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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.04.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070429021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907042902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907042902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-29
- Monat1907-04
- Jahr1907
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Umgebung die 6gespalten« Petitzeile 25 Pf„ finanzielle An zeigen 30 Pf-, Reklamen 75Ps.; von auswärts 30 Pf., Reklamen 1 M.; vom Ausland 50 Ps., sinanz. Anzeigen75 Pf„ Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behörden im amtlichen Teil 40Ps. Beilagegebübr 5 M. p. Tausend rxkl. Post gebühr. Geschäftsanzeigen an bevorzugter Stelle im Preis» erhöht. Rabatt nach Tarif. Festerteilte Aufträge können nicht zurück gezogen werdeu. Für das Erscheinen an deilimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: AugustuSplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des In- und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin: CarlDuncker,H«rzgl.Bayr.Hosbuchhandlg., Lützowstraße 10 (Tel. VI, 4603h Nr. 118 Montag 29. April 1W7. M Jahrgang. Vas Neueste vom Lage. (Di, nach Schl»- d«, Stedaktlo« eiugegangenen Depesche» stehe» auf der 8. Seite d«S HanptblatteS^ Militärisches Audttäu« dcS Prinzen Ludwig von Bayern. Anläßlich des 40jährige» Jubiläums des Prinzen Ludwig als Oberst-Inhabers des 10.Infanterie-Regiments in Ingol stadt verlieh der Prinz-Regent dem Prinzen Ludwig das Großkreuz des Militärverdienstordens; ferner eine Reihe von Auszeichnungen au Offiziere und Unter offiziere des genannten Regiments. Ferner schenkte der Prinz- Regent dem Ojsizierkorps des Regiments sein lebensgroßes Porlrait. Prinz Ludwig seinerseits errichtete eine Stiftung zugunsten der Unteroffiziere und Mannschaften seines Regi ments in Höhe von 500 Prinz Ludwig begab sich am Lormittag »ach Ingolstadt, wo das 40jährige Jubiläum mit einer größeren Militärischen Feier begangen wird. Die Sandl dal ur «randinger. Ein Telegramm unseres Münchener Korrespon denten meldet unS: In Naila fand gestern eine von KOO liberalen Wählern besuchte Versammlung statt. Auf einstimmigen Wunsch und die dringende Bitte zum Nach geben änderte Pfarrer Grandioser feinen Entschluß und »ahm die Laudtagskaudidatnr au. Minister «. D. Möller über Amerika. Der frühere Minister Moller, der Dienstag nach Deutsch land zurückreist, hat in einem Interview über seine ameri kanischen Erfahrungen erklärt, daß er ausgezeichnete Gelegen- heilen gehabt habe, zu beobachten, da er allenthalben höchst liebenswürdig empfange» worden fei. Ec findet die Kon junktur überaus günstig; überall herrscht der intensivste Betrieb. Indem Möller einen Vergleich zwischen deutscher und amerilanischer ProdnktiouSmethode zog, erklärte er, im allgemeinen müsse ei» solcher Vergleich hiake», da Amerika bezüglich der Rohstoffe wie Kraftquelle» vielfach bester situiert sei als Deutschland. So habe hier die Stahlindustrie billigeres Breunmaterial, aber höhere Löhne, während Deutschland teurere Feuerung, aber mäßigereLöhne habe. Amerika löaue mit den leichter zu erlangenden Kohlen, dem Roh petroleum und dem Naturgas viele technische Prozesse durch- kühren, die Deutschland unmöglich seien, deren Resultat daher auf andere Weise erzielt werben müsse. Amerika jpare die Handarbeit, gehe aber immens verschwenderisch mit dem Heizmaterial um. Die Arbeitsteilung sei in manchen großen Werken, wie deu