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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.05.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070506021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907050602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907050602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-05
- Tag1907-05-06
- Monat1907-05
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Umgebung die ^gespaltene Petttzetle 25 Psi finanzielle An zeige» 30 Pf, Reklamen 75Pf.; von auswärts 30 Pf, Reklamen 1 M.; vom Ausland 50 Pf, finanz Anzeigen 75 Pf, Reklamen 1.50 M. Inserate ».Behörden im amtlichen Teil 40Pf. Beilagegebühr 5 M. p. Tausend extl. Post gebühr. GeschäftSanzeigeu au bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Festerteilte Aufträge können nicht zurück- aezogru werden. Für daS Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird leine Garantie übernommen. Anzeigeu - Annahme: AugustuSplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annonccn- Exprditionea des In- und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin: CarlDuucke r,Herzgl.Bayr.Hosbuchhandlg, Lützowstraße 10 (Tel. VI, 4603). Montag 6. Mai 1907. M. Jahrgang. Vas Neueste vom Lage. (Die nach Schluß der Redaktion eingegangenen Depeschen stehen auf der 3. Seite deS Hauptblattes.) Tclcgicrtcnvcrsammlung des bayrischen Landesverbandes des FlottcnvcreiuS. Die Delegiertenversammlung deS bayrischen Landesver bandes des Deutschen Flottenvereins fand gestern in Augs burg statt. Es wurde folgende Resolution angenommen, die in der Kölner Hauptversammlung beantragt werden soll: „Die Hauptversammlung des bayrischen Landesverbandes deS Deutschen Flottenvereins spricht die bestimmte For derung aus, daß für die Folge die private Tätigkeit der Mitglieder der Präsidialgeschäftsstelle von der amt lichen aufs Strengste geschieden werde, so daß der unpolitische Charakter de- FlotteuvereinS streng gewadrt und daran festgehalteu wird, daß der Bereis als solcher nicht in die Wahlagitation eiazutreteo hat.* * Diese Resolution stellt eis Kompromiß mit der kleinen Gruppe Münchener Mitglieder und einem Teile des Pfälzisches KreisverbandeS dar, welche gegen des ursprünglichen Antrag der Leitung des Landesverbandes opponiert haben. Der Unterschied besteht nur darin, daß sie k.eine persönliche Spitze enthält. Es wurde also volle Einigkeit erzielt. Sonst ist außerdem noch zu be merken, daß Frhr. v. Würzburg den Vorsitz im Landes verbände mederlegte und Oberstleutnant von Spieß an die Spitze des Verbandes gestellt wurde. Als Delegierter zur Kölner Hauptversammlung wird Frhr. v. Würzburg entsandt werden. AM LurtiuS. In der Aogelegenheit des Präsidenten deS elsässischen Oberkonststoriums Dr. CurtiuS ist zu berichten, daß die Meldung eines süddeutschen Blattes, die Straßburger Universität Plaue eine Kundgebung sür den Präsidenten, un richtig ist. In der Universitätswelt sei von einer solchen Absicht nichts bekannt, auch würde ein solches Vor gehen den Anschauungen der Universitätskreise völlig widersprechen. — Leisetreterei! — Zum Falle Curtius nimmt daS Organ der elsässischen protestantischen Geistlichkeit, der „Evangel. Protest. Kirchenbote für Elsaß- Lothriuges* Stellung. Das Blatt schreibt: Es ist selbst verständlich, daß für uns, die Glieder der Kirche, elsässische Maßstäbe entscheidend sind. DaS „Taktgefühl* der elsässischen Kirche hat gegen andere Stellen entschieden. Ihre berufenen Vertreter haben zu verschiedenen Male» und öffentlich Prä sident Curtius ihres ungeminderten Vertrauens versichert. Die