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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.04.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070430024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907043002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907043002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-30
- Monat1907-04
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Umgebung die 6 gespaltene Petitzeile 25 Pf., finanzielle Au« zeigen 30 Pf., Reklamen 75Pf.; von auswärts 30 Pf., Reklamen 1 M.; vom Ausland 50 Ps., sinanz Anzeige,i75 Pf., Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behörden im amtlichen Teil 40Pf. Beilagrgebühr 5 M. p. Taufend exkl. Post- gebühr. Äeschäftsanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarn. Fesierteilte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird leine Garantie übernommen. Antigen« Annahme: Rngustnsplatz bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des In« und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin: C a r lD u n cke r, Herzgl.Bayr.tzofbnchhandlg., Liihowftratze 10 (Tel. VI, 4603). 101. IahMnq. by. ert. biede euer. s. er. Uhr. lacht, eitag rnuel ilben imat« itoni. eister nitz. ,er. nu. Uze. l. >. >l. ;initz. >iers. dcS Uhr. en,: Der mist, iltag pich; »65 r: Vas Neueste vom Lage. 1 (Die nach Schluß der Redaktion eingegaugenea Depeschen stehen auf der L. Seite des Hauptblattes.) Ter Kaiser. Der Kaiser reist heute nachmittag 3 Uhr wieder von Straßburg ab und trifft morgen früh in Berlin ein. FnrstrnRriscn. König Viktor Emanuel wird heute das englische Königspaar bei dessen Durchreise nach Paris auf dem Bahnhose in Rom begrüßen. — König Eduard wird H ilt noch den Simplontunnel passieren und abends in Lau sanne eintreffen. In Paris langt der König Sonnabend srüh an und reist dann abends nach London weiter. — Der König und die Königin von Dänemark werden dem englischen Hofe vom 8. bis 15. Juni einen offiziellen Besuch abstatten. — In Christiania find im Königlichen Schlosse eine große Gälatafrl statt. König Haakon und der König von Däne mark wechselten herzliche Trinksprüche. — Der König der Belgier hat dem Präsidenten Ialliöres und dem Mnister Pichon Besuche abgsftattet. Frankreich und Marokko. Ein neuer Zwischenfall, der leicht die Lage noch weiter verwickeln kann, bat sich ereignet. Ein französischer Schutz angehöriger vom Stamme der Oulabla ist von Eingeborenen mißhandelt worden. Man glaubt, daß die französische Re gierung weitere Forderungen hieran knüpfen werde. — Viel leicht werden die Franzosen die schöne Gelegenheit benutzen, um eine zweite Grenzstadt zu besetzen, nachdem es mit der ersten so glatt abgelaufen ist. In der Hefe der algerischen Bevölkerung wird sich dann allmählich ein besonderer Gewerbs zweig der Prügeljunge» herauSbikden, deren vielleicht gar nicht einmal besonders hohe Abfindungen auf Frankreichs marokkanisches „ Extraorbiuarium" übernommen werden, wabrend die Summen, welche der arme Sultan bezahlen muß, unter den Einnahmen gebucht werden. — Ob die fol gende Depesche sich auf den früheren oder auf den neuen Zwischenfall ber'.ebl, ist nickt ersichtlich: Der Sultan hat den Minister des Aeußeru beauftragt, nach Tanger zn reisen, um mit den französischen Gesandten sich über die Genugtuung, welche