02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.05.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070507023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907050702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907050702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-05
- Tag1907-05-07
- Monat1907-05
- Jahr1907
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
<iezuqs-Preis für Leipzig und Borortr durch unsere Trümer und Spediteure ins Haus gebracht: Aus gabe (nur morgens» vierteljährlich 3 M., inonatlich l M.; Ausgabe ü (morgens und abends» vierteljährlich 4 50 M., monatlich l.50 M. Durch die Post bezogen (1 mal täglich» innerhalb Deutschlands und der deutschen Kolonien vieiteljäbrlich 3 M., inonatlich I M. ausschl. Poitbestellgeld, für Oeslerreich-Uiigaru vierteljährlich 5 X 45 b. Abonnement-Annahme: Augustusplah 8, bei unseren Trägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Nummer kostet 10 Psg. Redaktion und Expedition: Iohannisgasse 8. Telephon Sir. 153, Sir. 22?, Nr. 1173. Berliner RedaktionS-Bnreau: Berlin X^V. 7, Prinz Louis Ferdinand- Strane 1. Telephon 1, Nr. 9275. Llbend-Ausaabe 8. UtiMM T agcblalt Handelszeitung. Amtsblatt des Rates imd des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeiqen-Preis für Inserate aus Leipzig u. Umgebung die 6gespaltene Petitzeile 25 Pf" finanzielle An zeigen 30 Pf., Reklamen 75Pf.; von auswärts 30 Ps., Reklamen I M.; vom Ausland 50 Pi'., finau z Anzeigen 75 Pf., Reklamen 1.50 M. Inserate v.Behörden im amtlichen Teil 40Ps. Beilagegebühr 5 M. p. Tausend exkl. Post gebühr. Geschäftsanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarii. Feslerteilte Aufträge können nickst zurück gezogen werden. Für das Erscheinen an deilimmteu Tagen und Plötzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: AugustuSPlatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Ännoncen- Erpeditionen des In- und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin: CarlDun cke r,Herzgl.Bayr.Hosbuchhandlg„ Lützowstrasze 10 (Tel. VI, 4603'. Nr. 126. Dienstag 7. Mai 1907. 101. Jahrgang. Vas Neueste vom Lage. (Die nach Schluß der Redaktion eingegangenen Depeschen stehen auf der 3. Seite des Hauptblattes.) Tie LberhauS-RcformI Im stark besetzten Oberhause gelangte gestern der von Lord Newton am 21. Februar eiugebrachte Gesetzentwurf über eine Reform des Oberhauses zur zweiten Beratung. Der Earl of Cawdor stellte dazu den Antrag, eine Kommission zur Prüfung der verschiedenen Anregungen zu ernennen, die gegeben worden sind, um eine Erhöhung der Leistungsfähig keit des Oberhauses in gesetzgeberischen Angelegenheiten Kerbeizuführen. Die Annahme dieses Antrages wäre gleich- beveuleno mit einer Beiseitelegung des Reformgesetzentwurfs aus unbestimmte Zeit. Earl of Cawdor wies bei der Begrün dung seines Antrags auf den allzu radikalen Charakter des Entwurfs hin. Lord Newton betonte die Notwendigkeit, mit Vorsicht an jedeReformsrage heranzugchen. Jede Mas;regel,die angenommen werde, müßte eine solche der Reform und nicht der Zerstörung sein. Erwünschte, daß das Oberhaus nicht nur repräsentativ sei, und bekämpfte die Ansicht, daß das Ober haus den Schwankungen des Unterhauses entsprechen tolle. Der Lorvpräfivent des Geheimen RalS Earl of Crewe brachte ein Amendement em, das die Unausführbarkcil aus drückt, die Reformvorschläge zu diskutieren, bevor nicht Vorschläge gemacht