Pfarrer durch zahlreiche Resolutionen, Mitglieder deS Oberkonsistoriums durch ihre Eingabe. Daß Präsident Curtius, der ohne es zu wissen und zu wollen, in einigen literarischen Kreisen Anstoß erregt hat, als Privatperson bei Einladungen übergangen wird, ändert an dieser Tatsache nichts. Die englischen Journalisten in München. Wie unser Münchner Korrspondent meldet, bat daS Komitee rum Empfang der englischen Gäste, an deren S-pitze Reichsrat Freiherr von Würtzburg steht, nunmehr das Programm für den zweitägigen Aufenthalt sestgestellt. Die Haupt punkte bilden am ersten Tage nach der An kunft ein „künstlerisches* Frühstück im Prunlsaale des Künstlerhauses, nachmittags eine Festvorstellung im Prinz-Regententheater („Tannhäuser* in glänzender Be setzung), abends ein Festmahl, gegeben von der Stadt im alten Rathaussaale. Am nächsten Nachmittage findet ein Ausflug zum Chiemsee statt, den ein Gebirgsfest auf der idyllischen Fraueninsel beschließen soll. Wahrscheinlich werden die Journalisten auch vom Regenten oder in dessen Ver tretung vom Prinzen Ludwig empfangen werden. Die Rcvolution i» Marokko. Eine Depesche des Reuterschen Bureaus auS Marrakesch bestätigt, daß Muley Hast; von der Bevölkerung zum Sultan ausgerufen sei, und berichtet weiter, die erregte Menge habe alle im Zusammenhang mit der Ermordung des französischen Arztes Mauchamp verhafteten Personen befreit und den ab gesetzten Gouverneur wieder in sein Amt eingesetzt. Es heißt auch, die Behörden hatten dem Sultan schriftlich mitgeteilt, daß sie ihn sicht mehr arrerkennen. Die Bewegung tu Indien. Die „Daily Mail* meldet aus Simla: Der Tos, welchen der mißgestimmte Teil der Eiugeboreuenpreffe iu Kalkutta anschlägt, wird immer heftiger, (-mehr das durch diese Presse angericbtete Unheil zutage tritt. Die Zeitung „Bengabe*, deren Besitzer ein der gesetzgebenden Versammlung von Ben galen angehöreuder Hindu »st, veröffentlicht ganz unglaubliche Anschuldigungen gegen die englischen Beamten. Die anglo indische Presse rät der Regierung dringend, durchgreifende Maßnahmen zu treffen, um die Heftigkeit der Eingeborenen blätter zu zügeln und das Herumreiseu der politischen Agi tatoren zu hemmen. Spanische Senatswahleo. Bis heute früh war folgendes Ergebnis der Senats wahlen bekannt. Gewählt wurden: 10l Konservative, 27 Liberale, 4 Demokraten, 2 Unabhängige, 6 Republikaner, 7 Karlisten, 4 Regioualisten, 1 Integrist, 4 Katholiken. Es fehlt noch das Ergebnis von einigen Universitäten und einigen Diözesen. — Es ist das erste Mal, daß Republikaner und Karlisten in solcher Stärke im Senat einzichen. Hervor zuheben ist weiter der Sieg der Föderalisten, welche zum ersten Male im Senat erscheinen. Die Wahlen verliefen ohne große Beteiligung angesichts des Beschlusses der Libe ralen, sich der Wahl zu enthalten. Mrxiko und Guatemala In Washington eingegangenen Nachrichten aus Mexiko zufolge sollen die Guatemalaner den mexikanischen Leuchtturm von San Benito angegriffen haben, zwei Mexikaner sollen tabei verwundet sein. Im Staatsdepartement und auf der Washingtoner Gesandtschaft von Guatemala ist von einem solchen Vorfall nichts bekannt. Schöpfst» verurteilt. Vom Schöffengericht zu Leipzig wurde heute der Redakteur der „Volkszeitung für das Muldentbal*, Scböpflin, wegen Beleidigung des Generalleutnants von Liebe rt zu 400 Geldstrafe, im Nichtzahlungsfalle zu 40 Tagen Gefängnis, verurteilt. Außerdem wurde auf Publikationsbesugnis des Urteils erkannt. politisches. Dumaiues Abberufung. Zur Abberufung des französischen Gesandten Dumaine aus München schreibt unser Münchner Korrespondent: Die plötzliche Versetzung aus der bayerischen Hauptstadt, wo sich Herr Dumaine sehr wohl fühlte und in der Gesellschaft sehr wohl gelitten war, hängt, wie sofort bekannt wurde, mit der Korrespondenz Montagninis zusammen. Bemerkenswert ist aber unter allen Umständen die Rücksichtslosigkeit, mit der man von Paris aus gegen einen im Auslande akkreditierten Geschäftsträger vorging und die nichts von der vielgerühmten französischen „po1it6S8s" verrät. Herr Dumaine hat nämlich erst durch die Zeitungen von seiner Strafversetzung erfahren. Uebrigens hat er, um das hier anzufügen, einen mehrwöchigen Urlaub genommen, nach dessen Ablauf er wahrscheinlich den diplomatischen Dienst verläßt. Sein Verbrechen soll nun zunächst darin bestehen, daß iu der Korrespondenz Montagninis mehrere Karten usw. gefunden wurden, die beweisen, daß Dumaine mit dem päpstlichen Diplomaten, als er in München seine uur mehrere Monate währende Tätig keit entfaltete, im gesellschaftlichen Verkehr stand. Die Familie Dumaine hat sich aber auch sonst verdächtig gemacht. ES steht fest, daß Frau Dumaine die Kirche besucht und auch mehrere Male im Palais des jetzigen päpstlichen Nun tius verkehrte. Es steht fest, daß auch Herr Dumaine den katholischen Glauben noch nicht völlig aufgegebcn hat und daher im Herze« vermutlich kein begeisterter Auhänger der französische» Krrchenpolitik ist, lauter Dinge, die ihm iu seinen hiesigen Beziehungen sicher nichts schadeten, in den Augen der französischen Machthaber aber unverzeihliche Verbrechen find. Ihre Rache hat sich auch nicht mit der Maßregelung des Gesandten begnügt. DaS Faktotum der Gesandtschaft, ein alter Beamter, der jetzt 30 Jahre in München lebt, ein guter Münchener geworben ist und als solcher betrachtet wird, ist ganz unschnldig ebenfalls hart betroffen worden: er muß München mit Bordeaux vertauschen, wo eö zwar sehr gutes Rotspon, aber kein Hosbrauhaus gibt und fühlt sich darüber sehr unglücklich. Noch mehr, auch der Attachs muß sein Bündel schnüren. Die unbezahlten Attachöposte», so eröffnete ihm Herr Pichon, sind aufgehoben worden. Selbstverständlich soll auch er gestraft w:rven. Ein Krieg zwischen der Re- udüe und Bayer»: steht Wega» oiese?Zisfichcnsalles nicht in Aussicht. * Mu Weißbuch! Die allgemeine Forderung, daß die Regierung dem Reichstage Material über auewärlige Fragen liefern solle, ist nicht völlig unbeachtet geblieben. Wie die „Köln. Zig.* mittest, wird dem Reichstage demnächst ein Weißbuch zugehen, das die Verhandlungen wegen der drei prozentigen Erhöhung des türkischen Einfuhrzolles zum Gegenstand haben werde. * Abq. Mommsen. Der Reichötagsabgeordnete Mommsen teilt dem „Berliner Tageblatt" mit, daß er in der Reichs tagssitzung am Sonnabend sich denen angeschlosscn habe, die dem Abgeordneten Levebour das Wort entziehen wollten, daß er also nicht gegen de» Antrag des zweiten Vizepräsidenten Kaempf gestimmt habe, wie anfänglich gemeldet war. * 17. Generalversammlung drS Verbände- brr Berg arbeiter Deutschlands. In Dortmund trat gestern der sozialdemokratische alte Bt^arbeiterverband Deutschlands zu einer Tagung zusammen. Es waren sehr zahlreiche Delegierte aus allen Teilen des Reiches erschienen. Reichstagsabgeordneter Sachse begrüßte die Anwesenden und wies die vielfach ver breitete Ansicht zurück, als ob die Bergarbeiter zusammen gekommen wären, um über einen Streik zu beschließen. Daran denke kein Mensch. Weun vor zwei Jahren auf der Generalversammlung derselbe vernünftige Standpunkt zur Geltung gekommen wäre, der sich jetzt beim Streik auf der Maximilian-Grube gezeigt hat, wo