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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.05.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070514029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907051402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907051402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-05
- Tag1907-05-14
- Monat1907-05
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Umgebung die t> gespaltene Petitzeile 25 Pf„ finanzielle An- zeigen 30 Pf., Reklamen 75Pf.; von au-wLrtS 30 Ps., Reklamen 1 M.; vom Au-land 50 Pf., finauz Anzeigen 75Pf., Reklamen 1.50 M. Inserate v.Behörden im amtlichen Teil 40Ps Beilagegebühr 5 M. p. Tausend exkl. Post gebühr. Geschäft-anzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarn. Festertrilte Aufträge können nicht zurück- gezogen werden. Für das Erscheinen an bestimmten Togen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: AuguftnSplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen speditionen des In- und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin: CarlD u o cker,Herzgl.Bayr.Hosbuchhandlg., Lntzowstraße 10 (Tel. VI, 4603. Dienstag 14. Mai 1907. 1V1. Jahrgang. Vas Neueste vom Lage. (Die nach Schluß der Redaktion eingegaogeueu Depeschen flehen auf der L. Seit» de- tzauptblattes^ Deutsche Solonialverwaltung. Hauptmann Dominik ist, wie die „Tägl. Rundschau" erfährt, al« Dezernent für den Südwesten deS Schutz gebiete« beim Gouvernement zu Kamerun in Aussicht ge nommen. Er verbleibt ä. la suito der Schutztruppe. Es treten demnächst noch drei weitere Offiziere der L>chutztruppe, ebenfalls alte Afrikaner, zur Verwaltung über. — AIS „fette Ente" bezeichnet die „Deutsche Tageszeitung" die Meldung, daß für den Posten des Unterstaatssekretariats im Kolonial amt Dr. Ernst v. Halle, der lange Jahre nebenamtlich im Reichsmarineamt war, sowie Gouverneur a. D. v. Bennigsen genannt würden. Die Krisis in Frankreich. Die Minister sprachen sich in ihrer gestern nach Schluß der Kammersitzung abgehaltenen Beratung dahin aus, daß die von der Delegation der Gruppen der Linken vorgeschlagene Tagesordnung unannehmbar sei. Die Minister verlangen, daß in der Tagesordnung die Er klärungen und Handlungen der Regierung gebilligt werden, und daß die darin enthaltene Stelle, welche sich aus den all gemeinen Arbeitsbuud bezieht, so abgeändert werde, daß sie nicht mehr al« eine an die Regierung gerichtete Aufforderung ausgeleqt werden könne, kollektive Strafverfolgungen gegen diese Organisation vorzunehmeu, da die Regierung nicht über Einzelanllageu hiuausgehen wolle, die gegen die einzelnen Mitglieder des Verbandes eingeleitet seien, die sich tadelnswerter Handlungen schuldig machten. Clemenceau will heute morgen vor der Delegation der Linken Erklärungen darüber abgeven, weshalb die Regierung die von der Linken vorgeschriebeue Tagesordnung nicht annehmen könne. Er wird die Delegation um eine Aenderung der Tagesordnung ersuchen. Die Regierung beschloß gestern, die von Görault Richard vmcgeschlageue Tagesordnung, die ein Vertrauensvotum enthalt, und keine andere Tagesordnung aazunehmeu. Eröffnung pes spanische» Parlament«. Da« Parlament ist gestern mit einer gemeinsamen Sitzung de« Senats und der Kammer, der auch die Königin-Mutter beiwohnte, eröffnet worden. Die Thronrede wurde von der Königin-Mutter unter dem üblichen Zeremoniell verlesen. Ja dieser gibt der König seiner Freude Ausdruck über die Geburt des Prinzen von Asturien, besten Leben die Königin und er auf dem Altar de« Vaterlandes darbrächten. Die Thronrede führt dann weiter aus, die Zusammenkunft in Cartagena werde die