Frankreich fordert, zu verständigen. Das beksiffchr: rkabtnen ist nunmehr gebildet mit Ausnahme des noch offenen Postens des Ministers für Industrie und Arbeit. Die fndcnfeinvliche Bewegung, welche jüngst in Rumänien wütete, beginnt jetzt nach der Bukowina, dem losgetrennten Teil des alten Fürstentums der Moldau, hinnverzufpielen. Aus Wien wird darüber ge meldet: Unter den Bauern in der Bukowina macht sich eine judenfeindliche Bewegung bemerkbar, die immer bedrohlicher anwächst und angesichts der bevorstehenden griechi- icheu Osterfeier ernste Gefahren befürchten läßt. Die Regierung hat bereits vor einigen Tagen 4 Aufwiegler verhaften lassen, die Militärposten verstärkt und Auftrag ge geben, jede gewaltsame Bewegung sofort zu unterdrücken. Die virginischen Festtage. Der Kommodore Kalau vom Hofe, der Flügelavjutant des Deutschen Kaisers, Kapitän zur See v. Rebeur-Paichwitz, der Marineattachs Fregattenlapitän Hebbinghaus, der KommandautdeöKreuzers „Bremen",Kapitän zur SeeZimmer- mann und Kapitänleutnant Rock sind auf Einladung Roosevelts nach Washington abgereist. Neun andere Offiziere des Kreuzers „Roon" und vier des Kreuzers „Bremen" find bereits gestern, der Einladung der amerikanischen Marine folgend, nach Washington gereist. Die deuncken Offiziere erwiderten den gestrige» Besuch der englischen Offiziere. Morgen sind die englischen Offiziere, sowie die des amerikanischen Linienschiffes „Alabama" an Bord der „Roon" zu Gaste. Zwischen den englischen Olfizieren und denen der „Alabama" hatte eine Wettfahrt mit zwölsrudrigen Kuttern stattgesunden, von denen die der Amerikaner den Sieg vavontrugeu: die Deutsche» gratulierten den Offizieren der „Alabama", die den deutschen Schiffen zugeteilt ist, zu ihrem Erfolg. Für morgen find die deutschen Obermaate und Maate zu einem gemütlichen Abeno auf der „Alabama" eiugeladen. Die „Roon" fährt morgen, um Kohlen zu nehmen, nach New Jork; während ihrer Ab wesenheit wird die Kommodore-Standarte auf der „Bremen" gehißt. Revolution in Montenegro. Die Alarmnachwicht der „Stampa", baß in Monte negro eine Revolution ausgcbrochcn sei, wird durch folgende Nachricht bestätigt: Der „Voss. Ztg." zufolge ließ das neue montenegrinische Kabinett Tomanowitsch, nach dem es die Druckerei des Organs der radikalen Nationalisten „Narodna Misao" in Niksic durch Militär zerstört hatte, nun auch die zweite in Podgoritza befindliche Druckerei dieser Partei durch ein verstärktes Bataillon nehmen und zer stören. Das Druckereipersonal verteidigte sich, so daß mehrere Tote und Verwundete am Platze blieben. Ju ganz Montenegro herrscht eine ungeheure Aufregung. Die drei größten Stämme, die Massojewici, die Vjolopawlici und die Kutschi, empörten sich. Die Wassojewici und die Kutschi hielten in Andriewitza eine bewaffnete Versamm lung ab und beschlossen den Marsch nach Cetinje. Fürst Nikolaus ließ das Standrecht verkünden. Die Bürgerschaft von Podgoritza fordert den Rücktritt des Kabi netts Tomanowitsch, das bereits seine Entlassung ein gereicht hat, die jedoch von dem Für st en nicht an genommen würbe. Die Lage ist sehr bedenklich. Die «rarokkanische Te'cgravhc rirage. Der Exchange Telegraph Company wird aus ganger telegraphiert: Der Nlaghzen teilte dem diplomatischen Korps mit, daß der Sultan die Anlegung drahtloser Tcleg-aphen nur auf