Erntemaschiueufabriken in Chicago und den Luftbrenrfeusabriken, viel strenger durchgeführt, als in Deutsch land. Das sei möglich, da Deutschland eben nicht einen Markt habe, der solche Betriebe unterhalten könne. Moller führte aus, die amerikanische Technik sei in manchen Dingen noch recht rückständig. So sand er beispielsweise nur wenige Compound-Lokomotiven, wäbrcud Deutschland fast nur noch solche babe. Im übrigen findet Möller, daß die großen deutschen Werke den amerikanischen keineswegs nach stehen, außer bei den Erzeugnissen, für die Deutschland kein ausreichendes Absatzgebiet hat. Mit dem Leben und der Gesundheit seiner Arbeitskräfte geht Amerika sehr unvor sichtig um. Der Minister fand in den größten Werken nicht die allerprimitivsten Schutzmaßregeln, lieber die Vertrustung bemerkte er, diese sei die Folge verschlechten Gesetzgebung, da, wenn, wie in Deutschland, den Preis haltende Syndikate erlaubt wären, die Truste überflüssig wären. Was aus den Trusten mit ihrem riesig verwässerten Kapital werden solle, wenn erst schlechte Zeilen einkehrteu, sei ein sehr ernstes Problem. Dr. Karl von Kohlhaas s. Der hervorragende Jurist Dr. Karl von Kohlhaas, früher Präsident des Oberlaudesgerichts und Mitglied des Herrenhauses, ist, wie unser Stuttgarter Verirrter von dort telegraphiert, am Sonntag in Stuttgart im Alter von 78 Jahren gestorben. Haager Konferenz. Das „Petit Journal" verzeichnet eine Petersburger Mel dung, daß ein Aufschub der Haager Friedenskonferenz in Erwägung gezogen werde. Im Auswärtigen Amt ist davon nichts bekannt. — Das Programm der Haager Konferenz soll eine neue Ergänzung erhalten. Der Wiener „Pol. Korrefp." wird aus Konstantinopel gemeldet: In tür kischen und anderen Kreisen wird die Eventualität ins Auge gefaßt, daß von armenienfreundlicher Seite der Versuch ge macht werden könnte, die Lage der Armenier in der Türkei in d» zweiten Haager Friedenskonferenz in irgendeiner Form zur Sprache bringen zu lassen. — Geschähe das wirklich, ,o würden voraussichtlich der russische und der türkische Ver treter unter Protest das Lokal verlassen und hoffentlich andere Leute auch. Frankreich und Marokko. Der Minister des Aeußern, Pichon, ist niit dem Inhalt der Antwort deö Maghzen auf die französischen Sühne forderungen keineswegs unzufrieden. Die Dauer der AmtS- entsetzuug des Gouverneurs von Marrakesch wird zwar nicht rundweg zugestanden, aber auch in diesem Punkte zeigt sich Geneigtheit zu einer die Aurorität der marokkanischen Regie rung unberührt lassenden Vereinbarung. — Ein Telegramm aus Mogador berichtet, oaß der Sultan an rie Gouoerneuce der verschiedenen Provinzen Befehl gegeben hat, genügende Truppen zu sammeln und sich mit ihnen unverzüglich nach Fez zu begeben, um an einer Expedition nach dem Süden von Marokko teilzunehmen. Eine Wahl in Frankreich. In Cholet (Dep. Maine-et-Loire) wurde bei der gestrigen Wahl zur Deputiertenkammer der Konservative De la Haye gewählt. Neuer amerikanischer Krieg in Ficht! Mexiko hat gedroht, die diplomatischen Beziehungen mit Guatemala abzubrechen, wenn dieses nicht den guatemalischen General Josö Lima ausliefere zur Untersuchung durch die mexikanischen Gerichte wegen der Ermordung des Expräsidenten Barillas. — Golt Ares scheint am Karaibischen Golf jetzt sein Hauptquartier aufgeschlagen zu haben. Tas dänische Königspaar ist nach Christiania abgereist. Braud des „Wettiner Hofes" iu Bad Elster. Zu dem von uns bereits gestern kurz gemeldeten Brand des „Wettiner Hofes" in Bad Elster schreibt mon uns von