wären zu einer wirksamen Methode, um die Differenzen zwischen beiden Häusern beizulegen. Lord Crewe führte in der Begründung seines Amen dements zu dem von Newton eingebrachten Gesetz entwürfe folgendes aus: Die Diskussion sei eine akademische. Die Frage, die das Land interessiere, sei nicht die Reform des Oberhauses, sondern die Frage der Beziehungen deö Oberhauses zum Unterhaus. Die Regierung sei der Ansicht, baß die reale und dringende Frage weder die Wirksamkeit des Oberhauses, noch sein erblicher Charakter sei, sondern sein Barteicharakter und der ständige überwältigende Einfluß einer Partei. Kein Vorschlag, den die von Cawdor vorgeschlagene Kommission machen könnte, würde den Partricharakter des Oberhauses beseitigen. Was die Beziehungen zwischen den beiden Häusern betreffe, fo hingen diese von dem Stande der parlamentarischen Geschäfte im Unterbaust ab. Wenn Vorschläge zur Beseiiiaung der Differenzen der beiden Häuser an das Oberhaus kommen, so vertraue er darauf, daß sie von der Opposition nicht unfreundlich ausgenommen werden. Solche Vorschläge würden keinesfalls in einem dem Ober hause feindlichen Sinne gemacht werben, vielmehr dem Ober hause ein weites Feld nützlicher Betätigung überlassen, und er hoffe, daß das Oberhaus viele Jahre hindurch das Unterhaus darin unterstützen werde, den Maß nahmen zum Wohle aller Bevölkerungsklaffen eine reffe Form zu geben. Nach weiterer Debatte über den Gesetz- i entwurf Newton vertagt sich das Haus. In parlamentarischen Kreisen ist über die Art der Vorschläge der Regierung in j bezug auf das Oberhaus nichts bekannt, da sie streng geheim gehalten werden. Die Liberalen glauben aber, daß sie sehr drastischer Natur sind. 3um japanisch-französischen Vertrage. Nach einem Erlaß des Regierungsorgans „Messidor" be zweifelt mau in PichonS Umgebung, daß Deutschland irgend welche Ursachen habe, über den japanischen Vertrag miß gestimmt zu sein, da sichS doch nur um die Erhaltung des Ltatus guo handle. Möglich sei immerhin, daß Fürst Bülow seitens jener Kreise, die ihn systematisch befehden, abermals Angriffe erfahren werde, aber aus solche Kritiken habe der Reichskanzler in seiner jüngsten Rede im voraus geantwortet. Tic Revolution in Marokko. Nach einer Meldung des »Daily Telegraph" aus Tanger hat der Mulai Hafiz die Annahme der Sultanwürde abgelehnt und die Stämme aufgefordert, sich zu gedulden, da er Boten an seinen Bruoer, den Sultan, abgesandt habe, um die Schrecken eines Bürgerkrieges zu vermeiden. Die französische Kolonie von Marrakesch hat die Aufforderung erhalten, sich nach Mazagan zurückzuzieheu; ebenso bat di französische Untersuchungskommission in der Angelegenheit der Ermordung des Arztes Mauchamp Anweisung erhalten, vor läufig nicht nach Marrakesch zu geben, sondern in Mogador zu bleiben. Der „Times"-Korrespondent in Tanger meldet über Mulai Hafiz, daß er 30 Jahre alt und somit zwei bis drei Jahre älter als sein regierender Bruder ist. Mulai steht auf gutem Fuße mit den Europäern in Marrakesch und zeigte sich nach der Ermordung MauchampS als der einzige wirklich energische Beamte, der anscheinend verschiedene geplante Ver brechen zu verhindern wußte. Er gilt als orthodoxer Musel man, ist geschichtskundig und eine Autorität in gesetzlichen und religiösen Angelegenheiten. Mulai Hafiz wird vermut lich die Unterstützung des gesamten Landes erhalten. An scheinend vollzog sich der Staatsstreich