aber es würde falsch fein, wollte man sie nicht als Symptom dafür an-ishen, daß die Sozialdemokratie ''eit ihrer großen Niederlage im Januar zum mindesten nicht an Werdekraft verloren lzat. Gewiß hat die Sozialde.nokratie mit außerordentlichen Kräften agitiert. Es galt für sie vie.. Der Verlust von Glauchau-Meerane wäre für sie ein viel härterer Schlag gewesen, als der Verlust mehrerer anderer Mandate zusammen, die sie noch nicht so lange Ze:t inne- gehabt hat, wie diesen. Aber auch die Gegner der Sozial- demokrarie haben mit äußerster Anstrengung gearbeitet, und so kann man nicht ohne weiteres von ungleichen Warfen reden, mit denen gekämpft worden ist. Man ist au' bürger licher Seite in einem Kampfe unterlegen, in dem man die Kräfte aufs höchste anspannke. Tag muß offen zugestvnoen werden. Doch dieses Zugeständnis darf nicht zur Mutlong- ckeit führen, als wäre Glauchau-Meerane nicht zu erobern Gewinnt es auch in der Persönlichkeit Moltenbuhrs einen Vertreter, der durch 'eine zweifellosen Verdienste um die Arbeiterfrage — die sozialdemokratische Position zum min destem nicht schwächt, ko kann dies doch reichlich wen gemicht toestden durch eine estrige organisatorische und agitatorische Tätigkeit ans bürgerlicher Seite, und je mehr diest sich v:r- «bindet mit einem offenen Verständnis für 'ozirlvolitische Fortschritte, je mehr darf die Hoffnung wachsen, daß auch über dem Wahlkreis Glauchau-Meerane der Tao wieder aist- geben wird, an dsm es einen nationalen Abgeordneten in den deutschem Reichstag sendet. npe. Dentsch-amcrikanijches Handelsabkommen. Wie wir hören, wird der Hundesrat bereits Anfang der nächsten Woche über das getroffene Handelsabkommen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten sich 'chlüisig machen. Das Abkommen dürfte noch im Lame der. aschig Woche vom beiden Teilen vollzogen werden und alsdann so fort dem Reichstage zugcbcn. * Parlamcntariscitc Nachrichten. T-em Reichstage ging eine Resolution der National liberalen zu, den in den Provinzen Posen und W e st v r e u ß c n beschäftigten unteren und mittleren R e i ch s- b e a m t e n Gehaltszulagen entsprechend den Zuwendungen an die preußischen Beamten dieser Provinzen zu gewähren - Dem Reichstage ging ferner eine Resolution der Freisinnige n V o lts- Partei zu, daß die im P o st b c t r i e b s n i e n st na st 8 Uhr abends und an Sonn- und Festtagen abzuleistemde Feuilleton. Südslavische Sprichwörter. O O 0 Liebe und Herrschsucht dulden keine Ge sellschaft. Nach einem Baum, an dem keine Früchte hängen, wirft niemand mit Steinen. Wo die Lüge zu Mittag gegessen hat, dort ißt sie nicht zu Abend. Nicht jeder ist ein Schmied, der rußige Hände hat. Nur der kann einholen, der auch über holen kann. Zu Ralph Walds Liueissns Gedächtnis Aus seinen Werken. Q 2. eG Teutsch von Hermann Fritz Neumann (Dresden). Wir leben in zeitlicher Folge, in Teilung, in Teilen, in Teilchen. Indessen wohnt in uns die Seele des Ganzen, das weise Schweigen, die allgemeine Schönheit, zu der jeder Teil und jedes Teilchen in gleicher Beziehung steht: das Ewig- Eine. Und diese tiefe Kraft, in der wir leben, und deren Seligkeit uns ganz zugänglich ist, ist nicht nur jederzeit sich selbst genug und vollkommen; sondern Tätigkeit und Gegen stand des Sehens, Zuschauer und Schauspiel, Subjekt und Lbjekt sind eins. Wir sehen