dort unter dem 28. d. M.: Am Sonnabend abend, kurz vor 8 Uhr, brach auf dem Dachboden des weltbekannten „Grand Hotel Wettiner Hof" Feuer aus, das sehr rasch um sich griff. Die drei Feuerwehren ans Adorf wurden telephonisch gerufen. In kurzer Zeit waren 7 Feuer- wehren zur Stelle, auch eine aus Grün in Böhmen. Das Hotel ist gegen 100 Meter lang, dreistöckig mit Mansarden und hat 120 Zimmer. Jenes Hotel gehört bekanntlich einer Ber liner Aktiengesellschaft. Der langjährige Administrator Julius Bretholz war per Auto nach Plauen i. V. ver reist und war eben von dort aus im Begriff nach Leipzig und Berlin per Schnellzug zu fahren, erhielt aber noch recht zeitig eine Depesche von dem Brandunglück. Die Feuer wehren hatten einen 'heißen Kampf, die Wasserleitung leistete vorzügliche Dienste. Die übrigen Spritzen entnahmen ihr Wasser aus der nahen Elster. Gegen 20 Schläuche waren bis nachts 12 Uhr in Tätigkeit. Amtshauptmann v. Bose- -Oelsnitz wohnte gerade einer Gemeinderatssttzung bei Aus bruch des Feuers bei, und leitete den Brand bis nach Mitter nacht. Die Prämie fällt der Freiwilligen Stadtfeuerwehr Adorf" zu. Hunderte von Menschen aus der Umgegend strömten herbei, desgleichen ist auch heute Sonntag der Fremdenbesuch am Vrandplatze ein sehr zahlreicher. Gegen wärtig, nachmittags 3 Uhr, ist die „Freiwillige Feuerwehr Bad Elster" noch in Tätigkeit. Die sämtlichen Decken sind bis zum Parterre durchgebrannt, bzw. durch die vielen Wasscrmassen durchbrochen. Es stehen noch die Umfassungs- mauern und der Speisesaal. Das Hintergebäude ist von den Flammen nicht ergriffen worben, jedoch stand die Villa „Prinz Georg" in Gefahr. Es herrschte Windstille. Im Hotel Wettiner Hof wohnte dreimal König Albert, auch erlangte das Hotel durch die Flucht der Prin zessin Louise von Coburg eine außergewöhnliche Berühmtheit. Das Hotel hat einen Wert von einer halben Million Mark, der Inventar schaden ist bedeutend, jedoch durch Versicherung gedeckt. politisGes. Sächsische Landesverjammlung der Freisinnigen Volkspariei Durch eine Verspätung in der Zustellung ist der nachfolgende Bericht durch Eilboten erst heute früh in Leipzig eingelroffen und kann darum erst in dieser Nummer ver öffentlicht werden. Dresden, 28. April. Die heute Sonntag hier im „Palmengarten" von 11 Uhr vormittags bis weit in den Mchmittag hinein abgehaltene Jahreshauptversammlung des Landesvere:ns der Fre>- sinnigen Volkspartei im Königreiche Sachse» war aus 18 von den 23 Rcichstagswahlkreisen des Landes wiederum rechl qur besucht. Nach emer Begrüßung durch oen Vorsitzenden Reichs- und Landtagsabg. Günther, mit der er einen Nachruf für den verstorbenen früheren langjährigen Rcichs- taosabg. Rechtsanwalt Eyfoldt und die nachträgliche Beglückwünschung des Abg. Rektor Kopsch anläßlich dessen srlberner Hochzeit durch den Landesverein verband, erstattete der Geschäftsführer Stadtverordneter Lehrer Becr den Jahres- und Kassenbericht. Der Redner gab einen kurzen Rückblick insbesondere über die Beteiligung der Partei an den letzten Neichstaoswahlen, sprach die Genugtuung über die Evfolge in Zittau lBuddebcrgj und Plauen (Günthers aus, bedauerte die Erfolglosigkeit in Annabcrg und kritisierte die Festlegung der Partei in einzelnen Wahl kreisen auf Stichwahlparolen bereits vor der Hauptwahl Der Verein hat ein erfreuliches Wachstum zu verzeichnen, u. a. hat sich in Sebnitz, wo der alte Lokalverein ausgelöst war, ein neuer Verein der Freisinnigen Volkspartei gebildet. Die Kasse des LandeSvcreins weist nach