das Einigungsami an gerufen wurde, dann wäre mancher große Streik vermieden worden (Beifall). Die Arbeiterschaft werde sicht ruhen, bis die Unternehmer sich wenigstens bereit zeigten, mit dem EisigungSamt zu unterhandeln. Der Redner weist dann auf daS wichtige Programm hin und besonders auf daS Streikreglement. Er hoffe, daß trotz dieser ernsten Fragen die Verhandlungen ruhig verlause» werden (Beifall). — Der Vertreter der freien Gewervchaften Dortmunds hielt eine Brandrede. Er wie- daraus his, daß die Stadt Bochum, die Stadt der Schieneusiiekerei und der Steuerdesraubanteo, kein Obdach sür die Beimarbeiter batte. DaS moderne Rasbrittertum verstehe besser als früher sich in den Besitz der Güter der Arbeiter zu setzen. Die EststebenSzeit der Organisation reiche ja weit zurück. Aber daS Schandgesetz, daS Sozialistengesetz, wehte die kaum begonnene Organisation wieder fort. Heute stehe es wieder besser mit ihr. Zwischen Unternehmerschaft und Arbeiterschaft gebe es keine gleichen Interesses. Die Zeile» seien vorüber, wo man der gesamten Arbeiterschaft den Maulkorb umhängen konnte. Auch der „Kaiserdef-utierte* Schröder beklagte, daß e- ihm nicht ge lungen sei, is Bochum ein Lokal zu bekommen. Dort )ei mau aber, besonders nach dem Ausfall der Reichstags wahlen, die den Sozialdemokraten wieder den Sieg brachten, ganz besonders erbittert gegen die Partei. — Der Vertreter der österreichischen Union Hacke begrüßte den großen deutschen Bruderverband. — Nach weiteren Begrüßungsreden, wobei auch Reichstagsabgeordneter Hue sprach, wurden ReichSiagS- abgeordneter Sachse und Schröder zu Vorsitzenden gewählt. Es folgte eis geselliger Teil. — Morgen beginnen die sach lichen Verhandlungen. * Arbetter-Bewegnng. Die Streitigkeiten im Baugewerbe dürsten schou in der nächsten Zeit beendet sein. Allerdings wurden in der gestrigen Versammlung der lokalorganisierten Maurer und Zimmerleute den Leitern der Zentralorganilativn die heftigsten Vorwürfe gemacht, weil sie nicht energisHWMf und ohne Rücksicht auf die lokalorganisierte Vereinigung gehan delt und ferner den sofortigen Kampf um den Achtstunden tag verhindert hätten. Die Resolution, welche angenommen wurde, gab auch diesem Gedanken Ausdruck und forderte, daß die Verkürzung der Arbeitszeit weiter mit Kraft erstrebt werden müsse. Trotz dieses Beschlusses dürfte es aber doch in der beoorstebendcn Versammlung deS Zentralverbandes am Dienstag zur Annahme des vom Einigungsamt gefällten Schiedsspruches kommen. — Aus Zeitz wirb uns geschrieben: Am l. Mai wanderten in de» Nachmittagsstunden zirka 400 bis 500 Mann aus der Gegend von Theißen nach Wäylitz. Da die dortigen Gasthöfe zur Verfügung stehen, war dieser Ort das Ziel der Wanderung. Es werden nun recht leb- Feuilleton. co (Eine Volksausgabe der „Auogewäytten Gedichte" erschien soeben bei Schuster u. Löffler zu 2 Mark.) Die große gelbe Rose ruhte schwer Auf schwarzem Marmorsarg in Marmorhallen. Wes Hand sie brach und wer sie trug anher. Auch wer die Leiche war, ist mir entfalle». Es schlief der Sarg, von Blatt und Blumen leer, Im Dämmer eine Sphinx, auf Löwenkrallcn. Der Abendwvlkchcn lichtgcflvcktes Heer Entstieg dem Meere, rot wie Blutkorallen. Detlev von Liliencron. Scl)»chr „Lsinoevia vorn Studentenleben." Zur Erinnerung an ein 250jährigcs Studentcnstück. Von Karl Konrad (Breslaus. I. Im Jahre 1657 verließ in Leipzig ein seltsames Büchlein die Offizin des Buchdruckers Johann Wittigau; es betitelte sich „Comoedia vom Stubcntenleben" und war ein Werk des damals dreißigjährigen Johann Georg Schoch, eines Zeitgenossen des berühmten, schon