öffentliches Angebot hin, gemäß dem Algceiras- protokoll, erlauben werde. Mn Torf nieder gebräunt. Das Dorf Meckelfeld bei Harburg ist am 20. d. M. durch Großfeuer fast gänzlich n iedergebra nnl. Kinder, die iu der Scheune ves Hofbesitzers Saling mit Streich hölzern spielten, verursachten das Feuer, das infolge starken WinveS mit rasender Schnelligkeit auf die übrigen Gehöfte übersprang. Insgesamt wuroen bisher achtzehn Gebäude eingeäschert. Das Vieh konnte bis auf einige Schweine ge rettet werden; der Schaden beträgt eine VierkelmiUion Mark. politisches. * Jur zweiten Lesung des auswärtigen Etats, die heute im Reichstag beginnt, werden, wie wir in Ergänzung zu dem schon Gemeldeten hören, sprechen für die Nationakuberaken Bafsermann, für die Kouservativen Herr von Heydcbrand, für die Frejkonscrvativcn Fürst Hatzfeld, sür die Freisinni gen Dr. Wiemer oder Dr. Müller-Meiningen, sür das Zentrum Frhr. v. Hertling. für die Sozialdemokraten Herr v. Vvllmar. Selbstverständlich' ist anzunehmcn, daß auch Fürst Bülow zu längeren Darbietungen das Wort ergreifen wird. —tk. Das vierte Petitionsvcrzeichnis ist am Montag im Reichstage ausgegeben worden. Der Deutsche Handweris- und Gewertwkammertag in Hannover bittet uan Acnder-ung der Bundesratsverordnung vom 4. März 1896 über den Be- triob von Bäckereien nnd Konditoreien (Ersatz des Maximal arbeitstages Lurch eine Mininialruhezeitf, der Verband der Friseurgchilfen Deutschlands in Hamburg nm gesetzliche Re gelung der Arbeitszeit und weitere Ausgestaltung der Sonn- tagsrnhc im Barbier- und Friseurgewerbe, der ReichS- verband deutscher Gastwirtsverbände in Berlin um Asn.de- runa der Paragraphen 33 und 147 der Gewerbeordnung, der Verband zum Schutze des Detailreisens in Stuttgart um Be seitigung der das Detailreisen beschränkenden Bestiinmnngen der Gewerbeordnung, der geschäftsffihrende Ausschuß für die erste deutsche Konferenz zur Förderung der Anbeiterinnen- interessen in Berlin überreicht Resolutionen über Lohn frage, Arbeitszeit, fachgewcrolichc Ausbildung, Mntter- schaitsoersicherunq .er Arbeiterinnen usw.; der Ausschuß des rheinisch-westfälischen Hanblungsgchilsentages in Köln ein« Entschließung über die Frauenarbeit im Handelsgewerbe; der Verband der Bergarbeiter in Bochum ersucht uni Aenderung des Paragraphen 82 Abs. 2 des 04ewerbeyerichtsaesctzes, so wie BeseitMing des Sperrsystems und des übermäßigen Ueberschichtenwesens in den deutschen Bergrevieren; die Ge sellschaft ftir Soziale Reform in Berlin mn Einführung völliger Sonnagsrühe im Hanbetsgewerbc, mit Ausnahme offener Verkaufsstellen, der Ausschuß Les rheinisch-westfälischen Handlungsgehilfentages in Kbln um Errichtung von HandlnnysgchufenikLimnern. Von verschiedenen Seiten wird ferner eingetreten für den Ausbau der Sozialresorm im Handelsgswerbe, Einführung einer staffel förmigen Mühlennmsatzsteuer, Verlängerring der im Zolltarifgesetze für Beseitigung der Gemeindeabgaben usw. gesetzte Frist bis zum 31. Dezember 1907 ns.v. * Hessischer Landtag. Die Regierung Hal dem Landtage drei neue Gesetzentwürfe über die Revision der laud- Oöndi'iher N-rmssunl zugehen lasier t ", Die Nuiii-aaffKeralea ,'dic Deut'ch' Partei! hielten am Sonntag einen Parreilag in Stuttgart ab, in dessen Mittelunkt eine Rede des Aba. Dr. Hieb« stand. Er beurteilte in ihr den