reichliche» Aufwen dungen für die Neichstagswähl einen recht ansehnlichen Be stand auf; ihre Einnahmen zeigen noch mehr als in den letzten Jahren einen recht erfreulichen Aufschwung. In den .Kassenbericht flocht Stadtverordneter Beck einen herzlichen Nachruf für das jüngst verstorbene langjährige treue Mit glied des Laudesvereins Ratssekretär Thiele ein, der sich lange Zeit hindurch u. a. als Rechnungsprüfer um den Ver ein verdient gemacht hat. An die einstimmig erfolgte Rickitiz- spoechung der Abrechnung schloß sich die allgemeine Be sprechung der politischen Lage an. Abgeordneter Günther leitete sie mit einem kurzen Referat ein, worin er zunächst die Lehren zog, die sich aus der Reichstagswahl vom Januar und Februar nir die Partei in Sachsen und im Reiche ergeben. Dazu gehört nomenklich Vorsicht bei Abmachungen für die Stichwahl, eben'o Zurück haltung bei Zusagen betreffs Eintretens der Partei für ^nder- Kandidaten bei der Hauptwahl. Weiter beleuchtete der Redner die konservative Erklärung lBeutlers, daß eine Revisiion des Programms der Konservativen nötig lei, und die Hervorhebung der Ansicht der sächsischen Negierung iNostitzs, daß weniger das Autoritätsprinzip als die treue Mitarbeit des Volkes die Wohlfahrt des Staates bringen kann, als Zeichen der Zeit. Aufrechterhaltung der Partei- grüudsätze, Würdigung der Bedürfnisse von Gegenwart und nächster Zukunft, darunter die Förderung des Mittelstandes und Stärkung des Gciamtlibcralismus lind die Haupt ausgaben der Partei. Mit dem Wunsche, daß die Beratung über die Lage und über die Beteiligung an den Landtags- Feuilleton. Der glücklichste Mensch, das ist der, der in seiner Einsamkeit über alle und alles, was im Leben ist. lächeln kann, lächeln gerade in dem vollen Gefühl, daß sein Leben so reich sei. Ewig besitzen wir nur das Verlorene. Ibsen. Ich habe euch lieb, weil es mir zuweilen in den Sinn kommt, daß jeder von euch einen kranken Punkt hat. dec nach innen blutet, so wie dies bei mir dec Fall. Gustaf af Geiferstam. Gegenstand «nd Inhalt in der bildenden Llnnst. Von Prof. Dr. I. Strzhgowski.*) Vor hundert Jahren lebte die Welt in Idealen. Den Kindern wurde der „Held" vor die Phantasie gestellt, er mochte nun Grieche, der für eine U Überzeugung, oder Römer sein, der für das Vaterland stirbt. Man begeisterte sich cm dem klassischen Altertum. Napoleon stieg mit diesem Ideal empor und selbst Goethes Muse konnte des steten Um ganges mit den Schwestern vom Parnaß nicht entbehren. Lpater traten dafür die nationalen Ideale ein. Die Ro mantiker sind Deutsche, Franzosen, Engländer; der Klassizist war Weltmann gewesen. Auch die bildende Kämst stand ganz im Bann dieser beiden Strömungen. Man hatte sich so ge wöhnt, den Gegenstand, ob er nun der Antike oder der mittelalterlichen und neueren Dichtung angehörte, für die Hauptsache zu nehmen, daß die Kunst schließlich nur noch auf das völlige Ausschöpfen des Gegenstandes losginq, d. h. zur Illustration wurde. Da tat es natürlich auch die Zeich nung. Die hochgespannte Phantasie sah nicht in Farben oder im Tonigen, sie ging nicht auf die Weite der Raum wirkung, den Aufbau gewaltiger Massen los. Was ihr vorschwebte, waren bei wenigen plastische, bei den meisten rein linear in die Fläche gebannte Figuren: Gestalten, hin geschrieben, um Bedeutendes zu erzählen, dem Hunger nach idealen Stoffen zu genügen. Die Farbe wurde lediglich verwendet, um die Zeichnung augenfälliger zu machen. Es *1 Aus dem soeben im Berlage von Quelle L Meyer in Leipzig erschienenen Werke „Die