als Leip ziger Studiosus zum kaiserlichen Hofpoeten gekrönten Lyrikers Paul Fleming. Ist schon die Tatsache interessant, daß es — ein Zeichen seiner Beliebtheit — in wenigen Jahren mehrere Auslagen erlebt, so erregt es die Aufmerk samkeit in noch höherem Maße durch sein Thema. Studcntenstückc hatte cs schon vorher gegeben. Christoph Stymmels „Ktuckontax" batten im Jahre 1549 die Reihe der drei kulturhistorisch unschätzbaren Studcntenkomödicn des )6. und 17. Jahrhunderts eröffnet, und Wichgrcvs „Oor- ix-Iiris rojc^-atim" war ihnen 1600 gefolgt. Soll den „Klnckontos" auch der Ruhm ungeschmälert bleiben, den An fang mit der Erschließung eines dichterisch und sittcngeschicht- lich gleich fruchtbaren Gebietes gemacht zu haben, so müssen sie doch, künstlerisch und kulturhistorisch betrachtet, als die geringwertigste der drei Komödien angesehen werden. Der „Ooruellu» ist zwar an Gestalt und Gehalt den „Itu cwntos" überlegen, indes tritt seine pädagogisch-didaktische Tendenz so unverblümt hervor, daß man Zweifel an der objektiven Wiedergabe seiner Schilderungen hegen muß. Schoch fußt nun wohl auf den beiden angezogenen Dramen, derart, daß verschiedene ihrer Motive bei ihm wieder- kehres, doch hat er sie so geschickt umgemodelt und in seinen Gedankenkreis einbczogen, hat die Wirklichkeit unbefangen I so plastisch und urwüchsig wiedcrgegeben, daß man ihm un- ! bedenklich die Palme zuerkenuen muß. So viel sich auch j vom künstlerischen Standpunkt gegen ihn Vorbringen läßt, das Lob eines treuen Beobachters und geschickten Sittcn- schilderers wird man ihm nicht vorenthalten dürfen. Mag ihm des dramatischen Effekts halber auch ab und zu eine Ucbcrtreibung mit unterlaufen, so dürfen wir doch wohl annchmen — und ein Blick auf die gleichartigen lite rarischen Denkmäler seiner Zeit berechtigt hierzu, daß uns im allgemeinen die ungeschminkte Lebenswahrheit cnl- gcgentritt. Ter derbe Naturalismus seiner Projalomödie gemahnt an die knorrigen Kraftkonturcn der Werke mittel alterlicher Holzschneidekunst. Da das Buch in per Originalausgabe sehr selten gewor den ist und sich nur im Besitze weniger öffentlichen Biblio theken befindet, so mache ich auf einen von Wilhelm Jabri- cius 1892 in München veranstalteten, trefflich kommentier ten Neudruck aufmerksam. Erich Schmidts bekannter Vor trag über die „Komödien vom Studenten! den aus dem 16. und 17. Jahrhundert" (Leipzig 1880s sei der Vollständigkeit halber hier erwähnt. Auch Pernwerths von Bärnstein „Beiträge zur Geschichte und Literatur des deutschen Stu- dcntentums" (Würzburg 1882s werden dem auf dem ein schlägigen Gebiete rficht Bewanderten gute Dienste leisten. Johann Georg Schoch *> ist vor 280 Jahren in Leipzig geboren. Ta er vermutlich iu der gleichen Stadt studiert hat, dürfen wir in sic wohl auch den Schauplatz seiner Komödie verlegen, wozu uns ver schiedene Einzelheiten des Stückes berechtigen. Wir gehen nicht fehl, wenn wir das Werk in der Studienzeit des Verfassers, also in den letzten Jahren des dreißigjährigen Krieges oder doch unmittelbar nach ihm spielen lassen. Ehe wir uns aber genauer mit ihm beschäftigen, müssen wir einen Rundblick auf das Getriebe des akademischen Lebens jener Tage werfen, um uns wenigstens einigermaßen mit seinem Rituell, seinen oft skurrilen Zeremonien, seinen Dascins- bcdinquuqen und seinem ganzen Drum und Dran vertraut zu machen. Die ganze Zeit steht unter dem Zeichen des großen Neli- gionskriegcs, dessen krampfhafte Todcszucknngcn gleich den letzten Eruptionen eines Vulkans noch einmal Angst und Schrecken verbreiten. Das wissenschaftliche