Herzlichkeit der spanisch-großbritannischen Beziehungen stärken und fügte hinzu, die Beziehungen zu allen Nationen seien ausgezeichnet. Dann wurden ver- tchiedene Gesetzentwürfe augekündigt, insbesondere eine Vor lage über die bringende Wiederherstellung der See streitkräfte. In der Thronrede beißt es Weiler: Die Sorge des Papstes um Spanien und der feste Entschluß der spanischen Regierung, die Eintracht zwischen den beiden Mächten ausrecht zu erhalten, zeige sich in der Bereitwilligkeit des Papstes, bei dem Prinzen von Asturien Pate zu seiu. Die Thronrede hebt weiter den Wunsch hervor, die Freund schaft mit Großbritannien und Frankreich aufrecht zu erhalten, und sagt schließlich, Spanien werbe mit dem aufrichtigen Wunsche nach dem Haag gehen, zur Ersprießlichkeit und Wirk samkeit diese« neuen Kongrestes beizutragen. Selbstmord eines italienischen Majors. Von dem die Stadt überragenden steilen Domselsen in Ancona stürzte sich der Major der Kavallerie Baldoni hinab und war sofort tot. Baldoni ist ein Opfer seiner Leidenschaft für Archäologie geworden, indem er auf eigene Kosten prärömische Ausgrabungen betrieben und sich dabei finanziell ruiniert hatte. Tittoni will sprechen. Der römische Korrespondent des „Pätit Parisien" ist in der Lage, bereits jetzt mitzuteilen, welche Erklärungen der Minister des Aeußern, Tittoni, heute nachmittag gelegentlich der Debatte über die internationale Politik vor der Kammer abgeben wird. Nachdem der Minister daran erinnert haben wird, daß Italien gleichzeitig seinen Alliancen und kostbaren Freundschaften treu bleiben werbe, würde er mitteileo, welche Haltung die italienischen Deputierten der der Haager Friedenskonferenz einnehmen werden. Sie werben anerkennen, daß es in der Abrüstungssrage unmöglich sei, augenblicklich ein praktisches Resultat zu erzielen. Italien werde in folgedessen einer Debatte, falls eine solche hierüber stattfinde, nicht beiwohnen. Zur Vermitt lung zwischen England und Deutschland werden die italienischen Delegierten aber den Wunsch äußern, daß eine Beratung über diese Frage demnächst erfolgen werde. Abstinenz per spanischen Liberalen. Ja einer Versammlung, an der zahlreiche liberale Depu tierte, frühere Deputierte und Senatoren, im ganzen neunzig Personen, teilnahmen, hielt der Führer der liberalen Partei, Moret, eine Rede, in der er vollständige Enthaltung der Liberalen von der Teilnahme an den parlamentarischen Arbeiten empfahl und erklärte, die liberale Partei Werve ihre Kritik an den Handlungen der Regierung in öffentlichen Versammlungen und in der Presse übe«. Die Anwesenden stimmten dem Vorschläge Moret« zu. poUtisAes. td. Ter Abschluß des RcichSctatS für 18V7. Di- fort- dauernden Ausgaben des ordentlichen Elals für 1907 be trugen nach dem Etatsansatz unter Berücksichtigung des 5. Ergänzungsetats 2 026 475 818 „2, davon hat der Reichs tag gestrichen 33 759 »2, zugesetzt 186 548 »2, mithin sind zuzusctzen 152 789 .2, so daß die soribauernden Ausgaben jetzt betragen 2 026 628 607 ^2 Die einmaligen Ausgaben betrugen nach dem EtatSansatz 315 881 647 »2, gestrichen wurden 3 921 235 »2, zugesetzt 304 600 »2, mithin sind ab zusetzen 3 619 635 so daß bleiben 312 262 012 »2 Die fortdauernden und einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats betragen mithin jetzt 2 338 890 619 „2 Die Einnahmen waren geschätzt auf 2 296 499 417 „2, gestrichen wurden 32 935 926 .