bildende Kunst der Gegenwart" (XVI u. 280 S. mit 68 Abb. In Büttcn- umfchiag geh. 4 io Leinenbomd 4P0 kam höchstens auf die Schönheit der Lokalfarbcn, die Har monie in der Buntheit an. Vom heutigen Standpunkt be urteilt. bedeutet das einen Tiefstand m der Entwicklung der Malerei als solcher, wie er feit dem Mittelalter nicht dagewesen war. Kunst war die Vorführung von Gescheh nissen, die gezeichneten Zyklen machten den durch die Schrift überlieferten Konturrenz, Maler und Literaten wurden eins. Goethe so gut wie die Romantiker versuchten sich auf beiden Gebieten und noch der klar-altmodische Görisried Keller wußte lange nicht, auf welchem Felde er seine Aus drucksmittel wählen sollte. Sind diese Männer darum keine Künstler gewesen? Etwa deshalb, weil sie schließlich doch nicht Maler wurden? Goethe und Keller legten Griffel und Pinsel nur schweren Herzens aus der Hand, Künstler sind sie darum doch geioesen. Es wird also schwerlich darauf ankvmmen, womit ich mich ausspreche, auch nicht, ob ich den Faust oder die Geschichte eines grünen Jungen schreibe, sondern darauf, was ich mit alldem sagen will. Damit schon ist die Scheidung von Gegenstand und Inhalt gegeben. Ich nenne die von außen her in der künstlerischen Phan tasie angeregte Vorstellung den Gegenstand der Darstellung, und scheide davon den Inhalt als die aus dem Subjekt des Künstlers, seiner eigenen Seele entspringende Regung, die den Gegenstand lediglich als ein Gesäß benutzt, in das ge gossen wird, was in der Seele nach Ausdruck ringt. Goethe nannte diese Dinge gern Stoff und Gehalt. Er selbst hat einen längst abgegriffenen Stoff (Gegenstands, den Faust, mit einem ganz neuen Gehalt (Inhalts versehen. Dem Kstnstler ist der Gegenstand nur Anlaß, sich auszusprecben. Ob das in Tönen oder Worten^ mit dem Meißel oder Pin sel geschieht, ist ganz einerlei. Lw lange der Schaffende rem objektiv beim Gegenstände bleibt, diesen wie den ersten besten gekauften Rock anzieht und sich mechanisch in ihn kereinwächst, haben wir es mit einer handwerksmäßigen Auffassung der Kunst zu tun. Es entspringt nun dem sonderbarerweise bis heute von den Künstlern wie von den Kunstgelehrten beliebten Durcheinanderwerfen von Gegen stand und Inhalt, wenn man erstens den „Kartonstil" eines Cornelius und Genossen als unkünstlerisch verurteilt und zweitens rundweg behauptet, auf den Gedanken, die Ideen käme es in der Must nicht an. Wohl kommt es nicht auf den Gegenstand an; der ist veraleicUmc einem gemieteten Zimmer, in dem der Künstler seine Gäste, das Publikum, empfängt, ein Mittel zum Zweck der Aussprache, des Ver kehrs. Auf das aber, was in diesem Rahmen gesagt wird, kommt es sehr wohl an, da tritt die Scheidung zwischen all- täglichem Klatsch und künstlerischer Tiefe ein. Jemand, der nichts Bedeutendes zu sagen bat, kann ein ganz braver, in seinem Tagwerk tüchtiger Rtensch sein, der di« Familien- Ivurnale Jahrzelmtelang mit rührenden Bildern füllt, er kann malen, daß ein Dutzend Fabriken seinen Leinwand bedarf nicht zu decken vermögen, kann heute Naturalist, morgen Pleinairist und übermorgen Impressionist sein, er ist alles Mögliche und verdient die Achtung der Welt — nur Künstler ist er keiner. Der Unterschied von einst und jetzt ist, daß die Carstens, Cornelius, Schwind und Richter schlechte Maler, ober Dichter-Künstler waren, und die Momü, Monet, Degos, Liebermann und wie die Sterne ersten Ranges von heute und gestern sonst heißen mögen, tüchtige Maler, aber im Grunde genommen keine Dichter-Künstler sind. Davon