die Welt stückweise, Sonne, Mond, Tiere, Bäume; aber das Ganze, dessen glänzende Teile das sind, ist die Seele. (Ueberseele.j * Eine kurze Betrachtung der täglichen Geschehnisse würde uns zeigen, daß ein höheres Gesetz als das unseres Willens die Ereignisse lenkt, daß unsere gewaltsamen Anstrengungen unnütz und fruchtlos sind, daß wir nur in der uns natürlichen, leichten, einfachen Tätigkeit stark sind und dadurch, daß wir uns in Gehorsam fügen, göttlich werden. Glaube und Liebe — glaubende Liebe wird uns von einer gewaltigen Sorgen last befreien. (Geistige Gesetze.) Mein Wille gab gewiß nicht den Bildern in meinem Geiste ihren jetzigen Rang. Der regelrechte Studiengang, die Jahre akademischer und berufsmäßiger Erziehung haben mir nicht bessere Tatsachen geliefert, als einige unnütze Bücher unter der Bank in der Lateinschule. Was wir nicht Erziehung nennen, ist wertvoller als das, was wir so nennen. Wenn wir einen Gedanken bekommen, stellen wir reine Ver mutung über seinen verhältnismäßigen Wert an. Aber die Erziehung vergeudet oft ihre Anstrengungen in Versuchen, diesen natürlichen Magnetismus, der mit Sicherheit das ihm Zukommendc auswählt, zu durchkreuzen und zu entkräften. (Gesetze.) Ein Kunstwerk ist ein Auszug (Extrakts der Welt, es ist der Ausdruck der Natur im kleinen. Die Natur ist ein Meer von Formen, die im innersten Wejen gleich und sogar ein heitlich sind. Ein Blatt, ein Sonnenstrahl, eine Landschaft, das Weltmeer machen einen ähnlichen Eindruck aus das Ge müt. Was ihnen allen gemeinsam ist, die Vollkommenheit und Harmonie: das ist Schönheit. NicktS ist ganz schön, allein betrachtet; nichts ist schön außer dem Zusammenhänge mit dem Ganzen. Ein einzelner Gegenstand ist nur insoweit schön, als er diese dem Ganzen innewohnende Anmui empfin den läßt. Ter Dichter, der Maler, der Bildhauer, der Musiker, der Baumeister, sic alle suchen diese Ausstrahlung der Welt aus einen Punkt zu sammeln und jeder in seinem bcsondcrn Werk den Schönheitsdurst, der ihn zum Schassen trieb, zu befriedigen. So ist Kunst Natur, die durch den Destillierkolben der Menschenseelc hindurchgrgangen ist. So wirkt in der Kunst die Natur durch den Willen eines Men schen, der von der Schönheit ihrer ersten Schöpfungen er füllt ist. (Natur.) Alle Schönheit muß organisch sein; äußerlicher Aufputz ist Entstellung. Es ist die Gesundheit des Knochengerüstes, die schließlich in dem zarten Psirsichrot der Wangen zum Vorschein kommt, das körperliche Wohlbefinden, das dem Auge Feuer und Kraft gibt. Es ist das richtige Größenver- hältnis und die gute Ausammensügung des Skeletts, was die Anmut der Form und die noch feinere Anmut der Bewegung verursacht. Tie Katze und das Reh können nicht unschön laufen oder sitzen. — Wie schön sind Schiffe aus See, wie anders im Theater! (Schönheit.) * So wie wir Menschen uns gegenseitig erscheinen, geben wir uns kein Bild und keine rechte Vorstellung vom Men schen. Tie Menschen, die wir sehen, sind dii'-ch die Welt ge- peitscht; sie sind abgehetzt, eingcschrnmpst und verschüchtert. Sie kommen einem alle wie Gäule von unsichtbaren Reitern vor. Wie selten sehen wir Rübe! Wir haben noch nie einen (richtigen) Menschen gesehen. Wir kennen nickt da-? masestä- likchc Aisttrcsten. da« ihm ei-gnet, das den Zuschauer beruhigt und erhebt. Es gibt keine göttlichen Personen