Leben liegt, wie das kulturelle Leben überhaupt, danieder. Tic Hochschulen sind zum Teil verödet, denn so mancher der Muffnsöhne hat, des trockenen ToncS satt, „die Feder vertauscht mit der Kugclbüchsc", ausnahmslos aber sind sic verroht und ver wildert. Der kriegerische Sinn der Zeit bat auch aus das Leben an den Universitäten ctbgefärbt. Wo Ars regieren soll, da führt Mars das Zepter. Die alamodischcn Studcn- * Ueber seine Lebensvcrhältnisse sind wir nsr mangel haft unterrichtet. Er soll Jurist in Naumburg qew^en sein. 1666 treffen wir ihn als Amtmann zu Westerburg, I 1688 als Beamten der Herzcye August Wikhelm und Ludwig I Rudolf zu Braunschweig. Literarisch hat «r sich mehrfach I betätigt. tcn stolzieren in dein soldatischen Wichs der Landsknechte einher: Sporeusliesel an den Füßen, faltige, unter ungeheurer Stoffverschwendung gefertigte Beinkleider, ein zerschlitztes und wieder sorgfältig zusammengeheftetes, bunt verbrämtes Wams am Leibe, darüber ein ledernes Koller, über der Schulter eine goldgelbe Schärpe, an der Seite den gewaltigen Raufdcgen, in der Hand mitunter einen Stock oder Spitz hammer, auf dem Kopfe den breitrandigen Federhut. Die Hand rübt ständig am Degengriff, bereit, bei der geringsten Veranlassung vom Leder zu ziehen. Bei größeren Schar mützeln, z. B. Balgereien mit den Erbscrnden, den „Schnur ren" (Wächtern) *s oder Jroschmäusekriegen mit den „Gno ien" (Haiidwcrksburschcus **s odcr den Bauern vervollstän digen Spieße, Flinten und Handrohrc diese Ausrüstung, und oft genug rötet sich das Straßcnpflastcr vom Blute der Kämpfenden. Nicht alle Studiosen find so ä la niocke herausstaffiert. Nur die älteren dürfen sich diesen Luxus erlauben, während die jüngeren iu zerlumpten Kleidern und schäbigen Mäntel chen, löchrigen Pantoffeln und zerrissenen Hüten Herunilaufen müssen. Tas erklärt sich aus einem das ganze Studenten leben jener Zeit beherrschenden Ritus, dem sogenannten Pennalismus, über den nns Christian Schöllgen in seiner „Historie des ehedem aus Universitäten gebräuchlich gewesenen Pennal-Wesens" (Dresden und Leipzig 1747> be sonders eingehend unterrichtet hat. Dieser Brauch entstammt dem mittelalterlichen Zunft wesen, das Oksellen und Lehrlinge streng unterschied und letz tere nur nach bestimmten Aufnahinescicrlichkciten, Plackereien und Hänseleien in den Gesellenstand rezipierte, ging dann aus die sranzösiscben Universitäten über und verbreitete sich von dort aus auch über Deutschland. Schon seit den Tagen der Vaganten oder fahrenden Scholaren waren die jüngeren Mitglieder dieser Gilde, die „Schützen", den älteren, den „Bacckmnten", dienstpflichtig, wie wir es u. a. in der dem 16. Jahrhundert entstammenden Selbstbiographic des Baseler Rektors Thomas Platter lesen. Die „Blüte" 'des Pennal wesens fällt in das 17. Jahrhundert. Besonders kultivierten es die studentischen Landsmannschaften oder Nationen, die den vom Gymnasium gekommenen Frischling erst nach einem Probejahre „absolvierten", d. b. zum „ehrlichen Purschen" erklärten. In diesem Probejahre sStatusj, das in Rostock 1 Jahr 6 Wochen 6 Tage unb 6 Minuten dauerte, das aber bei nicht genügender „Tauglichkeit" der Kandidaten nach Gut- dünken verlängert werden konnte, waren die „Pennale"-)-), wie die Neulinge von den älteren Studenten benamset wurden, unzähligen Hudeleien und Drangsalierungen durch letztere ausgesetzt. Während diese sich u. a. Pennalisiercr nannten. Pcnnalputzcr, Agicrer (Peinigers, Schönsten (Scherer? *> So genannt wegen der knarrenden Instrument«, die sic bei Ausübung ihres Amtes trugen. **) Das niederdeutsche Wort für Genosse. Später wurden sie auch „Knoten" genannt: ihr« Gesamtheit hieß „Knoteska". sil Meist abgeleitet von pes»«, die Jeder, nach der Feder büchse, welche die oovrles am Halft trugen. Andere Er klärungen ftnd gezwunge» Quälers, frische Kerls, fröhliche Purschen, „freye, redliche, dapffere und hertzhcrffte Studenten" (ck. Moscheroschs „Wunderliche und wahrchasftigc Gesichte Philandcrs von Sittewald"j, titulierten sie den Neophyten u. a. Bean, junior, tiro, Lesebengel, Feux, Rabschnabel, „Bacchanten, Haushanen, Spulwürmer. Mutterkälber, Säuglinge. 2»»- simocko löeniti, Oktsk)-, junge Herren". (Ebenda.) Die Bacchanten odcr Beane waren ihren Quälgeistern gegenüber vollständig rechtlos. Bei wem sollten sie sich Schutz holen? Etwa bei den Universitätsbehörden, die nicht -einmal imstande waren, ihren eigenen Anordnungen und Ge- setzen Gehorsam zu verschaffen?! — So galt es denn, in Geduld den dornenvollen Status auszuharren, die raffinier! ausgeklügelten, z. T. recht grausamen und barbarischen Vcxationen auf sich zu nehmen, die Zklavcn, Botengänger und Schreiber, kurz die Spielballc der Schoristen zu sein, jedem ihrer leisesten Winke zu gehorsamen und sich wider standslos von ihnen malträtieren zu lassen. Wiegten sich doch alle Beane in der Hoffnung, später nicht minder forsch und schneidig gegen ihre Untergebenen vorzugehen, wozu sie sich übrigens bei ihrer Absolution besonders verpflichten mußten. „Lange Jähre hindurch wühlte das wilde Schwein des Pennalismus den Weinberg der hohen Schulen um." (Reinwald.) Alle Bemühungen der Tittenschilderer, aller Spott der Satiriker, alle Verbote der Behörden waren fruchtlos, bis ihm endlich die protestantischen Reichsstände auf dem Reichstage zu Regensburg 1651 den Garaus machten. Bezeichnend ist cs, daß es gerade die Pennale waren, die sich der Abschaffung dieses Mißbrauches widersetzten. Freilich wucherte er infolge des Bestehens der Landsmannschaften noch lange im Geheimen weiter, bis er endlich an der fort schreitenden Bildung und Au'klärung des 18. Jahrhunderts zunichte wurde. Ausläufer von ihm sanden sich noch lange auf Universitäten und Gymnasien (man vcrgl. z. B den von L. Beckstein in den „Fahrten eines Musikanten". Bd H, S. 84ff., geschilderten Pennalismus aus der Klostcrschule zu Henne-berg zu Anfang des 19. Jahrhunderts) und haben sich in dem Fuchsentum unserer studentischen Verbindungen er. halten. Hand in Hand mit dem eben geschildertes Pennalismus ging aus den Universitäten die sogenannte akademische De Position, von der der Schleifstein der Zeit außer einigen sprachlichen Rudimenten nichts übrig gelassen bat. Im Mittelalter herrschte, wie schon oben anaedeutct. in allen Ständen di-e Tendenz, sich korporativ abzuschließen uns zunst- mäßig zu organisieren. Auch in der Studentenschaft sanden diese Bestrebungen Eingang, denn die Sluacutenwelt ist immer (wie M. Busch sagt) die verkleinerte große Welt ge wesen. Wie nun die Lehrlinge erst durch verschiedene sym bolische Bräuche und Zeremonien in den Gesellenstawd er hoben wurden, so wurde auch der vom Gymnasium, der Partikular- oder Stadtschule, der Fürsten- oder Klosterschule auf die Universität kommend, Nestflüchter erst nach einer schmerzhaften Äufnohmescierlichkeit in die Zahl der akade mischen Bürger eingereiht. Der Brauch läßt sich über die Gcsellenweihe der Zünfte noch weiter zurück verfolgen. W. Fabriciss bringt ihn iu einer tiefgründigen Unter suchung <Dft akademische Devofition. veporftio cornuum. Fvastftrrt a. M. 1SU «sft der acharffch« Nafferweche sm
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