«s, zugesetzt 29 545 220 ^2, mithin sind abzusetzen 3 390 706 .2, bleibt eine Einnahme von 2 338 890 619 ^ Die Ausgaben des außerordentlichen Etats betrugen nach dem Ansätze 260 001 010 ^2, gestrichen wurden 2 500 000 -2, so daß 257 501 010 »2 bleiben. Die Einnahmen des außer ordentlichen Etats waren geschätzt auf 268 574 010 -2, ge strichen wurden 11 073 000 .2, mithin verbleiben als Ein nahmen 257 501 010 -2 Die Gesamteinnahmen und -Aus- gabeo balancieren mit 2 596 391 629 »2 td. Ter dem Reichstage Mgrgaugene Auslteferungsvcr- trag zwischen dem Reiche und Griechenland ist nach dem Muster der griechisch-belgischen, griechisch-österreichischen, griechisch-niederländischen und griechisch-französischeu Verträge abgeschlossen worden. Ausgelicfert werden gemeine, nicht aber politische Verbrecher. Kein Deutscher darf an Griechen land, kein Grieche an Deutschland ausgeliefert werden. Ferner werden vorläufige Festnahme, Kostenfrage rc. geregelt. Der Vertrag soll 10 Tage nach seiner Veröffentlichung in Kraft treten. Deutscherseits konnten verschiedene Wünsche nicht durchgeführt werben, da sonst das Zustandekommen des Vertrages gefährdet worden wäre. — Ferner hat daS Reich mit Norwegen zu dem am 19. Januar 1878 abgeschlossenen Auslieferungsvertrage ein Zusatzübereinkommen geschloffen, das durch Abänderungen der norwegischen Strafgesetze nötig geworden war. Neu sind zwei Artikel, die die Durch lieferung und den wechselseitigen Austausch von Mitteilungen über die in dem einen Lande gegen Angehörige des anderen Landes ergangenen Strafurteile behandelt. Letzterer Vertrag wirb heute definitiv vom Reichstage genehmigt werden, der griechische erst im Herbste. * Ter Besuch von Hölzcudorfs in Berlin. Der schon früher sür Ende Mai angemeldete Besuch des österreichisch ungarischen GeneralstabSchess Conrad von Hölzendorf in Berlin wird, wie das „B. T." zu melden weiß, Dienstag, den 28. Mai, seinen Anfang nehmen. An diesem Tag speist er bei dem Generalstabschef von Moltke, am folgenden Tag wohnt er der alljährlich an diesem Tag durch Kaiser Wil helm II. veranstalteten militärischen Hebung bei, die der Erinnerung an die einzige Truppenbesichtkguug gilt, die Kaiser Friedrich während seiner kurzen Regierung an diesem Tag vornehmen konnte. Ferner wird Hölzendorf wohl auch der großen Frühjahrsparade in Berlin and Potsdam bei wohnen. eck. Tänische Agitation. In Flensburg hat sich, wie uns ein Privattrlegramm von dort meldet, in den letzten Tagen ein dauisch-nationa»er Kampsverein konstituiert, welcher nach dem Vorbilde des großpolnischen Stratzvereins die Erhaltung des dänischen VolkStumes in den deutschen Nordmarken anstrebt. Es sollen in ganz Schleswig dänisch nationale Zweigoereine gebildet werden unter Leitung eines Zentralvereins in Kopenhagen. * Jur Kandidatur Grandinger. Das Zentrum stellte den Bürgermeister Müller von Teuschnitz als Gegenkandi daten gegen den Pfarrer Grandinger aus. Letzterer erklärte, er halte an seiner Kandidatur feit und stimme vollständig dem liberalen Programm in der Schulsrage zu. " Arbeitskampf und Preiserhöhung. Die Berliner Arbeitgeber der Holzindustrie nahmen, wie schon gemeldet, mit großer Mehrbeit den Schiedsspruch des Einigungsamles an. Die Versammlung beschloß ferner, eine Preiserhöhung aller Tischlerarbeiten um 7»/z Proz. und sprach die Er wartung eines gleichen Beschlusses in anderen Städten aus. * Ter verurteilte Wacker. Die Karlsruher Strafkammer verurteilte den Führer der badischen Zentrumspartei, Wacker, wegen Beleidigung des Landgerichtsdrrektors Fleichan in Frei bürg, der in dem bekannten Pro^ffe gegen den Pfarrer Gaiserl wegen Verleitung zum Meineid den Vorsitz geführt hatte, zu 300 -2 Geldstrafe. * * Die Europäer iu der Stadt Marokko. Nach einem Briefe aus Marrakesch sind am 9. Mai die Engländer von dort abgereist, und die Franzosen sind iu der Abreise be griffen. Die Deutschen find