folgendermaßen: Eine Deputation der Hauptstämwe erklärte Hafiz,. daß die Stämme nichts mehr mit dem Sultan zu tun haben wollten, daß des Sultans Befehl, der Gouverneur von Marrakesch solle sich in Tanger stellen, um wegen der Mittäterschaft an der Er mordung MauchampS verhört zu werden, nicht zu befolgen sei, und daß dem neuernannten Gouverneur nicht gestattet werden solle, sich auf seinen Posten in Marrakesch zu be geben. Alle Berichte stimmen darin überein, daß der ganze Süden dem Sultan die Botmäßigkeit verweigert. Ttc spanischen LcnatSwahlcn. Nach dem eudgiltigeu. Wahlresultat sind in den Senat gewählt worden: 113 Konservative, 28 Liberale, 5 Demo kraten, 2 Unabhängige, 7 Republikaner, 5 Karlfften, 5 Kala- lanisten, 4 Katholiken und ein Parteiloser. — Also 113 gegen 57: also genau »Mehrheit — »/,. Tte Kolonial-Konferenz. In der gestrigen Sitzung der Kolonialkonferen; erklärte der Präsident des Handelsamtes, Lloyd George, die Reichs regierung werde ihren Standpunkt in der Zollfrage nicht ändern. Die Regierung begünstige jedes auf die Entwicke lung des Handels innerhalb des Reiches gerichtete Vorgehen, sofern es nicht mit Opfern für eine einzelne individuelle Gemeinschaft verknüpft sei. Eine Differenz bestehe also nur über die Mittel und Wege. Er sei überzeugt, daß die Be steuerung von Nahrungsmitteln und Rohmaterialien Opfer auferlege, die man nicht verlangen solle. Er schloß seine Rede mit einem Appell an die Kolonien, nicht einen Plan zu betreiben, der ihnen zwar Nutzen bringe, aber eine Gefahr in sich berge und dem Mutterlande schade. Ter Aetna grollt. AuS Rom wird uns mitgeteilt: Anzeichen einer starken inneren Aelnabewegung nehmen immer mehr zu. Ein Lapillen- regen fiel bis dicht bei Nicolosi nieder. Aus einem Grat steigt schwarzer dichter Rauch mehrere hundert Meter hoch empor. Bis jetzt besteht indeß noch keine Gefahr. politisches. Entschädigung für Unschuldig Verurteilte. Aus Darmstadt schreibt man uns: Eine Revision des Reichsgesetzes, betr. Entschädigung für unschuldig er littene Untersuchungs- und Strafhaft, hat die hessische Zweite Kammer in der letzten Woche cinstimmich ge fordert, durch ein Ersuchen an die Regierung, in dieser Ricch- turig im Bundesrate zu wirken. Insbesondere wird die Resormbedürftigkeit erkannt im wesentlichen in folgenden Punkten: Es ist mißständig, daß gleichzeitig mit der gerichtlichen Sachentscheidung auch über die Entschädigung beschlossen werden muß. Diese letztere Entscheidung könnt« später in einem besonderen Verfahren erfolgen, weil es gerade bei den Verhaftungen vielfach an der nötigen Vor bereitung durch Aktenstudlum mangelt. Es ist eine For derung der Gerechtigkeit, eine Rechtsmittelinstanz zu schaffen. Schließlich müsse die Frage der Ent schädigung auch den Geschworenen kompetieren, denn diese haben im schwur^erichtlichen Verfahren das ent scheidende Urteil über 'Schuld oder Unchuld. Des Wei- teren wurde, ebenfalls einstimmig, ein Antrag Ulrich und Genossen angenommen, die Regierung zu ersuchen, den Land ständen alsbald einen Gesetzentwurf zugchen zu lassen, wonach für unschuldig erlittene Untersuchungshaft auch denjenigen Personen, die nicht durch eine Entscheidung des Gerichts, sondern durch eine Verfügung der Staatsanwaltschaft aus dem Strafverfahren entlassen werden, eine Entschädigung aus Staatsmitteln gewährt werde. Die Instanz für die Entscheidung über die Frage der Entschädigung