parteipolitischen Zustand, der mit der konservativ-liberalen Paarung charakterisiert sei, sehr optimistisch und hielt es für angebracht, vo» hl« aus den linkslibcralen Parteien in ziemlich schulmeisterlichem Ton Ratschläge zu erteilen, die nicht gerade geeignet sind, die liberale Einigung zu fördern, zumal nach „rechts" hin, wo diese Vermahnungen weit notwendiger wären, eine derartige Kritik von ihm nicht beliebt wurde. Auch die Stellung zur Schvlfragc ließ nn grundsätzlich liberaler Stellungnahme viel vermissen. Kein Wunder darum, daß diese Hieberfche Rede von Blättern gelobt wird, die sich um die Entscheidung zwischen konservativ und liberal stets Herumdrücken. «k. Arbeiter- oder Arbcitskammern. Die Delegierten- verfainmrlun« des Verbandes Evangelischer Arbeitervereine Kurhessens und Thüringens, die in Eisenach tagte, beschäftigte sich mit der in Aussicht genommenen Einführung von paritätischen Arbeitskammcrn. In einer Re solution wurden diese Kammern, in denen Unternehmer un.i Arbeiter gemeinsam beraten, als ein Weg zum sozialen Fric- den begrüßt und zugleich die Erwartung ausgesprochen, das; 14 den Vertretern der Arbeiter die Möglichkeit gewahrt bleibt, unter Umständen tick auch als Arbeiterkammern zu konsti tuieren und ihren besonderen Wünschen und Interessen ireren Ausdruck zu geben, und 2! durch Einführung von Pro portionalwahle« alle in der Arbeiterbewegung vor- handenen Strömungen in den Arbeftskammerrr zu Worte kommen. * Die moderne Folter. Im Interesse des seit dem 9. d. Mts. in znilmbach in Zwangsyaft sitzenden sozialdemo- lral'schen Redakteurs Schlegel hatte der Verteidiger Antrag auf Haftentlassung gestellt, mit der Beoründuug, daß dieses Zwangsmittel ersichtlich versage. Das Amtsgericht Hal jedoch einen ablehnenden Bescheid erteilt b. Im Hamburger Hasen bereit« sich, wie schon kurz ge- meldet wurde, eine neue Krisis vor. Die Hamburger Hafen- arbeit«, welche sämtlich wieder eingestellt sind, arbeiten mit passiver Resistenz, wodurch die Lösch- und Ladearbeiten eine erhebliche Verzögerung erleiden, und die Expedition der Schiffe nur laugiam von statten geht. — Auch die Belästi gungen und Bedrohungen der noch hier befindlichen deutschen Arbeitswilligen, etwa 1100, nimmt täglich zu, so baß die Hamburger Polizeibehörde sich veranlaßt sah, schärfere Maß regeln zum Schutze der fremden Arbeiter zu ergreifen. Die englischen Arbeitswilligen sind sämtlich wieder abgeschoben. Heute haben die letzten 550 beu Hamburger Hafen verlassen. — Sozialdemokratische Flugblätter fordern die Hamburger Hafenarbeiter auf, trotz ihres den Reedern gegebenen Ver brechens, am 1. Mai den Weltfeierlag durch Arbeitsruhe zu ^begehen und nicht zu arbeiten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß zahlreiche Hafenarbeiter dieser Aufforderung, die im direkten Widerspruch mit den getroffenen Vereinbarungen steht, nachkommen und dann 10 Tage ausgesperrt werden. — Wie uns übrigens ein Privattelegramm aus Ham burg meldet, beträgt die Gesamtsumme der vom Hafen arbeiteroerbaud für die ausgesperrten Schauerlente gezahl ten Unterstützung 255 000 <K. sic. Jraueubildung — Frauenftudium. Der in 24 Ab teilungen über ganz Deutschland verbreitete Verein Frauen bildung — Frauenstudium wird se.ne diesjährige Mitglieder- derfammbung vom 9. bis 12. Mai in Weimar abhalten. Das