noch iu Marrakesch geblieben zur Abwickelung wichtiger Handelsiuteressen. — Dieie Nach richt ist wohl als eine Wiederaufnahme der ursprünglichen Lügennachricht in anderer Form ausprfaffen. Nach anderen Nachrichten fordern bekanntlich die Marokkaner bloß die Entfernung der Franzosen, aber keiner anderen Nationalität. * Berfaffungskonflttt tu Portugal. In parlamentari schen Kreisen heißt es, die Form, in der die Auflösung der Deputierteniammer erfolgt sei, bedeute einen tatsächlichen Angriff auf die Verfassung der Nation. Di« Progressiüen verzichten darauf, ministerielle Vertrauensposten zu über nehmen und versichern, daß Viega Beiräo eS ablehne, Portugal auf der Haager Konferenz zu vertreten. * Tic Namen LcS Kindes. In Ergänzung einer früheren Meldung teilt die „Agencia Fabra" mit, daß die in das Zivilstandesregister eingetragenen Namen des Prinzen von Asturien folgende sind: Alfonso, Pio, Cristino, Eduardo, Francisco, Guillermo, Carlos, Enrique, Eugenio, Fernando, Antonino und Venaucio. — Gerade ein Dutzend. * Teutsches Fest m London. Bei dem gestern abend veranstalteten Jahressesteffen des deutschen Hospitals brachte der Vorsitzende Botschaftsrat v. iLtumm nach einem Hoch auf den König von England und die Mitglieder des könig lichen Hauses einen Trinkspruch auf daS Wohl deS Deutschen Kaisers aus, ebenso aus den ihm eng verbündeten Kaiser von Oesterreich und die deutschen Bunvessürsteo, die zu bcu Gönnern des Hospitals gehören. Redner gab den Gefühlen der Dankbarkeit für das dem Hospitale erwiesene Wohl wollen Ausdruck. Ferner wurde mitgrteilt, daß die Herren Fritz und Hanö König vom Hospital ein neues RekouvaleS- zeutenheim iu Kilchm gestiftet haben, mit dessen Bau in einigen Wochen begonnen wird. Die Sammlungen ergaben 3758 Pfund Sterling, davon sind 200 Pfund Sterling vom Deutschen Kaiser und 50 Pfund Sterling vom Kaiser von Oesterreich gespendet worden. * Die englische» Eisenbahner werden demnächst eine neue große Versammlung von Verbands wegen einberufen, in welcher endgültig dre Maßnahmen vereinbart werden sollen, welche bezwecken, die Forderungen der Arbeiter bei den Bahngesellschasten durchzusetzen. Es scheint sicher, daß ge gebenenfalls 80 000 organisierte Eisenbahnangestellle der Parole der Führer folgen und in den Generalstreik eintreten werden. * Ter HasenauSstand von New -)ork. Gestern kam es an den Kais vielfach zu Streitigkeiten zwischen den aus ständigen Hafenarbeitern und den Arbeitswilligen. Letztere wurden durch die Polizei geschützt. Gelötet wurde niemand. Gestern abeud ist jedoch aus der Brooklyner Seite ein arbeits williger Italiener ermordet worden. Man bringt die Tat, wegen der zwei Italiener verhaftet wurden, mit dem Aus- Feuilleton. G Dio Weiber selber habe» im Hintergründe aller persönlichen Eitelkeit immer noch ihre un persönliche Verachtung „für das Weib". Friedrich Nietzsche. Es fehlt dem weiblichen Körperbau, dem Ausdruck, dem Tun der letzte Druck, die rechte Schneide: das Weib ist undeutlich wie halb verwischte Schrift an Leib und Seele. Friedr. Theod. Vischer. Ob die Weiber so viel Vernunft haben als die Männer, mag ich nicht entscheiden, aber sie haben ganz gewiß nicht so viel Unvernunft. Joh. Gvttfr. Seume. Die schönen Weiber werden heutzutage mit unter die Talente ihrer Männer gerechnet. Georg Christoph Lichtenberg. Wiesbadener Maifestwech«. I. Wiesbaden gehört zu den beneidenswerten Städten, die vom Schicksal außerordentlich begünstigt werden. 