unter nn -, und die Menge hat keine Eile, göttlich zu sein. Wahrlich, das war nicht die Absicht der Natur, mit all diesem uner- meßlichen Aufwand an Mitteln und Kräften ein so wohl feiles und geringes Ergebnis zutage zu fördern. Das Streben des Herzens nach dem Guten und Wahren belehrt uns eines bessern, ja die Menschen selbst lassen uns ein besseres Leben ahnen. (Gesellschaft.) Der Schlüssel zu jedem Meistcken sind seine Gedanken Mag er noch so störrig und trotzig aussehcn, er hat ein Steuer, dem er gehorcht, das ist die Idee, nach welcher alle keine Taten sich gruppieren. Er kann nur dadurch geändert werden, daß man ihm eine neue Idee zeigt, die mächtiger ist als seine eigene. (Gosellschoft.) * Ein warmes, herzliches Wort bereichert mich. Ich ergebe mich bedingungslos. Wie todk-str ist liierarischerGenius gegen dieses Lebensscuer! Das sind Berührungen, die meine be drückte Seele wieder beleben und ihr Augen geben, das Dun kel der Natur zu durchdringen. — Eharakter ist Natur in der höchsten Form Es nützt nichts, ihn nochzuäffcn, oder gegen ihn zu kämpien. Er besitzt eine Kraft zu widerstehen, zu beharren und zu schaffen, die allen Wettbewerb zuschanden macht. (Eharakter.) * Das Genie ist religiös. Es isl ein reicheres Einsaugen des gemeinsamen Herzens. In allen großen Dichtern findet sich eine Weisheit der Menschenliebe, die allen ihren Talenten weil überlegen ist. — Warum sollte ich Hamlet und Lear überschätzen, als ob wir nicht die Seele besäßen, von der sic wie Silben von der Zunge sielen? Tiefe Nrast steigt in das Leden des einzelnen nur unter der Bedingung vollständiger Herrschaft herab. Sie kommt zu den Schlichten und Demütigen: sie kommt zu jedem, der alles Fremde und Stolze oblegen will; sie kommt als Einsicht, als heitere Ruhe und Größe. Von dieser Eingebung kehrt der Mensch in ver änderter Stimmung zurück. Er spricht mit Menschen ohne Rücksicht auf ihre Anschauungen. Er prüft jeden. (Ueberseclc.) * Wir lieben Charaktere in dem Verhältnis, wie sic impulsiv und natürlich handeln. Je weniger ein Mann seine Tugenden kennt ober an sie denkt, um so mehr lieben wir ihn. (Gesellschaft.) * Ein Mensch gilt soviel als er wert ist. Ganz unnütz ist alle Neugier nach andrer Leute Urteil über uns und ebenso alle Besorgnis, unerkannt zu bleiben. Wenn jemand weiß, daß er etwas leisten kann, und daß er es besser machen kann als jeder andre, so darf er sicher jein, daß das von jedermann als Tatsache anerkannt wird. (Gesellschaft.) * Tas geistige Leben kann rein und geiund erhalten wer den, wenn der Mensch das Leben der Natur leben und nicht icinem Geist Schwierigkeiten aistbürdcn will, die gegen seine Natur sind. Mag er nur streng das tun und sagen, was in seinen Bereich gekört, so wird ihm seine Natur, auch wenn er der Bücher ganz unkundig ist, keine geistigen Hindernisse und Zweifel verursachen. lGesetze.) * Ter Einfluß der Sinne bat bei den meisten Menschen den Gciit in dem Maße geknechtet, daß ikncn die Schranken der Zeil und des Ronnies wirklich und unnbcrsteiglich erscheinen. Tieb, wie der tiefe, göttliche Gedanke Jahrhunderte, Jahr tausende zusammemchrumpsen läßt, während er selbst durch alle Zeiten aegenwcirlig bleibt. Ist die Lekre Christi jetzt weniacr wirksam als damals, wo er zum erneu Male feine» Mund aui'at? - Zer den T'stnbaru'igen der Seele fchwin- den