in.diesem Falle soll entweder der Amtsrichter sein, der den Haftbefehl erlassen hat, oder die Strafkammer. Die Regierung er klärt, den weiteren Ausbau der hier fraglichen Gesetze im Auge behalten und bei geeigneter Gelegenheit in sach dienlicher Weise dabei Mitwirken zu wollen. * * Der Kaiserbesuch in Karlsruhe ist ungewiß geworden, weil die Großherzogin und die Kronprinzessin von Schweden erkrankt sind und das Bett hüten müssen. Da der Groß herzog, der auch bei der Eröffnung der Mannheimer Jubi läumsausstellung nicht zugegen sein konnte, noch schonungs bedürftig und der Erbgroßherzog am Tage vor der beabsich tigten Ankunft des Kaisers nach dem Odenwalde zur Auer- hlchnjagd geht, Prinz Max aber als der einzige noch männ liche Repräsentant der großherzoglichen Familie zurzeit in Berlin abkommandiert ist, so witt> unter diesen Umständen der Kaiser vermutlich ganz auf den Besuch in Karlsruhe verzichten. st Prinz Joachim Albrecht kehrt in die Heimat zurück. Prinz Joachim Albrecht von Preußen, der zweite Sohn des verstorbenen Prinzregcuten, war bekanntlich nach Südwest, asrika vor einer Reihe von Monaten gegangen. Die Be ziehungen des Prinzen zu de: Esther Sulzer, der kleinen Schauspielerin, wurden damals aus Anlaß der Abreise des Prinzen viel erörtert. Es war nun mehrfach gemeldet, daß der Prinz von Südwestafrika nach Kiautlchau unterwegs sei. Das ist nicht richtig. Der Prinz befand sich noch anfangs April in Zwnko>'nnud. Ihm zu Ehren fand am 8. April ein großer Bierabend im Faberschen Gasthouse statt. DaS ungezwungene und liebenswürdige Auftreten des Prinzen hat ihm alle Herzen erobert. Der Prinz erklärte, daß er am 10. April das Schutzgebiet verlassen werde, um nach Berlin zurückzukchren. Er reise über Kapstadt und Deutschostafrika. Das Befinden des Prinzen war das denkbar b«ste. Mit offenen Augen hat er sich überall in der Kolonie umgciehen und er wird zweifellos in Berlin betonen, was es mit dem sozialdemokratischen Schwindel von dem „Wüstwest" auf sich hat. Im übrigen dürfte Prinz Joachim Albrecht, der vor seiner Abreise nach Südwestofrika das erste Bataillon im Alexanderregiment befehligte, in nicht zu ferner Zeit »um Oberstleutnant aufrücken. Major ist der Prinz seit dem 27. Januar 1905. Ist. Die Geschäftslage des Reichstags wirb von Tcm zu Tag schlechter. Die Etatsberatung schleppt sich immer lang samer hin und es dürfte nur mit Anstrengung gelingen, den Reichsctat, die Ergänzungsetats und das deutsch-amerika nische Handelsprovisorium bis Pfingsten fertigzustellen. Die Hoffnung, di« zweite Etatslesung bis Himmelfahrt zu er ledigen, ist aufgegsben worden, da die heutige Sitzung mit der Vizepräsidentenwahl und dem Handelsprovisornim aus gefüllt werden wird. Man glaubt, die zweit« Etats)ssuna spätestens bis zum Sonnabendszu erledigen, was ober auch nur möglich ist, wenn lange Sitzungen abgehalten werden, j Die verbleibenden fünf Tage bis Pfingsten werden für die Feuilleton. 888888888888888888888888888888888888D 81 —- Lebt das Wort, so wird es von Zwergen ge- g ! tragen: ist das Wort tot, so können es keine 8 Riesen aufrcchterhalten. V H-'ne. Es kostet nicht viel Mühe, mit jemand liebens würdig zu sein, der einem völlig gleichgültig ist. Oskar Wilde. Jedermanns Vernunft ist jedermanns Orakel. BoUngbroke. 