Programm der Bersammlungstage ist äußerst reich hallig und interessant. Von aktuellem Interesse sind die Themen di« rn de» beiden öffentlichen Vorträger, behandel rben Fräulein Du. Gertrud Bwn'-r aus Berlin spi'ck. über „Die nativnaile und politische Bildung der Frau", Pro fessor Dr. Weinel aus Jena über „Die Reform des Religions unterrichts". —ab. Liman-Mehriog-Prozeß. Bor der V. Strafkammer des hiesigen Landgerichts findet am Sonnabend den 11. Mai die Berufungsverhandlung in dem Beleidigungsprozesse des Schriftstellers Dr. Liman in Berlin gegen die Redakteure der „Leipziger Volkszeitung", Dr. Mehring, Krefsin und Seeger statt. Bekanntlich halte die schöffengcrichtliche Ver handlung mit der Verureilung Dr. Limans zu einer Geld strafe geendigt, während die drei Redakteure der „Leipziger Volkszeitung" zu Gcsängnisstrcnc verurteil! wurden. * Das kaiserliche Handschreiben. Das aestrigc Hand- schreiben des Kaisers an den böhmischen Statthalter hat Feuilleton. s E. Mach. Der Forscher mit seinem ganzen Denken ist ja auch nur ein Stück Natur wie jedes andere. Was die Philosophie in dec Naturwissen schaft ieistet, ist immer, ob sie irrt oder das Richtige trifft, die Schaffung von Ordnung, die Zusammenfassung der Einzelheiten in eine Übersicht, die Zurücksührung der Erschein»rigen auf Einheiten oder auf einfachere Ursachen. I. Wiesner. Es liegt alle Wahrheit und alle Weisheit zuletzt in dec Anschauung. Schopenhauer. Die Geschichte einer -entsetzen Familie. Der Gedanke der Vererbung ist eines der wichtigsten Elemente für die uwderne Weltanschauung geworden. Nach dem ihn Darwin in seiner „Abstammung des Menschen" wissenschaftlich formuliert hatte, haben Haeckel, Weisruann u. a. diese in allen Wesen waltende Macht der Natur in ihren Rätseln und Tiefen erforscht. Man suchte in das Innere aller Weltschöpfung dringen. Schon 1870 hat der Physiologe Hering dos „Gedächtnis als eine allgemeine Funktion der organisiert«! Materie" hingestellt: nach den Untersuchungen des Biologen Rudolf Semon wiederholt der Keim des Menschen in seiner plastischen Entwicklung die wichtigsten Stadien, die der Stammbaum des ganzen Menschengeschlechts durchgemacht, und im Säitgling ruht schon der Urväter Weisheit, als kostbarstes Geschenk der Ahnen, zu tausend Entfaltungsmöglichkeiten ausgespclchcrt. Wissenschaft und Dichtung haben diese dunkle, aus Ur gründen des Vergangenen ins Helle Licht des Tages ragende Gewalt in unser Weltbild cinzuordrren gesucht. Tarne er klärte die Erscheinung des Genies aus den geschichtliche» Bedingungen ferner Geburt und spürte z. B. bei Napoleon, der von seinem Vater nichts als die Magenkrankheit geerbt hatte, den geheimen Zusammenhang mit seinen ialieniscbcn Vorfahren heraus, und sah in dem großen „Korsen" die ins Riesenhafte gesteigerte Wiedergeburt eines jener Re naissancemenschen und Condottieri, die die Stammväter der Familie Bonaparte aeweleo waren. In dem Lebendig werden und Ausivachen von Instinkten und Leidenschaften, die in Söhnen und Enkeln unheimlich jorlwirken, entdeckte Ibsen das moderne Schicksal, sah .Zola den eng verkettenden Zulammenhang, der im Chaos der Menschhertswirren mit ztarrer Notwendigkeit die Geschlechter aneinander bindet. Der antike Gedanke von der Unabivendbarkcit des Fatums und der launenhaften Gunst der Götter gewann