Zeit, Roum und Natur. Tie Seele kenni nur die Seele; das Gewebe der Ereignisse ist das fließende Gewand, mit welchem sic bekleidet ist. (Ueberseele.j Deine eigenen Gedanken zu glauben; zu glauben daß das. was für dich persönlich im Herzen wahr ist, auch ftir alle Menschen wahr ist — das ist Genie. Sprich deine innerste, verborgene Ueker^cugung aus. und sie wird eine ollgememe Wahrnehmung sein. ( Selbstvertrauen) * Charakter ist eine Naturkrost wie Licht und Hitze, und die ganze Natur wirkt mit ihm zusammen. Ter Grund, warum wir des einen Menschen Gegenwart ftidstn uno die des andern nicht, ist so einfach wie die Schwerkraft De Wahr heit ist der Gipfel des Seins. Gerechiiglen ist ihre An wendung auf das praktische Leben. Alle verionlickeo Weste stehen in einer Rangordnung nach der Reinheit diests Ele ments in ihnen. Ter Wille der Reinen steigt in andre Na- kuren hinab, wie Wasser von einem köderen in ein niederes Gesäß strömt. Dieser Nctturkran iann man ckenirwenig widerstehen wie irgend einer andern. (Charakter.) Soviel Tugend vorhanden ist, soviel offenbart 'ick. Was ein Mensch ist, ist seinem Gesicht, 'einer Gestalt, seinem Ge schick mit leuchtender Schrift eingeprägt. Verheimlichen n ' nichts. Prahlen ebensoweing. Ein Bekenntnis liegt nn Bst::' seiner Augen, im Lächeln, im Gruß, im Händedruck. Wulst du einer Handlung nicht verdächtig! werden, io tu sie in kl. — Andrerseits braucht der Held nichi zu furchten, daß cnie gerechte und edle Tal, zu der er sich nickt osten bekennt, un bekannt und ungeliebt bleiben wird Einer kennt sie — er selbst, und er wird dadurch süßen Friedens teilhaftig und in seinem edlen Streben bestärkt, was schließlich ienie Hand lungsweise bester bekannt machen wird, als eine Erzählung des zufälligen Ereignisses. (Gesetzen * Ter Dichter muß wie dei Priester von weltlicher Arbeit frei sein. Sein Werk erfordert Heiterkeit und Ge'undke't. er muß frei und unabhängig sein. In dieicm Wohlgesuhl hat er manchmal Gelegenheit, ihm bisher ganz unbekannte Stosse und Werkzeuge, Methoden und Kunitgristc, Zauber- mittel und Krastvorräte zu entdecken, durch die er seine Visionen auf irdische Leinwand übertragen oder in Jamben und Trochäen, als Lvril oder Epos gestalten kann. Diest Erfolge erregen die Bewunderung und das Staunen des Dichters nicht minder als ieines Publikums. Tos Mark der Welt ist in ieinen Knochen, der Reichtum ihrer Formen beginnt in seinen Geist einznftrömen, und er dar? seinen Pinsel in den alten Faroeiikov' tauchen, woraus Vögel, Blu men. Meii'chenwanaen. besten, die weite Laud'chask. eis Weltenmeer und das ewige Himmelsgewölbe ihre Farben erkalten Kaden. (Schöpfung.) Der giftige Baum dcr Welt, lagen die Btabuiaiie,', bringt zwei Arten Früchte hervor, die iuß wie die T.ucllen des Lebens sind, die Liebe und die Tichtung. Ist nicht dst Liebe deswegen dos höchste Gut, weil sie eine überwältigende Begeisterung ist, eine vollnändiae ^eihsthiogode strn von klugem Eigennutz? Um die Wahrheit zu sagen: ist nicht der allein unglücklich, der nicht liebt? Ist nicht seine eingebildete Freiheit und Selhn.'ederricimng vielmehr eine Art Tod? Wer liedt, ist weise und wird immer wcuer, er schaut den geliebten Gegenstand jedesmal mit neuen Augen an, und saugt mit Blick und Seele seine Tugenden ein. —
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