8 s 8 S 8 L 8 S S V 8 8 8 8 S 8 S S.j 8 ' 8 S 8 - -- - - .. , schochs „Lsinoedia vsn, StuSentenleben". Von Karl Konrad (Breslau.) II. (Schluß.) Nach diesen kulturhistorischen Abschweifungen, die wir anstellen mußten, um die gleichzeitigen literarischen Er scheinungen des Studentenlebens verstehen und würdigen zu können, kehren wir wieder zu der Komödie unseres Schoch »rück, die tief in dem eben skizzierten Hochschulwesen des '.7. Jahrhunderts wurzelt. Von den lateinischen Schulstücken seit Beginn des 16. Jahrhunderts, den Aufführungen Teren- zianischcr und Plautinischer Stücke, den zahllosen Parabeln vom verlorenen Sohn des Gleichnisses führen Fäden zu den Studentcnstücken, die teils von Gymnasiasten, teils von Akademikern gespielt wurden. Für dieses Schau spielerpersonal waren auch die zahlreichen pantomimischen Szenen berechnet, in denen es ftinem Uebermut und seiner tollen Laune nach Belieben die «Hügel schießen lassen konnte. Allzugroße Ansprüche an Requisiten, Kostümen und sonsti. gen theatralischen Ingredienzien wurden nicht an die Akteure gestellt. Was sic spielten und wie sie spielten, ergab sich aus ihrer unmittelbaren Beobachtung und Anschauung und hielt sich innerhalb der Grenzen ihres Gesichtskreises. Es ist kein Zufall, daß die Schillerschen „Räuber" mit ihren zahlreichen Beziehungen zum Studentcnleben von jeher zum Repertoire stndentffcker Liebhaberbühnen gehörten. ES reizte den Mujensohn schon immer, etwas von der Romantik, dem Zauber, den Sitten und Bräuchen feines Standes dem staunenden Publikum zu offenbaren. Nach einem „Vor-Spiel" machen »vir zunächst di« Be kanntschaft zweier Gymnasiasten: Amandus ist der Sohn eines reichen Kaufmanns, Floretto eines vornehmen Edel manns. Sie sind der ermüdenden Plackereien auf der Latein- oder Panikularschule herzlich überdrüssig und sehnen sich — ganz wie bei uns — nach der goldenen akade mischen Freiheit. Amandus ist kurzerhand der Schulzucht entlausen und kann nicht Worte genug finden, die abge schmackten Exerziiicn unter der Schulrute hcrabziijetzen und zu verspotten, floretto ist vorsichtiger. Er will den Schul- suchsereien nicht allen und jeden Werl absprechen, leiht im Korbe, wirst ihr die Butter in den Schmutz und ver übt andern Schabernack. Brose sieht ihm das alles aber gern nach, weil er seinem Sohne Jäckel behilflich sein will, ein Student zu werden. — Amandus und Floretto sind unter dessen der Universitätsstadt, dem Ziele ihrer Wanderung, nahe gekommen. Pickelhering muß innen einen Pack Pennal kleider Nachträgen, während sie selbst noch in ihrer Staats gewandung paradieren. Erst auf der Universität wollen sie die schlechte, zerlumpte Tracht anlegen, denn sie wissen, daß die Schoristen ihnen sonst die kostbaren Kleider fortnehmen, die sie, als Füchse, nicht tragen dürfen. Einen kleinen Vor geschmack von dem flotten Leben, das ihrer harrt, bekommen sie schon jetzt. Ein braver Philister kommt voller Angst vor beigelaufen und fragt, ob sie nicht einen Studenten zu Gesicht bekommen hätten, der ihm mit einem Pferde durchgebrannt sei. Als sic gemütlich in der Schenke am Wege ihren Durst löschen, treten zwei wirkliche Studenten ein. Bei ihrem An blick geraten sie vor Bestürzung außer sich. Geschwind werfen sie die Tracht, die ihnen vorläufig noch nicht zukommt, ab und verbergen sich vor den Blicken der gestrengen Herren. In der Stadt angelangt, ist es ihr erstes Geschäft, beim Dekanus (Pickelhering nennt ihn „Dickhans") ihre Devosition zu beantragen. Auch vor dem ernsten Manne der Wissen schaft kann