moderne Form. Aber weder dichterijchc Phantasie noch historische Kom bination können in dieses schwierige Gebiet, das jo mannig fache Rätsel der Psychologie uno Biologie umschließt, je be friedigende Aufhellung bringen. Das muß die exakte natur wissenschaftliche Forschung tun, die sich mit einer feinsten Analyse des Seelenlebens verbindet. Doch oa ist noch viel, ja fast alles zu vollbringen. Wohl gibt es allenthalben An sätze, die von den verschiedensten «Leiten dem Problem näher Dl wmurcu suchen, aber eine cigentlicl-e Methodologie, eine sichere Basis der Forschung mußte erst geschaffen werden. Damit hat nun das Buch des Gießener Professors Robert Sommer, „Familie nsorschung und Ver erbungslehre" (Verlag von I. Ä. Barth, Leipzig!, den Anfang gemacht. Er baut feine Untersuchungen folgerichtig aus einer Erforschung der einzelnen Familien als der not wendigen Vorausiekung aller Vererbung aus. Die Stamm- baumlundc und Genealogie, die bisher fast nur von Historikern und Heraldikern gepflegt worden waren, müssen psychologisch und bicüogisch ausgenutzt werden. Die mensch liche Famikiensorfchung soll im Zusammenhang mit der ge samten Lehre oon den Lebewesen belmndclt werden, um all gemeine Gesetze der Vererbung sestzustellen. Dabei ist eine viel stärkere Berücksichtigung der weiblichen, für die Ver erbung so wichtigen Elemente vonnöten, als sie bisher bei den geschichtlichen Stammbäumen unv Ahnentafeln be obacht« wurde, und zur Bewältigung dieser höchst kompli zierten Verhältnisse muß eine genealogische Zeichenlehre eingeführt werden, die Art und Nähe der Blutsverwandt- schaft genauer und exakter präzisiert, als es die Wappen vermochten. Es ist die Beobachtung einer langen Reihe von Generationen erforderlich, um bestimmte Phänomene der Vererbung zu konstatieren, denn die einzelnen charakte ristischen Familienzüge fließen wie ein unterirdischer Strom unbemerkt im Blute vieler Geschlechter dahin, bis sie dann plötzlich wieder emportauchey und sich entscheidend bemerk bar machen. Dem forschend rückschaucnbcm Blick aber lösen sich aus den vielgestaltigen Verästlungen und Verzweigungen einer großen, weit in die Vergangenheit binabreickenden Familie die typischen Formen eines gemeinsamen Grund charakters heraus. Ein gleicher Lebensrhythmus klingt in ihnen allen an, bald lauter, bald leiser, und um sie alle schließt der Ahnen Art das einende Band. Es gilt nun, die Konstanz dieser Vererbungstendcnzen sestzustellen, aus dem individuellen, vom Milieu der Zeit und vielen anderen Dingen zufällig bedingten Charakter des einzelnen dieses gleichbleibcnde Erbteil der Familie berouszukristallisiererr, und zwar nicht so sehr körperliche Eigenschaften, die sich ja gar deutlich sortpslon,zen, als seelische, in denen die feinste Blüte der Abnenkiiltnr sich neu nnd reich entfaltet. Pros Sommer ist der Ansicht, daß sich weniger durch äußere Umstände bedingte Eigcn'chaftcn vererben, als durch Aufmerksamkeit und Uebuna, und er hat hier bestimmte Zustände de» Gehirn-, besonders eine reiche Ausbildung der SinncSfphären, die Kraft des plastischen Selzens, des ver feinerten Hörens im Auge. So entwickeln sich Talente, aus denen dann das mir schöpferischer Kraft beoaote Genie ent stehen kann. Solch ein allmähliches Aufblühen und Stärker- werden einer Begabung läßt sich in manchen > ünstlerfamrilren beobachten, in denen sich die steigende Kraft tote in einem langsam arischwcllenden Strom vorbereitet, bis daun das OKuie ini starken Ueberschwang alle Dämme zerbricht und wie ein Katarakt stol^ und frei die Fluten des Schaffens oiederbraujen läßt. Lo z. B. bei dem Geschlecht der Backs, in dem die musstelische Grösse Johann Sebastians durch 150 Jahre vvrgebildet wurde und durch tociterc 50 Jahre nach ihm in seinen! Sohne fortwivtlc. Aber nicht solche außer gewöhnliche Beispiele, zu denen man noch gar oi.le der Kunst geich ich le, der Bellini z. B., die Schlegel, die Feuerbach ge sellen könnte, sind für die Wissenschaft von maßgebendem Wert, sondern die Geschichte ctlva einer reich entfalteten, sehr weil zurückreicl-endcn Familie, die bedeutende und charakte ristische Vertreter zn allen Zcitcn aufzuweiscn batte, kein Geschlecht, wie cs sich die Dichter konftvuieren, in deut pl-an- taftifchc Zusammenhänge bis in ferne Urzeit patriotische Achsen sart verkünden sollen (FreytagS „Ahnen"! oder eine Aufhäufung von Krankheiten und Degenerationserscheinungen furchtbar wütet (ZolaS „Rongon-Macquarts"!, sondern eine schlichte deutsche Büraerfamilie. In dem Haupttcil seines Buches hat der Verfasser mit vieler Sorgfalt und Mühe die Geschichte eines solchen Geschlechts geschrieben, der noch heute besonders in Hessen zahlreich lebenden Sol da ns, deren Herkunft und Leben in ihren wichtigsten Vertretern wie ciiie nachdenkliche Erzählung im Spiegel der Jahrhunderte vor- nber.zieht. Es war in der Zeit der letzten Kämpfe uni das Heilige Grab in Palästina, da hat, so berichtet die Chronik, „oer Graf von Lechmwrir einen türkischen Offizier, Sadok Selim Solta, gefangen genommen, den er nass, kurzer Zeit wegen seiner Tapferkeit und besonderen Größe zu einem seiner Obersten ernennet. Diesen hat ex nachgehends 1305 nicht allein christlich taufen nnd ihm den Namen Johann Soldan geben lassen, sondern ihm auch aus sonderbarer Liebe das türkische Wappen bcigvlegt". Die Nachkommen dieses ivackern Mannes und guten Lateiners wurden Deutsche und behielten ihr Wappen, mit Sanne, Sternen nnd Halbmond bis auf den heutigen Tag. Fünf von seinen elf Söhnen widmeten sich bereits dem geistlichen Berus, und eine ausgcsproci-en reli giöse Veranlagung icheint in dem ganzen Geschlecht gelebt zu l>aben, denn in der Rcformationszcit wandten sic sich mit Eifer dem lutherischen Glauben zu und fochten mit Wort und Tat für das reine Evangelium. Eine ununterbrochene Reihe von Gcistliciwn führt so zu den noch lebenden Soldans hinau'. ^Zon den 91 Nachkommen des Rektors Johann Moritz Soldan waren 40 lutlxrische Pastoren und gar manche von ihnen waren prächtige Eharakterköpsc, wie sie nur eine harte Zeit und eure stürmische Gemütsart schaffen kann. Denn sie waren olle nickt bloß gute Lateiner wie der Ahne, sondern auch leidenschaftliche Mciffchen, in denen da- südliche Blut fick mit protestantischem Glaiibcnsciscr paarte. Da ist Konrae Sultan. Pr.ffgcr am Wor« -u Reichcnburg in Franken, ein streitbarer Herr, der gar streng wetterte gegen den Saufteufal und andere Schandtaten der Gemeinse, auch einen tüchtigen Federkrieg mit «nem LmtSbrudcr hatte, der ihn einen „tückischen und türkischen Wolf" nannte. Eine lebhafte Phrntaiie, Ksta.fi der plastischen Vorstellungen und Wortgcwalt