1864 noch ein mittleres Badcftädtchen, hat es heute längst mehr als 100000 Einwohner und als Heilbad, sowie als glänzende Fremdenstadt unbestrittenen Weltruf, ohne daß ein ein heimisches schöpferisches Genie oder «in besonderer Unter nehmungsgeist der Bürgerschaft hierzu etwas getan hätte. Es gebt hier eben alles von selbst, und zum Ueberfluß wendet auch noch der Kaiser der alten römischen Niederlassung Mattiacum seine Gunst in reichstem Maße zu. Nunmehr scheint man dessen eingedenk zu werden, daß man in dem größeren Rahmen auch besondere Pflichten hat. Ein Zug ins Große hat die Stadtvätcr überkommen und zunächst dazu getrieben, das alte, 1810 gebaute Kurhaus, das in seinen Raumverhältniffev und Anlagen längst unzureichend geworden war, ulederzulege» und an feine Stelle «inen mo dernen Neubau zu setzen, der den geänderten größeren Ver hältnissen bester entspricht. Als die ersten Projekte erwogen wurden, meinten die Stadtväter schon Außerordentliches zu tun, wenn sie 2—3 Millionen Mark als Baukosten in Ansatz bracht«. Mit den Erwägung« wuchs dies« Ziffer aber immer mehr, und heute dürsten 5 Millionen kaum reichen. Dafür hat aber auch der Baumeister Pros. v. Thierjch- München ein Werk hingestcllt, wie cs zum zweiten Mal in Deutschland nicht vorhanden ist, und der Kaiser nannte mit Recht den Prachtbau das schönste Kurhaus der Welt. Es ist erklärlich, daß Wiesbaden von diesem Millioncnb.ru. einan neuen großen Aufschwung seines Fremdenverkehrs und damit seines wirtschaftlichen Lobens erwartet, und das man gleichzeitig die Eröffnung des neuen Kurhauses zum Glanzpunkt der diesjährigen Saison zu machen bemüht war. Das alte Wiesbadener Glück erwies sich auch diesmal haltbar insofern, als zu gleicher Zeit das Hostheater leine „sashionablen Maifestspiele" veranstaltet. Namentlich wird der Zuzug reicher Ausländer, die immer dahei sein müssen, wo es etwas Apartes gibt, dadurch in der günstigsten Weise beeinflußt. Der Kaiser hat im alten Oranicrichlosse am Rathaus auf ein Dutzend Tage sein Hoflager ausqeschlagen. Dazu ein wunderbares Maiwetter: muß die heurige Wies badener Maifestwoche nicht glänzend nach jeder Richtung ausfallen? Dio Maifestspiele und der Hof treten diesmal etwas zu rück vor der Kurhauseinweihung^ welche die Stadt als Bau herrin und Eigentümerin veranstaltet. Der Kaiser ist Gast der Stadtverwaltung, die Hauptseiern sind städtischen Cha rakters, die Stadtverordneten und Ttadtbeamlen kommen zu größerer Geltung, als das sonst bei den hiesigen höfischen Festen der Fall rst. Wiesbaden „fühlt sich , und weil alles von Grund aus neu und besser werden soll, hat man die bessernde Hand selbst an die Stadtsahnc gelegt und sie von Meister Thiersch neu komponieren lasten: aus blauer Grundfläche blicken von der neuen Fahne auf dem Kurhaus die drei goldenen Wiesbadener Linen herab — in ihrem vornehmen Glanz ein Symbol. Der Kaiser ist bereits am vorigen Mittwoch angekommen, die Kaiserin traf heute nachmittag von Homburg aus ein, darauf dos Großherzogspaar von Hessen, Prmz August Wilhelm mit seiner Braut, Prin^ Friedrich Karl von Hesten mit Gemahlin, zahlreich« Oberbürgermeister und Kurbirek- toren von auswärts, die die Stadt eingeladeu hat. Seit 4 Uhr wird das noue Kurhaus, besten edle griechische Fassade sich nr der Maisonne badet, von einer festlichen Menge um lagert. Die große Kuppelhalle füllt sich mit den zum Gala konzert geladenen Festaästen. Nm Uhr fährt der Kaiser im gelben Automobil vor und wird von den Bürger meistern und Baumeister v. Thiersch unter dem Säulen portal empfangen. Er ist bester Laune, schüttelt jedem herz lich di« Hand und betritt, vom Oberbürgermeister v. Jbell geführt, die Mitte des Kuppelsaales. Die Konzertteilnehmer haben ihre Plätze im großen Musiksaal bereits eingenom- men. In der riesig dimensionierten Wandelhalle verschwin den