Pickelhering seine losen Reden nicht lassen. Auf die Frage: „Wer ist denn euer Vater?" antwortet er: „Er ist seiner Religion ein Schlotfeger": auf die Frage: „Aber könnt ihr wol euere lateinische Sprache reden?" entgegnet er: ,Rieden kan ich sie wol, aber ich verstehe kein Wort davon." Schließlich bittet er, mit der Deposition bis aus den folgen den Tag zu warten, da sie noch wichtige Bestellungen beim Wcinschcnken und Pastetenbäcker zu machen hätten. Dann begeben sich die Freunde zum Senior der Meißenschen Lands mannschaft, um sich bei ihm inskribieren zu lassen. Sie ge- bärdcn sich als arme Teufel und bitten um eine Famulatur bei einem Professor oder reichen Studenten, oder um einen Platz an der Eommunität, dem akademischen Freitisch, um beim Akzcß-lAntritts-jSchmauß, den sie ihren Landsleuten zu geben haben, möglichst glimpflich wegzukommcn. Pickel- berinq wird nunmehr znm Depositor geschickt, um die De- Position bei ihm zu bestellen. Diese spielt sich am folgenden Tage nach dem althergebrachten Zeremoniell ab. Auch Pickelhering kann sich ihr nicht entziehen und wird so bar barisch abgehobelt, daß ihm sämtliche Glieder knacken. sPantomimische Szene.) Inzwischen beratschlagen der Nauer Brose und seine Frau Käthe — wir sehen, daß dem Dichter ein greuliches szenisches Durcheinander keine Kopfschmerzen macht — nochmals darüber, ob sie ihren Jäckel, der nach An sicht des Schulmeisters einen Hellen Kopf hat, auf den „Un verstand (die Universität) tun sollen. Brose will nicht so recht ran. Was soll auch der Junge „staudieren"? Soll er ein Doktor werde», der die Leute, wenn sic sonst nicht krank sind, krank machen kann? Oder ein Advokat, der einem nur den Asutel fegt? Käthe will, daß er Pfarrer wird, und jo er klärt sich schließlich ihr Mann damit einverstanden. — Aman dus und Floretto sind nun auch vom Rektor vereidigt wor den und rüsten ihren Landsleuten daS Antrittsgelage. Reich- lich« Rauch- und Tranklibationcn werden veranstaltet. Die Köpfe erhitzen sich, es bricht ein wilder Tumult aus. Der Schmaus „zergehet" in Zank und Geraufe. Aber die Sache hat damit nicht ihr Ense erreicht. Der eine der ehrlichen Purschc empfängt am Morgen nach dem verhängnisvollen Kneipabend den Besuch zweier Kartellträgcr, die ihm die Forderung ihres Freundes überbringen. Hierbei tragen sie, dem gesellschaftlichen Koder jener Zeit folgend, eine über triebene Förmlichkeit zur Schau. Trotzdem der Geforderte qt Käthe, sich durchaus nicht mehr darauf besinnen kann, was in der die Eier?, Nacht vorgcfalleu sein soll, zaudert er doch keinen Auaeublick, aber nichtsdestoweniger den Einflüsterungen des Freundes ein williges Ohr, der in einem freien Studentenleben sein Ideal erblickt. Die Väter dieser beiden Beane lassen sich zwar leicht von ihnen überreden, sic auf die Universität zu »chicken, aber nur zu bald steigen ihnen Bedenken auf, daß die Jünglinge dort Schaden an Leib und Seele nehmen könnten. Gerson, der Kaufmann, ist freilich ebenso leichtherzig wie sein Spröß- ling Amandus: Gern wolle er ein paar Tausend Tälerchen draufgehen lassen, da er ja genug davon habe. Der Edel mann Petralto dagegen ist gleich seinem Sohne ängstlich und zurückhaltend. Schließlich läßt er sich doch von Ger»on über reden, stellt aber die Bedingung, daß ein Hofmeister die un- erfahrenen Bacchanten auf die Hochschule begleite. — Die beiden Kameraden haben von diesem Plane ihrer Altcn Herren