ist diesem Soldansprößling eigen, den in einer religiös erregten, von dogmatischen Streitereien er füllten Zeit seine Anlagen und die Familstntradition zum temperamentvollen Redner und Schriftsteller werden ließen. Die gleichen Eigenschaften batten schon früher einen ganzen Zweig der Familie sich der bildenden Kunst zuwendcu lassen. Sie ließen sich, nachdem schon sein Vater künstlerisch tät'g gewesen war, den Bildhauer Philipp Soldan entfalten, einen kraftvollen, ungestümen, geistvollen Künstler dessen reiche Phantasie sich in der unerschöpflichen Fülle einer reichen Ornamentik auslebtc und gern maurisches Bandwerk verwandte, wie wenn Erinnerungen der Urahnen in ihm unbewußt Gestalt gewonnen hätten. Die Lebhaftigkeit der optischen Vorstellungen, der ganze schöpferisch lebhafte Rhythmus der Persönlichkeit, wie sie den Bildhauer wie den Pfarrer auszeichnen, loben noch in einem gefeierten Mehrer des Humanismus, dem Euricius Cordus, der ebenfalls ein Soldan war. Tiefe typischen Eigenschaften der Familie, eine große «Deutlichkeit und Plastik des Ge'ichtssinneS, Kraft der schrfft- stellerischen Darstellung und Lebhaftigkeit des Temperaments, die in der Renaissance zn künstlerischem Schaffen, in der Reformationszeit zu theologischem Wirke» geführt hatten, loben sich nun in den oerschiodenen Kulturen verschiedenartig aus. Die Sobbans find Vorkämpfer der individuellen Wett- ansckiauuna, die im 17. Jahrhundert herauffteigt, beteiligen sich als gemütvolle Aufklär« an den pädagogischen Be strebungen der Zeit und nehmen als künstlcrlsche Naturen die ästhetische Wirksamkeit des Herder und Schiller mit voller Anteilnahme auf. Wohl regt sich in einem von ihnen, der Len romantischen Ideen sich zuneigt, noch in der Jugend das Künstlerblut, ein anderer fällt gar wobl auch wieder in den Togen der Romantik dem längst von den Vorfahren abgc- schworonen Katholizismus anbeim, aber als echte Söhne dcs 19. Jahrhunderts wenden sic sonst alle ihre Veranlagung nunmehr archäologisch-historischen Studien zu, kämpfen in geschichtlichen Darstellungen mannhaft für ihre vrotestan- tiscken Ideale und verlieren auch Len derben streitbaren Geist nicht. Die plastischen und bildnerischen Fähigkeiten äußern sich in zeichnerischen Talenten und wenden sich im Jahrhundert der Naturwissenschaften den mathematiGxm und dann auch den phnsikalischen Wissenschaften zu. Noch immer kreuzen und mischen sich religiöse und künstlcrncke Antriebe zu interessanten Persönlichkeiten und durch der modernen Zeiten neuen Geist leucht« uralter Vergangen- beiten Vermächtnis. Sie wären sowohl auch einer dickte« rischen Epopöe wert, die Soldans, diese Kinder des alten Türken aus den Ksteuzzögen und zugleich doch immer ihrer eigenen Zeit 1)r I'anl laiirclau. * - Berliner Theater. (Schauspielschule des „Deutschen Theaters": „Die Hagestolzen". Zwei Akte. Bo« A. W. Iffland. Darauf: Szenen aus „Faust".) Die Schauspielschule die Herr Reintardt sick rinrichtrle. hat in kurrem Proteipiel erwciien wollen, was sie im Studium zweier Jahre lernte. Nun waren freilich kie Probiersteine nicht gerade glücklich gewählt: an Jfflands zeitfremdcm fentimenialischen Schaufpiel wird kein Darsteller zeigen können, ob man je im modernen, historischen Drama oder sonst wo auf sei»
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