wird in den nachfolgenden Zeilen noch genug zu reden sein. In diesem Abschnitte lasse ich sowohl Technik wie Qualität und In halt beiseite und spreche nur davon, wie die modern para doxe Auffassung des rein gegenständlichen Problems im Laufe des XIX. Jahrhunderts geworden ist. Dieser historische Rückblick ist notwendig, weil im gegebenen Fall lediglich ein Rückstotz vorliegt, d. h. die heutige Generavon sich widerwillig von einer Tafel abwendet, an der sich ihre Vorfahren ausgiebig gütlich getan haben. Die Entwicklung beginnt also mit der Verkörperung klassischer und romantischer Ideale. Die ergiebigste Frucht des von der Romantik erweckten historischen Sinnes war die .Historienmalerei. Sie ging von Belgien aus, die Maler saßen wie Don Quichote über den Büchern und Trachten werken. Gleichzeitig auch entdeckten die Biedermeier das rührselige Genre. Unsere Familicnblätter können sich bis zum heutigen Tage nur jchwcren Herzens von beiden didaktisch so ergiebigen und nach jeder Richtung, besonders der patriotischen und j-ssisittlichen hin jo unverfänglichen Stoff gebieten trennen. Indessen ging der bahnbrechend in das moderne Fahrwasser überleitende Vorstoß frühzeitig von Frankreich aus. Man warf alle Ideale über den Haufen, hörte aus, sich in eine überlieferte Form zu pressen und jiug an, auf eigenen Füßen zu stehen. Wie der junge Goethe ein Bewunderer des Straßburger Domes und ein Verräter am Altmeister n>ar, so waren auch die später auf dem kaiserlichen Kothurn dahergehenden Davidschüler mit dem Meister an der Spitze in den Tagen der Revolution Rote selbst in der Kunst. Bilder, wie der Tod Marals, die Pest in Jaffa, das Massaker von Chios, das sind io einige Knoten in dem roten Faden. Das Zeitereignis flammt vor der Seele der großen Bahnbrecher aus, die Künstler malen in glühenden Farben, was brennend auf dem Herzen von ganz Frankreich liegt. So entsteht Gcricaults Rmlcvru cla In lUäcliiso und Delacroix' Unrrieacke. Damit Ivar der Naturalismus geboren. Nachdem man einmal gelernt hatte, den Gegenstand großer Bilder ans der Straße und im Getümmel von Elend und Leidenschaft zu suchen, waren die Tore weit aufgeschlagen für die große Jagd nach dem Neuen, die Welt der Erscheinungen jeder Art, uiid es dauerte nur noch wenige Jahre, bis Courbet 1855 vor dem Eingang der Pariser Weltausstellung seinen sezessionistischen Pavillon mit der lleberschrist: „Oo ILönlismo" austat. Die neue Zeit war geboren; gleichzeitig mit der Wissenschaft machte die Kunst jene Schwenkung von der historischen zur naturwissenschaftlichen Methode, die mit allen idealistischen Synthesen bricht, den Pinsel zur Sonde umbildet und nicht vor der Gosse zurückscheut, um daraus Edelsteine zu ge winnen. Die Werke von Millet, Courbet und Meunier nehnien sich neben allem, was die Kunst bis dahin dargestellt hat, recht sonderbar aus. Statt des Bedeutungsvollen, wie cs die Welt einzuschätzen gewohnt Ivar, d. h. statt des Mytho logischen, Religiösen, Historischen und der Darstellung des Tagesereignisses, nicht minder statt des Humor-, Gemüt oder Geistvollen und Unterhaltenden, ganz allgemein gejagt, statt des Helden in irgendwelcher Situation, werden uns letzt Dinge vor Augen gestellt, an die man früher am aller wenigsten dacht«, wen» es sich um Gegenstände der Kunst bandelte. Man war wie die Jury des Salons, die den Neuerern die Türe wies, gewöhnt, zum mindesten im dar gestellten Stoff etwas „Schönes" oder Bedeutungsvolles zu finden. Und da kamen nun diese Leute und wollten dos Selbstverständliche, Alltägliche bewundert wissen, den Bauer, den Taglöhncr, deu Bergmann in seinem Arbeitseiu^rlel, Erscheinungen, über die man gelernt Halle, hinwcgzufehen, sobald die Stufe einer „höheren", ästhetischen Kultur glück lich erreicht war. Darstellungen dieser Art ivaren früher nicht Gegenstand der Kunst. Hatte man das Thema „Arbeit" darslellcn wollen, dann wurde zur Allegorie gegriffen, d. h. man gab ein hochbusigcs Weib mit allerhand Attributen, oder man ließ die tatsächliche Arbeit nur im Vorder- oder Hinter grund vor sich gehen und legte den Nachdruck gegenständ lich auf etwas der Kunst „Würdiges", etum ein paar Hos- sräulein, die, wie in Vclasqucz' Spinnerinnen, einen Go belin bewundern, während die Arbeiterinnen im hclldunklen Vordergrund angcordnet sind. Tas Arbeitcrbild ist somit doch erst durch die moderne Kunst geboren. Von den Ar beitern ging man über aus die Kranken- und Armenlmuser, die Altmänner- und Fraucnhcime, malte aber nicht wie Rembrandt, deren Vorsteher, sondern das Elend selbst, wie es in diesen modernen Pflcgstättcn herumschlcicht. Der gleichen sollte das Publikum kaufen! Ich denke, da zeigt sich am deutlichsten^ datz die Nialer anfingen, für sich zu malen und vom Beschauer zu verlangen, er solle bei der Be urteilung eines Kunstwerkes nicht vom Gegenstand ans- gehen, sondern beobachten lernen, ivelche Technik der Künst ler anaewcndct, wie er Raum und Masse, Licht und Farbe angeoronct Ixrbe. Von dieser Zeit an datiert jener heute so beliebte Hohn, mit dem ein Besteller überschüttet wird, wenn er beim Empfang seines Porträts verdutzt dasleht und nicht begreifen will, daß er sein Bild in Händen halte, oder wenn ein Galericbefucher naiv genug ist, nach dem Zusammenhänge der dargestcllten Figuren zu fragen: DaS sei doch Nebensache, wird ihm geantwortet, es käme auf die Kunst, nicht auf die dargcstellte Sache an. Unser armes Publikum uud die Kunst! Die Höchstgebildeten haben kaum eine Ahnung davon. Die Masse der durch die Schulbildung für die Kunst eher verdorbenen als vorbereiteten Leute sollen sich dann in den schwanken Kahn setzen, über die Abgründe des Künstlerischen steuern und versuchen, den Grund zu er spähen! Da ihnen jeder Maßstab fehlt, hängen sie von den Zeitilngskritikern ab und werfen sich deren Schlagworte wie Federbälle gegenseitig zu. So gebt es im Kaffeebaus und in den Salons zu und Aehnliches möchte man jetzt auch für die Schule haben. * * Vrilst von Bergmanns Nachfolger. August Bier wurde im Jahre 1861 zu Gelsen im Fürstentum Waldeck geboren, studierte in Berlin. Leipzig und Kiel, promovierte an letztgenannter Uni versität im Jahre 1888 und habilitierte sich unter den Auipnien von Esmarchs als Privatdozent für Chirurgie. Nach 6 Jahren wurde er außerordentlicher Professor, 1899 Ordinarius in Greifswald, 1903 in Bonn als Nachfolger ScheedeS. Zu Anfang seiner wissen schaftlichen Tätigkeit belchästigte Bier sich mit verschiedenen Fragen der Chirurgie: diejenige der Amputation verdankt ihm entschiedene Fortschritte. Aber auch di« Arbeiten, auf denen Biers Popularität beruht, — di« aktive und passiv« Hyperämie als Heilmittel — reichen in di« erste Zeit seiner wissenschaftlichen Forschung zurück Die Entdeckung Biers. Laß man durch künstliche Ueberfüllung der Organe oder Glieder mit Blut entzündliche und eitrige Prozesse einer Heilung zusühren kann, die Methoden, wie er diese Ueberinllung mit Blut durch dl« Stauung-- und SaagungSbrhandlung (Birrfch« Stauung)
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