fast die wenigen Stadtverordneten, leitenden Stadt beamten und Vertreter der am Bau beteiligter, Arbeiter schaft, ein recht dürftiges, von den Arrangeuren schlecht komponiertes Bild. Nachdem die Fanfarenbläser, die in malerischen Römergewändern aus einer Empore ausgestellt » waren, ihren Beorüßungstusch beendet, hält der Oberdüraer- I meister eine Ansprache, in der er den Kaiser als den ersten I fürstlichen Gast im neuen Hause begrüßt und ihm den I Dank der Stadt sür di« bi-her bewiesene Gunst auSsvricht. Er gedachte des alten Hauses, das fast ein Jahrhundert der Stolz Wiesbadens gewesen war, und wünschte, das neue Haus möge mit dazu beitragen, Wiesbadens Zukunft zu einer weiter blühenden zu machen. Der Redner schloß mit einem Hoch auf den Kaiser, der in einer kurzen Erwiderung der unternehmenden Stad, die Erfüllung aller ihrer Er wartungen wünschte. Darauf trank er aus dem überreich ten Ehrenpokal auf das Wohl der Stadl und machte dann einen Rundgang durch die Räume, die er übrigens schon während des Baues zweimal besichtigt hatte. Bald darauf begrüßte er im Portaleingang die Kaiserin und die übrigen Fürstlichkeiten, mit denen er sofort den Konzertsaal betrat und in der Kaiserloge Platz nahm, begrüßt durch ein mehrfaches Hoch. Auf dem Orchesterpodium waren die ver stärkte Kurka-pellc unter der Leitung ihres jungen begabten Kapellmeisters Ugo Afferni sfrüher Leipzigs, sowie Knaben- und Männerchöre, ebenso auf den Balkons rechts und links Damcnchöre placiert. Der Konzcrtsaal bot in seiner goldprunkenden, durch dunklere Farbentöne gemilderten Architektur, der mächtig ge. wölbten, von großen braunanMarmorfäulen getragenenDeck« mit dem reichgeschmückten Damenslor auf den amphitheatra- lisch ansteigenden Balkonreihen einen überwältigend fest lichen Anblick. Man gaubt es ohne weiteres, Ritz es der schönste Musikfaal im Reiche ist, da-u ausgezeichnet durch e,ne vorzügliche Akustik. Das Programm, von Wünschen des Kaisers stark beeinflußt, gab außer den Ouvertüren zum Freischütz, der dritten zu Leonore uUd zu TannRiuser den großen, frischen Händelschen Cbor „Saht er kommt mit Preis gekrönt", und vier schlichte Mannerchöre: »Die Lore am Tore", „Wem Gott will rechte Gunst erweisen", „Ich hatt einen Kameraden" und „Imckerieus rsx". Diese Volkslieder sprachen ungemein an. Die Stelle aus der Lore „Die Damen bei Hofe, so sehr sie sich ziern, sie gleichen doch nicht meiner Lore", wurde in der Kaiserloge mit beifälliger Heiterkeit aus genommen. Die Ouvertüre zum Tannhäuser, von Afferni nnt hinreißendem ^Schwung dirigiert, errang den größten Erfolg. Auch der am Schluß stehende Straußsche „Huloigungsmarsch" wirkte mit seinen wuchtigen Fanfaren Motiven durchschlagend und dürfte fortan öfters bei festlichen Gelegenheiten wider kehren. Der Kaiser zollte allen Stücken reichen Beifall und fuhr nach Schluß des Konzertes mit seinen Gästen nach dem Schloß zurück. Als di« Dunkelheit anbrach, erfolgte eine feenhafte farbige Beleuchtung des bekannten Ziergartens mit den Kaskaden Mischen Kurhaus und Kolonnaden. Die stille Farbenpracht der in diesen Garten eingesetzten, nach Tausenden zählenden Tulpen und Stiefmütterchen, wetteiferte mit dem Farben glanz der unzähligen bunten Beleuchtungskörper, die auf dem Rasen und den Blumenparterres eingesteckt waren. Da hinter hab sich gegen den dunklen Mcndhnnmel das festlich er leuchtete Kurhaus mit seinen machtvollen Sandstemfassaden wie ein« Traum ab, als ob es sich bewußt wäre, was es für Wiesbaden bedeutet. Den Schluß des Tages machte ein vom Gcneralintendan- ten v. Hülfen, dem bekannten Schöpfer der Wiesbadener Maisestspiele. im Foyer des Hostheatcrs gegebener Bierabend, »u dem außer dem Kaiser und den Herren feines Gefolges mehrere Mitglieder des Hostheatcrs geladen waren, die nicht wenig dazu beitrugen, die Stimmung des Abends zu einer äußerst heiteren zu machen. Hugo Lloesliott (Wiesbadens. * * Der Kaiser und Fritz Erler. Der Kaiser soll bei einer Vor- besichligung des neuen Kurhauses in Wiesbaden sich über die Fresko- Gemälde des Münchener Malers Fritz Trier sehr abfällig geäußert haben; Lies wird nun auch von anderer Selle bestätigt, und es wird sogar von einem neuen Affront deS Kaiser- gegen den Münchener Künstler erzählt. Wahres und Falsches wird dabei ziemlich willkürlich vermengt. Eine Meldung sagt, daß der Muschel saal bei der feierlichen Eröffnung des Kurhauses auf direkte Auord- nung des Kaisers geschlossen worden sei; eine zweite Version wird heute aus eine Anfrage aus Wiesbaden selbst gegeben: Es heißt dort, es sei bereits aus München ein Maler eingetroffen, um die Bilder Erlers zu übermalen! Und endlich wird behauptet, daß der Kaiser Fritz Erter, der ihm vorgeslellt wurde, ostentativ über sehen habe. Die „Münch. Zeit." hat sich daraus bei dem Künstler selbst erkundigt und berichtet nun, daß der Fall doch stark ausgedaujcht ist. Der Kayer hat allerdings kein Hedi daraus gemacht, daß ihm die Erlerschen Fresken mißfallen. Doch hat der Kaiser sich auch kaum ernstlich in das Studium dieser Bilder vertieft; er soll ja nur eine Minute in diesem Raum verweilt haben. Tatsache ist auch, daß der Kaiser am Sonnabend den Mufchelsaal nicht mehr besichtigte, und es soll diese Nichtbeachtung ziemlich ostentativ ge wesen sein. Ter Muschelsaal ist aber nicht der etnzige Raum, der bei dieser zweiten offiziellen Schau übergangen wurde. Daß der Saal gefperrt wird, ist nicht wahrscheinlich. Und weiter: Herr Trier ist dem Kaiser nur im Vor beigehen vorgeslellt worden; nicht förmlich oder offiziell. Tie Künstler waren im Arbeitskittel, und der Monarch hat sie gebeten, „sich nickt weller stören zu lassen." Uns scheint, olS werde dem „Fall Trier" eine übertrieben« Bedeutung beigemessen. Es grbt auch sonst noch sehr mosern gesinnte Leut«, die keinen Geschmack daran finden würden, auf den Wänden ihre« Hause- Erlersche Fresken, die bisweilen Orgien der Ungeschlachtbeit find, zu sehen. Jedenfalls hat auck der Kaiser hier das Recht, au- seiner Sympathie kein Hehl zu macke«, uud von einem Affront gegen die moderne Kunst kann keine Rede sein. Erter hat mit moderner Kunst nicht viel zn tun. versuche uttt srcifliegenden Registrierballons. Vom nächsten Mittwoch, den 15. d. Mts., ab finden bei Cuxhaven in Gegenwart des Staatssekretärs v. Lirpitz auf dem Vermessungsschiff „Möwe" durch den Präsidenten der Internationalen Aeronautischen Kommission Professor Hergelell bedeutsame Versuche statt, die mit Instrumenten behängten, srrisliegenden, sogenannten Registrierballons vom Schiffe aus zu jeder beliebigen Zeit zum Sinken zu bringen. Mittel elektrischer Wellen, di- in die Lust gesandt werden, wird eine Vor richtung am Ballon in Tätigkeit geietzt, welche den Ballon ent weder ganz abfliegru läßt oder ihn umk^rt und dadurch zum Ent leeren bringt. Die Hauptschwierigkeit lag darin, die in der Luft häufig vorhandenen elektrischen Strömungen unschädlich zu machen. ES kam bei den ersten Versuchen zuweilen vor, daß durch die atm» splärijche Elektrizität die Vorrichtung undcabsichllgterweij« in Funltian kam. Durch sinnreiche Einrichtungen hat Professor Hergesell dies« Störungen auSgeschaltet. Während der großen Beobachtungen vom 21.-27. Juli L. I. wrrdeu zwei der maritimen Expeditionen, auf
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