erfahren. Sie sind ganz und gar nicht damit ein verstanden, daß sie immer einen solchen ehrwürdigen Mummelgreis auf den Fersen haben sollen, und es gelingt ihnen durch einen diplomatischen Schachzug, die Väter von ihrem Vorhaben abzubringen. Statt des Mentors sollen sic Pickelhering, Gersons Diener, mitbekommen. Als Pickelhering hört, daß es auf der „Kacketremie" (Akademie) auch Ohrfeigen und Nasenstüber gibt, will er schleunigst wie der zurücktreten, muß aber schließlich doch gehorchen. S, gibt er sich drein, aber nur unter der Bedingung, daß ihn reichlich Moos mitaegeben werde. Das wissen die beiden Bacchanten auch, daß ein flottes Studentenleben ohne hark Taler ein Ding der Unmöglichkeit ist, und Amandus Weitz seiner Mutter Clarissa klarzumachen, daß sie mit de» knappen Groschen, die Papa spendiert, nicht weit komme» werden. Gerührt gibt ihm die gute Mama einen straffet: Beutel voller Mutterpfcnige mit, die sie von ihrem Wirt schaftsgelde erspart hat, und verspricht, dafür zu sorgen, das, der Goldjunge einen offenen Wechsel erhält. Aber hübsct solide soll er sein, nicht fluchen und nicht zu Jungfern gehen sondern fleißig studieren und die Nächte hübsch zu Haus« bleiben. Aber noch von anderer Seite wird an das guse Herz und den Edelsinn Amandus' appelliert. Sein Liebchch Emerentia strömt in einem ganz von dem marineskep Schwulst und dem hochtrabenden Metaphernschwall Hos- mannswaldaus erfüllten, mit mythologischen Anspielungen gespickten Monologe ihre tiefe Liebe zu ihm aus und bitt« ihn dann, ibr ewig« Treue zu bewahren. Amandus ve^- spricht cs ihr, trotzdem er es durchaus nicht ernst mit ihr. meint, und nimmt die Unterpfänder ihrer Liebe, Ninl Schnupftuch und Kranz entgegen. Pickelhering kann es sia nicht versagen, die Nutzanwendung hieraus zu ziehen untz warnt die Damen im Publikum, je einem Studenten z» trauen, „wenn er gleich schwüre, daß ihm die Augen bluteten". Und doch lassen sich die Frauen nur allzugern mit ihnen ein! Wohin die flotten Burschen kommen, dort fliegen ihnen die Herzen der Weiber im Sturme zu. Das sehen wir auS ^er folgenden, lose in den Zusammenhang eingereihten Danernszene. Der Bauer Alex weiß von der Studenten tollheit seiner Tochter Plonc (Apollonia) ein Liedchen Hu singe». In derbstem Patois, mit schwerer Zunge unterhalt er sich mit seinem Nachbar Brose und dessen Frau Käthe, wie es »je leichtfertige „Struntze" (Dirne) mit den Studen ten getrichen, wie sie gar zu gern einen solchen „Lesepenoel" zum Man» hotte, wie er aber als Vater froh sein muffe, daß sie der superkluge Jloridon nehme, lvenn er auch nur vom Dorf« sei. Auf diese Bauern trifft Pickelhering, der beim Dvrsschncider (im Ncbenamte Schulmeister!) ....... »vr»- Klcidcr, vcrnntlich schäbige Pcnnalkleider, für seine > triebcne Förmlichkeit zur Schau. Trotzdem der Geforderte inngen Herren bestellen will. Er zerschlägt Käthe,.- die mit ihrem«. Mann zu Markte geht, 1' " zum Haudegen zu greisen. Der Zweikampf findet sogleich statt. (Pantomime.) Nach einer geringfügigen Blessur nimmt der Beleidigte SajMaklion, uno in einem Weinkeller wiro der letzte Rest des Haoers in feuchten Fluren ertränkt. — Amandus und Floretto sind infolge der vielen Schmäuje, die sie auszurichten Haden, mit ihrem Geldc bald Matthai am letzten. In dieser brenzlichen Lage müssen ihnen die zwei Studenten, die ihnen Pickelhering boshaft aus den Hals ge schickt hat, natürlich äußerst ungelegen kommen. Tas saure Bier, das sie pvnieren, ist den Gästen nicht recht. Sie dringen auf bessere Atzung und schicken Pickelhering mit den Büchern ihrer unfreiwilligen Gastgeber in den Keller, nach dem sie die besten für sich „promoviert" (weggenommen) haben. Außerdem kündigen sie ihnen eine „Correction" (Bußes von 20 Talern an, die ihnen die „Beschmausten" binnen 24 Stun den zu schassen haben. Aus dieser argen Klemme erlöst die armen Pennale eine Geldsendung von Hause. Auch ein Liebesbrieschen Emerentias an ihren „getreuen" Amandus trifft ein, der sich indes wenig um das Geschreibsel kümmert. Pickelhering dagegen erkundigt sich bei dem Bolen ange legentlich, wie es seiner Walpe (Walpurga), der Kuhmagd, gehe, deren leibliche Reize er in seiner frivolen Manier nicht genug rühmen kann. So gehl die böse Pcnnalzeit langsam zu Ende. Amandur und Floretto schwelgen in Vorahnung der Genüsse, die ihrci in der Purschenzeit harren. Aber so wohlseil läßt sich die Freiheit nicht erkaufen. Ihre Landsleute wissen, daß sie in der Wahl ihrer Eltern recht vorsichtig gewesen sind, und be schließen, die Schäslein tüchtig zu scheren. Äußer dem Abso- lutionsschmaus sollen sie ihnen 40 Taler spendieren, eine Summe, die nach langem Feilschen auf 30 Taler ermäßigt wird. Auch der Bauernsohn Jäckel, der als armer Kal- mäuser (Streber, Stubenhocker, Kopfhänger» seinen Status verbracht hat, bittet um die Absolution und erbietet sich, das bei der Gasterei zerbrochene Geschirr, sowie die zerschlagenen Tabalspfcffen zu bezablen. — Ter Absolutionsatt mit dem obligaten Schmause hebt in Gesellschaft eines Studenten liebchens an. Die drei Bacckanlen Floretto, Amandus und Jäckel erscheinen vor dem Purscbenkonvent ihrer Landsmann schaft, um absolviert slosgesprochen) zu werden. Ter Senior erhöht sie aus dem Status der Pennale zu freien Purschen und tragt, ob sich einer der Anwesenden dem widersetze. Da erhebt sich einer der Studenten, der einst von den Novizen so übel beschmaust worden ist, und erklärt, daß er nicht eher in ihre Absolution willige, als bis sie die ihnen auferlegte Correction von 20 Talern erlegt hätten. Der Senior weist ihn ab, da er nicht ihrer Landsmannschaft ungcköre, und als der andere heftig opponiert, entsteht ein „schrecklich Tumult. Die Punsche aerathen in Zanck, es sind lauter blosse Degen über der Toffel, die Liechter werden ausgelescht, zergehet also der Schmauß, und kommen alle vom Theatro." Die selbstverständliche Folge dieser Kollision bildet ein Duell mit Stoßdegcn, bei dem der Senior den-fremden Purschen töd lich verwundet. Pickelhering bringt diese Nachricht brüh warm seinen Herren. Diese lassen sich aber davon wenig ansechten, da sie wieder einmal in einer argen Geldklemme sind. Sie haben einen besonderen Boten an ihre Eltern abgefertigt, erhalten aber die geforderte Summe nur zum Teil. Damit ist ihnen freilich wenig geholfen, denn sie müssen sich sehr nobel herausstaffieren. Nach vielem Zu reden gelingt es ihnen, den wohlhabenden Boten zu über- r-edcn, ihnen aus reiner Menschenliebe und um 250 Prozent die gewünschte Summe vorzuschicßcn. Nun wandeln sie sich mit Hilfe des Schneiders in --ckt olamodoche Stutzer um. Unsummen verschlingt die Geckentrackt, in der sie bei Weibern zu reüssieren hoffen. In Saus und Braus wollen sie die akademische Freiheit genietzLü. wie.sie ffch'L
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht